Durch den Wilden Saghro

Die Wan­de­rung durch den Jebel Saghro wür­de mei­ne vor­erst letz­te Gele­gen­heit sein, um exis­ten­ti­el­le Erfah­run­gen in den Ber­gen zu sam­meln und ich woll­te sie voll aus­rei­zen. Doch ich hat­te kei­nen blas­sen Schim­mer davon, wie weit mich das bevor­ste­hen­de Aben­teu­er über alle Gren­zen hin­aus­füh­ren wür­de.

Als ich nach mei­ner Rück­kehr die Schrift­stü­cke fand, die ich vor mei­nem Auf­bruch ver­fasst hat­te, über­kam mich Gän­se­haut; wie ein Frem­der blick­te ich auf mei­ne Noti­zen, las die Pas­sa­ge, in der ich in der drit­ten Per­son über mich und mein bevor­ste­hen­des Aben­teu­er sprach und frag­te mich, was Freun­de und Fami­lie auf Grund­la­ge die­ser Über­res­te auf mein ver­lo­re­nes Lebens geschlos­sen hät­ten.

 

War­um hat­te ich es wie­der so weit getrie­ben? Das ist die ent­schei­den­de Fra­ge.

 

Doch zurück zum Anfang: Schon auf dem Weg zur Her­ber­ge in der Dades-Schlucht, die bald zu mei­ner Hei­mat wer­den soll­te, hat­te ich zum ers­ten Mal von der Wan­de­rung gele­sen und Blut geleckt. Den­noch dau­er­te es lan­ge Zeit bis mei­ne Plä­ne Form annah­men; zeit­wei­se schie­nen sie fast zu einem run­ning gag ver­kom­men zu sein. Tief im Innern jedoch hat­te ich kei­nen Zwei­fel, dass ich mich auf­ma­chen wür­de, wenn die Zeit reif war. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt hat­te, gab es kein Zurück. Ein­mal ver­schob ich die Wan­de­rung auf­grund von Schnee­fall, dann woll­te ich lie­ber das Glück genie­ßen, wie­der ein­mal einen Hei­mat- und Sehn­suchts­ort gefun­den zu haben, an dem ich mir mein Leben vor­stel­len konn­te. Hier schien sich ein gro­ßer Kreis zu schlie­ßen. Aus­ge­dehn­te Rei­sen hat­ten die letz­ten sechs Jah­re bestimmt und ich war weit gekom­men. Nur die­se Erfah­run­gen ermög­lich­ten es mir, mich in die zuvor völ­lig frem­de Kul­tur der Ber­ber ein­zu­füh­len und die Grenz­erfah­run­gen im Hima­la­ja gaben mir das Selbst­be­wusst­sein, um allei­ne in die frem­de und zugleich ver­trau­te Berg­welt zu gehen. Außer­dem lag das vor­läu­fi­ge Ende mei­nes Noma­den­le­bens in greif­ba­rer Nähe; das ers­te Mal auf mei­nen Rei­sen wuss­te ich, was mich nach der Rück­kehr erwar­ten wür­de: die Sess­haf­tig­keit in einer soli­da­ri­schen Hof­ge­mein­schaft.

 

Der Höh­len­mensch

 

Eine ers­te Wan­de­rung lag bereits eini­ge Wochen zurück und hat­te mich wider Erwar­ten an mei­ne Gren­zen her­an­ge­führt. Die von mei­nem Freund Moham­med als locke­re 2‑Ta­ges-Wan­de­rung beschrie­be­ne Rou­te, die auch an einem Tag zu schaf­fen sei, stell­te sich als Aben­teu­er her­aus, das mit 25 Kilo­gramm auf dem Rücken, ohne Kar­te zur Ori­en­tie­rungs­hil­fe und ohne Reit­tier kaum unter drei Tagen zu bewäl­ti­gen war; ich brauch­te schließ­lich vier. Ich schlief die ers­ten zwei Tage in Höh­len. Es war ein ein­drucks­vol­les Erleb­nis, in der Gebor­gen­heit der Höh­len im Schein der Ker­zen über dem Gas­ko­cher Spei­sen zuzu­be­rei­ten. Nie zuvor nahm ich in solch einer Klar­heit wahr, wie die Nacht im Mond­schein nie­mals ganz dun­kel wur­de. Es war wie eine Zeit­rei­se zu mei­nen Vor­fah­ren.

Manch­mal zwei­fel­te ich an der ein­ge­schla­gen Rou­te, litt Durst und erleb­te eine Frem­de, die mich über­wäl­tig­te, manch­mal Über­for­der­te und dann wie­der tief im Innern anrühr­te und mir in die­sen Momen­ten ver­trau­ter schien als Alles, was ich einst gekannt hat­te. Mir begeg­ne­ten Noma­den mit kris­tall­blau­en Augen und es schmerz­te mich fast in ihre Rein­heit zu bli­cken. Sie leb­ten noch immer voll­stän­dig in die Natur ein­ge­bet­tet – ich such­te einen Weg zurück. Wenn mir ein ein­sa­mer Rei­ter auf einem Esel begeg­ne­te, fühl­te ich mich gar in bibli­sche Zei­ten ver­setzt. Es war eine archai­sche, über­mäch­ti­ge Land­schaft, eine Stein­wüs­te, die ihren Bewoh­nern alles abver­lang­te. Die frucht­ba­ren Fluss­tä­ler schie­nen plötz­lich weit weg. Ich war auf mich selbst zurück­ge­wor­fen.

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Die drit­te Nacht schlief ich bei einem Dorf­vor­ste­her, der mich bei sich auf­nahm und bewir­te­te. Die tou­ris­ti­sche Infra­struk­tur war räum­lich gese­hen nicht all­zu fern und zugleich zeit­lich Licht­jah­re ent­fernt.

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Spä­tes­tens die­se Wan­de­rung änder­te end­gül­tig die Wahr­neh­mung mei­ner Per­son – grund­sätz­li­cher konn­te ich mich kaum von ande­ren Tou­ris­ten unter­schei­den, die Kom­fort und Ent­span­nung such­ten und in Win­des­ei­le die tou­ris­ti­schen Sehens­wür­dig­kei­ten abklap­per­ten. Sie tun alle das Glei­che: Sie buchen in Ouar­za­za­te eine Grup­pen-Tour, die zu sie zu den Dünen bei Merz­ou­ga und durch die Todra- oder Dadesschlucht führt. Ihr Vor­teil war, dass sie von einem guten Füh­rer vie­le Infor­ma­tio­nen beka­men, aber sie kamen dafür nur sel­ten direkt mit den Ein­hei­mi­schen in Kon­takt. Von ihnen trenn­ten mich seit lan­gem Wel­ten; ich war ein aus der Zeit gefal­le­nes Fos­sil, ein Ana­chro­nis­mus, auf der Suche nach dem ein­fa­chen, guten Leben. Inzwi­schen hat­te ich mir einen klei­nen Basis­schatz an Taschel­heit-Kennt­nis­sen (einer der Ber­ber­dia­lek­te) zuge­legt. Das reich­te zwar nicht im Ansatz für eine rich­ti­ge Kon­ver­sa­ti­on, stieß mir aber immer mehr Türen auf. Mei­ne eif­ri­gen Bemü­hun­gen mich der Ber­ber­kul­tur anzu­nä­hern brach­ten mir Ach­tung ein. Auch wenn es anma­ßend klin­gen muss – ich fühl­te mich bald im Her­zen als Ber­ber. Deren Idea­le von Frei­heit, Gemein­schaft, Fami­lie, ihre Ver­bun­den­heit mit der Erde und ihr Wider­stand gegen unzäh­li­ge Inva­so­ren impo­nier­ten mir. Schon lan­ge trug ich den Dschel­la­ba (den Kapu­zen­man­tel der Ber­ber) mit gro­ßer Selbst­ver­ständ­lich­keit. Nun woll­te ich einen Schritt wei­ter­ge­hen und in die halb­no­ma­di­sche Welt des Saghro vor­drin­gen. Dies­mal war ich wild ent­schlos­sen; so lie­ßen mich die War­nun­gen mei­ner Freun­de Ibra­him und Moham­med kalt. Sie hat­ten die Ankün­di­gung von schwe­rem Schnee­fall im Saghro gehört und emp­fah­len mir, mei­ne Wan­de­rung noch ein­mal zu ver­schie­ben. Doch ich muss­te end­lich los, ich war auf das gro­ße Aben­teu­er  fokus­siert und wenn es zwei Tage schnei­en soll­te, dann wür­de ich das Ende eben in den Ber­gen abwar­ten. Doch da hat­te ich die Rech­nung ohne mei­nen Stolz gemacht.

 

Zunächst mach­te ich mich auf den Weg nach Tag­dilt, direkt am Fuße der Berg­ket­te. Mit einem Fah­rer hät­te ich andert­halb Stun­den dort­hin gebraucht. Ich war jedoch immer wie die Ein­hei­mi­schen unter­wegs: Ich bestieg eines der Sam­mel­ta­xis, die unre­gel­mä­ßig durch die Dades-Schlucht fah­ren, war­te­te stun­den­lang in Bou­ma­le-Dades, bis der nächs­te klapp­ri­ge Mer­ce­des­bus sich so weit gefüllt hat­te, dass sich die Fahrt für den Fah­rer lohn­te. Dann fuh­ren wir auf einen Gemü­se­markt, wo sich die Pas­sa­gie­re mit dem Nötigs­ten ein­deck­ten – die Sam­mel­ta­xis sind für vie­le die ein­zi­ge Mög­lich­keit, um Waren nach Hau­se zu brin­gen. So dau­er­te es den hal­ben Tag, um Tag­dilt zu errei­chen. Dort stieg ich in einer Gite, einer ein­fa­chen Her­ber­ge unter. Das Wet­ter war präch­tig und es schien mir schwer vor­stell­bar, dass es bald schnei­en soll­te. Über dem Hohen Atlas hat­ten sich zwar schwe­re Wol­ken gebil­det. Doch zwi­schen ihm und der Berg­ket­te des Saghro liegt eine 30–40 Kilo­me­ter wei­te Ebe­ne.

 

Im Schnee­sturm

 

Am nächs­ten Tag wuss­te ich, dass die Pro­gno­sen nicht aus der Luft gegrif­fen waren. Als ich erwach­te, lag bereits eine Schnee­schicht auf dem Boden, der Him­mel hat­te sei­ne Pfor­ten geöff­net und ließ schwe­re Schnee­flo­cken auf die Erde rie­seln. Wind war auf­ge­kom­men und es wur­de immer die­si­ger. Die Kin­der des Hau­ses lie­fer­ten sich eine Schnee­ball­schlacht und ich war ein wenig unschlüs­sig, was ich tun soll­te. Der ältes­te Sohn des Besit­zers wie­der­hol­te in einem fort, wie kalt es sei und dass ich doch nicht ernst­haft los­ge­hen kön­ne. Ich ertapp­te mich bei dem absur­den Gedan­ken, wer wohl hier der Ber­ber war. Bald beschloss ich das ner­vi­ge Gejam­mer hin­ter mir zu las­sen und auf­zu­bre­chen. Zumin­dest die eini­ge Stun­den ent­fern­te Ort­schaft  Imi n’Ouarg woll­te ich unbe­dingt errei­chen. So stapf­te ich mit den 30 Kilo­gramm auf dem Rücken los.

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Bald war aus dem Wind ein hef­ti­ger Sturm gewor­den und es schnei­te sich immer wei­ter ein. Der Ruck­sack war viel zu schwer, der Dschel­la­ba wur­de immer feuch­ter und damit noch schwe­rer. Die Sicht ver­rin­ger­te sich auf weni­ge Meter. Aber ich muss­te wei­ter. Bald pas­sier­te ich ein klei­nes Dorf; Kin­der häng­ten sich an mei­ne Fer­sen und stürm­ten mich mit Fra­gen. Am liebs­ten hät­te ich eine Pau­se gemacht und mich irgend­wo auf­ge­wärmt. Doch ich ver­bat es mir; ich muss­te mei­nen Rhyth­mus fin­den.

Von der Land­schaft war wenig zu erken­nen. Die Fel­der und Gär­ten waren kaum zu erah­nen und manch­mal waren es nur die Ber­ge in unmit­tel­ba­rer Nähe, die mir ein vages Gefühl davon ver­mit­tel­ten, wo ich mich befand. Ein Trans­por­ter pas­sier­te mich und der Fah­rer bot mir an, mit­zu­fah­ren. Doch ich woll­te kei­ne Hil­fe anneh­men – ich war bereits jetzt in mei­nem Ein­zel­kämp­fer-Modus. Es hör­te nicht auf zu schnei­en und zu stür­men. Die Wei­ler, die ich pas­sier­te, wirk­ten wie aus­ge­stor­ben, dann traf ich wie­der zwei jun­ge Bur­schen, die mich ein Stück beglei­te­ten. Schließ­lich erreich­te ich erschöpft Imi n’Ouarg. Ich war kaum mehr als vier Stun­den unter­wegs gewe­sen, aber die Näs­se, der Sturm und der Schnee hat­ten mir zuge­setzt, von dem Gewicht auf dem Rücken ganz zu schwei­gen. Eigent­lich führ­te ich für die Wan­de­rung zu viel Gepäck bei mir, aber ich hat­te gehofft, wie auf der letz­ten Wan­de­rung ein oder zwei Mal in Höh­len über­nach­ten zu kön­nen.

Als ich den Wei­ler erreich­te, woll­te ich nur noch unter ein tro­cke­nes Dach und hat­te mei­nen Ruck­sack gera­de für einen Moment an der Tür zur Moschee abge­setzt, als ich vor dem benach­bar­ten Haus den Mann erkann­te, der mir unter­wegs die Mit­fahrt ange­bo­ten hat­te. Ohne zu zögern lud er mich in sein Haus ein. Dank­bar betrat ich einen klei­nen, offe­nen Innen­hof, in des­sen Mit­te sich bereits ein beacht­li­cher Schnee­berg ange­sam­melt hat­te und wur­de einer jun­gen Ara­be­rin vor­ge­stellt. Bald stell­te sich her­aus, dass mein Gast­ge­ber Yous­sef eini­ge der Leh­re­rin­nen der Dorf­schu­le bei sich woh­nen ließ. Wäh­rend sie mir ihre Pan­tof­feln aus­lieh, führ­te mich Yous­sef in einen Lager­raum und begann mir ein Nacht­la­ger her­zu­rich­ten. Ich war gerührt von sei­ner Gast­freund­schaft und mei­ne Dank­bar­keit wuchs mit jeder Ges­te. Er ver­sorg­te mich mit Essen und einem klei­nen Gas­ofen, für den er zwei­mal eine neue Gas­fla­sche kauf­te. Zunächst war er ein wenig ent­täuscht über mei­ne nicht vor­han­de­nen Fran­zö­sisch-Kennt­nis­se. Umso erfreu­ter war er über mei­ne Bemü­hun­gen etwas Taschel­heit zu ler­nen und mei­nem Inter­es­se für die Ber­ber­kul­tur. In Win­des­ei­le schloss er mich in sein Herz und war wie ein Vater zu mir.

Da es in dem Dorf kein regu­lä­res Gast­haus gab, gab ich eine son­der­ba­re Erschei­nung ab. Über­haupt stell­te sich die Fra­ge, was ein ein­sa­mer Wan­de­rer bei die­sen Bedin­gun­gen über­haupt hier mach­te. Mit Fati­ma, einer wei­te­ren Leh­re­rin, unter­hielt ich mich in einer wil­den Melan­ge aus Eng­lisch, ein paar Bro­cken Fran­zö­sisch und Taschel­heit über den Islam und wir waren uns trotz unter­schied­li­cher Vor­stel­lun­gen vom Leben einig, dass nur in reli­giö­ser Koexis­tenz Zukunft für unse­re Erde lag. Ihre fast nai­ve Rein­heit rühr­te mich an. Am Abend saß ich vor dem Gas­ofen. Drau­ßen weh­ten die Stür­me durch den Saghro, der Schnee­fall hat­te nicht nach­ge­las­sen, aus einem Nach­bar­zim­mer erklang das fröh­li­che Glo­cken­la­chen der Leh­re­rin­nen. Ich schlief gut. Am nächs­ten Tag ver­wi­ckel­ten mich die Dorf­kin­der und Leh­re­rin­nen in eine Schnee­ball­schlecht. Es war eine unver­fälsch­te Erfah­rung ganz nach mei­nem Geschmack. Viel­leicht wür­de mir die Voll­endung mei­ner Wan­de­rung ver­wehrt blei­ben, aber allei­ne die­se Tage waren den Auf­bruch wert gewe­sen.

Nach der zwei­ten Über­nach­tung hat­te es auf­ge­hört zu schnei­en und zu stür­men. Der Blick, der sich mir bot, war atem­be­rau­bend:

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Ich woll­te wei­ter. Zumin­dest bis zum nächs­ten Etap­pen­ort; dort wür­de ich wei­ter­se­hen, ob der dahin­ter lie­gen­de Pass pas­sier­bar wäre. Inzwi­schen lag über ein hal­ber Meter Schnee; Dort, wo sich Schnee­ver­we­hun­gen auf­ge­türmt hat­ten, war er noch deut­lich tie­fer. Yous­sef schipp­te gera­de sein Dach frei und war kei­nes­wegs begeis­tert über mein Ansin­nen, bei die­sen Bedin­gun­gen wei­ter zu gehen. Schließ­lich beglei­te­te er mich mit sei­nem Sohn und eini­gen Kin­dern aus dem Dorf noch ein Stück auf mei­nem Weg und half mir, einen Weg zu spu­ren.

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Dann war ich wie­der allein und kämpf­te mich durch den Schnee.

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Ein­mal mach­te ich bei einer halb­no­ma­di­schen Fami­lie halt und wur­de in einem höh­len­ar­ti­gen Raum mit Tee, Oli­ven­öl und Brot ver­kös­tigt. Kur­ze Zeit spä­ter erreich­te ich Ishu Has­sein, wo mich eine klei­ne Her­ber­ge mit gran­dio­sem Blick erwar­te­te.

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Der Wei­ler wird nur von zwei Fami­li­en bewohnt. Mein Gast­ge­ber Has­sein war einer der weni­gen Ein­hei­mi­schen unter­wegs, die ein pas­sa­bles Eng­lisch spra­chen. Er ver­sorg­te mich mit einem klei­nen Chi­mi­ni (ein klei­ner Holz­koh­le­ofen) und leis­te­te mir Gesell­schaft. Ich mach­te mir Sor­gen, mich mit dem Anstieg zum fol­gen­den Pass zu über­neh­men und fra­ge ihn nach sei­ner Ein­schät­zung. Es sei „dif­fi­cult, but not impos­si­ble“. Das muss­te genü­gen.

In der Nacht ging ich immer wie­der nach drau­ßen, um den Him­mel zu betrach­ten. Ich war voll­kom­men dem Moment erge­ben, ergrif­fen von den Ele­men­ten. Sel­ten war ich ihnen so nah. Über mir blitz­ten die Ster­ne in all ihrer Pracht um die Wet­te. Hun­de­ge­bell drang aus der Fer­ne zu mir und das Echo hall­te im Tal wie­der. Ich war glück­lich.

 

Der Grenz­gän­ger

 

Am nächs­ten Mor­gen zog ich wei­ter. Noch ein­mal mache ich kurz bei einer Noma­den­fa­mi­lie halt. Es war die letz­te Behau­sung vor dem Pass. Wir tausch­ten Tee, Brot und Ziga­ret­ten, im Halb­dun­kel lag ein schwer behin­der­tes Kind, das voll­stän­dig auf die Für­sor­ge sei­ner Eltern ange­wie­sen war. Sie hat­ten noch ein wei­te­res Kind. Die Mut­ter buk auf ein­fachs­te Wei­se Brot­fla­den. Es fiel mir unend­lich schwer mir vor­zu­stel­len, wie sie die­ses Leben meis­tern konn­ten. Die Ele­men­te ver­lang­ten ihnen alles ab. Im Som­mer herr­schen im Saghro oft über 50 Grad, es wim­melt von Skor­pio­nen und Kobras und wie wid­rig die Ver­hält­nis­se im Win­ter sein kön­nen, erleb­te ich gera­de selbst. Da stieß die roman­ti­sche Vor­stel­lung von einem Leben inmit­ten der Ber­ge an ihre Gren­zen.

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Ich brach wie­der auf. Nach drei Schrit­ten sank ich das ers­ten Mal im Tief­schnee ein und fiel um. Müh­sam rap­pel­te ich mich wie­der auf. Spä­tes­tens jetzt war mir klar, dass ich unter die­sen Bedin­gun­gen auf kei­nen Fall wei­ter­lau­fen soll­te, doch ein Umkeh­ren war in mei­nem Kopf nicht vor­ge­se­hen.  Also wei­ter, immer wei­ter, ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te.

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Längst betrach­te ich mein Aben­teu­er aus einem Tun­nel­blick her­aus, ohne den ich kei­ne mei­ner Wan­de­run­gen über­stan­den hät­te. Das ein­ge­schränk­te Blick­feld durch die Kapu­ze ver­stärk­te die­ses Gefühl noch.

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In der glei­ßen­den Berg­son­ne war es unglaub­lich heiß, aber für den schwe­ren Kapu­zen­man­tel aus Schafs­wol­le war kein Platz in mei­nem Ruck­sack. Ich schwit­ze wie ein Schwein. Müh­sam schlepp­te ich mich wei­ter und befand mich bald im Auf­stieg zum Tizi N’uarg. Es kos­te­te unglaub­lich viel Kraft, um mich im Tief­schnee nach oben zu arbei­ten. Bereits bei Errei­chen des Pas­ses fühl­te ich mich völ­lig ent­kräf­tet.

Der Blick zurück:

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Doch ich glaub­te, das Schlimms­te hin­ter mich gebracht zu haben. Ich ging noch ein wenig über den Pass hin­aus wei­ter und genoss den Blick auf die betö­ren­de Schnee- und Berg­land­schaft. Vor mir lag ein Tal aus­ge­brei­tet, das sich in zwei Rich­tun­gen teil­te.

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Im Tal mach­te ich eini­ge Stein­be­hau­sun­gen von Noma­den aus; sie waren ver­las­sen. Ich wuss­te, dass mei­ne Rou­te unmit­tel­bar vor dem Pass nach links wei­ter­führ­te und dort ver­lie­fen auch Spu­ren im Schnee. Das irri­tier­te mich jedoch auch ein wenig, denn Has­sein hat­te gesagt, kei­ner sei in den Ber­gen unter­wegs. Ich hat­te ver­mu­tet, das steils­te Stück bereits hin­ter mich gebracht zu haben und war daher über­rascht, dass nach einer rela­tiv fla­chen Pas­sa­ge ein wei­te­res Steil­stück war­te­te. Hier war der Schnee bereits bis zu einen Meter tief. Wir reden spä­tes­tens jetzt von Extrem­sport und ich schwank­te zwi­schen leich­ter Hys­te­rie ob mei­nes ver­rück­ten Unter­neh­mens, mich hier hoch­zu­stem­men und einem unbän­di­gen Stolz, dass ich mal wie­der dabei war, Gren­zen ein­zu­rei­ßen. Nicht zuletzt muss­te ich über mich selbst lachen, mich wie­der in so einer Extrem­si­tua­ti­on wie­der­zu­fin­den, bei der jeder Ver­nünf­ti­ge Mensch die Not­brem­se zie­hen wür­de. Mein Was­ser war inzwi­schen auf­ge­braucht. Um nicht völ­lig zu dehy­drie­ren, hat­te ich begon­nen, Schnee zu essen.

Es war ein Him­mel­fahrts­kom­man­do. Alle Kraft und Kon­zen­tra­ti­on waren nach vor­ne gerich­tet. Jeder Schritt war eine Qual, doch ich wuss­te genau, dass mich auch auf den ande­ren extre­men Wan­de­run­gen nicht die Kon­di­ti­on, son­dern mein unbän­di­ger Wil­le ans Ziel gebracht hat­te. Wie­der ein­mal hat­te der risi­ko­be­rei­te Drauf­gän­ger in mir den Vor­sich­ti­gen mei­len­weit abge­hängt. Dem Herrn Alles-oder-Nichts ging es dar­um, inten­siv und wahr­haf­tig zu leben und alles aus­zu­mer­zen, was in mir unle­ben­dig ist. Doch die­se schein­bar nur nega­ti­ven Sei­ten in mir hat­ten in mei­nem Leben eine wich­ti­ge Funk­ti­on gehabt: Selbst­schutz. Sie muss­ten ent­ste­hen, als ich ver­ra­ten und ver­ach­tet war. Die­se Sei­te sucht nach Hei­mat, zumin­dest nach einem Hafen. Mir ging es in mei­nem Leben immer nur gut, wenn ich einen Aus­gleich zwi­schen den Ich-Antei­len fand. Bei­de haben ihre Berech­ti­gung und Not­wen­dig­keit. Doch wie­der ein­mal igno­rier­te ich den schwa­chen Anteil und ver­such­te den Schat­ten der Ver­gan­gen­heit abzu­schüt­teln. Ich woll­te mich spü­ren, mich mei­nes Selbst­werts ver­si­chern. Die Aben­teu­er­lust war zu einem wich­ti­gen Teil mei­ner Iden­ti­tät gewor­den. Wer hier hoch kam, der konn­te alles schaf­fen.

Ich hör­te Rufe aus dem Tal, dem ich gera­de ent­stieg, inter­pre­tier­te sie als War­nung, auf dem fal­schen Weg unter­wegs zu sein und die gren­zen­lo­se Erschöp­fung lös­te Ver­wir­rung aus. Ich konn­te mir nicht vor­stel­len, dass mein Weg immer wei­ter nach oben füh­ren konn­te. Ich begann zu zwei­feln. Folg­te ich wirk­lich dem rich­ti­gen Weg oder war ich längst auf einer aber­wit­zi­gen Rou­te, die mich in die Irre führ­te? Hät­te ich viel­leicht doch in Rich­tung der Noma­den­be­hau­sun­gen gehen sol­len? Mir ging die Zeit aus, die Situa­ti­on spitz­te sich zu und ich muss­te zuse­hen, dass ich einen geeig­ne­ten Ort für eine Über­nach­tung fand.

In Wahr­heit war ich vom höchs­ten Punkt mei­ner Rou­te viel­leicht noch eine drei­vier­tel Stun­de ent­fernt. Ich müss­te nur noch zwei oder drei letz­te Kup­pen bezwin­gen und befän­de mich dann im lan­gen Abstieg nach Igli. Doch in die­ser völ­lig unüber­sicht­li­chen Berg-und Schnee­land­schaft war Ori­en­tie­rung fast unmög­lich. In mei­ner Ver­un­si­che­rung traf ich die fata­le Ent­schei­dung, in ein Sei­ten­tal hin­ab­zu­stei­gen, um wie­der auf die Rou­te zu sto­ßen, die ich von der Pass­hö­he aus hat­te erah­nen kön­nen. Das war völ­li­ger Wahn­sinn, eine völ­lig unwahr­schein­li­che Annah­me. Doch es war bereits seit Stun­den eine Grenz­erfah­rung fern­ab jeg­li­cher Ratio­na­li­tät.

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Die Todes­fal­le

 

Um es mir ein wenig ein­fa­cher zu machen, beschloss ich seit­lich über die Fel­sen in das Tal zu klet­tern. Über den Fels hin­un­ter­zu­stei­gen war deut­lich ange­neh­mer. Dazwi­schen war der Schnee ver­bo­ten tief.

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Als ich das Tal erreich­te, erleb­te ich eine böse Über­ra­schung: Unter dem Schnee hat­te sich ein unter­ir­di­scher Fluss gebil­det und mir blieb nur, den Fluss immer wie­der zu kreu­zen auf der Suche nach Pas­sa­gen, in denen ich nicht zu tief ver­sank. Die Näs­se spiel­te kei­ne Rol­le; mei­ne Schu­he waren ohne­hin schon seit dem Mor­gen durch­nässt. Ich über­leg­te kurz, doch wie­der zu den Fuß­spu­ren zurück­zu­keh­ren, aber ich hat­te kaum noch Kraft. Es fiel mir immer schwe­rer, ver­nünf­ti­ge Gedan­ken zu ent­wi­ckeln. Mir war bewusst, dass mir vor dem Ein­bruch der Dun­kel­heit nicht mehr viel Zeit blei­ben wür­de und begann nach einer Höh­le Aus­schau zu hal­ten – ver­geb­lich. Dann ver­eng­te sich das Tal. Ein klei­ner Was­ser­fall ver­hin­der­te ein Wei­ter­kom­men. Ich klet­ter­te auf den lin­ken Grat, stand aber bald vor einem Abgrund. Auch ein wei­te­res Auf­stei­gen schien mir unmög­lich; von die­sem Aus­sichts­punkt aus ent­schied ich mich, auf die rech­ten Flan­ke hin­auf­zu­klet­tern, um das Nadel­öhr zu umge­hen. Doch ich schaff­te es nicht mehr hin­auf­zu­kom­men, ich war viel zu ent­kräf­tet, der porö­se Fels gab kaum Halt oder von zu viel Schnee bedeckt. In die­sem Moment der abso­lu­ten Schwä­che nahm ich wahr, dass ich von mei­ner Posi­ti­on aus den klei­nen Was­ser­fall umge­hen konn­te, indem ich mit dem Schnee wie­der zur Tal­soh­le hin­un­ter rutsch­te. Ich sah ohne­hin kei­ne ande­ren Optio­nen mehr.

Umso grö­ßer war mein Ent­set­zen, als mir das gan­ze Aus­maß mei­ner Ent­schei­dung klar wur­de: ich hat­te mich in eine Todes­fal­le bege­ben. Das Tal hat­te sich an die­ser Stel­le auf weni­ge Meter ver­engt, in der Mit­te hat­te sich ein klei­ner See gebil­det und der Schnee links und rechts davon war abschüs­sig und gera­de dabei, sich in Was­ser zu ver­wan­deln. Rechts und links über mir rag­te nur schrof­fer, stei­ler Fels auf.

Zunächst ver­such­te ich die Was­ser­an­samm­lung am Ran­de zu umge­hen. Nach weni­gen Schrit­ten ver­sank ich voll­stän­dig im Schnee, aus dem ich mich lan­ge nicht mehr befrei­en konn­te. Nun hat­te ich Todes­angst. Nur mit den Irr­sinns­kräf­ten der Ver­zweif­lung gelang es mir noch ein­mal, mich seit­lich aus dem Loch her­aus­zu­rol­len. So kam ich nicht wei­ter. Ich wur­de zuneh­mend hys­te­risch und ein laut­lo­ses, ver­zwei­fel­tes Schluch­zen über­kam mich. Die ein­zig ver­blie­be­ne Opti­on erschien nun das Durch­que­ren der Was­ser­an­samm­lung; doch als ich bereits am Ran­de bis zu den Hüf­ten ein­sank, muss­te ich auch die­ses Vor­ha­ben auf­ge­ben. Im eisi­gen Was­ser ste­hend, war ich mir sicher, dass mein Leben hier enden wür­de. Alea iac­ta est! Die Wür­fel waren gefal­len. Nack­te Panik erfüll­te mich; Gedan­ken­fet­zen ras­ten durch mei­nen Kopf: du gehst kaputt wie­der­hol­te eine Stim­me in mir stu­pi­de. Was für ein erbärm­li­ches Ende! Ich dach­te dar­an, wel­che schö­ne Erfah­run­gen, ich nie wie­der machen dürf­te. Die ande­ren Gedan­ken kreis­ten um die Fra­ge, was die Lie­ben sagen wür­den, wenn man mich irgend­wann fin­den soll­te. Der Aben­teu­rer in mir hat­te sich oft ins­ge­heim gewünscht, wäh­rend einer die­ser Grenz­gän­ge im vol­len Seins­zu­stand mit erho­be­nem Haupt zu ver­un­glü­cken und nicht wäh­rend einer der Pha­sen der Unle­ben­dig­keit, die mich immer wie­der ein­hol­ten. Aber doch nicht so! Ein ande­rer Gedan­ke jag­te mir durch den Kopf: Mit 16 hat­te ich ster­ben wol­len, jetzt war ich 32 und ich wür­de ster­ben, obwohl ich unbe­dingt leben woll­te.

Ich stieg müh­sam aus dem Was­ser her­aus und setz­te mich auf einen Stein, um wie­der einen kla­ren Kopf zu bekom­men. Ich ver­such­te den auf­kom­men­den Zynis­mus auf­grund der bit­ter-absur­den Situa­ti­on zu ersti­cken. Ich hat­te nur noch eine ein­zi­ge Chan­ce: Ich muss­te irgend­wie den Fels erklim­men. Ein ers­ter Ver­such ende­te nach weni­gen Metern. Da saß ich nun in einem Fels­spalt, krampf­haft bemüht mich selbst und die bei­den Ruck­sä­cke fest­zu­hal­ten und beschloss in die­ser wind­ge­schütz­ten Posi­ti­on eine Nudel­sup­pe zu kochen. Wie das tech­nisch mög­lich war, ist mir völ­lig unklar, aber es gelang. Blei­ben konn­te ich dort jedoch nicht, ich konn­te mich unmög­lich die gan­ze Nacht hier fest­hal­ten, geschwei­ge denn die Klei­der aus mei­nem Ruck­sack anzie­hen. Ich klet­ter­te wie­der hin­ab und ver­such­te es an der ein­zig ande­ren Stel­le, die theo­re­tisch in Fra­ge kom­men konn­te. Doch der Fels war brü­chig und bot kaum Mög­lich­kei­ten, sich fest­zu­hal­ten. Es blieb mir nur mich am Ran­de des Gesteins im Tief­schnee an den Fels geklam­mert hin­auf zu arbei­ten, den einen Ruck­sack immer wei­ter nach oben wuch­tend, den ande­ren am Kör­per. Mir war bewusst, wie knapp ich davor stand mit den Ruck­sä­cken nach unten in das Eis­was­ser zu fal­len; das wäre der siche­re Tod, davon wür­de ich mich nicht mehr erho­len kön­nen. Selbst einen der Ruck­sä­cke zu ver­lie­ren, hät­te alle ver­blie­be­nen Hoff­nun­gen ver­nich­tet – dar­in war alles, was mich noch von außen schüt­zen konn­te.

Ich besaß kei­ne Kraft mehr, dort hin­auf zu klet­tern, alle Not­re­ser­ven waren lan­ge ver­braucht. Doch im Ange­sicht des siche­ren Todes mobi­li­sier­te ich über­mensch­li­che Kräf­te. Ich war in einem rei­nen Über­le­bens-Modus. Alles schien auf Zeit­lu­pe ein­ge­fro­ren. Alle Ener­gie galt der nächs­ten Bewe­gung. So über­wand ich die schrof­fe Fels­wand und erreich­te wie­der den Punkt, an dem ich mir einen Über­blick ver­schafft hat­te. Schon da hat­te ich über­legt, dort aus­zu­har­ren, den Platz aber als unge­eig­net ver­wor­fen. Nun blieb mir nichts ande­res mehr. Das ers­te Mal in mei­nem Leben schrie ich laut­hals nach Hil­fe, doch Nie­mand konn­te mich hören. Ich war auf mich allein gestellt.

Mein Lager­platz war der ein­zi­ge Ort in der nähe­ren Umge­bung, an dem auf etwa drei Metern Brei­te kein Schnee lag; Ich konn­te mich gegen einen Fel­sen leh­nen, der mich ein wenig vor dem Wind schütz­te, der immer mehr an Stär­ke gewann. Selbst wenn ich ein Zelt gehabt hät­te – hier hät­te es mir nichts genutzt. Um mich her­um war nur Schnee und Stein. Kurz über­leg­te ich noch, nach einem bes­se­ren Ort Aus­schau zu hal­ten, aber ich wuss­te, dass ich kei­ne Kraft mehr ver­geu­den konn­te. Also begann ich, mich in mein Schick­sal zu fügen und hol­te alles aus mei­nem Ruck­sack, was mir in der Nacht hel­fen konn­te.

Ich dach­te an die ein­zig halb­wegs ver­gleich­ba­re Situa­ti­on, als ich in Lad­akh ohne Zelt drau­ßen über­nach­tet hat­te, weil ein Fluss unpas­sier­bar gewor­den war. Das war auf 4000 Metern gewe­sen. Doch damals war ich nicht allei­ne, es hat­te kein Schnee gele­gen und es war auch nicht feucht. Dies hier war um Leben und Tod.

Nun war ich froh über die Viel­zahl an Klei­dern, die ich mit­ge­nom­men hat­te. Vor allem ohne die bei­den Dschel­la­ba und den Ahan­dir, eine schwe­re Noma­den­de­cke aus einem Zie­gen-/Schafs­woll­mix hät­te ich kei­ne Chan­ce gehabt. Dazu hat­te ich Ther­moun­ter­wä­sche, meh­re­re T‑Shirts, einen Pull­over, eine leich­te Jacke, Hand­schu­he, eine Müt­ze und drei paar tro­cke­ne Socken bei mir. Vor allem letz­te­res schien mir jetzt beson­ders wert­voll. End­lich tro­cke­ne Füße! Doch die fri­schen Socken hiel­ten mei­ne Füße gera­de mal 15 Minu­ten tro­cken, bevor sich mir der schlimms­te Umstand mei­ner Über­nach­tung offen­bar­te: von unten drück­te Was­ser durch den Fels – wohl auch der Grund, war­um hier kein Schnee lag. Schon zog die Feuch­tig­keit lang­sam durch alle mei­ne Klei­der­schich­ten.

Ich kon­zen­trier­te mich ganz dar­auf, inner­lich ruhig zu wer­den. Panik wür­de inner­halb kür­zes­ter Zeit alle ver­blie­be­nen Über­le­bens-Reser­ven ver­brau­chen und mei­nen siche­ren Tod bedeu­ten. Ich hat­te etwas Fei­gen­schnaps bei mir. Trank ich den Schnaps auf einen Zug, ent­schied ich mich für den Tod im Schlaf. So trank ich lang­sam, Schlück­chen für Schlück­chen und rauch­te eini­ge Ziga­ret­ten, um mich run­ter­zu­brin­gen und ein Gefühl für die Zeit auf­recht­zu­er­hal­ten. Dann ver­sag­ten mei­ne Feu­er­zeu­ge und damit wur­den Vor­rä­te und Gas­ko­cher unbrauch­bar. Wenigs­tens hat­te ich die Nudel­sup­pe geges­sen.

Ich rich­te­te mich noch ein­mal auf und warf einen Blick auf den erha­be­nen Son­nen­un­ter­gang. Es wür­de mein letz­ter sein, des­sen war ich mir sicher. Wie soll­te ich die nächs­ten 16 Stun­den über­le­ben? Und selbst wenn, die Zeit arbei­te­te gegen mich. Unter mir ver­wan­del­te sich ste­tig Schnee in Was­ser. Nicht mal die­ser Hoff­nungs­schim­mer war all­zu groß. Es wur­de dun­kel. Der Moment war gekom­men, mich von mei­ner Exis­tenz zu ver­ab­schie­den. Es war Neu­mond und die Ster­ne fun­kel­ten wie­der in all ihrer Inten­si­tät. Aber ich hat­te kei­nen Blick mehr für den voll­kom­me­nen Ster­nen­him­mel über mir. In mei­nem Inne­ren war es pech­schwarz. Der Sturm gewann an Kraft und die kräf­ti­gen Böen erreich­ten im 5‑Minutentakt mein Ster­be­la­ger. Es war unfass­bar kalt; noch schlim­mer war die Feuch­tig­keit und der Wind. Nicht­mal in die­ser aus­sichts­lo­sen Situa­ti­on konn­te ich wei­nen.

Doch trotz mei­ner aus­sichts­lo­sen Lage kehr­te die Hoff­nung noch ein­mal zurück. In mir erwach­te ein Lebens­wil­le, der mich in sei­ner Inten­si­tät über­rasch­te. Ich woll­te noch etwas bei­tra­gen, etwas schaf­fen, für etwas kämp­fen, vor allem Lie­ben. Ich wün­sche mir sehn­lichst einen gelieb­ten Men­schen an mei­ne Sei­te, in mei­nen Phan­ta­sien wärm­ten wir uns gegen­sei­tig. Es war kein rein ego­is­ti­sches Über­le­ben-Wol­len, son­dern viel­mehr das Gefühl, das ich noch gebraucht wür­de, das ich noch etwas zu geben hät­te, mein Auf­trag auf die­ser Erde noch nicht erfüllt war. Ich muss­te alle men­ta­le Kraft auf­wen­den, um das inne­re Feu­er zu näh­ren, das mich viel­leicht aus der Dun­kel­heit ret­ten konn­te. Ich ver­such­te mich mit den Böen anzu­freun­den, mich ihrem Rhyth­mus zwi­schen Wachen und Träu­men, zwi­schen Leben und Tod anzu­pas­sen. Ich kam zur Ruhe in dem voll­kom­me­nen Bewusst­sein, dass ich mich zum Ster­ben hin­ge­legt hat­te und mobi­li­sier­te zugleich noch ein­mal allen inne­ren Wil­len, um die mini­ma­le Chan­ce wahr­zu­neh­men, die Nacht zu über­ste­hen. Es war ein wider­sprüch­li­cher Draht­seil­akt: den eige­nen Tod akzep­tie­ren und aus die­ser Ruhe her­aus doch über­le­ben.

Ich drif­te­te immer wei­ter ab und mein Bewusst­sein wur­de immer schwä­cher. Manch­mal kamen mir Fet­zen aus dem 23. Psalm in den Sinn:

 

»Und ob ich schon wan­der­te im fins­tern Tal,

fürch­te ich kein Unglück;

denn du bist bei mir,

dein Ste­cken und Stab trös­ten mich.«

 

In der unend­li­chen Nacht fiel ich immer wie­der in kur­zen, koma­tö­sen Schlaf. Ich war weit weg von allem Irdi­schen, irgend­wo auf dem schma­len Grat zwi­schen Leben und Tod.

Neu­ge­burt

 

Als ich irgend­wann den Ahan­dir von mei­nem Kopf zog, war es zu mei­ner Über­ra­schung schon hell. Ich konn­te es kaum glau­ben: ich hat­te die end­lo­se Fins­ter­nis über­stan­den. Noch war es eisig, aber ich wuss­te, dass ich die Zeit bis zur Ankunft der Son­ne über­ste­hen wür­de. Bald sah ich die ers­ten Son­nen­strah­len auf einen nahen Gip­fel schei­nen und ganz lang­sam über­nahm die Son­ne wie­der das Kom­man­do über die Erde. Das Leben war zurück­ge­kehrt. Das Glücks­ge­fühl ist kaum zu beschrei­ben. Doch zunächst muss­te ich hier wie­der weg­kom­men. Mei­ne Ver­su­che wie­der in die Schu­he zu stei­gen, waren aber aus­sichts­los. Sie waren über Nacht schock­ge­fro­ren. So erwar­te­te ich gedul­dig dar­auf, dass die Son­ne mich erreich­te und Schu­he und die voll­stän­dig mit Was­ser auf­ge­so­ge­nen Klei­der und die Decke einen Moment trock­nen konn­ten. Trotz­dem wog jeder Gegen­stand nun das Dop­pel­te.

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Im Tages­licht sah mein Über­nach­tungs­ort gera­de­zu fried­lich aus. Ich war der Dun­kel­heit ent­stie­gen.

Zu mei­ner Über­ra­schung funk­tio­nier­te eines der Feu­er­zeug wie­der und ich mach­te mir eine Sup­pe. Ich ver­such­te aus klei­nen Stöck­chen ein klei­nes Feu­er zu ent­zün­den, gab es aber bald auf. Mei­ne Zehen waren stark ange­schwol­len, doch es blieb mir nichts Ande­res als wie­der in die nas­sen Socken zu schlüp­fen und wei­ter­zu­ge­hen. Es wür­de Wochen dau­ern, bis sich mei­ne Zehen wie­der nor­mal anfühl­ten. Zunächst rät­sel­te ich noch, ob ich ver­su­chen soll­te, einen der bei­den Fels­hän­ge zu erklim­men, um mir klar­zu­ma­chen, wo ich mich befand. Dann beschloss ich das ein­zig Sinn­vol­le zu tun und zurück nach Ishu Has­sein zu lau­fen. Glück­li­cher­wei­se war der Fluss nicht noch viel mehr ange­schwol­len. Den größ­ten Teil der Nacht hat­te ich die Bei­ne eng an den Kör­per gewin­kelt; in Kom­bi­na­ti­on mit den Anstren­gun­gen des Vor­tags konn­te ich kaum noch Lau­fen. Aber ich hat­te kei­ne Wahl.

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Blick zurück: Auf der lin­ken Flan­ke des Tals (in der Bild­mit­te) hat­te ich dem Tod wie­der­stan­den.

 

Ich war viel­leicht eine Stun­de unter­wegs und frag­te mich, wie ich völ­lig ent­kräf­tet wie­der über den Pass kom­men soll­te. Ich hat­te mir vor­ge­nom­men, nie­mals wie­der so etwas allei­ne zu wagen, zumin­dest nicht unter sol­chen Bedin­gun­gen. Ich hat­te das Schick­sal oft genug her­aus­ge­for­dert, genug Grenz­gän­ge unter­nom­men. Ich woll­te auch den Ängst­li­chen in mir mit ins Licht neh­men; er hat­te genau­so sei­nen Platz wie der Drauf­gän­ger. Ich hat­te genug ris­kiert, es war an der Zeit end­lich ein­mal zur Ruhe zu kom­men. Ich woll­te nicht mehr mit dem Kopf durch die Wand. Kein Mensch kann immer kämp­fen. Ich woll­te Gebor­gen­heit, inne­ren Frie­den und Gleich­ge­wicht fin­den. Ein neu­er Tag, ein neu­es Leben.

Plötz­lich kam mir wie aus dem Nichts ein Ber­ber ent­ge­gen. Er war mei­nen Spu­ren gefolgt. Ich hat­te mir so sehr nach einem Men­schen gesehnt, der mir half. Und nun stand er vor mir. Eine Ton­ne Gewicht fiel von mei­nen Schul­tern. Er bot mir an, mir die Rou­te nach Igli zu zei­gen und for­der­te einen staat­li­chen Geld­be­trag dafür. Es war absurd: gera­de wäre ich fast gestor­ben und nun feilsch­te ich mit ihm über Geld. Mei­ne Ver­hand­lungs­po­si­ti­on war zuge­ge­ben schlecht; bald wur­den wir uns einig und er wür­de sich sein Geld mehr als ver­die­nen. Bald nahm er mir mei­nen schwe­ren Ruck­sack ab, den ich kaum noch schul­tern konn­te. Als wir wie­der die Rou­te erreich­ten, an der ich ins Nichts abge­bo­gen war, sahen wir eine Grup­pe von Eseln, die von ein paar Ber­bern Rich­tung Ishu Has­sein getrie­ben wur­den. Selbst die Esel ver­wei­ger­ten die Gefolg­schaft und oft muss­ten die Füh­rer sie schie­ben. Sie waren auf dem Weg zurück nach Tag­dilt, nach­dem alle Tou­ris­ten­tou­ren abge­sagt wor­den waren oder auf schnee­freie Kor­ri­do­re aus­ge­wi­chen waren. Ich war der ein­zi­ge Aus­län­der weit und breit und hat­te mit­ten im Schnee­kor­ri­dor über­nach­tet. Einen unpas­sen­de­ren Ort für die ver­gan­ge­ne Nacht hät­te man sich nicht vor­stel­len kön­nen. So erklär­te ich es auch mei­nem Füh­rer. Ich war auf dem Weg von Igna nach Igli. Igna bedeu­tet auf Taschel­heit Him­mel.

Trotz des nun viel gerin­ge­ren Gewichts, war es für mich eine unmensch­li­che Anstren­gung wie­der berg­auf durch den Tief­schnee zu lau­fen. Mein uner­war­te­ter Füh­rer trieb mich zwar immer wie­der zur Eile, akzep­tier­te dann aber, dass ich auf Not­re­ser­ve lief. Schließ­lich erreich­ten wir den höchs­ten Punkt der Wan­de­rung.

Hat­te ich auf den Wan­de­run­gen in der Dadesschlucht das Bild von den „Stu­fen zum Him­mel“ ange­nom­men, das ich in einer Lek­tü­re über die Ber­ber gefun­den hat­te, so ging ich dies­mal die Stu­fen vom Him­mel her­ab. Vor uns lag eine schnee­freie Ebe­ne. Es erschien mir fast unwirk­lich.

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Nach­dem das Ziel direkt vor mei­nen Augen lag, mach­te sich mein Beglei­ter wie­der auf den Rück­weg und ich stieg schein­bar end­los an mäch­ti­gen Tafel­ber­gen ent­lang ins ret­ten­de Tal hin­ab.

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Noch ein­mal mach­te ich eine Pau­se und blick­te ungläu­big auf die völ­lig ver­än­der­te Land­schaft.

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Ich sah die ers­ten Vögel, sie san­gen für mich von der Schön­heit der Son­ne und des Lebens. Erst nach­dem ich das Bild der ers­ten klei­nen Gär­ten ganz in mich auf­ge­so­gen hat­te, mach­te ich mich im Dun­kel auf die letz­ten Meter zu einer klei­nen Her­ber­ge. Nach­dem ich mich erst­mal hin­ge­legt hat­te, konn­te ich mich nicht mehr auf­rich­ten. Ich muss­te zur Wand rob­ben und mich mit aller Kraft gegen die Wand auf­stem­men. Als ich mich noch ein­mal in die Nacht hin­aus­ge­quält hat­te, war ich ent­setzt und ungläu­big ob der Käl­te, der ich in der Nacht zuvor hoch oben in den Ber­gen im Sturm und durch­nässt 16 Stun­den lang aus­ge­setzt war. Wie hat­te ich das nur über­ste­hen kön­nen?

Am nächs­ten Tag beweg­te ich mich kaum, beschränk­te mich auf das Lie­gen in der Son­ne, fühl­te mich geer­det wie seit Jah­ren nicht mehr, wusch mei­ne Klei­der und koch­te. Es war ein wun­der­vol­ler Ort, um sich neu­ge­bo­ren zu füh­len. Immer wie­der blick­te ich auf die Tafel­ber­ge, die mei­nen Weg aus der Schnee­zo­ne mar­kiert hat­ten. Fast war ich die Stu­fen zum Him­mel ganz hin­auf­ge­stie­gen. Es schien völ­lig absurd, hier in der Son­ne zu lie­gen, umge­ben von klei­nen Gär­ten und nur eini­ge Kilo­me­ter ent­fernt den Ort zu wis­sen, an dem ich gera­de erst fast erfro­ren wäre.

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Wie gut rochen die Sträu­cher und Wild­blu­men, wie satt leuch­te­te das Grün der Fel­der und Gär­ten, wie hell zwit­scher­ten die Vögel, strahl­ten die Son­ne und der blaue Him­mel um die Wet­te, mun­de­te das Was­ser, zirp­ten die Gril­len im Wohl­klang. Ich war neu­ge­bo­ren.

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Noch immer lagen drei anstren­gen­de Tages­etap­pen vor mir, die mir alles abver­lang­ten. Eini­ge Impres­sio­nen:

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Schließ­lich erreich­te ich völ­lig ent­kräf­tet Nekob. Als ich das ers­te Mal wie­der an einer Ver­kehrs­stra­ße stand, konn­te ich den Lärm kaum aus­hal­ten, so still war die letz­te Woche in der Berg­welt des Saghro gewe­sen. Für die Men­schen hier war der Schnee ein Segen. Die Fel­der konn­ten erblü­hen. Seit acht Jah­ren hat­te es nicht mehr so viel Was­ser gege­ben.

Der Abschied war stan­des­ge­mäß; Ich lud Said, einrn Minen­ar­bei­ter, der mich auf dem letz­ten Stück mei­ner Wan­de­rung beglei­tet hat­te, in ein Tee­haus ein. Es wur­de ein groß­ar­ti­ger Abend. Ich lief noch ein­mal zu gro­ßer Form auf und mach­te alles aus mei­nem Mini-Wort­schatz und mei­nem thea­tra­li­schen Talent. Als wir zu spä­ter Stun­de durch die Stra­ßen des Ortes schlen­der­ten, saß vor einem klei­nen Laden ein jun­ger Mann der „Imgoune Life“ auf der Gitar­re spiel­te, einen rebel­li­schen Frei­heits­song der Ber­ber. Neben eini­gen Stü­cken aus dem „into the wild“-Soundtrack war dies das ein­zi­ge Musik­stück, das mich schon lan­ge, vor allem aber auf der Wan­de­rung durch den Saghro beglei­tet hat­te. Es war zu schön, um wahr zu sein. So schien das letz­te Aben­teu­er mei­ner Rei­sen zu Ende zu gehen. Ich wür­de wei­ter über das Karus­sell des Lebens schleu­dern. Ich war noch nicht am Ende ange­kom­men.

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Antworten

  1. Avatar von Sven Zühlke
    Sven Zühlke

    Hal­lo,
    das sind sehr schö­ne Bil­der von den Ber­gen .Nur wenn man nicht weis was Du da foto­gra­fiert hast geht man wei­ter­hin Blind durch das Leben. Ich nen­ne dei­ne Ber­ge jetzt mal Baum­stümp­fe oder bes­ser der ver­stei­ner­te Rest vom Baum.Es lässt sich nicht in Wor­ten wie­der­ge­ben wie man uns belo­gen hat.Suche alle Bil­der von den ver­stei­ner­ten Bäumen,alle sind geschnit­ten 😉 Nur wer schaff­te das vor oder nach der Ver­stei­ne­rung! Alles Gute.Der Mensch muss wie­der zurück zur Natur.9 Mil­lio­nen Hexen star­ben nicht wegen der Inqi­si­ti­on son­dern weil es das Natur Volk war.Gedanken erschaf­fen die Rea­li­tät ( Bedingt durch gesun­de Ernäh­rung ohne Gen­ma­ni­pu­la­ti­on )und genau das ist die Macht vor der die Herr­scher sich fürch­ten

  2. Avatar von Astrid Därr
    Astrid Därr

    Hal­lo Ole­an­der,
    Dan­ke für Dei­ne Ant­wort. Da Dei­ne Geschich­te eher wie eine 8000er-Bestei­gung klingt, hof­fe ich, dass sich nie­mand davon abschre­cken lässt, die­se durch­aus »nor­ma­le« und pro­blem­los durch­führ­ba­re Trek­king­tour zu einer geeig­ne­ten Rei­se­zeit (und mit Kar­te oder Füh­rer) zu unter­neh­men 😉
    Vie­le Grü­ße

  3. Avatar von Astrid Därr

    Sor­ry Ole­an­der, aber über die­sen Bei­trag muss­te ich mich als Marok­ko-Ken­ne­rin und Berg­stei­ge­rin doch recht ärgern. Zum einen wim­melt es an maß­lo­sen Über­trei­bun­gen (»Im Som­mer wim­melt es an Kobras und Schlan­gen«, in einem Absatz sind es 25 kg im Ruck­sack, im nächs­ten 30 kg). Zum Ande­ren gerät man auch auf jedem ein­fa­chen Vor­al­pen­gip­fel in Bay­ern in die »Todes­fal­le«, wenn man bei Schlecht­wet­ter ohne Ori­en­tie­rungs­sinn (oder ‑hil­fen) auf­bricht, mit einer Djel­la­bah und Woll­de­cken als Aus­rüs­tung statt ordent­li­cher Funk­ti­ons­kla­mot­ten und einem Zelt. Vom Dj. Saghro gibt es eine deut­sche Trek­king­kar­te, außer­dem kann man sich für ein paar Euro am Tag einen orts­kun­di­gen Muli­trei­ber oder Gui­de anmie­ten – wenn man schon den Kon­takt zu den Ein­hei­mi­schen so betont, wäre es doch eine gute Sache, ihnen ein biss­chen Ein­kom­men zu sichern. Ich bin die Durch­que­rung mehr­mals gelau­fen – eine der schöns­ten Gegen­den in Marok­ko.

    1. Avatar von Oleander Auffarth

      Hal­lo Astrid!

      Zunächst vie­len Dank für Dei­ne Rück­mel­dung! Zu Dei­nen Anmer­kun­gen: Die Aus­sa­ge über die Kobras und Schlan­gen habe ich häu­fig von Ein­hei­mi­schen gehört und über­nom­men, da ich den Saghro im Som­mer selbst noch nicht durch­wan­dert habe. Die Dis­kre­panz bei den Gewichts­an­ga­ben resul­tiert dar­aus, dass ich unter­wegs Pro­vi­ant ver­braucht habe. Ansons­ten trifft mich der Vor­wurf der maß­lo­sen Über­trei­bun­gen nicht; das habe ich wirk­lich nicht nötig.

      Selbst­ver­ständ­lich kann ich Ande­ren nur emp­feh­len, einen Füh­rer zu neh­men. Ich habe aber auch Nie­man­den ermun­tert, ähn­lich unkal­ku­lier­ba­re Risi­ken auf sich zu neh­men – im Gegen­teil. Ich habe nur von mei­nen per­sön­li­chen Erfah­run­gen berich­tet und beschrie­ben, was mich antreibt und wel­che Dyna­mik sich unter­wegs ent­wi­ckelt hat.

      Ein Zelt hät­te mir in die­ser Situa­ti­on nichts genutzt. Ich den­ke nach wie vor, dass die bei­den Dschel­la­ba und der Ahan­dir in Kom­bi­na­ti­on mit der Funk­ti­ons­un­ter­wä­sche das Bes­te war, was ich bei mir tra­gen konn­te – zumal ich wie ein Ein­hei­mi­scher unter­wegs sein woll­te. Gefehlt hat mir am meis­ten eine Plas­tik­pla­ne.

      Kei­nen Füh­rer zu neh­men war eine bewuss­te Ent­schei­dung – ich woll­te unbe­dingt allei­ne gehen, um die unmit­tel­ba­re Natur­er­fah­rung ganz in mich auf­zu­neh­men – das ist mei­ne Form der Medi­ta­ti­on und Selbst­er­fah­rung – genährt von ver­gleich­ba­ren Wan­de­run­gen im Hima­la­ja. Die Ein­hei­mi­schen unter­stüt­ze ich auf ande­re Wei­se.

      Den­noch ist mir bewusst, dass man mein Aben­teu­er als rei­ne Fahr­läs­sig­keit wer­ten kann und darf – da stehst Du mit Dei­ner Ein­schät­zung sicher nicht allei­ne. Für mich sind sol­che Grenz­erfah­run­gen exis­ten­ti­ell wich­tig; die­se führ­te mich wei­ter als mir lieb sein konn­te, aber am Ende habe ich nur mein eige­nes Leben gefähr­det und Nie­man­den sonst. Ich bin weder gro­ßer Marok­ko-Ken­ner, noch Berg­stei­ger oder Rei­se­jour­na­list. Ich berich­te von mei­ner exis­ten­ti­el­len Suche und wohin sie mich führt.

      In die­sem Sin­ne lie­be Grü­ße!

      Ole­an­der

  4. Avatar von Sabine

    Wow, wahn­sinns Aben­teu­er!
    Die Fotos fin­de ich rich­tig super, Respekt!
    Lie­be Grü­ße,
    Sabi­ne

    1. Avatar von Oleander Auffarth

      Herz­li­chen Dank, Sabi­ne! Lie­be Grü­ße zurück! Ole­an­der

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