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Laos und die wiedergefundene Leichtigkeit des Seins

Es ist stock­fins­ter als ich auf­wa­che. Aber wie kann das sein. Es ist schon acht! Ich schaue aus dem klei­nen Spalt des Fens­ters und erbli­cke trübe dunkle Wol­ken. Es ist neb­lig. Und es ist frisch. Wir beide haben uns nachts eine zweite Decke über­ge­zo­gen. Plötz­lich höre ich ein lau­tes Röcheln, gefühlt direkt neben mir … aber drau­ßen. Nach fast zwei Jah­ren unter­wegs erkenne ich das Schnau­fen eines Was­ser­büf­fels im Schlaf.

Ich muss mal vor die Tür und bin über­rascht vom regen Berufs­ver­kehr der sich vor unse­rem rol­len­den Zuhause abzu­spie­len scheint. Ges­tern Abend haben wir nach län­ge­rer Suche die­sen zau­ber­haf­ten Stell­platz an einem klei­nen sau­be­ren Bach gefun­den und uns eigent­lich into the wild ver­mu­tet.

 

 

 

Nun ste­hen etwa fünf mit bun­ten Tüchern bedeckte Frauen im Was­ser um sich zu waschen. Ein älte­rer Mann, der sich gerade die Haare scham­po­niert singt laut … und unheim­lich schön. Ein klei­ner Junge treibt vier oder fünf Was­ser­büf­fel durch den sel­bi­gen Bach. Ein jun­ger Mann mit gro­ßer Tasche zieht seine recht schi­cken Schuhe aus, krem­pelt die Hose hoch und macht sich auf den Weg … ins Büro? … in sein Geschäft? Eine Fami­lie, die eigent­lich nur den Bach über­que­ren will dreht eine kleine Extra­runde um unser Auto, ver­sucht einen klei­nen Blick nach innen zu erha­schen und wun­dert sich recht wenig über die müde weiße Frau, die schlaf­trun­ken, zer­knit­tert und noch im Nacht­hemd das bunte mor­gend­li­che Trei­ben beob­ach­tet. Erst lacht der Mann, dann die Frau, dann die Kin­der. Sabai­dee! Good Mor­ning, Laos!

Ich steige wie­der zurück in den Truck, denn vor dem ers­ten Kaf­fee las­sen sich meine Ein­drü­cke schlecht ver­ar­bei­ten. Den Rest des Tages ver­brin­gen wir genau an die­sem Fleck. Es wirkt herbst­lich und bleibt den gan­zen Tag über ange­nehm kühl. Die Mit­tags­sonne brennt sehr stark, doch die Luft ist wun­der­bar frisch. Schnell ist beschlos­sen: hier blei­ben wir erst ein­mal. Sodann tun wir es den Ein­hei­mi­schen gleich und waschen uns am erfri­schen­den Bach. Da die­ser sehr nied­rig ist bedie­nen wir uns unse­rer weit gereis­ten Waschschüssel.

Peter räumt ein paar Dinge auf oder um, bas­telt am Auto, wir machen die Wäsche, ich backe Brot, stopfe ein paar Dinge, häkele … und wir genie­ßen das pure Dasein, wie wir es in den letz­ten Wochen viel zu oft ent­beh­ren muss­ten. Gegen Abend wird es so kühl, dass wir uns in unse­rem Haus in dicke Decken kuscheln, Back­gam­mon spie­len und Hör­bü­chern lau­schen. Die hüb­schen Erin­ne­run­gen an unsere kleine Vor­gar­ten­idylle in PAME wer­den geweckt.

 

 

Seit Novem­ber sind wir nun in Süd­ost­asien – was gewis­ser­ma­ßen nie auf unse­rer Route lag und nur auf­grund der Wei­ge­rung Chi­nas uns nach Tibet ein­rei­sen zu las­sen in die Pla­nung mit auf­ge­nom­men wurde. Auf­grund des orga­ni­sier­ten Kon­vois für Selbst­fah­rer ließ uns das herr­li­che Burma wenig Zeit zur freien Ver­fü­gung. In Kam­bo­dscha haben wir die Weih­nachts­zeit am Strand aus­nahms­los genie­ßen kön­nen – lei­der unter etwas Zeit­druck da wir im Januar mei­nen Vater in Bang­kok tref­fen woll­ten. Ja und mit Thai­land sind wir – um ehr­lich zu sein – noch nicht so rich­tig warm gewor­den. Die­ser Ein­druck scheint aber wohl stark von unse­ren der­zei­ti­gen per­sön­li­chen Erleb­nis­sen abhän­gig zu sein. Doch diese Geschichte soll ein ande­res Mal erzählt werden.

Als wir also Ende Januar – trotz unge­lös­ter Pro­bleme am Auto und der Gewiss­heit, bald noch­mals eine Werk­statt auf­su­chen zu müs­sen – beschlie­ßen in den Nor­den nach Laos zu fah­ren haben wir uns bewusst wenig vor­be­rei­tet. Der Grenz­über­tritt in Huay Xai ver­läuft zum Glück ent­spannt und unpro­ble­ma­tisch. Wir freuen uns über den zügigs­ten Abschluss einer Auto­ver­si­che­rung seit Rei­se­be­ginn und den flie­ßend eng­lisch spre­chen­den Sach­be­ar­bei­ter … hat uns doch der sel­bige Abschluss in Thai­land zwei Tage und viele Ner­ven gekostet.

Wir wur­den mehr­fach gewarnt vor den chao­ti­schen lao­ti­schen Stra­ßen- und Ver­kehrs­ver­hält­nis­sen. Aller­dings – nach über einem Jahr auf Indi­ens Stra­ßen – wir­ken auf uns ver­mut­lich so man­che Ver­kehrs­be­din­gun­gen außer­halb Indi­ens … nun … machbar!
Und so rol­len wir gemüt­lich durch die­ses ruhige, grüne, hüge­lige Land mit sei­nen lie­bens­wür­di­gen, zuvor­kom­men­den Men­schen und sei­nen bezau­bern­den lau­ten Kin­dern. Das viele Grün, die Wäl­der, der gewal­tige Mekong und vor allem die vie­len klei­ne­ren Flüsse haben es uns angetan.

Wir ent­de­cken einige äußerst male­ri­sche und ent­spannte Back­pack­e­r­oa­sen wie Nong Khiaw, Vang Vieng oder das viel­leicht etwas sehr tou­ris­ti­sche Luang Pra­bang (Tau­send Dank an die lie­ben Mön­che, die uns groß­zü­gig für die Nächte zum Par­ken auf den Tem­pel­hof ein­ge­la­den haben). Da diese Orte aller­dings außer unzäh­li­gen Guest­hou­ses, über­teu­er­ten Super­märk­ten, Restau­rants und River Views wenig zu bie­ten haben zie­hen wir die klei­nen Märkte in den kleins­ten Dör­fern und die Fünf­mil­lio­nen-Sterne-Fluss­bet­ten inmit­ten der Reis­fel­der vor. Dort sind wir ent­zückt von den klei­nen Bau­ern­jun­gen, die mit ihren gro­ßen Tau­cher­bril­len und win­zi­gen Har­pu­nen zum Fischen im Was­ser toben. Wir sind über­wäl­tigt von der lus­ti­gen lao­ti­schen Fami­lie die uns mit einer Jah­res­ra­tion wei­ßer Rüben ein­deckt. Und wir freuen uns über die bun­ten Kanu­fah­rer die immer wie­der vor unse­rer Haus­tür vor­bei glei­ten und ein lau­tes „Ser­vus!“ rufen sobald sie unser Münch­ner Kenn­zei­chen entdecken.

 

 

Laos ver­las­sen wir mit einem völ­lig zufrie­de­nen und aus­ge­ruh­ten Gefühl. Danke, für eine wun­der­bar ent­spannte, unauf­ge­regte und natur­ver­bun­dene Zeit.
Sabai­dee! Gute Nacht, Laos!

 

Cate­go­riesLaos
Jennifer und Peter Glas

Ihr erstes gemeinsames Zuhause ist ein Unimog-Van. Jen und Peter kennen sich erst vier Monate, als sie beschließen, zusammen die Welt zu befahren – ihre Hochzeitsreise wird ein epischer Roadtrip.
Die abenteuerliche Hochzeitsreise von München über den Balkan, Iran, Oman, Indien und Südostasien bis nach Wladiwostok verfolgen tausende Fans auf ihrem Blog Glaarkshouse.
Jetzt auch als wunderschöner Lese-Bildband erhältlich: ROADTRIP - Eine Liebesgeschichte von Jen und Peter Glas. Überall wo es Bücher gibt und in unserem Online-Shop.

  1. Bianca says:

    Wow, ich glaube ich bin ver­liebt. <3 Sind das wun­der­schöne Bil­der. Fast, wie nicht von die­ser Welt. Umwer­fend. Ich glaube, da werde ich dem Pfel­ders Ski­ge­biet mal den Rücken keh­ren müs­sen, um Geld für Laos zu sparen. ;)

    1. … und Laos ist gar nicht mal so teuer. Im Land kann man recht güns­tig zurecht kom­men. Ein­zig der Flug ist halt … ein Flug.
      Tou­ris­ti­sche Orte wie Luang Pra­bang sind schon teuer … doch selbst dort kann man sich güns­tig versorgen!
      Viel Freude in Laos.

      (Und wir freuen uns jetzt bald mal auf das nächste Skigebiet)

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