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»It is really difficult to describe in words how Muhammad and Mila made us feel«, lesen wir in den ausschließlich positiven Bewertungen unserer Couchsurfing-Gastgeber in Yazd. Wir sind freudig gespannt, als wir nach einer langen Anreise aus Kashan endlich am vereinbarten Treffpunkt stehen. Das Wetter ist gut und erwartungsvoll schauen wir in jedes der vorbeifahrenden Autos. Ist das vielleicht Muhammad? – Keine Reaktion auf unseren freudigen Blick. - Na, dann bestimmt im nächsten Auto…
Nach gut zehn Minuten Warten steigt dann wirklich Muhammad aus einem der Autos und kommt gleich auf uns zu, um uns zu begrüßen. Super, das war ja einfach! Nachdem wir unsere Rucksäcke verstaut haben, geht die Fahrt los. Bereits wenige Minuten später kommen wir bei einer neu wirkenden Wohnsiedlung an. Etwas außerhalb von Yazd, aber »no problem«, wie uns Muhammad versichert. Mit dem Aufzug geht es in den sechsten Stock und dann stehen wir auch schon in der Wohnung. Muhammads Frau Mila begrüßt uns sehr herzlich und bittet uns zu Tisch. Es gibt Kekse, Süßigkeiten und natürlich Tee. Interessiert schauen wir uns um. Die Wohnung der beiden ist sauber, stilvoll eingerichtet und überraschend groß. Unsere erste wirkliche Couchsurfing-Erfahrung im Iran scheint ein voller Erfolg zu werden!
Muhammad und Mila sind nett und interessiert. Wir unterhalten uns über unseren bisherigen Reiseverlauf und frühere Couchsurfing-Besucher der beiden. Muhammad fragt uns, ob wir aus Süd- oder Norddeutschland kommen. Ein Arbeitskollege hat ihn davor gewarnt, Besucher aus Norddeutschland zu empfangen. Weshalb, kann er uns auch nicht genau sagen, aber da haben sie mit uns ja Glück gehabt, meint er. Wie wir erfahren, haben die beiden erst vor einem halben Jahr geheiratet. Kinder haben sie noch keine, dafür aber eine süße verspielte Katze. Genial, ich liebe Katzen! Hätten wir es besser treffen können?
Nachdem wir uns eine Stunde lang unterhalten haben, verkündet Muhammad, dass die beiden nun ihre Eltern besuchen werden. Kurz überlegen wir, ob das als Einladung zu verstehen ist, aber schnell wird klar, dass sie uns stattdessen in der Stadt absetzen wollen, um uns einige Stunden später wieder einzusammeln. Ihr Angebot ist sicher nett gemeint, aber nachdem wir heute erst angereist sind und seit dem späten Vormittag in der Stadt waren, fragen wir, ob wir in ihrer Wohnung warten dürfen. „Aber nur, falls es wirklich okay ist!«, fügen wir hinzu. Die beiden wirken überrascht, stimmen dann aber zu. Perfekt!
Die kommenden Stunden nutzen wir zum Relaxen auf dem Sofa beziehungsweise zum Blog-Schreiben, was in den letzten Tagen und Wochen ohnehin zu kurz gekommen ist. Nachdem auch die Katze bespaßt wurde, kochen wir uns ein einfaches, aber leckeres Abendessen. Die Zutaten dafür haben wir im kleinen Supermarkt um die Ecke eingekauft. Wir fühlen uns richtig wohl und freuen uns einmal mehr, dass wir uns in Yazd nicht für ein anonymes Hotel, sondern für Couchsurfing entschieden haben.
Als wir gerade mit dem Abwasch und Putzen der Küche fertig sind, hören wir das Türschloss knacken. Muhammad und Mila sind zurück gekommen, eine Stunde früher als angekündigt. Wie schön, dann können wir uns ja noch ein bisschen unterhalten! Doch als wir in ihre Gesichter blicken, ist uns sofort klar, dass irgendetwas nicht stimmt. Ihre Minen sind wie versteinert. Wo vorhin ein Lächeln war, ist nun Ernst, ja vielleicht sogar Verärgerung zu erkennen.
Wir begrüßen die beiden und fragen, wie ihr Abend gelaufen ist. »It was good, same as always«, erhalten wir die ebenso knappe wie nichtssagende Antwort. Was wohl passiert sein mag? Abwartend nehmen wir auf dem Sofa Platz. Muhammad und Mila laden ihre Sachen ab, ein paar Lebensmittel haben sie unterwegs eingekauft. Statt sich wie vorhin auf Englisch zu unterhalten, sprechen sie nun untereinander farsi. Wir verstehen nicht, worum es geht. Zu streiten scheinen sie sich nicht. Schließlich schneiden sie eine Wassermelone auf und setzen sich an den Küchentisch, um zu essen. Uns würdigen sie dabei keines Blickes.
Natürlich haben wir bemerkt, dass sich etwas verändert hat. Waren unsere Gastgeber am Nachmittag offen und herzlich, wirken sie nun kalt und distanziert. Haben wir etwas falsch gemacht? Vielleicht war es doch nicht okay, dass wir alleine in ihrer Wohnung geblieben sind? Plötzlich steht Mila auf und geht ohne ein Wort zu sagen an uns vorbei ins Schlafzimmer. Auch Muhammad beendet sein Abendessen und räumt das benutze Geschirr in die Spüle. Die angespannte Stimmung ist fast greifbar, unsere ursprüngliche Freude über die schöne Unterkunft ist endgültig dahin. „So können wir doch jetzt nicht schlafen gehen!«, denke ich mir. Ich frage Muhammad geradeheraus, ob wir etwas falsch gemacht haben. Falls ja, tut es uns Leid. In Deutschland wäre es okay, wenn Besucher auch ohne Aufsicht in der Wohnung bleiben. Doch Muhammad winkt ab. »Mila just doesn’t feel good today. Everything is okay!«, versichert er uns. Doch das ist es ganz offensichtlich nicht…
Nachdem wir insgesamt drei Mal nachgefragt haben, ob auch wirklich alles okay ist, machen wir uns bettfertig und gehen in unser Zimmer. Im Bauch haben wir, neben dem Abendessen, ein sehr ungutes Gefühl. Noch lange liegen wir wach und grübeln, was unsere Gastgeber wohl so verstimmt haben mag. Wir überlegen, ob wir am nächsten Morgen einfach unsere Sachen packen und in ein Hotel umziehen sollen. Doch am Ende beschließen wir, der Situation noch eine Chance zu geben.
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Der nächste Morgen beginnt für uns früh, sehr früh. Bereits um 6.30 Uhr klingelt der Wecker. Muhammad und Mila gehen zur Arbeit und dieses Mal müssen wir mit den beiden das Haus verlassen. Als wir aus dem Badezimmer kommen, ist Muhammad bereits gegangen. Gegrüßt hat er uns nicht. Um kurz nach 7 Uhr drängt Mila zur Eile. Sie will los ins Büro, obwohl als Abmarschzeit tags zuvor 7:30 Uhr ausgegeben wurde. Hektisch verstauen wir Kamera, Sonnencreme & Co. in unserem Rucksack, um anschließend müde und mit leerem Magen die Wohnung zu verlassen.
Mila will uns auf dem Weg zum Büro in der Stadt absetzen. Unterwegs fragen wir sie, ob sie sich heute besser fühlt. Das tut sie offensichtlich, denn als ob nichts gewesen wäre, erzählt sie uns mit bester Laune, dass heute ihr Geburtstag sei. Wir erfahren, dass sie 25 geworden ist und wir abends zusammen mit Freunden feiern werden. Seltsam, wundern wir uns, ist jetzt wirklich alles wieder okay?
Wir verbringen einen schönen, aber langen Tag in der Stadt. Da wir zur Geburtstagsfeier nicht mit leeren Händen erscheinen wollen, fragen wir bei einem Touranbieter nach typischen Geburtstagsgeschenken im Iran. Ein schönes Kopftuch ist immer gut, erfahren wir. Aber auch kleine Goldstücke werden gerne an gute Freunde verschenkt. Wie bitte? Goldstücke?? Nach der bisherigen Erfahrung mit den beiden, wollen wir beim besten Willen kein Goldstück verschenken! Aber einen neuen Spitznamen haben die beiden „Goldstücke« ab diesem Moment weg 😉
Die abendliche Geburtstagsfeier im Café verläuft überraschend gut, vor allem deswegen, da ein befreundetes Paar der beiden überaus nett und einfach „normal« ist. Wir unterhalten uns prächtig und haben das Gefühl, dass es Muhammad und Mila gar nicht passt, dass wir uns so gut mit ihren Freunden verstehen. Spät liegen wir im Bett und da am kommenden Tag gearbeitet wird, bedeutet das für uns erneut eine sehr kurze Nacht.
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Zum Glück haben wir für heute einen Tagesausflug zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten außerhalb Yazds gebucht, weshalb die morgendliche Müdigkeit schnell vergessen ist. Zusammen mit einem sehr netten Fahrer und einem niederländischen Ehepaar geht es zum verlassenen Lehmziegeldorf Kharanaq, zum Chak Chak, dem heiligsten Bergtempel der Zoroastrier, und am Ende nach Meybod.
Als wir nach dem sehr schönen, aber auch anstrengenden Ausflug wieder in der Stadt sind, möchten wir am liebsten zurück in die Wohnung. Doch Muhammad ist per Anruf nicht zu erreichen und auch über Whatsapp antwortet er nicht. So bleibt uns nichts anderes übrig, als bei einem frischen Fruchtsaft in einem Restaurant auszuharren.
Zwei Stunden später meldet sich Muhammad dann doch. Die beiden haben einen entspannten Mittagsschlaf gemacht und unseren Anruf daher nicht gehört (wie schön für die beiden…). Mittlerweile ist es bereits 19 Uhr und wir somit seit zwölf Stunden auf den Beinen. Wir fragen, ob wir nun mit dem Taxi in die Wohnung fahren können. Leider nein. Die beiden werden in die Stadt kommen, um Besorgungen zu erledigen. Bei dieser Gelegenheit können sie uns einsammeln. Also warten wir noch einmal eine Stunde, bis wir sie endlich treffen.
Ich hoffe, dass sie ihre Besorgungen bereits gemacht haben. Doch weit gefehlt. Geschlagene 2,5 Stunden gondeln sie mit uns durch verstopfte Straßen, brauchen eine gefühlte Ewigkeit, um ein Buch umzutauschen, suchen ein Elektronik-Geschäft, kaufen dort am Ende doch nichts und holen zu guter Letzt noch eine Torte für die Kollegen ab. Meine Laune ist endgültig im Eimer. Um halb elf kommen wir endlich in ihrer Wohnung an – obwohl wir noch nicht einmal zu Abend gegessen haben, will ich einfach nur ins Bett…
Als wir am nächsten Morgen im Bus Richtung Schiraz sitzen, sind wir todmüde und haben immer noch das ungutes Gefühl der vergangenen Tage im Bauch. Erst nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen haben und uns klar wird, dass wir nun nicht mehr auf Muhammad und Mila angewiesen sind, macht sich Erleichterung breit. Haben wir Couchsurfing bislang immer genossen, so war dies unsere erste negative Erfahrung. Hier würden wir nicht noch einmal unterkommen, geben wir bei der Bewertung unseres Aufenthalts an. Obwohl es zwischen uns ganz offensichtlich nicht harmoniert hat, erhalten wir von Muhammad und Mila eine 1A-Bewertung, so als ob wir beste Freunde geworden wären. Unsere „Goldstücke«, wir werden sie nicht vermissen…
Anmerkung: Die Namen unserer Gastgeber haben wir geändert.
Antworten
Hey Leo & Sebastian,
danke für den Beitrag. Ich musste beim Lesen eures Beitrages direkt an einen meiner Couchsurfing Hosts im Iran denken. Ich hatte ein ähnliches Erlebnis, obwohl diese sehr gute Bewertungen hatten. Im Nachhinein sind mir dann aber erst die versteckten Hinweise in den Bewertungen aufgefallen. Ich habe dann selbst eine positive Bewertung abgegeben, aber mit einem sehr direkten Hinweis. Es ist schade, dass es bei Couchsurfing nicht mehr die neutrale Bewertung gibt. Das würde einiges einfacher machen.Viele Grüße,
JulianHey Julian,
cool, dass du unterwegs auch Couchsurfing machst. Bei uns ist es zum Glück bei dieser einen weniger schönen Couchsurfing-Erfahrung geblieben. Wir sind immer noch unterwegs und nach wie vor begeisterte Couchsurfer. Die allermeisten Gastgeber sind einfach nur super und mit vielen bleiben wir auch nach unserem Besuch in Kontakt.
Viele Grüße aus Costa Rica,
Leo & Sebastian
Wow, was für ein faszinierender Blog. Wir sind sehr gerne auf eurer Seite und holen uns Ideen wohin wir noch reisen können. Wir wollten uns nur einmal bedanken dafür, das ihr euch so viel Arbeit macht.
Danke!!!!
Herzliche Grüße
Heiko
Hallo Heiko,
wir freuen uns, dass Dir unsere Geschichte aus Yazd gefällt! Schau doch mal bei http://www.eins2frei.com vorbei, da gibt es alle unsere Berichte aus dem Iran und von unserer Reise.
Liebe Grüße,
Sebastian & Leo
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