„Sie wol­len eine Zahn­rei­ni­gung durch­füh­ren? Also pro Zahn vier Euro. Sie wis­sen ja wie viele Zähne sie haben, kön­nen sie sich also aus­rech­nen.“ Der Ver­ab­schie­dung folgt das tro­ckene Ein­ras­ten des Hörers. Da biste zurück in der Hei­mat. Die Plas­tik­ga­bel gerade noch zur Seite gelegt, – wobei ich die Lasa­gne, die man mir da ser­viert hat, auch mit nem Stroh­halm hätte essen kön­nen – , mit quiet­schen­den Rei­fen auf­ge­setzt und den rest­li­chen Zwei­bei­nern unmün­dig zu den Gepäck­bän­dern gefolgt, als stehe es seit jeher geschrie­ben. Ein paar Augen­schläge spä­ter nun in der besag­ten Zahn­arzt­pra­xis, in der Berg­mann­strasse in Ber­lin Kreuz­berg. Links und rechts ent­lang des Weges voll­endet auf­ge­schäumte Cap­puc­ci­nos. Würde die Sonne nicht immer noch hoch im Zenit ste­hen, bei der Dichte an Milch­hau­ben könnte man den­ken es wäre Dezem­ber und der erste Schnee gefallen.

Sicher­lich hätte ich mich gerne noch ein paar Tage ver­steckt, mei­nen Lebens­mit­tel­punkt ins Bett oder an die mit alten Weg­ge­fähr­ten besetzte Bar ver­legt. – Wie sich das Gepäck­band ges­tern da im Kreis drehte, unbe­la­den, wäre doch auch mal etwas für eine deka­dente Moden­show, dachte ich mir. Wie ich es kürz­lich fern­ge­se­hen habe, auf dem ein­schlä­gi­gen Kul­tur­ka­nal. Es läuft ja gerade die­ser Kul­tur­som­mer und da hat sich ein frei­geis­ti­ger Desi­gner gedacht lau­ter Penisse ℗ über den Lauf­steg zu schi­cken, was ja eigent­lich immer der Fall ist, wenn da Män­ner­kla­motte prä­sen­tiert wird. Hier war es aber tat­säch­lich so, dass bei den in moder­nen Stoff­müll­sä­cken geklei­de­ten Her­ren der Schöp­fung, im Schritt, immer ein Kreis in der Größe von einer Pam­pel­muse aus­ge­spart war, wo dann zum Ent­zü­cken der Anwe­sen­den die P’s zum indi­vi­du­el­len Rhyth­mus ihrer Eigen­tü­mer über den Lauf­steg tanzten.

Die Kri­ti­ker echauf­fier­ten sich dann nicht über die Klei­dung, nein, das Bein­pen­del war jetzt wich­ti­ger und vor allem die Größe wurde da bespro­chen. Zu klein seien sie gewe­sen. Man kann also frag­wür­dige Klei­der kre­ieren, wenn P’s im Spiel sind, dann stimmt garan­tiert auch die Publi­city und alle kön­nen sich über soviel Medi­en­auf­merk­sam­keit gegen­sei­tig an die P’s fas­sen und Sie­ges­lie­der anstim­men. Inner­lich habe ich dann aber doch applau­diert, für den Desi­gner natür­lich. Ich frage mich ob die Modelle einen P‑Zuschlag kas­siert haben. Letz­ter Absatz im Arbeitsvertrag.

Ent­schul­digt, dass das jetzt in eine P‑Depesche ent­gleist. Aber wenn die Fin­ger ein­mal zu wan­dern begin­nen, ist das ein Selbst­läu­fer. Tas­ta­tur und fet­tige Grif­fel, vom fet­ti­gen Scho­ko­crois­sant, ergän­zen sich her­vor­ra­gend. Fühlt sich an, als wür­den die Fin­ger­kup­pen über das Alpha­bet Schlittschuhlaufen.

Eigent­lich steht Mit­tel­ame­rika auf der Tages­ord­nung, Costa Rica, wo ich ja noch vor ein paar Tagen Alex­an­der von Hum­boldt (ist gelo­gen) gleich durch das tro­pi­sche Unter­holz gesprun­gen bin, um ein­same Strände und per­fekte Dünun­gen auf­zu­su­chen, und auch gefun­den habe. Als gelun­gene Über­lei­tung kann ich jetzt nur mit Affen­ge­mäch­ten kom­men. Brüll­af­fen, die hoch oben in den Baum­kro­nen sit­zend ihr behaar­tes Glied auf mich rich­te­ten. Mir, dem Ein­dring­ling, der in Frie­den gekom­men war, und so ver­such­ten mich in die Flucht zu schla­gen. Ihr Dschun­gel war das, was ich Neid­be­la­den aner­ken­nen musste. Deren Vor­fah­ren haben sicher­lich schon Chris­to­pher Kolum­bus das Haupt­haar bepisst. Erst ein sol­cher Gedanke besie­gelte den Frie­den mit den Wild­ge­wor­de­nen da oben. Die Zwei­bei­ner hier unten auf dem Erden­bo­den sind ja immer wild, oder bes­ser gesagt unbe­re­chen­ba­rer. Bei den Pri­ma­ten weiß ich schon eher mit wem ich es zu tun habe, wes­halb die mir schon immer sym­pa­thi­scher waren.

Costa Rica bie­tet wohl eine der üppigs­ten Vege­ta­tio­nen auf die­sem Erden­ball. Immer­grüne Dschun­gel, in allen mög­li­chen Far­ben leuch­tende Pflan­zen, eine Tier­welt die ihres glei­chen sucht. Hatte sich Gott Rau­sche­bart da oben nach dem sieb­ten Tag tat­säch­lich zu viele Cap­puc­ci­nos hin­ter die Binde gekippt und mit dem klei­nen Zeh Costa Rica auf den Erden­ball gezau­bert? Kein Zwei­fel, so muss es gewe­sen sein. Sollte mich die Affen­bande zie­hen las­sen würde ich auf der ande­ren Seite des gro­ßen Was­sers aus­führ­lich davon berich­ten, Foto­gra­fien soll­ten mir als Beweis die­nen. Das Para­dies, ja es ist irdisch.

 

dsc_0275

dsc_0127img_4580 img_4596 img_4592

dsc_0110img_4583 img_4613 img_4599 img_4598 dsc_0136 dsc_0152 dsc_0150 dsc_0145 dsc_0170 dsc_0164 dsc_0163 img_4638 img_4630 img_4628 img_4655 dsc_0210 dsc_0194

dsc_0232 dsc_0213 img_4722

img_4714 img_4705 img_4762

 

dsc_0218dsc_0273

img_4796

dsc_0220dsc_0257        dsc_0305 dsc_0289

img_4811

Cate­go­riesCosta Rica
Philipp Boos

Widergeboren in Mitteleuropa. In einem anderen Leben als Lastenträger für Alexander von Humboldt gedient, was die Affinität zu Süd Amerika erklärt. Nach einem doppelten Espresso öffnet sich bei Philipp zeitverzögert das dritte Auge, womit er die Welt bereist und in Depeschen festhält.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert