Berge des Nordens

Tira­na ist quir­lig und heiß. Mehr als die Tages­rand­zei­ten und die Nacht kann man die Stadt schon fast nicht betre­ten. Ich bin froh, den Miet­wa­gen in einer Sei­ten­stra­ße vom Hotel sicher abge­stellt zu haben und nur die Stadt zu Fuß erkun­den zu müs­sen. Ich fah­re ein­fach zu unger­ne Auto. Wirk­lich »viel« für den ober­fläch­li­chen Tages­be­such gibt es nicht in Tira­na zu sehen. Der Skan­der­beg-Platz und sei­ne direk­te Umge­bung sind schon das High­light. So könn­te man den­ken. Der Rund­gang geht recht flott.

Kapllan-Pascha-Türbe
Skanderbeg-Platz

Natür­lich kann man mit etwas mehr Stadt­lust Tira­na voll erkun­den, das Nacht­le­ben im Stadt­vier­tel Bllo­ku genie­ßen und rund um den Skan­der­beg-Platz, den Uhr­turm, die Natio­nal­bi­blio­thek und die Oper besu­chen. Sich die Geschich­ten zu den Häu­sern anhö­ren, frei­en Stadt­füh­run­gen bei­woh­nen und so viel mehr. Ich will die Stadt nicht abwer­ten. Sie ist geni­al, nur ich bin nicht der Stadt­typ.

Zentrum von Tirana
Pyramide von Tirana

Am meis­ten fas­zi­niert mich aber die Aus­stel­lung Bunk-Art etwas außer­halb der Innen­stadt. Im ehe­ma­li­gen Regie­rungs­bun­ker wird Kunst und Geschich­te gemischt und bei ange­neh­men Tem­pe­ra­tu­ren und viel­leicht sogar schon etwas zu kühl prä­sen­tiert. Der Besuch lohnt sich und vor allem in Ver­bin­dung mit dem Daj­ti Express, der Seil­bahn hin­auf zum Haus­berg von Tira­na.

Bunk-Art - Versammlungssaal mit Kunst
Dajti Express

Hier gibt es nicht nur Restau­rants mit einer super Aus­sicht, son­dern auch einen klei­nen Frei­zeit­park. Per­fekt für Fami­li­en mit Kin­dern. Beim Abend­essen auf der Pan­ora­ma­ter­ras­se genie­ße ich den Blick auf das leicht die­si­ge Tira­na und schaue der Son­ne zu, wie sie sich und ihr Spie­gel­bild in der Adria lang­sam dem Hori­zont annä­hern, um den Son­nen­un­ter­gang ein­zu­lei­ten.

Übersicht zur Rundreise mit dem Mietwagen

Karte der Rundreise durch Albanien
Eine Kar­te mit der Rei­se­rou­te zum Zoo­men, Kli­cken und Anschau­en und auch zum Down­load fin­det ihr unter dem Ori­gi­nal­l­ink.

In den albanischen Norden

Am nächs­ten Tag schnap­pe ich mir mei­nen wei­ßen und noch sau­be­ren Fiat Tipo und ent­schwin­de der Haupt­stadt in Rich­tung Nor­den. Nach knapp zwei Stun­den Fahrt errei­che ich Shko­dra. Die Innen­stadt las­se ich links lie­gen und stat­te der beson­ders gut erhal­te­nen osma­ni­schen Bogen­brü­cke Ura e Mesit einen Besuch ab. Sie ist über hun­dert Meter lang und wun­der­bar erhal­ten. Einst gehör­te sie zu einem Han­dels­weg, der Shko­dra und den Koso­vo ver­band. Schon die Römer benutz­ten den Han­dels­weg, der um die 50er Jah­re es 20. Jahr­hun­derts sei­ne Bedeu­tung ver­lor. Nur weni­ge Meter neben die­sem Han­dels­weg ist eine neue Beton­brü­cke, die zum einen schö­ne Bil­der von der Brü­cke ermög­licht, mir aber für ein schö­nes Pan­ora­ma­fo­to im Bild steht. Im Hin­ter­grund sind schon die ers­ten Aus­läu­fer der Alba­ni­schen Alpen zu sehen.

Ura e Mesit Brücke

Die Legende von Rozafa

Eine wei­te­re Sehens­wür­dig­keit von Shko­dra las­se ich mir natür­lich nicht ent­ge­hen: die Burg Roza­fa. Sie wur­de benannt nach einer Sage in der drei Brü­der die Burg erbau­en woll­ten und jede Nacht das Mau­er­werk zer­stört wur­de. Erst als ein alter Mann das Ein­mau­ern einer Frau riet und die Män­ner sich auf die Ehe­frau einig­ten, die ihnen zuerst das Mit­tag­essen bringt, wur­de aus dem Bau etwas. So bekam die Burg auch ihren Namen. Sie ist nach der jun­gen Roza­fa benannt.

Burg Rozafa

Die Burg liegt auf einem Hügel west­lich der neu­en Innen­stadt. Die alte Stadt in der Umge­bung der Burg wur­de nach meh­re­ren Über­schwem­mun­gen nahe­zu auf­ge­ge­ben und ab ca. 1770 zwei Kilo­me­ter öst­lich neu errich­tet. Die drei Befes­ti­gungs­rin­ge hat­ten enor­me stra­te­gi­sche Bedeu­tung und konn­ten 10 Mona­te lang 1479 den Tür­ken stand­hal­ten. Heu­te liegt die Burg in Rui­nen, den­noch ist die Lage 130 Meter über der Stadt inter­es­sant und lässt wei­te Bli­cke über den Shko­dra­see und die Fluss­läu­fe um Shko­dra her­um zu.

Fahrt über den Komansee

Was man nicht von der Burg aus sieht, ist der Koman­see. Ich las­se das Auto am Hotel zurück und neh­me einen der vie­len Shut­tle-Bus­se zum Fähr­an­le­ger am Ende der Sh35. Wer mit dem Auto selbst kom­men möch­te, muss sich schon früh im Vor­aus einen Platz auf der Fäh­re sichern. Sie sind wirk­lich nicht groß. Der Koman­see ist ein Stau­see und kurz bevor man den Fähr­an­le­ger erreicht, pas­siert man die mäch­ti­ge 115 Meter hohe Stau­mau­er. Dahin­ter wird die Drin zur Strom­erzeu­gung ange­staut und bil­det einen 34 Kilo­me­ter lan­gen Stau­see, der sich durch die von der Drin erzeug­ten engen Schluch­ten der Alba­ni­schen Alpen schlän­gelt. Mit der Fäh­re kann man die­se atem­be­rau­ben­den Steil­wän­de in aller Ruhe betrach­ten.

Fähre auf dem Komanstausee
Komansee
Fähre auf dem Komansee

Die Fahrt über den Koman-Stau­see dau­ert ca. 2,5 Stun­den und ist ein ech­tes High­light im Nor­den Alba­ni­ens. Wie vie­le ande­re Tou­ris­ten nut­ze ich die Mög­lich­keit, um Rich­tung Valbo­na zu rei­sen. Valbo­na heißt nicht nur der Ort, son­dern auch der Fluss und der Valbo­na Natio­nal­park. Mein Ziel. Der Fluss hat hier über Kilo­me­ter ein wun­der­schö­nes (noch) nahe­zu abge­le­ge­nes Tal erschaf­fen. Klei­ne Höfe, Land­wirt­schaft und neu­er­dings auch vie­le Gäs­te­häu­ser und bald auch ein rie­si­ges Hotel befin­den sich hier. Es ist idyl­lisch und der lan­ge Weg aus Shko­dra lohnt sich. Ich las­se mei­nen klei­nen Tages­ruck­sack in mei­nem Zim­mer zurück und mache mich gleich nach mei­ner Ankunft auf den Weg in Rich­tung Maja Rosit.

Albanische Alpen in Valbona

Den Gip­fel mit über 2500 Metern wer­de ich sicher­lich nicht errei­chen an die­sem Nach­mit­tag, aber der Auf­stieg in das klei­ne Sei­ten­tal ist beschau­lich, ruhig und ich füh­le mich end­lich ange­kom­men. Auf die Ber­ge hat­te ich mich schon lan­ge gefreut. Wäh­rend auf der einen Sei­te noch die Son­ne scheint, tröp­felt es leicht auf mich ein und ich keh­re um. Im Naty­ra Restau­rant las­se ich die loka­le Küche wohl­wol­lend auf mich wir­ken und schaue Scha­fen zu, wie sie ziel­stre­big aus ihrem Stall auf die Wei­de ren­nen, um auch ihr Abend­essen zu bekom­men.

Nachthimmel über Valbona

Wanderung von Valbona nach Theth

Am nächs­ten Tag bre­che ich von mei­ner Unter­kunft auf und wan­de­re die gut asphal­tier­te Stra­ße in Rich­tung Tal­en­de. Nach eini­gen Kilo­me­tern endet die Stra­ße und ein Schot­ter­weg führt wei­ter in Rich­tung Ber­ge. Hier zweigt auch bald der Wan­der­weg nach Theth ab. Der Wan­der­weg ist nicht nur Teil des Fern­wan­der­wegs »Peaks of the Bal­kans«, son­dern auch super für eine Ein­ta­ges­wan­de­rung ins Theth-Tal geeig­net. Sanft steigt der Wan­der­weg in die Höhe.

Morgens in Valbona

Ich tref­fe auf reich­lich Mit­wan­de­rer. Vie­le davon ken­ne ich schon aus dem Shut­tle nach Valbo­na und der Koman­see-Fäh­re. Es ist eine wun­der­ba­re Atmo­sphä­re auf dem Wan­der­weg. Man unter­hält sich, feu­ert sich an und unter­stützt sich auf dem Weg über den Valbo­na Pass, auch Qafa e Valbonës genannt. Nach einem sanf­ten Ein­stieg wird der Weg schlag­ar­tig steil und fängt an, sich an zie­hen. Am Ende der ers­ten Stra­pa­ze war­tet aber das Simo­ni Kafe. Eine Art Pau­sen­sta­ti­on. Wer Cam­pen möch­te, fin­det auch hier einen Platz, aber ich habe eher Hun­ger und Durst. Die Quel­le füllt mei­ne Fla­sche auf, das kal­te Berg­was­ser kühlt die Geträn­ke und einen Snack könn­te ich mir auch bestel­len. Ich fin­de aber Gefal­len an einem Kaf­fee. Ich bin zwar schon gut wach, aber irgend­wie hat es mir alba­ni­scher Kaf­fee ange­tan. So viel Lie­be steckt in der Zube­rei­tung und das schmeckt man auch.

Simoni Café

Nach der Rast führt mich der Weg wie­der gemüt­lich bis kurz hin­ter den Abzweig links zum Qafa e Valbonës und rechts in Rich­tung Qafa e Pejes und Maja Jezer­ces. Danach steigt der Weg stark an und erklimmt die Wand, die von unten fast zu steil für einen Auf­stieg aus­sieht. Hier begeg­nen mir die ers­ten Wan­de­rer aus Theth. Ich benei­de sie nicht. Aus Rich­tung Valbo­na muss man 800 Meter zum Pass auf­stei­gen, aus Rich­tung Theth 1000 Meter. Dafür ist die Sei­te Theth nicht so steil.

Tal von Valbona
Valbona Pass, Qafa e Valbonës

Am Valbo­na-Pass ange­kom­men, las­se ich mich auf der klei­nen Berg­spit­ze neben dem Pass nie­der. Hier ist ein regel­rech­ter Rast­platz für bei­de Sei­ten. Die Aus­sicht in das Valbo­na-Tal und das Theth-Tal ist traum­haft schön. Ich könn­te län­ger hier­blei­ben, aber irgend­wann juckt es mich, in Rich­tung Theth abzu­stei­gen. Es dau­ert nicht lan­ge, da errei­che ich das Kafe Zef Rrgal­la. Ich habe viel Zeit und las­se mich schon wie­der nie­der. Ich glau­be, ich habe auf kaum einer Wan­de­rung so vie­le Pau­sen gemacht. Ich genie­ße die Wan­de­rung und füh­le mich nicht gehetzt.

Flija - Albanisches Essen

Besuch in Theth

Kur­ze Zeit spä­ter geht es an den längs­ten Teil der Wan­de­rung. Es fängt an, sich zu zie­hen. Ich moch­te noch nie berg­ab lau­fen. Aber als ich dann das Gäs­te­haus nach gemüt­li­chen 8 Stun­den Wan­de­rung mit Pau­sen errei­che, bin ich den­noch froh. Die Dusche habe ich mir ver­dient. Am nächs­ten Mor­gen erkun­de ich noch den nahen Was­ser­fall und die berühm­te Kir­che von Theth. Ihr Anblick schon vor eini­gen Mona­ten im Rei­se­füh­rer hat mich ver­führt.

Kirche in der Bergwelt von Theth

Der Ort ist auf­stre­bend und die Zah­len der Besu­cher stei­gen rasant. Die Gäs­te­häu­ser sprie­ßen aus dem Boden und bele­ben wirt­schaft­lich die abge­le­ge­ne Regi­on. Den­noch ist der Weg nach Theth beschwer­lich. Ent­we­der zu Fuß über den Valbo­na-Pass oder mit einem gelän­de­gän­gi­gen Fahr­zeug über den Qafa Buni i Tho­res (Tho­re-Pass). Erst hin­ter dem Pass beginnt die gut asphal­tier­te Stra­ße nach Shko­dra. Die 16 Kilo­me­ter nach Theth sind eine Her­aus­for­de­rung und wirk­lich nicht mit einem nor­ma­len Auto zu emp­feh­len.

Schäfer in Theth

Drei Tage in den Alba­ni­schen Alpen gehen lang­sam zu Ende. Ich ver­mis­se schon beim Ver­las­sen des Tals die Ruhe und Gelas­sen­heit, die Natur, die Ber­ge, die klei­nen und gro­ßen Gewäs­ser und ent­wick­le die Sehn­sucht, noch mehr hier zu erkun­den; viel­leicht auf der Rund­wan­de­rung des Fern­wan­der­wegs »Peaks of the Bal­kans«. Auf der ande­ren Sei­te bin ich gespannt, was mich in Alba­ni­en auf mei­ner Rund­rei­se mit dem Miet­wa­gen noch so erwar­tet.

Erschienen am



Antwort

  1. Avatar von Ildi
    Ildi

    Hal­lo Domi­nik,

    Nor­den Alba­ni­ens hat uns auch ganz in sei­nen Bann gezo­gen. Tira­na hat uns über­rascht. Die Stadt ist leben­dig und bunt. Lei­der die Pyra­mi­de wur­de gera­de saniert. So haben wir davon nichts gese­hen. Theth und die Alpen sind ein traum. Über das Berg­dorf und die Wan­de­run­gen haben wir auch eine klei­ne Zusam­men­fas­sung geschrie­ben. ( https://www.travelsicht.de/theth-albanische-alpen-wandern-sehenswuerdigkeiten/ )
    Die Burg Roza­fa fan­den wir auch sehr schön. Die Legen­de war für mich eine neue Infor­ma­ti­on. Dan­ke dafür!
    Ich wün­sche dir wei­ter­hin gute Rei­se!
    Vie­le Grü­ße
    Ildi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert