Ich kann nicht ohne Yoga. Die Matte beglei­tet mich auf all mei­nen Rei­sen. Ich mache Yoga in der kleins­ten Butze, auf dem Bal­kon, im Gar­ten, auf dem Dach, im Hotel, am Flug­ha­fen, im Flug­zeug. Immer, egal wo ich bin. Genau jetzt bin ich im Hund mit dem Kopf nach unten, etwa 1800 Meter über dem Mee­res­spie­gel. Meine Matte liegt auf einer grü­nen Wiese im Ober­enga­din, mit umge­kehr­tem Blick auf die schwei­zer Berge, unweit von Sankt Moritz, dort, wo die Men­schen im Win­ter mit ihren Pel­zen Schau lau­fen und mit High-Tec-Out­fits die Pis­ten unsi­cher machen. In Früh­ling, Som­mer und Herbst machen sie Geissen-Yoga.

Was ist Ziegen-Yoga?

„Geis­sen-Yoga“ ist eine Dis­zi­plin aus der Krea­tiv­kiste für Alter­na­tiv­an­ge­bote. Wenn die Glet­scher schmel­zen und der Schnee aus­bleibt müs­sen die Dör­fer rund um die Ski­ge­biete sich etwas ein­fal­len las­sen. Und warum soll­ten die ver­rück­tes­ten Yoga-Ideen da blei­ben wo sie gebo­ren wer­den, näm­lich in den USA?

Immer noch im her­ab­schau­en­den Hund bli­cke ich durch meine Arme hin­durch und sehe auf dem Kopf ste­hende Berge im Hin­ter­grund, davor Momo. Oder ist es Zwir­bel? Brau­nie? So hei­ßen sie näm­lich, die Zie­gen von Nicole Buess. Einst vor dem Schlach­ter geret­tet haben sie nun ihre Bestim­mung darin gefun­den, Zie­gen­tre­cking mit Tou­ris­ten zu machen oder eben Geis­sen-Yoga. Sie schauen auf die sich bie­gen­den Kör­per, rup­fen ein wenig Gras und meckern manch­mal wenn die Yoga­leh­re­rin eine Ansage macht. Als woll­ten sie sagen: Ruhe bitte. Aber alles bes­ser als ein Ende beim Schlach­ter. Keine Frage.

Ziegenyoga im Oberengadin
Zer­streu­ung beim Ziegenyoga

In der Ruhe liegt die Kraft – auch beim Ziegenyoga

Inzwi­schen bin ich einen Son­nen­gruß wei­ter, vom Brett ins Schat­aranga und hoch in die Kobra. Sobald ich den Kopf wie­der in Stel­lung habe schaue ich mich nach den Zie­gen um. So rich­tig bei der Sache bin ich nicht.  Innen­schau und Kör­per­wahr­neh­mung, die nor­ma­ler­weise mei­nen Para­sym­pa­ti­kus ansprin­gen las­sen, kom­men ein wenig zu kurz. Ich weiss nicht, was mich mehr in Unruhe ver­setzt: die Befürch­tung, dass Momo mei­nen Zeh anknab­bert, Zwir­bel mir von hin­ten die Hör­ner in den Po rammt oder der hyper­ak­tive junge Kol­lege, der immer wie­der von der Matte auf­springt, um sich Noti­zen zu machen. Als eine der Zie­gen sich über sein Notiz­buch her­macht ist aber Schluß mit lus­tig. Eine andere Mit­strei­te­rin ver­läßt die Matte, nach­dem die Geiss ihr über­ra­schend die feuchte Tier­nase ins Gesicht gesteckt hat. Jetzt ist ihr übel, sagt sie. Ob es am Zie­gen­kuss lag oder an der kur­ven­rei­chen Anfahrt; man weiß es nicht. Ansons­ten sind die Zie­gen fried­lich und außer gele­gent­li­chem Meckern, gefolgt vom Lachen der Gruppe haben sie vor allem Eines gemacht: nichts.

Notizbuch in Gefahr
Notiz­buch in Gefahr

Die Yoga­leh­re­rin Irena Schu­ma­cher räumt ein, heute seien sie ein wenig ruhig gewesen.

„Trotz­dem brin­gen sie eine Ent­spannt­heit her­ein, und neh­men so ein biss­chen das Ver­bis­sene, das manch­mal auch auf der Yoga­matte aus­bricht. Dann kommt eine Ziege und knab­bert etwas am Fuß. Das erdet einen.“

Da ist was dran. Man­che Yoga­stun­den kom­men wie katho­li­sche Mes­sen daher, wo andäch­tig, mit­un­ter ängst­lich geschwie­gen wird und in vie­len Gesich­tern die ernste Anspan­nung zu sehen ist, die ent­steht, wenn man par­tout ent­span­nen will. Beim Geis­sen-Yoga indes: öfter mal ein Lacher oder min­des­tens ein Schmunzeln.

Aber, dass die Zie­gen auf die Yogis klet­tern, wie man es in her­zi­gen You­tube Videos aus den USA sieht, nein, davon hält Schu­ma­cher gar nichts. Schliess­lich seien das Tiere und keine Akro­ba­tik­künst­ler. Nur was sie frei­wil­lig machen, das sei in Ord­nung, sagt sie. An den Schnür­sen­keln zie­hen, ja bitte schön. Tut ja kei­nem weh.

Ziege an Baum

Der Trend Goat-Yoga kommt – woher sonst- aus den USA, wo die Yoga­in­dus­trie immer neue, teils absurde For­men erfin­det und sie dann fix zur Marke macht. Ob SUP-Yoga (auf dem Pad­del­brett), Bier-Yoga, Snow-Yoga oder Pot-Yoga mit Kan­na­bis, eines eint sie: sie erzie­len Umsatz…zur Zeit etwa 17 Mil­li­ar­den Dol­lar weltweit.

Will man dem Zie­ge­n­yoga etwas abge­win­nen ist es das: die Nähe zur Natur und das zwang­lose Geläch­ter wäh­rend einer Yoga­stunde. Kann man mal machen, aber nie­mand, der ernst­haft Yoga betreibt, würde wohl eine Woche Yoga-Retreat mit Zie­gen buchen.

E-Bike fahren bringt Spaß
E‑Bike fah­ren macht Spaß

Wäre auch schade, denn die Gegend ist zu schön, um sie links lie­gen zu las­sen. Mit dem E‑Bike auf gut beschil­der­ten Trails und Fahr­rad­we­gen die Berge erkun­den ist schon ein ech­tes Ver­gnü­gen. Und nein, Freunde, ein E‑Bike ist nicht nur etwas für Senio­ren. Es macht ein­fach gro­ßen Spaß, damit berg­auf zu fah­ren. Den Grad der Unter­stüt­zung durch die Motor­kraft kannst du selbst wäh­len. In man­chen Hotels, zum Bei­spiel im Hotel Cresta-Palace, kön­nen E‑Bikes aus­ge­lie­hen wer­den. Ab 2 Tagen Auf­ent­halt im Hotel gibt es im Cresta-Palace einen kos­ten­lo­sen Pass für Gon­deln und Bahnen.

mit der Bahn durch die Schweiz
immer neue Aus­bli­cke, mit der Bahn durch die Schweiz

Wenn die Glet­scher schmel­zen und der Schnee aus­bleibt wer­den die tou­ris­ti­schen Alter­na­ti­ven für die Dorf­be­woh­ner zur Über­le­bens­frage. Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del, auch in der Schweiz. Und wo wir schon beim Kli­ma­wan­del sind: Hin und zurück geht es ganz leicht mit der Bahn. Von Bonn nach Zürich in etwa 5 Stun­den und dann wei­ter etwa 3 Stun­den auf wun­der­schö­ner Stre­cke mit der abso­lut pünkt­li­chen Räthi­schen Bahn.

Infos über das Bahn­fah­ren in der Schweiz

Pan­ora­m­abah­nen in der Schweiz

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Hotel Cresta Palace

Die Recher­che­reise ins Ober­enga­din wurde unter­stützt von Cresta Palace, Enga­din- und Schweiz Tou­ris­mus. Vie­len Dank!

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Gitti Müller

Mein erster Anfall von Fernweh hat mich 1980 ein Jahr lang als Backpackerin nach Südamerika geführt. Damals wog so ein Rucksack noch richtig viel und das Reisen war beschwerlich. Seitdem kann ich es einfach nicht lassen. Heute habe ich vor allem einen Laptop und meine DSLR im Gepäck. Als Fernseh-Journalistin und Ethnologin komme ich viel rum aber in Lateinamerika fühle ich mich einfach wie zu Hause. Damit ich auch in abgelegenen Andenregionen ein Schwätzchen mit den Leuten halten kann habe ich die Indianersprachen Aymara und Quechua gelernt.
Im Mai 2017 hat der Piper-Verlag mein Buch "Comeback mit Backpack - Eine Zeitreise durch Südamerika" herausgebracht (ISBN-10: 3890291422, 272 Seiten mit Fotos) Es erzählt von meinen Reisen in analogen und in digitalen Zeiten.

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