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Sur­fen in Spa­ni­ens Milch­kam­mer – das „Vega Verde“ Surf­camp im grü­nen Asturien

Das erste Mal begeg­ne­ten wir uns vor drei Jah­ren im Januar 2015, ganz unten im Süden, wo Europa in den Atlan­tik fällt. Ich harrte an einer von Gott ver­las­se­nen Tank­stelle in Conil de la Fron­tera, am letz­ten Zip­fel von Anda­lu­sien aus. Für die Jah­res­zeit war es damals ange­nehm mild und der im Zenit wabernde Son­nen­ball machte das War­ten zum Kurzurlaub.

Dann kam Alex um die Ecke geflo­gen, braun gebrannt, mit gro­ßem Grin­sen, lud er mich in sei­nen grün-wei­ßen Bus ein. Shot­gun! Nur eine Stunde spä­ter saßen wir gemein­sam im Atlan­tik. Er wußte sogleich um meine Unge­duld ins Was­ser zu kom­men. Ein Gedan­ken­le­ser und Ver­bün­de­ter. Im Rücken das euro­päi­sche Fest­land, und gar nicht weit von uns der nächste Kon­ti­nent: Afrika.

Nicht ganz unähn­lich jetzt die Situa­tion im früh­som­mer­li­chen Kreuz­berg, vor uns erstreckt sich das soge­nannte Drei-Län­der Eck: Kreuz­berg, Neu­kölln und Trep­tow gehen hier auf Tuch­füh­lung, getrennt durch das glit­zernde und nasse Grau des Land­wehr­ka­nals. Wel­len Fehlanzeige.

Wie­der ist das Wet­ter unty­pisch, die San­da­len ent­staubt und die kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Win­ter­füße gen Sonne gereckt.

Seit letz­tem Jahr betreibt Alex mit Freun­den das Vega Verde Surf­camp in Nord­spa­nien. Zeit sich aus­zu­tau­schen. Auf ein Bier mit Herrn Wegener:

Wann hast mit dem Sur­fen angefangen?

Gute Frage, vor 11 Jah­ren in Aus­tra­lien. Tat­säch­lich war der erste Strand Bondi Beach, als tota­ler Anfän­ger. Da bin ich dann gleich mit ‚nem Local in Kon­takt gekom­men, der mir die Regeln des Sur­fens auf nette Weise nahe gebracht hat.

Alex streicht ein­mal mit sei­nem Zei­ge­fin­ger an sei­nem Hals entlang.

Dann hat er in Rich­tung Strand gezeigt. Na ja, ich glaube ich war auch im Weg.

Geläch­ter und simul­ta­nes Bier trinken

Was war dein ers­tes Brett?

Ein BIC, hard top. 7,9 oder so…

Warum surfst Du? 

Weil es mich begeis­tert in der Natur zu sein und diese Momente, die einem das Sur­fen bie­tet sich bei einem ein­bren­nen, wie bei kei­ner ande­ren Sport­art, die ich bis­her ken­nen gelernt habe. Ich komme eigent­lich vom Klet­tern, war daher immer sehr natu­raf­fin und damals bei mei­nem Aus­tra­li­en­be­such wollte ich eigent­lich auch viel Klet­tern. Nach­dem ich das Sur­fen dann aus­pro­biert hatte war ich nur noch zwei oder drei mal am Fels und habe den Rest der Zeit im Was­ser verbracht.

Wel­che Län­der hast du mit dem Brett bereist?

Aus­tra­lien, Indo­ne­sien, Nord- und Süd Afrika, Ecua­dor, Peru, Chile und Mittelamerika.

Und hast Du einen Lieblingsspot?

Da habe ich meh­rere. Ich habe lange in Anda­lu­sien gelebt, El Pal­mar war vor mei­ner Haus­tür und da gab es immer wie­der epi­sche Tage, denn die Sand­bänke kön­nen genial sein. Aber gene­rell kann ich nicht sagen, dass ich den einen Spot prä­fe­rier. Dafür schlägt mein Ent­de­cker­herz zu hoch, ich erkunde gern und surfe mir unbe­kannte Wel­len. Idea­ler­weise ganz allein oder nur mit Freunden.

Wie viel Zeit ver­bringst du jähr­lich am Wasser?

Die letz­ten 4 Jahre war ich im Schnitt acht bis neun Monate am Meer. Zwei Monate in der Bre­ta­gne, dann hatte ich einen Monat Zeit um nach Anda­lu­sien run­ter­zu­fah­ren und hatte dann dort sechs bis sie­ben Monate. Um dann wie­der einen Monat in Bre­ta­gne hoch­zu­fah­ren. Gut, nicht wahr?

Das Lächeln über so viel Glück auf Erden ist sei­nem Gesicht seit dem nicht mehr gewichen. 

Zwi­schen­er­kennt­nis: Bier auf nüch­ter­nen Magen ist gut für den Geld­beu­tel und beschleu­nigt Frühlingsgefühle.

Und jetzt hast Du ein eige­nes Camp. Wie kam es dazu?

Wo anfan­gen? Seit dem ich in Aus­tra­lien war und dort einen beson­de­ren Ort ken­nen gelernt habe: die „Arts Fac­tory“, das war für mich eine Art Blue-Print, wie ein Hos­tel aus­zu­se­hen hat – die hat sich mitt­ler­weile auch ver­än­dert, weil sie immer belieb­ter gewor­den ist -, aber es war für mich ein Ort der mir die Augen geöff­net hat, weil da viele tolle Men­schen zusam­men gekom­men sind, die sich stark mit­ein­an­der aus­ge­tauscht haben und man hatte dort das Gefühl, wenn man viel Zeit ver­bringt, das man als Mensch mit vie­len neuen Erfah­run­gen wie­der raus­ge­gan­gen ist. Und es war seit dem meine Idee, einen sol­chen Ort sel­ber zu schaf­fen. In der Bre­ta­gne habe ich dann in einem Fami­li­en­camp gear­bei­tet mit Sur­fen, Klet­tern und Wan­dern, was mei­ner Vor­stel­lung schon ziem­lich nahe kam.

Das „Vega Verde“ liegt an einem Strand, der im Nor­den Spa­ni­ens sei­nes Glei­chen sucht: Playa Vega 

In Anda­lu­sien habe ich in einem sehr luxu­riö­sen und pro­fes­sio­nel­lem Surf­camp gear­bei­tet, mit sehr inter­es­san­ten Gäs­ten, aber es hat sich mehr oder weni­ger aus­schließ­lich um Sur­fen gedreht, wo haupt­säch­lich das Pro­dukt “Sur­fen“ kon­su­miert wurde. Und für mich hat da halt immer was gefehlt. Es gibt nicht nur das Meer und die Wel­len, die Orte kön­nen oft viel mehr bie­ten. Und ich komme ja vom Klet­tern, des­we­gen wollte ich einen Ort fin­den, wo man auch Klet­tern und Wan­dern gehen kann. Wo die Natur mehr Mög­lich­kei­ten anbie­tet. Wo man sich begeg­net und mit den Men­schen so Zeit ver­bringt, dass man sich tat­säch­lich ken­nen lernt, die Welt viel­leicht ein bischen bes­ser macht und sich gegen­sei­tig einen klei­nen Impuls gibt. Um even­tu­ell einen wei­te­ren Schritt in sei­ner per­sön­li­chen Ent­wick­lung zu machen. Da setzt unser Camp näm­lich an.

Wie sieht das Leben bei euch im Camp aus? 

Wir gestal­ten die Woche in Abspra­che mit unse­ren Gäs­ten, wann gehen wir Klet­tern, Sur­fen, Work­shops machen, Als Orga­ni­sa­tor muss ich dem natür­lich einen Rah­men geben.

Aber ein Tag bei uns könnte wie folgt aus­se­hen: lecke­res Früh­stück, Sur­fen, dann große Wan­de­rung, nach Hause kom­men, Kaf­fee­kränz­chen und Abends nach dem Essen viel­leicht noch zusam­men einen Film schauen und dar­über reden. Alles natür­lich sehr zwang­los. Er lacht…

Ihr habt Euch einen beson­de­ren Ort in Spa­ni­ens Nor­den aus­ge­sucht. Den wun­der­schö­nen Playa de Vega in Astu­rien, ganz in der Nähe von Riba­de­sel­las. Was macht die­sen Ort so besonders?

Den Ort hatte ich wäh­rend mei­ner Rei­sen zwi­schen der Bre­ta­gne und Anda­lu­sien immer im Kopf. Das wurde dann immer kon­kre­ter. Nord­spa­nien hat mich schon immer sehr ange­spro­chen, vor allem Kan­tabrien und Astu­rien. Es ist sehr grün dort, es gibt Berge und Meer in unmit­tel­ba­rer Nähe zuein­an­der und tou­ris­tisch ist es auch nicht über­lau­fen. Und es begeg­nen einem nicht die Vor­ur­teile, wie wenn man in Süd­frank­reich ein Camp auf­ma­chen würde. Ich hatte drei Spots zur Aus­wahl und dann hat der Bauch entschieden.

Die Lage vom Cam­ping­platz ist ideal, weil es einen schö­nen Pri­vat­weg zum Strand gibt, der einen so rich­tig zur Ruhe kom­men lässt. Gerade um die Jah­res­zeit hat man den Strand für sich allein. Dann dau­ert es 20 Minu­ten und man ist in 2000 meter hohen Ber­gen unter­wegs. Auch ein­ma­lig so in Europa. Das waren aus­schlag­ge­bende Gründe. – Dann haben wir noch Men­schen gefun­den, die gerade eine Bio­farm auf­bauen oder Unver­packt­lä­den auf­ge­macht haben. Das waren dann noch so Fügun­gen, Men­schen ken­nen zu ler­nen, die genau so ticken wie wir und auch die­sen Ort für sich ent­deckt haben. Das waren die ent­schei­de­nen Punkte.

Astu­rien ist dort extrem länd­lich und gebir­gig und kann die größte Viel­falt an Käse­sor­ten in ganz Spa­nien auf­wei­sen. Man trifft auf Men­schen die stolz auf ihre Geschichte, Kul­tur und land­wirt­schaft­li­chen Erzeug­nisse sind. Die Region konnte nie kom­plett ein­ge­nom­men wer­den, durch die geo­gra­fi­sche Besonderheit.

Hast du eine kuli­na­ri­sche Empfehlung?

Ja, die astu­ri­sche Fabada. Die gibt viel Power nach dem Sur­fen. Wir machen auch die vege­ta­ri­sche Vari­ante. Nor­ma­ler­weise kom­men da drei unter­schied­li­che Fleisch­sor­ten zusam­men. Und der Sidra, gekel­ter­ter Apfel­wein, das Land ist voll von Apfelbäumen.

Außer­dem der Secreto Iber­ico – ganz dün­nes Schwei­ne­fleisch. Von frei leben­den Schwei­nen, die sich nur von Eicheln ernäh­ren. Extrem lecker und sehr zu empfehlen.

Wie sind Eure Kapa­zi­tä­ten im Surfcamp? 

Wir behe­ber­gern nicht mehr als 20 Gäste, das ist kom­plett aus­rei­chend, um die Grup­pen auch klein zu hal­ten. Im Anfän­ger­kurs sind maxi­mal sechs Leute und im Fort­ge­schrit­te­nen­kurs drei bis vier Schü­ler. Beim Klet­tern gehen wir meis­tens mit einer gro­ßen Gruppe klet­tern. Der Ort ist nur 20 Minu­ten ent­fernt und direkt am Strand. Anschlies­send gibt es ne coole kleine Bar, wo man einen Mojito trin­ken kann. Auch das Wan­dern bie­ten wir in grö­ße­ren Grup­pen an, da geht es auf 1300 Meter hoch, auf der Hoch­ebene begeg­net man dann Kühen, das ist dann auf ein­mal wie in Öster­reich. Schon absurd und ergrei­fend diese Sze­ne­rie, oben die Kuh­glo­cken und dann der Blick aufs Meer. Sur­fen, Klet­tern, Wan­dern an einem Tag.

Wann geht es los bei Euch?

Von Mitte Mai bis Ende Juni beher­ber­gen wir unsere ers­ten Gäste und dann wie­der ab Sep­tem­ber. Und wer auf der Durch­reise ist, darf gern bei uns im Surf­camp vor­bei kom­men, um mal rein­zu­schnup­pern. Wir haben wirk­lich eine schöne Cam­patmo­sphäre, mit gro­ßer Yoga­platt­form, die Küche selbst aus Holz gebaut. Und wir arbei­ten mit guten Pro­du­zen­ten zusam­men, ich fahre nie in den Super­markt, alles Bio­wa­ren von nahe gele­ge­nen Far­men. Es gibt wirk­lich viel zu entdecken.

Zum Abschied umar­men wir uns und dann die Bäume, die schon immer hier waren. Auf bald Alex!

Der mit den Bäu­men spricht – In Ber­lin arbei­tet Alex sai­so­nal als Baumpfleger
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