,

Tag 13: Müßiggang am Mekong

Si Phan Don, ger­ne auch als die ‚4000’ Islands bezeich­net, liegt ganz im Süden von Laos. An einer Stel­le, an der der Mekong sich in unzäh­li­ge Arme auf­spal­tet und das Land in ein Reich von Inseln unter­teilt. Als Rei­sen­der über­legt man sich, auf wel­che Insel man möch­te und lässt sich dann per Fäh­re durch das Insel­la­by­rinth dort­hin kut­schie­ren. Die meis­ten Rei­sen­den, dar­un­ter wir, gehen nach Don Det. Der ers­te Ein­druck: die  Insel ist vol­ler Jugend­li­cher, die „Hip­pie spie­len“. Vie­le tra­gen die­se extrem wei­ten Stoff­ho­sen, ger­ne mit Ele­fan­ten­mo­ti­ven, und geben sich bewusst genüg­sam. Trotz­dem fal­len mir rie­si­ge Spie­gel­re­flex­ka­me­ras auf und dass man sich vor­nehm­lich mit Mac­Book auf dem Schoß in Reich­wei­te eines WLAN-Rou­ters ver­sam­melt. Für vie­le die­ser ‚digi­tal nati­ves’ ist die stän­di­ge Ver­bin­dung zum Netz Bestand­teil ihrer erwei­ter­ten Per­sön­lich­keit. Das Smart­phone weni­ger ein Sta­tus­sym­bol als das Ein­falls­tor für den Teil ihrer Wirk­lich­keit, der sich Online abspielt und von der Rele­vanz her dem Wir­ken IRL (in real life) gleich­steht.

Sonnenuntergang am Mekong

Wir lau­fen ca. 2 km süd­lich, um die Abge­schie­den­heit zu fin­den, nach der wir suchen. Wir fin­den einen Holz­bun­ga­low an einer Stel­le, wo der Mekong breit und die Strö­mung stark ist. Der Platz scheint wie geschaf­fen, um für ein paar Tage inten­si­ven Müßig­gang zu betrei­ben. So lie­gen wir fort­an in der Hän­ge­mat­te und schau­en auf das Was­ser. Manch­mal, zum Bei­spiel wenn ein beson­de­rer Vogel durch das Sicht­feld fliegt oder ein Was­ser­büf­fel vor­bei­schwimmt, ver­fol­ge ich das mit den Augen, solan­ge es aus der Hän­ge­mat­te geht. Mein Puls wird immer nied­ri­ger und ich lie­ge ein­fach nur so da. Die unter­schied­lichs­ten Gedan­ken zie­hen spon­tan durch mein Gehirn und ver­flüch­ti­gen sich auch genau­so schnell wie­der. Ich fra­ge mich, war­um die Men­schen eigent­lich immer so ger­ne am Ufer von Gewäs­sern lie­gen, wenn sie sich etwas Gutes tun wol­len. Men­schen lie­gen an Mee­ren, an Flüs­sen, an Seen. Man­che lie­gen sogar am Ran­de von Swim­ming Pools, ohne auch nur ein­mal ins Was­ser zu hüp­fen. Sobald in Ham­burg mal ein Son­nen­strahl durch­schim­mert, legen sich die Men­schen auf ihre Hand­tü­cher. Die Plät­ze direkt an der Als­ter sind immer am begehr­tes­ten. Ich kon­klu­die­re: Der Mensch liegt also ger­ne am tro­cke­nen Ufer mit Blick­rich­tung auf irgend­ei­ne Art von Was­ser. Ich fra­ge mich, ob er das tut, weil man gesell­schaft­lich über­ein­kommt, dass Was­ser eben „schön“ ist, oder ob es gar eine spi­ri­tu­el­le Wir­kung auf ihn hat, die kaum erklär­bar, dafür aber sehr erfahr­bar ist.

Wasserbüffelbadewanne

Dass dies der idea­le Platz für ein paar Tage abso­lu­te Ruhe ist, haben auch die ande­ren Rei­sen­den erkannt. Wir sind nicht die ein­zi­gen Mekong-Müßig­gän­ger. Die Bewe­gun­gen unse­rer Bun­ga­low­nach­barn schei­nen auch von Tag zu Tag lang­sa­mer zu wer­den. Jeder prak­ti­ziert den Müßig­gang so gut er eben kann. Manch­mal sitzt man gemein­sam am Tisch und unter­hält sich eine Wei­le. Die The­men sind unkom­pli­ziert und die Gemü­ter im All­ge­mei­nen eher ruhig. Es kommt vor, dass irgend­wer plötz­lich auf­steht, davon schlappt und sich in die nächs­te Hän­ge­mat­te fläzt. Auch ich gebe einen exzel­len­ten Müßig­gän­ger ab: Am Anfang hat­te ich mir noch vor­ge­nom­men, bei Son­nen­auf­gang jog­gen zu gehen, doch schon an Tag 2 bleibt eine Ana­nas einen Tag neben mir auf dem Tisch ste­hen, weil ich anschei­nend zu faul gewor­den bin, die­se zu schnei­den.

dondet

Falls man auf Don Det mal einen Anflug von Taten­drang ver­spürt, gibt es eine Rei­he von attrak­ti­ven Mög­lich­kei­ten, die­sem zu erlie­gen. Im Süden der Nach­bar­insel gibt es wirk­lich beein­dru­cken­de Was­ser­fäl­le und wenn man zur rich­ti­gen Zeit am rich­ti­gen Ort ist kann man sogar Süß­was­ser­del­phi­ne erspä­hen.

Ein­mal mehr wird eine Insel für uns zum Sehn­suchts­ort. Das mag an dem Gefühl lie­gen, es wer­de nichts von außen an einen ‚her­an­ge­tra­gen’. All die beschwe­ren­den The­men der Welt befin­den sich am Fest­land, wäh­rend man selbst die Fäh­re auf die Insel genom­men hat.

Doch es mag auch noch ande­re Grün­de geben, war­um Si Phan Don einer unse­rer Sehn­suchtsor­te gewor­den ist. Ich bin aller­dings gera­de zu faul, die­se zu erör­tern. Ich schnei­de mir jetzt erst­mal ’ne Ana­nas. Viel­leicht.

In-14-texten-um-die-Welt-Karte

In 14 Texten um die Welt!

Tag 1: Im Bal­kan
Tag 2: Damas­kus, Syri­en
Tag 3: Petra, Jor­da­ni­en
Tag 4: Sier­ra Leo­ne
Tag 5: Kap­stadt, Süd­afri­ka
Tag 6: Decep­ti­on Island, Ant­ark­tis
Tag 7: La Paz, Boli­vi­en
Tag 8: Havan­na, Cuba
Tag 9: Tijua­na, Mexi­ko
Tag 10: Mel­bourne, Aus­tra­li­en
Tag 11: Sula­we­si, Indo­ne­si­en
Tag 12: Hanoi, Viet­nam
Tag 13: Don Det, Laos
Tag 14: Bhu­tan

Erschienen am



Antworten

  1. Avatar von Jasmin
    Jasmin

    Ein­fach geni­al. Habe gera­de tota­les Fern­weh.…
    Viel Spaß und noch alles Gute.

  2. Avatar von nicole

    Sehr schön! Da muss ich auch hin!

    1. Avatar von Aylin & Stefan

      Kön­nen wir nur emp­feh­len 🙂 vor allem im hin­te­ren Teil der Insel war es rich­tig ruhig, da konn­ten wir voll­kom­men abchil­len 😉

  3. Avatar von Paul Krause

    Wie schön gesagt bzw. geschrie­ben, »all die beschwe­ren­den The­men der Welt befin­den sich am Fest­land…«. Da kann ich nur zustim­men, da bereits mehr­fach erlebt!
    Was muß aber erst eine Rei­se durch’s Well­t­all für Ein­drü­cke und Gefüh­le ver­mit­teln?!

    1. Avatar von Aylin & Stefan

      Puh das Welt­all- solan­ge es nicht wie in »Gra­vi­ty« aus­ar­tet 😉

  4. Avatar von Alex

    Der Herr Müßig­gang geht mit geis­ti­gen Genüs­sen oder leich­ten ver­gnüg­li­chen Tätig­kei­ten ein­her, kann jedoch auch das rei­ne Nichts­tun bedeuten…Frag´ mal dei­ne Ana­nas!

    1. Avatar von Aylin & Stefan

      Die Ana­nas sagt: her­vor­ra­gend 😉 in Bre­men gibts sogar nen Müßig­gang-Club, vlt. Tre­ten wir dem bei 😉

  5. Avatar von Nina

    Beim Lesen habe ich auch gera­de Lust auf Insel­le­ben. Wei­ter­hin gutes Nichts­tun… und auf dass die Ana­nas nicht von dem Was­ser­büf­fel gefres­sen wird 😉

    http://alongsunnymoon.blogspot.com

    1. Avatar von Aylin & Stefan

      Schön 🙂 der Büf­fel hat nix abbe­kom­men 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert