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Zusammen mit Steffen habe ich schon den Elbrus bestiegen; zusammen haben wir schon einiges durchgemacht, um die Spitze des höchsten Berges von Europa zu besteigen. Jetzt haben wir bei zusammen mit einem Kumpel von Steffen die Watzmann-Überschreitung geplant. In München treffen wir aufeinander und müssen erstmal die Route neu planen. Das Watzmannhaus war schon vor Wochen ausgebucht und nun haben wir etwas tiefer die Kühroint-Hütte gebucht. Das Wetter sieht nicht rosig aus, aber wir starten dennoch den Versuch, am Grünstein den Klettersteig zu begehen und zu unserer Hütte aufzusteigen.
Im Nebel verborgen
Gerade als wir unsere Sachen gepackt und die Rucksäcke geschultert haben, fängt es an zu regnen. Zur Hütte müssen wir trotzdem, aber: der Klettersteig ist mittlerweile zu gefährlich. Triefend nass stiefeln wir den Berg in der Nähe des Königssees hinauf. Spaß sieht anders aus. Von meiner Kapuze tropft es eiskalt in mein Gesicht. Der Watzmann hüllt sich in dichte Wolken. Wahrscheinlich fällt dort oben gerade Schnee. Wir wissen es nicht. Wichtiger ist erstmal die warme Gaststube der »Kühroint-Hütte«. Wir bekommen noch ein deftiges Abendessen und eine kräftige Warnung hinterher, dass wir die Watzmannüberschreitung erst gar nicht probieren sollen. Nicht nur die schöne Aussicht würde uns verborgen bleiben, sondern auch der Genuss von Sicherheit. Wir beraten und beraten. Eine Option folgt der nächsten. Mein Vorschlag, einfach soweit wie möglich zu gehen und es zumindest nach einem Versuch aussehen zu lassen, wird verworfen. Entweder alles oder nichts.
Wir einigen uns schlussendlich auf die Watzmann-Umrundung. Nicht das Optimum und auch nicht das, wofür ich wirklich hier bin. Bei mir ist schon etwas die Luft raus. Noch nicht einmal in Richtung Gipfel gehen stimmt mich schon irgendwie leicht enttäuscht. Dafür ist das Bett in der Hütte ein Traum. So gut habe ich seit Monaten nicht mehr geschlafen. Wenn ich könnte, würde ich einfach hierbleiben wollen. Leider keine Alternative.
Tiefer Abstieg
Wir brechen auf und wandern in Richtung St. Bartholomä bis zur Archenkanzel. Von hier aus genießen wir einen traumhaften Blick über den Königssee. Der Fotoapparat steht nicht mehr still; ein wahrer Genuss diese Aussicht. Der Weg führt uns nun wieder leichtfertig Höhenmeter-verlierend den Berg hinab bis zum See. Die ersten Wanderer kommen uns entgegen. In St. Bartholomä machen wir Pause, Mittagessen und die Aussicht genießen. Der Rucksack fühlt sich unnötig schwer an. Am Anleger der Seeschifffahrt glänzt fast schelmisch in der Sonne das Wanderschild, das uns den Weg für die nächsten Stunden weist.
Es blinken uns mehr als sechs Stunden über den kleinen Pass an und das auch nur bis zur Hütte. Von dort nochmal fast ein-ein-halb Stunden bis zur Straße. Bis zum Auto noch mehr. Ich habe keine Lust mehr zu rechnen. Es ist Mittag und mir vergeht die Lust, mich quälen zu müssen, nur um sagen zu können, ich bin um den Watzmann gelaufen. Mein Ziel war die Überschreitung des Watzmannes. Jetzt will ich die Landschaft genießen und mir Gutes tun. Steffen sieht es genauso und wir schlagen eine Planänderung vor: den ins Wasser gefallenen Klettersteig zum Grünstein vom Vortag.
Das Drama beginnt sanft. Ich und Steffen werden mit einem »Geht ruhig, ich nehme es euch nicht krumm, wenn ihr den Klettersteig machen wollt« entlassen und besteigen nur wenige Minuten später das Elektroboot auf dem Königssee, das uns zurück zum Auto bringt. Unsere Nummer 3 der Gruppe bleibt bei dem ursprünglichen Plan der Umrundung. Für uns scheint die Welt in Ordnung.
In der Wand
Mit vollem Elan steigen wir in den Klettersteig ein, genießen die Sonne und kommen mit einer guten Portion Adrenalin und Glückshormonen am Gipfel des Grünstein an. Wir bereuen keine Sekunde unsere Entscheidung. An der Grünsteinhütte ruhen wir uns kurz aus und kehren ins Tal nach Köngissee zurück. Immer noch mit Freude schauen wir im Auto über unsere Bilder vom Klettersteig. Wir sind uns einig: lange haben wir nicht mehr so etwas Cooles gemacht.
Ohne Nachricht von unserer Nummer 3 der Gruppe kehren wir ins Hotel zurück, gehen zur Entspannung in die Sauna und stillen unseren Hunger und Durst im Restaurant, während im Fernsehen gerade ein Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft läuft. Es vibriert plötzlich das Mobiltelefon. Wir bekommen die Nachricht, dass unser eisern durchhaltendes 3. Gruppenmitglied langsam mal am Ende der Watzmannumrundung an der Straße abgeholt werden möchte. Ich bin fix und alle, denn was dann passiert, weckt mich wieder vollkommen auf. Wir werden nach der Rückkehr unseres dritten Gruppenmitgliedes zutiefst beschimpft, wie wir uns so einfach verkaufen hätten können. Eine andere Gruppe hat anscheinend die Watzmann Überschreitung geschafft und die Enttäuschung sitzt nun tief, warum wir es nicht auch gemacht haben und warum wir uns nicht auch um das Massiv gequält haben. Bis hierher waren wir der Annahme, dass alles ok war, aber nun klingt es ganz anders. Der Gruppenzusammenhalt zerbricht in zwei Teile…
Eine bittere Erfahrung bleibt: Ehrgeiz, Spaß und Wille lassen sich nicht immer vereinen.
Antworten
Bin soeben auf deinen Blog gestossen:)
Interessante Beiträge mit wirklich tollen Bilder <3
Würde mich freuen, wenn du bei mir einmal vorbei schaust.:)
Lieber Gruss
KimberlyHallo Dominik,
hab als junger Mann 1990 selbst die Überschreitung gemacht. Allerdings als »Tagestour«, 5Uhr von der Wimbachbrücke los und knapp 11 Stunden gebraucht. Nicht schlecht für einen Flachländer aus NRW. Fahre noch jetzt mit Mitte 50 noch gerne in die Berge, aber nur noch was sicher ist. Der Körper macht nun einmal nicht mehr so mit. Von Euch die richtige Entscheidung, zu viel passiert in den Bergen und die von der Bergwacht riskieren manchmal auch ihr Leben, um zu helfen.
Und ihr könnt es ja bestimmt nächstes Jahr wieder versuchen.
Euch alles Gute und ein Berg Heil aus Münster von Ralf.
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