Isla Magdalena

Wir che­cken wie­der im Hos­tel Samar­ce ein; ein Kunst­na­me aus Samu­el und Mar­cel­la, die bei­den herz­li­chen Hos­tel-Besit­zer. Wir haben uns hier schon am Anfang unheim­lich wohl gefühlt. Und so ergeht es uns auch jetzt wie­der. Das Hos­tel ist eigent­lich ein Fami­li­en­haus mit etwas mehr Platz. Die Fami­lie mit ihren zwei Kin­dern wohnt hier und Bäder und Küche wer­den von allen geteilt. Die ein­zi­ge Pri­vat­sphä­re ist das eige­ne Schlaf­zim­mer und der jähr­li­che Urlaub. Ich stel­le es mir unheim­lich anstren­gend vor, aber die Fami­lie lebt davon und scheint sich wohl zu füh­len. Das Model ist hier aber auch sehr beliebt und die ande­ren Gäs­te­häu­ser sind ähn­lich.

Reisebekanntschaften mit spannenden Geschichten

Als wir mit unse­rem schwe­ren Gepäck an der Tür klin­geln, öff­net Ele­na die Tür. Vor zwei Wochen war sie noch nicht hier und wir sind erstaunt. Ein neu­es Fami­li­en­mit­glied? Nein. Es stellt sich schnell her­aus, dass sie aus Russ­land kommt und für Kost und Logis vor einer Woche hier ange­fan­gen hat, zu arbei­ten. Sie will noch die nächs­ten vier Mona­te hier blei­ben und hofft instän­dig, in die­ser Zeit auf eine güns­ti­ge Mit­fahr­ge­le­gen­heit in die Ant­ark­tis. Pun­ta Are­nas ist dafür der per­fek­te Ort. Bei sei­ner Grün­dung 1848 war es zunächst Straf­ko­lo­nie, gewann dann aber schnell an Bedeu­tung durch die in der Umge­bung gefun­de­ne Stein­koh­le und spä­ter durch die Woll­in­dus­trie. Auf­grund sei­ner Lage an der Magel­lan­stra­ße, war es bis zur Eröff­nung des Pana­ma­ka­nals eine wich­ti­ge Sta­ti­on auf der Han­dels­rou­te rund um Süd­ame­ri­ka. Aber natür­lich auch als fast süd­lichs­ter Punkt der Kon­ti­nen­te die letz­te Sta­ti­on von Schif­fen vor der Ant­ark­tis. Ele­na hofft also auf die­se Schif­fe und schaut jeden Tag nach, ob im Hafen etwas inter­es­san­tes vor Anker liegt. Zeit scheint sie zu haben, ihre Rei­se führ­te sie schon die letz­ten sie­ben Mona­te von Kuba bis hier an den süd­lichs­ten Zip­fel Süd­ame­ri­kas.

Isla Madgalena

Etwas mys­te­riö­ser ist da Klaus aus Blan­ken­burg. Sei­nen wirk­li­chen Namen haben wir nicht erfah­ren. Viel­leicht auch doch, aber wir waren schon so erstaunt über sein Leben, dass das der unwich­tigs­te Fakt war. Er ist seit 15 Jah­ren Berufs­aus­stei­ger und reist jeden Win­ter mit einer neu­en per­sön­li­chen Mis­si­on. Ein­mal nur zu Land durch Asi­en, dann nur mit dem Zug und nun meh­re­re Mona­te Süd­ame­ri­ka. Sei­ne Plä­ne und wie er sie finan­ziert hat er uns nicht ver­ra­ten. Selbst mit etwas Wein bleibt er uns etwas mys­te­ri­ös, dafür aber immer sym­pa­thisch. Sein Geheim­nis behält er für sich…

Einsame Insel mit tausenden Pinguinen

Samu­el berät uns in einer frei­en Minu­te, wie wir am bes­ten zu den Pin­gui­nen auf die Isla Mag­da­le­na kom­men. Wir ent­schei­den uns für die güns­ti­ge­re Vari­an­te mit dem lang­sa­men Boot am nächs­ten Nach­mit­tag. Das passt per­fekt in unse­re Pla­nun­gen. Wir wol­len noch Post­kar­ten ver­schi­cken und Chris­ti­an braucht noch neue Kon­takt­lin­sen, da er eine beim Raf­ting in El Chal­tén ver­lo­ren hat­te. Wir früh­stü­cken im Ess­zim­mer von Samu­el und Mar­cel­la; genie­ßen den rich­ti­gen Kaf­fee, das Rühr­ei, Dul­ce de Leche und das Müs­li. Nir­gend­wo anders haben wir ein so gutes Früh­stück in Pata­go­ni­en bekom­men. Es ist eine Wohl­tat nach unse­ren mick­ri­gen Wan­der­früh­stü­cken, ein lie­bes­vol­les Früh­stück zu bekom­men. Wir gehen den­noch bald in das Stadt­zen­trum. Ein kur­zer Fuß­weg. Pun­ta Are­nas ist mit 130.000 Ein­woh­nern nicht groß und die Stadt über­sicht­lich. Und wenn die Ent­fer­nung zu groß wird, dann sprin­gen wir ein­fach in eins der Sam­mel­ta­xis auch Colec­tivos genannt, die auf Lini­en zum Fix­preis durch die Stadt fah­ren.

Pinguine Insel

Wir bezah­len unse­re Pin­gu­in-Tour im Büro und schrei­ben unse­re Post­kar­ten noch vor der Post­amt. Zur Beloh­nung gönnt sich Chris­ti­an eine Packung Chur­ros. Das spa­ni­sche Spritz­ge­bäck ist hier beson­ders gehalt­voll mit Dul­ce de Leche (Süßes aus Milch) gefüllt. Wer Dul­ce de Leche nicht kennt, der muss nach Süd­ame­ri­ka rei­sen. Ich will es nicht erklä­ren; man muss es selbst pro­bie­ren.

Pinguin

Damit bewaff­net sprin­gen wir in ein Colec­tivo und fah­ren zum Boots­an­le­ger »Tres Puen­tes«. Wir sind immer noch zu deutsch und dem­entspre­chend über­pünkt­lich da. Die Zeit ver­brin­gen wir an der Pro­me­na­de und schwel­gen in Rei­se­er­in­ne­run­gen. Wir hal­ten Aus­schau nach unse­rem Boot, fin­den es aber nicht. Erst als sich eine Schlan­ge am Anle­ger bil­det, wird uns bewusst, dass es eine alte Fäh­re ist, die schon die gan­ze Zeit vor unse­rer Nase stand. Mit 100 ande­ren Pin­gu­in-Inter­es­sier­ten gehen wir an Bord und las­sen uns in einem der Ses­sel nie­der. Zur Sicher­heits­ein­wei­sung müs­sen wir noch im Innen­raum ver­har­ren, dann kön­nen wir an der Reling die küh­le Bri­se und das Meer genie­ßen.

Schiff für Isla Madgalena

Wir hat­ten uns auf eine ein­stün­di­ge Fahrt ein­ge­stellt und zwei Stun­den bei den Pin­gui­nen. Dar­aus wird nichts. Es ist genau anders her­um. Das Boot lan­det erst nach zwei Stun­den an der Isla Mag­da­le­na, lässt die Bug­klap­pe her­un­ter und ent­lässt uns an den Strand. Eine regel­rech­te Tou­ris­ten­in­va­si­on, mit der die Pin­gui­ne aber anschei­nend umge­hen kön­nen. Auf unse­rem ein­stün­di­gen Rund­gang las­sen sie sich nicht stö­ren. Abge­steckt und ein­ge­pfercht auf unse­rem schma­len Pfad fol­gen wir den Anwei­sun­gen des Per­so­nals. Pin­gui­ne haben hier immer Vor­rang. Wenn sie also den Weg que­ren möch­ten, muss man einen »Pin­gu­in-Strei­fen« frei­las­sen. Ein lus­ti­ges Unter­fan­gen.

Pinguin-Übergang

Isla Mag­da­le­na ist seit 1967 Natur­schutz­ge­biet und heu­te Natio­nal­park. Sie ist einer der weni­gen Orte in Pata­go­ni­en, auf der man sich Pin­gui­nen bis auf weni­ger­Me­ter annä­hern darf. Das ein­zi­ge fes­te Gebäu­de ist der Leucht­turm der Insel. Er wacht über die über 150.000 Pin­gui­ne und über 1.000 See­lö­wen zur Hoch­sai­son. Ich zäh­le auf mei­ner Tour nicht nach, aber es sind unfass­bar vie­le. Dazu kom­men noch tau­sen­de Möwen, die ihre Krei­se über unse­ren Köp­fen zie­hen und auch selbst auf der Insel brü­ten. Die Pin­gui­ne selbst, gra­ben sich Höh­len und brü­ten dort. Die Insel scheint voll­kom­men unter­gra­ben zu sein. Wir keh­ren zu unse­rem Lan­dungs­boot zurück und tre­ten den Rück­zug an.

Pinguin beim Brüten

Die Tour hat sich gelohnt auch wenn ich ger­ne etwas mehr Zeit auf der Insel gehabt hät­te. Auf der Rück­fahrt döse ich auf einem der beque­men Ses­seln ein. Es ist schön warm. Eine Durch­sa­ge lässt mich auf­schre­cken. Zuerst auf Spa­nisch und man sieht die Hälf­te des Boo­tes auf­sprin­gen. Erst mit der eng­li­schen Durch­sa­ge springt der Rest der Leu­te auf und rennt aus der Kabi­ne an die Reh­ling. Es wird gedrückt und gescho­ben. Jeder möch­te so weit wie mög­lich vor­ne sein, um den gesich­te­ten Wal zu sehen. Die­ser ent­schei­det sich aber ‚auf der ande­ren Boot­sei­te auf­zu­tau­chen und so ren­nen alle mit gezück­ten Foto­ap­pa­ra­ten auf die ande­re Sei­te. Unser Kahn stoppt und dreht eine Ehren­run­de. Auch der Wal, wenn auch unge­wöhn­lich für die­se Jah­res­zeit, lässt sich noch­mal für die Kame­ras bli­cken.

Wal

Mit zwei groß­ar­ti­gen Höhe­punk­ten endet unse­re ers­te Etap­pe der »Expe­di­ti­on 6000+« in Pata­go­ni­en. Wir keh­ren ins Hos­tel zurück und besie­geln den Abend mit einer Fla­sche Wein. So lässt es sich schön rei­sen!

Expedition 6000+

Die­ser Arti­kel ist Teil mei­ner Serie „Expe­di­ti­on 6000+. Sie führt zwei Mona­te durch die schöns­ten Wan­der­re­gio­nen Süd­ame­ri­kas von Pata­gio­nen, Boli­vi­en bis zum höchs­ten Punkt der Rei­se, dem Acon­ca­gua in Argen­ti­nen. Fol­ge der Rei­se und genie­ße die wei­ten Land­schaf­ten, hohe Ber­ge und die abwechs­lungs­rei­che Kul­tu­ren Süd­ame­ri­kas.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert