UNESCO-Welterbe: Von Mauern, Macht und Meisterwerken – unterwegs zu Europas Burgen und Schlössern

Mäch­ti­ge Mau­ern, zin­nen­ge­krön­te Tür­me, ver­gol­de­te Säle – Euro­pas Bur­gen und Schlös­ser erzäh­len von Macht und Reprä­sen­ta­ti­on, von Ver­tei­di­gung und Ver­gnü­gen. Eini­ge davon sind welt­be­rühmt und prä­gen das Bild gan­zer Län­der: Ver­sailles, der Tower of Lon­don, die Alham­bra in Gra­na­da, Neu­schwan­stein. Sie alle zie­hen jedes Jahr Mil­lio­nen Besu­cher an.

Doch jen­seits die­ser gro­ßen Namen gibt es Orte, die nicht min­der span­nend sind: Bur­gen, die Geschich­te atmen, Schlös­ser, in denen Archi­tek­tur und Land­schaft ein Gan­zes wer­den. Manch­mal wir­ken sie wie aus einem Mär­chen, manch­mal wie wehr­haf­te Mah­ner ver­gan­ge­ner Zei­ten. Oft über­ra­schen sie mit Geschich­ten, die man so schnell nicht ver­gisst.

Für die­se Rei­se habe ich Bei­spie­le aus allen Him­mels­rich­tun­gen Euro­pas zusam­men­ge­stellt – von trut­zi­gen Fes­tun­gen am Meer bis zu Paläs­ten vol­ler Kunst und Gär­ten vol­ler Was­ser.

Sie erzäh­len sowohl von Herr­schern und Händ­lern, als auch von Bela­ge­run­gen und Bäl­len, von Macht­po­li­tik und Muße­stun­den.

Denn Geschich­te zeigt sich hier in Stein, Holz, Was­ser und Licht.

Wart­burg – Sym­bol und Stein

Über Eisen­ach thront, weit­hin sicht­bar, die Wart­burg. Errich­tet in der zwei­ten Hälf­te des 11. Jahr­hun­derts durch die Ludo­win­ger, blieb sie mit Palas, Turm und Brun­nen weit­ge­hend erhal­ten.

Im 19. Jahr­hun­dert wur­de sie im Stil des His­to­ris­mus restau­riert.

Hier ver­bin­den sich Bau­ge­schich­te und gro­ße Namen: die Hei­li­ge Eli­sa­beth, Mar­tin Luther, Walt­her von der Vogel­wei­de, Wolf­ram von Eschen­bach – und der legen­dä­re Sän­ger­streit, der Richard Wag­ner zu sei­ner Oper inspi­rier­te.

Wart­burg

Ich stat­te­te der Wart­burg einen herbst­li­chen Besuch ab. Vom Park­platz führ­te ein stei­ler Trep­pen­weg hin­auf – mit wei­tem Blick über die Hügel Thü­rin­gens, klei­ne Orte und gol­de­ne Stop­pel­fel­der.

Im Palas glitt das Licht durch hohe Fens­ter auf bemal­te Wän­de und schwe­re Holz­bal­ken. Ich ver­weil­te im Land­gra­fen­zim­mer, lausch­te dem lei­sen Echo mei­ner Schrit­te im Fest­saal und stand schließ­lich in Luthers Stu­dier­zim­mer, in dem er 1521 das Neue Tes­ta­ment über­setz­te. Das war natür­lich ein beson­de­rer Moment für jeman­den wie mich, der aus einer Luther­stadt stammt.

Beson­ders schön war der Auf­stieg auf den Burg­turm. Von hier aus lag die gan­ze Anla­ge mit der umge­ben­den Land­schaft zu mei­nen Füßen.

Auf der Wart­burg wird Geschich­te leben­dig – sie ver­bin­det Wehr­haf­tig­keit, fürst­li­che Reprä­sen­ta­ti­on und geis­ti­ges Erbe auf engem Raum.

Kron­borg – Ham­let-Schloss am Öre­sund

An der schmals­ten Stel­le des Öre­sunds, nur vier Kilo­me­ter von Schwe­den ent­fernt, erhebt sich Schloss Kron­borg – ein Renaissance‑Prachtbau, zugleich Fes­tung und Sym­bol däni­scher Macht.

Kron­borg wur­de Ende des 16. Jahr­hun­derts unter König Fre­de­rik II. errich­tet und kon­trol­lier­te über Jahr­hun­der­te hin­weg den Zugang zur Ost­see.

Vor­bei­fah­ren­de Schif­fe muss­ten hier ent­we­der Zoll zah­len oder poli­ti­sche Zuge­ständ­nis­se machen.

So wur­de Kron­borg nicht nur als Schloss bewun­dert, son­dern auch als Fes­tung gefürch­tet.

Kron­borg

Durch das Tor gelangt man, von Knap­pen will­kom­men gehei­ßen, in den weit­läu­fi­gen Innen­hof.

Dort wan­dert der Blick zunächst zwi­schen Tür­men, Zin­nen und Sand­stein­or­na­men­ten umher.

Ich begann mei­nen Rund­gang in der Schloss­kir­che. Sie ist das ein­zi­ge Gebäu­de, das den Brand von 1629 unver­sehrt über­stand – mit fei­nen Holz­schnit­ze­rei­en und bemal­ten Tafeln, die bis heu­te beein­dru­cken.

Spä­ter dann, in den obe­ren Eta­gen, führ­ten Aus­stel­lun­gen durch die Gemä­cher ver­schie­de­ner Jahr­hun­der­te und erzähl­ten anschau­lich vom Leben der Köni­ge und Köni­gin­nen.

Unter dem Schloss lie­gen die Kase­mat­ten. In die­sem Laby­rinth aus nied­ri­gen Gän­gen, nur von Ker­zen­licht erhellt, stellt sich schnell ein Hauch von Gru­sel ein.

Wie­der im Tages­licht spa­zier­te ich über den Damm um das Schloss her­um und schau­te über die Meer­enge nach Schwe­den.

Ich ver­ließ die Burg mit dem Gefühl, dass hier mehr als nur Mau­ern die Zei­ten über­dau­ert haben.

Car­cas­son­ne – Mit­tel­al­ter­ku­lis­se am Canal du Midi

Auf einem Hügel über dem Aude liegt Car­cas­son­ne, eine der ein­drucks­volls­ten mit­tel­al­ter­li­chen Fes­tungs­städ­te Euro­pas. Auf vor­rö­mi­schen Fun­da­men­ten ent­stand hier im Mit­tel­al­ter ein dop­pel­ter Mau­er­ring um Schloss, Gas­sen und Kir­chen.

Im 19. Jahr­hun­dert wur­de die Anla­ge unter Viollet‑le‑Duc umfas­send restau­riert und dadurch zu einem Mei­len­stein in der Ent­wick­lung moder­ner Kon­ser­vie­rungs­tech­ni­ken.

Car­cas­son­ne

Von der Alt­stadt führ­te mein Weg über die Alte Brü­cke und vor­bei an der klei­nen Kapel­le Notre‑Dame de la San­té hin­auf zur Fes­tungs­mau­er. Die gewal­ti­ge Sil­hou­et­te wirk­te wie die Vor­la­ge für heu­ti­ge Spiel­zeug­bur­gen – nur grö­ßer, detail­rei­cher und vol­ler Leben.

Über die Zug­brü­cke trat ich in eine klei­ne Stadt mit ihren schma­len Gas­sen, in denen gera­de vor den Restau­rants die Tische ein­ge­deckt wur­den und der Duft regio­na­ler Spe­zia­li­tä­ten in der Luft lag. Ich setz­te mich auf die Ter­ras­se eines klei­nen Cafés, trank einen star­ken Espres­so und ließ den Blick über das geschäf­ti­ge Trei­ben wan­dern.

Die Basi­li­ca Saints‑Nazaire‑et‑Celse ist seit Jahr­hun­der­ten eine Sta­ti­on für Pil­ger auf dem Jakobs­weg. Ihre far­bi­gen Fens­ter leuch­te­ten in der Mor­gen­son­ne und war­fen bun­tes Licht auf die fili­gra­nen Stein­bö­gen.

Ein Rund­gang ent­lang der äuße­ren Mau­ern öff­ne­te spä­ter den Blick weit ins Land.

Ein­ge­bet­tet in Wein­ber­ge und den Lauf des Canal du Midi ver­bin­det Car­cas­son­ne leben­di­ge Alt­stadt und insze­nier­tes Mit­tel­al­ter – und ist damit ein Ort, an dem Geschich­te, Aus­sicht und süd­fran­zö­si­sche Lebens­art per­fekt zusam­men­fin­den.

Gar­ten­reich Dessau‑Wörlitz – Auf­klä­rung in Park und Palast

Zwi­schen Elbe und Mul­de liegt das Gar­ten­reich Dessau‑Wörlitz – eine Land­schaft, in der Schlös­ser, Parks und Staf­fa­ge­bau­ten zu einem gro­ßen Gan­zen ver­schmel­zen.

Hier schu­fen Fürst Leo­pold III. Fried­rich Franz von Anhalt‑Dessau und sein Archi­tekt Fried­rich Wil­helm von Erd­manns­dorf im 18. Jahr­hun­dert ein Ensem­ble, das Schön­heit und Nütz­lich­keit mit­ein­an­der ver­bin­den soll­te.

Die­ser Leit­ge­dan­ke der Auf­klä­rung wur­de kon­se­quent in Stein, Was­ser und Grün umge­setzt.

Wör­lit­zer Gar­ten­reich – künst­li­cher Vul­kan

Vom „klei­nen Stück Hol­land“ in Ora­ni­en­baum mit sei­ner lan­gen Oran­ge­rie führ­te mein Weg in den Wör­lit­zer Park, den Höhe­punkt des Gar­ten­reichs. Über Insel­we­ge, Brü­cken und per Boot öff­ne­ten sich immer neue Blick­ach­sen. Das lei­se Plät­schern am Ufer misch­te sich mit Vogel­stim­men, wäh­rend sich hin­ter jeder Bie­gung ein ande­res Bild auf­tat – vom hel­len Tem­pel bis zur dunk­len Grot­te. Hier wur­de sogar ein künst­li­cher Vul­kan erschaf­fen, der auch heu­te noch zu beson­de­ren Anläs­sen Feu­er spuckt.

Das Schloss, errich­tet in nur vier Jah­ren, über­rascht bis heu­te mit tech­ni­scher Raf­fi­nes­se: Klapp­bet­ten, Wand­schrän­ke, unsicht­ba­re Auf­zü­ge, moder­ne Was­ser­ver­sor­gung.

Lui­si­um, Geor­gi­um, Mosig­kau und die ande­ren Parks tra­gen jeder eine eige­ne Hand­schrift, vom roman­ti­schen Gar­ten bis zum Rokoko‑Ensemble, vom Rück­zugs­ort für die Fürs­tin bis zum leb­haf­ten Treff­punkt für Künst­ler.

Das Gar­ten­reich ist kein Muse­um, son­dern heu­te wie damals eine beein­dru­cken­de Land­schaft – vol­ler klei­ner Über­ra­schun­gen, stil­ler Orte und Gedan­ken zwi­schen Fürs­ten­zeit und Gegen­wart.

Mal­bork – Back­stein­mo­nu­ment des Deut­schen Ordens

Am Ufer der Nogat erhebt sich Mal­bork – die größ­te Back­stein­burg der Welt.

Sie wur­de im 13. Jahr­hun­dert vom Deut­schen Orden gegrün­det und ab 1309 sys­te­ma­tisch zum Sitz des Hoch­meis­ters aus­ge­baut.

Dabei ver­band die Anla­ge ein­drucks­voll Wehr­haf­tig­keit mit reprä­sen­ta­ti­ver Pracht.

Heu­te mar­kie­ren meh­re­re Mau­er­rin­ge, gewal­ti­ge Tore sowie die acht Meter hohe Mari­en­sta­tue am Ein­gang den Weg hin­ein – und las­sen bereits erah­nen, wel­che Dimen­sio­nen den Besu­cher erwar­ten.

Mal­bork

In der Mit­tel­burg führ­te der Weg vor­bei an den Sta­tu­en der Hoch­meis­ter mit teils bekann­ten Namen durch den Kreuz­gang zur reich ver­zier­ten Kir­che.

Unter mei­nen Schrit­ten hall­ten die Stein­plat­ten, und zwi­schen den Säu­len hing der küh­le Duft von feuch­tem Mau­er­werk. Ich kam durch die Gra­bes­ka­pel­le, ver­weil­te im Rosen­gar­ten des Hoch­meis­ters, bevor ich im Danz­ker stand – einem Turm mit eige­ner Brü­cke, der im Not­fall als Rück­zugs­ort dien­te.

Mal­bork ist groß – und groß­ar­tig. Ein Aus­flug ins Mit­tel­al­ter und eine Hom­mage an all jene, die die­ses Monu­ment für kom­men­de Gene­ra­tio­nen erhal­ten.

Sevil­la – Palast­gär­ten im Glanz des Gol­de­nen Zeit­al­ters

Sevil­la emp­fing mich an einem mil­den Mor­gen. Die Gas­sen erwach­ten lang­sam zum Leben. Laden­ja­lou­sien klap­per­ten hoch, und aus den Bäcke­rei­en weh­te der Duft von fri­schem Gebäck.

Vor dem Alcá­zar hat­te sich schon eine Schlan­ge gebil­det – doch mit etwas Glück bekam ich das letz­te Ticket für den nächs­ten Ein­lass.

Drin­nen öff­ne­te sich ein Traum aus 1001 Nacht. Fili­gra­ne Bögen, kunst­vol­le Decken, gol­de­ne Orna­men­te und geschnitz­te Frie­se – eine Fül­le an Details, die den Blick kaum ruhen ließ.

In den Gär­ten plät­scher­ten Brun­nen, Säu­len spie­gel­ten sich in Was­ser­be­cken, und zwi­schen Bou­gain­vil­leen und Oran­gen­bäu­men setz­ten leuch­ten­de Far­ben leben­di­ge Akzen­te.

Trotz der Besu­cher­strö­me blieb Zeit, in den Räu­men zu ver­wei­len, den Mus­tern mit den Augen zu fol­gen und den lei­sen Zau­ber die­ses Ortes auf­zu­sau­gen.

Der Alcá­zar ist bis heu­te könig­li­che Resi­denz – ein Ort, der mau­ri­sche und christ­li­che Bau­kunst ver­bin­det und zugleich eine grü­ne Oase im Her­zen der Stadt bil­det.

Spä­ter beim Hin­aus­tre­ten blen­de­te das Son­nen­licht auf dem hel­len Stein, und die Geräu­sche der beleb­ten Stra­ßen Sevil­las brach­ten mich ins Jetzt zurück.

Cas­tel del Mon­te – Acht­ecki­ge Visi­on in Apu­li­en

Schon von wei­tem ragt Cas­tel del Mon­te wie ein stei­ner­ner Fremd­kör­per aus der sanft gewell­ten Land­schaft Apu­li­ens. Auf einem Hügel gele­gen, wirkt es fast wie eine Land­mar­ke. Es erhebt sich dort ohne unmit­tel­ba­re Nach­bar­schaft – ganz für sich allein.

So erscheint es wie ein Exot zwi­schen Fel­dern und Wäl­dern. Errich­tet um 1240 von Kai­ser Fried­rich II., ver­bin­det es Ele­men­te aus der Anti­ke, isla­mi­scher Bau­kunst und nord­eu­ro­päi­scher Gotik.

Sein acht­ecki­ger Grund­riss, ergänzt durch acht eben­falls acht­ecki­ge Tür­me, folgt einer mathe­ma­ti­schen sowie astro­no­mi­schen Prä­zi­si­on, die bis heu­te Rät­sel auf­gibt.

Am Oster­wo­chen­en­de führ­te mich ein Tram­pel­pfad durch den Wald hin­auf, vor­bei an Pick­nick­de­cken und Ball spie­len­den Kin­dern.

Oben ange­kom­men pfiff der Wind, und die Aus­sicht reich­te weit über die offe­ne Land­schaft.

Im Inne­ren wirk­te der Bau durch die Ver­wen­dung ver­schie­de­ner Stein­sor­ten fili­gra­ner, als es die wuch­ti­gen Mau­ern von außen ver­mu­ten lie­ßen.

Doch Möbel oder All­tags­ge­gen­stän­de sucht man ver­geb­lich – die Räu­me sind karg, fast abs­trakt.

Cas­tel del Mon­te ist kein Schloss im her­kömm­li­chen Sinn, son­dern eine gebau­te Idee. Sein Wert liegt weni­ger in dem, was man hier sieht, als in sei­ner Sym­bo­lik, sei­ner Geschich­te und der Visi­on sei­nes Erbau­ers.

Bel­lin­zo­na – Drei Bur­gen im Tes­si­ner Son­nen­tal

Nach einer Ser­pen­ti­nen­ab­fahrt aus den Alpen öff­ne­te sich das Tes­si­ner Tal. Über der Stadt Bel­lin­zo­na rag­ten die Mau­ern der drei mit­tel­al­ter­li­chen Bur­gen auf.

Cas­tel­gran­de thront auf einem Fel­sen im Zen­trum. Mont­e­bel­lo schließt sich wei­ter oben an die Befes­ti­gungs­mau­ern an, wäh­rend Sas­so Cor­ba­ro etwas höher am Hang wacht – sepa­rat, aber als Teil eines gro­ßen Gan­zen.

Zusam­men bil­den sie eine der größ­ten und am bes­ten erhal­te­nen spät­mit­tel­al­ter­li­chen Ver­tei­di­gungs­an­la­gen im Alpen­raum. Sie wur­den einst errich­tet, um den Zugang zu den Päs­sen San Ber­nar­di­no, Luk­ma­nier und Gott­hard mili­tä­risch zu sichern.

Mein Nacht­platz lag gleich hin­ter der Stadt­mau­er, am rau­schen­den Berg­bach und unter­halb einer der Bur­gen. Er erwies sich als per­fek­ter Aus­gangs­punkt für den Mor­gen­rund­gang.

Ent­lang der fast voll­stän­dig erhal­te­nen Mau­er san­gen die Vögel, das Was­ser glu­cker­te, und in den Gär­ten wuch­sen Pal­men und Kame­li­en. Vor einer alten Kir­che blüh­te eine wei­ße Magno­lie.

Der Auf­stieg zur Burg Mont­e­bel­lo führ­te über eine ver­steck­te Gas­se und zwei­hun­dert stei­le Stu­fen, bis sich schließ­lich das Eisen­tor öff­ne­te und den Blick auf roman­ti­sche Höfe und wehr­haf­te Mau­ern frei­gab.

Von hier oben war das gan­ze Fes­tungs­en­sem­ble zu über­bli­cken. Wenig spä­ter beim Pick­nick am Stein­tisch vor der Mau­er reich­te der Blick weit über Stadt und Tal.

Bel­lin­zo­na hält, was man von einer mit­tel­al­ter­li­chen Fes­tung erwar­tet – impo­sant, trut­zig und roman­tisch zugleich.

Madi­nat az‑Zahra – Ver­ges­se­ne Kali­fen­stadt bei Cór­do­ba

Mit­te des 10. Jahr­hun­derts ließ die west­li­che Umay­ya­den-Dynas­tie vor den Toren Cór­do­bas eine neue Kali­fats­stadt errich­ten – Resi­denz, Macht­sym­bol und Ver­wal­tungs­zen­trum in einem.

Aber nur ein Jahr­hun­dert spä­ter wur­de Madi­nat az-Zahra im Bür­ger­krieg zer­stört und geriet über lan­ge Zeit in Ver­ges­sen­heit.

Heu­te zei­gen die Aus­gra­bun­gen einen nahe­zu voll­stän­di­gen städ­ti­schen Kom­plex mit Paläs­ten, Stra­ßen, Toren, Was­ser­an­la­gen und präch­ti­gen Säu­len­hal­len – ein ein­zig­ar­ti­ges Zeug­nis der Kul­tur von Al‑Andalus.

Im Besu­cher­zen­trum ließ ich mir Zeit für Aus­stel­lung und Ein­füh­rungs­film, der die Rui­nen vir­tu­ell wie­der­auf­er­ste­hen ließ.

Mit die­sen Bil­dern im Kopf brach­te mich ein Shut­tle­bus hin­auf zur Aus­gra­bungs­stät­te.

Dort führ­te der Weg durch Tore und Höfe, vor­bei an mäch­ti­gen Bögen, deren For­men deut­lich an die Moschee‑Kathedrale von Cór­do­ba erin­nern.

Über den Mau­ern flirr­te die Hit­ze, und in den schat­ti­gen Durch­gän­gen roch es nach war­mem Stein.

Madi­nat az-Zahra

Madi­nat az‑Zahra ist ein Ort, an dem sich Geschich­te aus den Stei­nen lesen lässt. Hier spürt man, wie nah Glanz und Ver­gäng­lich­keit bei­ein­an­der lie­gen.

Vil­la d’Este – Was­ser­spie­le und Renais­sance­pracht

Nur weni­ge Kilo­me­ter öst­lich von Rom liegt Tivo­li – seit der Anti­ke ein Rück­zugs­ort für Mäch­ti­ge und Wohl­ha­ben­de. Schon Kai­ser Hadri­an ließ hier sei­ne Som­mer­re­si­denz errich­ten. Bis heu­te steht der Name Tivo­li sinn­bild­lich für Ver­gnü­gungs­or­te, Lust­gär­ten und Orte der Muße.

In die­ser Tra­di­ti­on schuf Kar­di­nal Ippo­li­to II. d’Este im 16. Jahr­hun­dert eine der schöns­ten Vil­len­an­la­gen der ita­lie­ni­schen Renais­sance.

Der Palast beein­druckt mit sei­nen Fres­ken, Log­gi­en und wei­ten Bli­cken – und ist eng ver­zahnt mit dem Gar­ten. Die­ser wie­der­um ist eine meis­ter­haf­te Kom­po­si­ti­on aus Ter­ras­sen, Trep­pen und Was­ser­läu­fen.

Auf mei­nem Rund­gang führ­te jede Stu­fe zu neu­en Per­spek­ti­ven. Fon­tä­nen sprüh­ten in hohen Bögen, Was­ser rie­sel­te über kunst­voll gestal­te­te Kas­ka­den und leg­te sich als fei­ner Film auf die Haut.

Ich war­te­te auf die vol­le Stun­de – dann erwach­te die gro­ße Was­ser­or­gel zum Leben. Ihr Klang misch­te sich mit dem Rau­schen der Fon­tä­nen und schien aus allen Ecken des Gar­tens zu kom­men.

Die „Hun­dert Fon­tä­nen“ reih­ten sich wie ein end­lo­ses Band. Und zwi­schen all dem öff­ne­ten sich immer wie­der Aus­bli­cke ins Tiber­tal – und hin­über nach Rom.

Vil­la d’Es­te

Die Vil­la d’Este ist ein Gesamt­kunst­werk aus Archi­tek­tur und Gar­ten­bau. Hier ist ein Ort, an dem sich die Pracht der Renais­sance und die Fas­zi­na­ti­on des Was­sers zu einem unver­gess­li­chen Erleb­nis ver­bin­den.

Bur­gen von King Edward I. – Stei­ner­nes Netz in Nord­wales

Ende des 13. Jahr­hun­derts ließ König Edward I. von Eng­land in Nord­wales ein Sys­tem aus Bur­gen und befes­tig­ten Städ­ten errich­ten. Damit woll­te er das erober­te Gebiet sichern und eine eng­li­sche Kolo­nie eta­blie­ren.

Vier Anla­gen – Beau­ma­ris, Con­wy, Cae­r­n­ar­fon und Har­lech – sowie die zuge­hö­ri­gen Stadt­be­fes­ti­gun­gen gel­ten heu­te als Meis­ter­wer­ke der Mili­tär­ar­chi­tek­tur ihrer Zeit. Ent­wor­fen von James of St Geor­ge, ver­bin­den sie stra­te­gi­sche Lage, wehr­haf­te Bau­wei­se und reprä­sen­ta­ti­ve Ele­men­te auf beein­dru­cken­de Wei­se.

Ich besuch­te Con­wy und erreich­te die Burg direkt vom Bahn­hof aus. Schon auf der Brü­cke über den Fluss bot sich ein ein­drucks­vol­ler Blick auf Mau­ern und Tür­me – eine Sze­ne wie aus einem Geschichts­buch.

Die Stadt selbst bewahrt bis heu­te ihr mit­tel­al­ter­li­ches Geprä­ge. Es gibt enge Gas­sen, einen Markt­platz, Kir­chen und vor allem die Stadt­mau­er, die sich wie selbst­ver­ständ­lich um Häu­ser und Gär­ten legt.

Am Abend spa­zier­te ich auf der Mau­er ent­lang. Der Wind trug den sal­zi­gen Geruch vom Meer her­auf, und unter mir fla­cker­te in den Fens­tern der warm­gel­be Schein der Lam­pen. Über allem thron­te die Burg – still und wach­sam im Licht der unter­ge­hen­den Son­ne.

Con­wy Cast­le

Die Bur­gen von King Edward sind stei­ner­ne Zeug­nis­se einer Zeit, in der Macht­po­li­tik in Mau­er­stär­ke gemes­sen wur­de. Bis heu­te prä­gen sie Land­schaft und Geschich­te von Nord­wales.

Schloss Lito­myšl – Renais­sance mit Thea­ter­ku­lis­se

Zwi­schen 1568 und 1580 ent­stand in Ost­böh­men ein Schloss, das sowohl ita­lie­ni­sche Renais­sance­for­men, als auch böh­mi­sche Bau­tra­di­ti­on ver­band. Die Arka­den des Innen­hofs, wie auch die Sgraffito‑Fassaden und die mar­kan­ten Gie­bel prä­gen das Bild bis heu­te.

Seit dem spä­ten 18. Jahr­hun­dert ergän­zen zudem üppi­ge baro­cke und neo­klas­si­zis­ti­sche Ele­men­te die Innen­räu­me. Ein beson­de­res Augen­merk ver­dient dabei das klas­si­zis­ti­sche Hof­thea­ter – hier sind Büh­nen­bil­der und Maschi­ne­rie noch ori­gi­nal erhal­ten.

Schon beim Ankom­men fiel mir die fei­ne Kratz­putz­ge­stal­tung ins Auge. Die Besich­ti­gungs­tour führ­te durch Salons, Wohn­räu­me, Biblio­thek und Spei­se­saal – geschmückt mit Stuck, Gemäl­den und detail­rei­cher Orna­men­tik.

In den hohen Fens­tern spie­gel­te sich das Licht, und auf den Die­len knarr­ten die Schrit­te der Besu­cher. Der Höhe­punkt war der Ein­tritt ins Hof­thea­ter: eine Büh­ne wie aus der Zeit gefal­len, deren Kulis­sen bis heu­te bewegt wer­den kön­nen.

Schloss Lito­myšl

Auch die Neben­ge­bäu­de, der fran­zö­si­sche Gar­ten, der eng­li­sche Park und das Geburts­haus von Bedřich Sme­ta­na rah­men das Schloss stim­mungs­voll ein.

Lito­myšl ist ein Ort, der archi­tek­to­ni­sche Ele­ganz mit leben­di­ger Prä­sen­ta­ti­on ver­bin­det – und sei­ne Gäs­te mit einem Hauch Büh­nen­zau­ber ver­ab­schie­det.

Karl­s­kro­na – Magi­scher Guts­hof des Admi­rals

Karl­s­kro­na liegt auf meh­re­ren Inseln in der Ost­see. Es ist Schwe­dens ein­zi­ger Mari­ne­ha­fen aus dem 17. Jahr­hun­dert, der bis heu­te in Betrieb ist. Neben den Kaser­nen, Werf­ten und dem streng geplan­ten Stadt­grund­riss wirkt der soge­nann­te „magi­sche Guts­hof“ des Admi­rals wie ein Ent­rück­ter.

Die­ser liegt eini­ge Kilo­me­ter außer­halb der Stadt – ver­bor­gen inmit­ten aus­ge­dehn­ter Wäl­der.

Die Fahrt dort­hin führ­te über schma­le Stra­ßen, vor­bei an Kie­fern und Fels­bro­cken. Zwi­schen den Bäu­men zeich­ne­te sich schließ­lich ein hel­ler Bau mit Türm­chen und Veran­den ab – eher ein roman­ti­sches Land­haus als ein mili­tä­ri­scher Amts­sitz.

Im Gar­ten rausch­ten die Blät­ter, und irgend­wo klopf­te lei­se ein Specht. Ich setz­te mich auf eine Bank und ließ die­sen Ort in Ruhe auf mich wir­ken: das sanf­te Licht auf den Holz­fas­sa­den, der Duft von Harz und Gras, das lei­se Rau­schen der Wel­len auf dem benach­bar­ten See.

magi­scher Guts­hof bei Karl­s­kro­na

Schwe­den hat vie­le berühm­te Schlös­ser – von Grips­holm über Drott­ning­holm bis Kal­mar. Doch die­ser Guts­hof ist ein stil­ler, fast magi­scher Gegen­pol. Hier ist ein Ort, an dem man das Gefühl hat, ein Geheim­nis ent­deckt zu haben.

Wohin als Nächs­tes?

Die­se Aus­wahl war nur ein Aus­schnitt, denn Euro­pas Viel­falt an Bur­gen, Schlös­sern und Fes­tungs­städ­ten ist nahe­zu gren­zen­los.

Wer nach die­sen Sta­tio­nen noch wei­ter­rei­sen möch­te, fin­det in Caser­ta den baro­cken Glanz der Bour­bo­nen, in der Vil­la Adria­na bei Tivo­li die Visi­on eines römi­schen Kai­sers und in Kroměříž die ele­gan­te Resi­denz der Olmüt­zer Erz­bi­schö­fe.

Auch die kunst­vol­len Gar­ten­an­la­gen des Mus­kau­er Parks oder der barock‑romantische Berg­park Wil­helms­hö­he sind loh­nen­de Zie­le – eben­so wie das spa­ni­sche Aran­juez mit sei­nen Paläs­ten und Alleen.

Wem der Sinn eher nach Wehr­haf­tem steht, der kann die Fes­tungs­stadt Luxem­burg oder auch Val­let­ta erkun­den oder die See­fes­tung Suo­men­lin­na vor Hel­sin­ki besu­chen. Und im Nor­den locken das male­risch am Was­ser gele­ge­ne Schloss Kal­mar in Schwe­den oder das Schloss Run­dā­le in Lett­land.

Egal ob impo­sant wie ein Herr­schafts­sitz oder ver­träumt wie ein Gar­ten­schloss – jedes Ziel erzählt sei­ne eige­ne Geschich­te. Und manch­mal liegt das Schöns­te nicht im Prunk der Säle, son­dern im Blick von einer alten Mau­er hin­aus in die Land­schaft.

Und damit ist noch längst nicht alles erzählt

Von stol­zen Han­dels­städ­ten über stil­le Klös­ter und mar­kan­te Kir­chen bis zu atmo­sphä­ri­schen Stadt­zen­tren, Bur­gen und Schlös­sern – hat die­se Serie vie­le Gesich­ter des Welt­erbes gezeigt.

Doch Euro­pa steckt vol­ler wei­te­rer Geschich­ten. Man­che span­nen sich über den gan­zen Kon­ti­nent wie der Struve-Meri­dian­bo­gen oder erzäh­len von tech­ni­schen Pio­nier­leis­tun­gen wie der gewal­ti­ge Radio­sen­der Gri­me­ton. Ande­re sind Land­schaf­ten, die durch ihre For­men und Far­ben sprach­los machen: die bun­ten Lava­fel­der und Vul­ka­ne Islands, die glän­zen­den Glet­scher­zun­gen, die wei­ßen Klip­pen von Stevns Klint oder die Krei­de­küs­te in Eng­land.

Es gäbe noch so viel zu ent­de­cken – und viel­leicht, wer weiß, führt uns die­se Serie eines Tages wie­der hin­aus, um neue Orte auf­zu­spü­ren und ihre Geschich­ten zu tei­len.


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