The Honeymoon – Flitterwochen für ein Jahr

Aus Wochen kön­nen Mona­te und aus Mona­ten wie­der­um Jah­re wer­den. „Die Flit­ter­wo­chen“, die im Rah­men des Euro­pean Month of Pho­to­gra­phy, kurz »emop Ber­lin« in der aquabit­Art Gale­rie in Ber­lin Mit­te zu sehen waren, hat­ten die ein­jäh­ri­ge Welt­rei­se eines frisch ver­mähl­ten US-Paa­res zu ihrem The­ma. Wenig war und ist über das Lie­bes­paar bekannt. Dass sie von der Ost­küs­te kamen, weiß man, in Mary­land ihren Wohn­sitz hat­ten und 1962 – das Grün­dungs­jahr der Rol­ling Stones – auf­bra­chen, um die Welt zu sehen.

Die mit der Roleiflex auf­ge­nom­me­nen Bil­der, – den Groß­teil hat der Bräu­ti­gam gekonnt ein­ge­fan­gen, immer wie­der auch mit einem doku­men­ta­ri­schen Anspruch, – ent­stam­men einer grö­ße­ren Samm­lung an Ektachro­men, die bei einer Kunst­auk­ti­on erstei­gert wur­den. Auch wenn ein­zel­ne Dias hand­schrift­li­che Noti­zen auf­wei­sen, sind dar­aus kei­ne ver­läss­li­chen Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zu ihrer Ent­ste­hungs­ge­schich­te, so wie den Bio­gra­phien der Prot­ago­nis­ten zu bezie­hen. Das Foto­al­bum zeigt einen über­ra­schen­den Rei­se­ver­lauf, vor allem für die dama­li­ge Zeit: Über Hai­ti und Mar­ti­ni­que geht es in die USSR und Finn­land und spä­ter u.a. nach Frank­reich, Süd­deutsch­land und Bel­gi­en.

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Bis­wei­len fühlt sich der Betrach­ter an einen nie­mals enden­den Wer­be­film erin­nert. Der Him­mel blau, die Dar­ge­stell­ten stets ele­gant in Scha­le gewor­fen und bis zur Per­fek­ti­on fri­siert. Man wähnt sich an einem Film­set, ein unbe­kann­ter 007, an der Sei­te sei­ner Gelieb­ten. Das Cover­fo­to des gleich­na­mi­gen Bild­ban­des, – die Prot­ago­nis­tin sitzt auf einer Restau­rant­ter­ras­se in Mar­ti­ni­que und sto­chert geis­tes­ab­we­send in ihrem Essen- , bringt die frü­hen 60er Jah­re in nur einem Bild auf den Punkt.

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Viel kann gese­hen und gele­sen wer­den, aus die­sen qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig ent­wi­ckel­ten Bil­dern. Funk­ti­ons­klei­dung gab es noch nicht, auf den Son­nen­schir­men der Stras­sen­ca­fés prang­te kei­ne Wer­bung, die Auto­mo­bi­le hat­ten mehr Klas­se und so ent­ste­hen vor dem Auge des Betrach­ters Stadt­land­schaf­ten mit Anmut und Ele­ganz. Man ist geneigt den Men­schen damals ein Mehr an Wür­de zu unter­stel­len. Und doch freut mich sich auch auf die kom­men­den Jah­re, die mit dem alten Muff bre­chen: Am 20. April 1964 tre­ten die Rol­ling Stones erst­mals in Mont­reaux und somit auf dem euro­päi­schen Fest­land auf und sen­den damit ein­deu­ti­ge Auf­bruchs­si­gna­le.

Und neben die­ser ober­fläch­li­chen Wahr­neh­mung, denn man darf sich von den farb­lich bril­lan­ten Bil­dern nicht blen­den las­sen, lohnt sich ein genaue­res Hin­se­hen, und wir erfah­ren mehr über das Befin­den der Prot­ago­nis­ten. Das auf 1x1 m ver­grö­ßer­te Foto, das die Ver­mähl­te in Ver­sailles zeigt, gibt ehr­li­che Ein­bli­cke in die frisch getrau­te Zwei­sam­keit. Die Stra­pa­zen einer lan­gen Rei­se sind hier zu sehen und ihre Unlust, erneut für die Kame­ra Pose zu ste­hen. Die Frau muss Anfang 20 gewe­sen sein, als sie mit ihrem min­des­tens 15 Jah­re älte­ren Mann in die Welt auf­brach. Ges­tik und Mimik erzäh­len eine eige­ne Geschich­te, wie man sie von auf Face­book gepos­te­ten Urlaub­sal­ben, von der „per­fek­ten“ Rei­se, nicht prä­sen­tiert bekommt.

In einer ande­ren Auf­nah­me, ist die sonst so ele­gan­te Dame in Shorts, Biki­nitop und Stroh­hut auf der Spit­ze eines Bam­bus­flo­ßes in Hai­ti zu sehen. In den Hän­den hält sie einen gro­ßen Stoßt­sock, um das Was­ser­ve­hi­kel in Bewe­gung zu hal­ten, was unwei­ger­lich an Stand Up Paddling erin­nert.

Die unge­schön­ten Flit­ter­wo­chen geben einen authen­ti­schen Ein­blick, nicht nur in eine ver­lo­re­ne Zeit, son­dern auch in das Zwi­schen­mensch­li­che eines jun­gen Ehe­paa­res. Wie Licht und Schat­ten den Foto­gra­fien ihren beson­de­ren Aus­druck ver­lei­hen, so for­men sie auch die Bezie­hung der zwei Prot­ago­nis­ten.fullsizerender-17

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