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Fast jeder träumt davon, nicht bloß auf dem Weg in die Holzklasse durchs Business-Abteil geschoben zu werden, sondern die Perspektive einmal zu wechseln und stattdessen Empfänger der neidischen Blicke zu sein. Dann wird der Traum plötzlich wahr und du hältst ein Ticket mit dem Letter J oder C in der Hand, bestenfalls natürlich auf einem Langstreckenflug, im Gegensatz zu Y oder M für die Loser-Klasse. Doch bevor du dich allzu schnell in Vorfreude hineinsteigerst lohnt es, ein paar grundlegende, ungeschriebene Regeln für die Reise als besserer Mensch zu beachten:
- Check-in: Juchhu, du darfst der langen Schlange vor den Economy-Schaltern ein Schnäppchen schlagen und stellst dich direkt auf dem roten Teppich hinterm leuchtenden ‚Business und First Class‘ Schild an. Sekunden später bist du auch schon dran, und die Probleme gehen los: Dein Koffer oder Rucksack ist der Lieblingskratz- und schlafplatz deiner Fellnase und das Geld für Fusselrollen investierst du lieber in die Reisekasse? No-go, wenn du Business fliegen möchtest! Aus dem Blick der Dame am Schalter spricht Ekel, während sie so laut, dass es bis in die Reihen der Billigplatzinhaber schallt, fragt: „Was haben SIE denn für ein Tier“? Und nun wird auch die Schlange an der Business Class lang und länger, während sich die Dame berufen fühlt, mit dem Klebstreifen der Koffer-Destinationsaufkleber die unappetitlichen Haare zu entfernen.
Regel: Nicht nur du, sondern auch dein Gepäck muss der Business Class würdig daherkommen.
- Business Lounge: Statt wie sonst die leere Wasserpulle unter den Wasserhahn im Klo zu quetschen, dich in der Schlange fürs Gratis-Trinkwasser – falls existent – anzustellen oder schlimmstenfalls Unsummen für einen Kaffee, Tee, Soft Drink oder Snack im Terminal auszugeben, schlenderst du entspannt zum Schlaraffenland, besser bekannt als ‚Business Lounge‘. Der magische J- oder C‑Pass dient als Schlüssel, um den Sesam zu öffnen, und schon breitet sich vor dir ein reichhaltiges Buffet aus mit allem, was du dir an Salzigem oder Süßem, an Gesundem oder Ungesundem, wünschen könntest, inklusive Bier, Wein und Hochprozentigem. „All you can eat & drink” lautet das Prinzip, aber Achtung – wenn du ihm nachgibst, wirst du es bald bereuen.
Regel: Genieß das Buffet in der Business Class mit solcher Vorsicht, als wärst du nach dem Weihnachtsschlachtfest auf Diät.
- Die ersten Minuten im Flieger: Endlich! Du hast deinen Sitz in den vorderen Reihen eingenommen und stellst gleich fest, dass er so breit ist wie dein Fernsehsessel daheim, aber mit viel mehr Knöpfen. Nun ist die Versuchung groß, sie alle auszuprobieren, um zu begreifen, wie weit genau der Sitz unter den Vordersitz ausfährt, wie sich nur die Beinablage ausklappen lässt und welche Position die rücken- und po-freundlichste ist. Tipp: Lass es sein! Denn gerade, wenn du ganz unten bist, kommt die Flugbegleitung mit Speise- und Weinkarte sowie mit dem ersten Drink von der rollenden Bar, die mehr im Angebot hat als deine Lieblingskneipe: Champagner, Bier, verschiedene Weiß- und Rotweine, Wodka, Whiskey, Rum – alles gratis!
Regel: Lass den Sitz in Ruhe, denn du möchtest auf deinen ersten Business-Flug nicht in der Horizontalen anstoßen!
- Goodie-Bag: Mit einem Glas in der Hand, aus dem es kräftig prickelt, bist du sicher bereits wunschlos glücklich, doch es kommt noch besser – sogleich folgt ein Präsent in Form eines Kosmetiktäschchens. Als echter Neuling outest du dich, wenn du das edel aussehende Teil sofort aufmachst und den Inhalt über deine Beine verteilst, begeistert über eine Gratis-Zahnbürste, Zahnpasta, Mundwasser, sogar eine kleine Haarbürste und Cremes für Gesicht, Lippen und Hände, Feuchttücher und samtweiche Hausschuhe in elegantem Schwarz.
Regel: Tu ganz cool, leg das Täschchen erst mal in die Tasche im Vordersitz einen Meter vor dir und schau frühestens fünf Minuten später gelangweilt hinein, um dir die Hausschuhe überzustreifen.
- First Class Essen: Spätestens, wenn du die Speiseliste des 5‑Gänge-Menüs mit jeweils 3 möglichen Optionen pro Gang studierst, wird dir klar, warum sich Zurückhaltung in der Business-Lounge bewährt. Sei entschlussfreudig und bestellbereit, wenn deine Wünsche mit Block und Stift entgegengenommen werden. Und sei gefasst auf eine Ess-Orgie wie im Michelin-Stern-Restaurant, die dir den Schlaf rauben wird: Amuse-bouche, dazu zum Runterspülen das nächste Glas Champagner oder Wein, Suppe, erster und zweiter Gang, Dessert. Angerichtet auf einem hellen Baumwolltischtuch auf dem Klapptisch und verspeist mit richtigem Besteck aus Edelstahl, inklusive Edelstahl-Messer!
Regel: Steig mit leerem Magen in den Flieger.
P.S.: Wenn du einen Mord durch Erstechen im Flieger planst, flieg in der Business Class.
- Das Ende: Solltest du deinen Holzklässler-Gelüsten nachgeben und ein paar Business Class-Souvenirs mitgehen lassen wollen, seien es die lärmisolierenden Kopfhörer, die hübsch karierte Decke oder das dicke Kopfkissen, errät das Personal bereits eine Stunde vor Landung deine niederen Gedanken und sammelt alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wieder ein. Dafür bekommst du immerhin deine Jacke zurück, die dir beim Einstieg abgenommen und in einen Schrank gehängt wurde, denn platt- oder krausgesessene Jacken sind auf Holzklässler-Niveau. Auch der Ausstieg geht gesittet vor sich, kein Auf-den-Füßen-herumtrampeln und sich den Weg nach vorne mit den Ellenbogen erarbeiten. Die Business Class steigt zuerst ein und zuerst wieder aus. Und dann? Ausgeträumt, du bist wieder jeder Hinz und Kunz, der durchs Terminal irrt. Mit einem Problem mehr: Deinen wie neu aussehenden, tierhaarfreien Koffer kannst du auf dem Band nicht mehr von den anderen unterscheiden.
Regel: Kennzeichne deinen Koffer frühzeitig mit etwas anderem als mit dem Fell deiner Lieblinge und bewahre dir um jeden Preis deinen Humor, egal, wie oft du noch in einen VIP verwandelt wirst!
Der erste Business Class-Flug meines Lebens fand auf Einladung von Air Astana statt mit Ziel Nur-Sultan, der Hauptstadt Kasachstans.
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[…] es Dich bei diesem Wetter in die Ferne? Über diese Regeln für Business Class Newbies bei Reisedepeschen musste ich schmunzeln und dieser Bericht über Ruanda von Philipp Laage war ebenfalls sehr […]
Herrlich… Jetzt ist das Geheimnis also gelüftet. Vielen Dank für den Lesespaß. Und ich glaube, für den Differenzbetrag zwischen den möglichen Ticketklassen kann man ganz wunderbar edle Hausschuhe kaufen und ein fünf-Gang-Menü essen gehen 😉
Danke, Sylvia, freut mich, dass der Artikel dir gefallen hat 🙂
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