Autor: Philipp Laage
Schreiben über das Reisen (2)
Wenn die Isolation des Individuums in der Ferne nicht mehr als Einsamkeit empfunden wird, sondern als wohliges Gefühl des Aufgehoben-Seins in der Welt, dann wird das Reisen zu einer beflügelnden Tätigkeit. Mit der Sprache, die verheddert war, kommt die Unbefangenheit zurück. Die Geschichte, die ihren Faden verloren hatte, kann weitererzählt werden.
Land ohne Morgen
Der Libanon im Februar 2013: Die Lage ist verhältnismäßig ruhig, doch schon wenige Wochen später droht das Land, in den Syrienkonflikt hineingezogen zu werden. Die Narben des eigenen Bürgerkriegs lassen sich überall in Beirut besichtigen – am zerschossenen Holiday Inn, am Platz der Märtyrer, in ganz Downtown. Eine Reise in ein Land, in dem der Frieden immer nur kurz zu Besuch ist.
Vom Leichten und Schweren
Der junge Sportler sieht sich während seines ersten Extremlaufs gerne als Kämpfer, als einsamer Heros in einem urzeitlichen Ringen mit der Distanz und dem Körper, ja mit der Mühsal des Lebens selbst. Das ist eine rührend naive Sichtweise. Sicher, ein Berglauf ist anstrengend. Aber er ist auch ein leichtes Vergnügen.
Schreiben über das Reisen (1)
In die Ferne verschwinden, sich der Welt entziehen, um überhaupt wieder vernünftig an ihr teilhaben zu können – manchmal gibt es gefühlt existenzielle Gründe für eine Reise. Leere in sich füllen heißt auch: Sprachlosigkeit überwinden, Einsichten in Worte fassen, der immer schwierigen weil komplexen Wirklichkeit habhaft werden. Der Versuch eines Neuanfangs.
Die Allgewalt des Dschungels
Pacaya-Samiria im Amazonasbecken ist das größte Naturschutzgebiet Perus. Es führt den Reisenden tief in den Dschungel, durch entgrenzte Wildnis, bis zur Abwesenheit der eigenen Existenz. Man kann sich nur schwer der Anziehung dieses Orts entziehen: Enigma Regenwald, Sinnbild für die letzten Geheimnisse dieser Welt. Der Mensch endet hier.
Die Unmöglichkeit des Bleibens
Das Reisen und die Liebe seien unsere größten Glücksphantasien, hat Alain de Botton einmal gesagt. Beides ist die romantische Suche nach dem Paradies, nach tiefgreifender Erfüllung, und die Einsicht, dass es unmöglich ist, diesen Sehnsuchtsort ewig zu bewahren. Erst zuhause verstand der Autor die Bedeutung seiner mühsamen Überlandfahrt zum Lake Malawi. Eine Parabel.
Reisen von Gestern (1) – Interrail 2006
Billigflieger und Internet haben Interrail zu einer überholten Reiseform gemacht, das Europaticket ist ein Anachronismus. Wer will heute noch stundenlang mit der Regionalbahn durch Frankreich fahren? Die mühsame Eroberung des Raums ist dem unmittelbaren Zugriff auf das Ziel gewichen. Ein Rückblick auf eine Reise, die heute keinen Sinn mehr hätte.