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Viele Abende sassen Daniel und ich schon an unserem Esstisch. Haben unsere Gedanken schweifen lassen. Über unsere Reise. Über Elternzeit. Über uns. Was auf dieser Reise wohl mit uns passiert. Als Familie. Als Individuum. Teils waren wir freudig. Teils ängstlich. Teils voller Respekt. Teils voller Euphorie. Aber immer mit einem Funkeln in den Augen. Jeder Menge Vorfreude im Herzen. Und einem Urgefühl an Vertrauen, dass schon alles gut gehen wird. Man muss es einfach ausprobieren. Unsere Elternzeit.
In nur einem Jahr soll es los gehen. Unser Abendteuer. Unsere Elternzeit. 1 Jahr Südamerika.
Wirklich erst in einem Jahr? Eigentlich hat es schon längst begonnen. Unser Abenteuer. Gedanken, und Gefühle die wir in Verbindung mit unserer Reise haben fangen an uns zu verändern. Auch diese Veränderungen wollen wir mit euch teilen. Hochs und Tiefs, Freuden und schönen Gedanken aber auch Zweifel und Sorgen, die wir als Familie erleben während der Zeit unserer Reiseplanung.
Vor allem dominiert gerade eine Thema unsere Gedanken. Ein Thema, dass uns nicht mehr los lässt:
Wie viele materielle Dinge benötigen wir denn tatsächlich auf Reisen? Eines ist bereits klar, wir werden unseren Besitz reduzieren müssen. Und überhaupt: Wie viele Dinge benötigt man im Leben, um glücklich zu sein? Was ist uns wirklich wichtig?
Dazu möchte ich hier ein paar Gedanken teilen. Gedanken, die tief aus meinem Herzen sprechen und etwas in unserer Vergangenheit wühlen.
Wir kommen beide aus einem eher wohlhabenden Elternhaus. Zuneigung wurde in Form von eben diesen materiellen Dingen ausgedrückt. Jedes Jahr stapelte sich eine neue Skiausrüstung zum Baseballschläger, dem Einrad, den Inlineskates, dem Paddelboot, dem Surfbrett und dem anderen Freizeitequipment. Unsere Kleiderschränke waren bis unter die Decke voll gestopft mit Markenklamotten. Mit 16 stand der Roller vor der Tür, mit 18 das Auto. Uns fehlte es an nichts. Meinte man. Vor allem unsere Väter.
Das gekaufte Glück über diese unzähligen Geschenke hielt meist nur für kurz. Vieles landete in einer Ecke, dem Keller oder wurde einfach verschenkt.
Mein Vater konnte es nicht verstehen, warum ich trotz all seiner Grosszügigkeit oft unglücklich war. Ich hatte doch alles. Ja. Das stimmt. Ich hatte die neuste Levi`s und die teuersten Skier. Aber ich hatte etwas ganz Entscheidendes nicht. Meinen Vater. Er verbrachte wenig Zeit mit mir. Arbeitete unter der Woche in einer anderen Stadt, und am Wochenende pflegte er unseren Garten und das Haus. Zeit war es, die mir fehlte. Gemeinsame Zeit mit meinem Vater. Meine Mutter verlor ich leider als ich 4 Jahren alt war. Aber das ist eine andere Geschichte.
Bevor unsere erste Tochter zur Welt kam, haben Daniel und ich ebenfalls viel Geld in materielle Dinge investiert. Im Keller stapelten sich – wie in unserer Kindheit – die unterschiedlichen Freizeitgegenstände. Gegenstände, die eher den Staub als die Natur sahen. Wir hatten nämlich keine Zeit. Keine Zeit für uns. Für unsere Partnerschaft, für unsere Freunde, für unsere Familien.
Wir arbeiteten. Viel. Sehr viel. Beide in Werbe- und Designagentur in München. Tag und Nacht. Oft auch am Wochenende. Wir realisierten nicht die Spirale, deren Sog uns nicht mehr los liess.
Erst die Schwangerschaft mit unserer ersten Tochter riss uns aus dieser Endlosschleife. Ich weiss noch genau, wie ich heulend vor meinem Mann stand, in der einen Hand den positiven Schwangerschaftstest, und in der anderen Hand ein Bündel Geld. Ich war Tod unglücklich, mir meine heiss ersehnte neue Skiausrüstung jetzt nicht mehr kaufen zu können, und stammelte unter Tränen irgend etwas wie: «Hier, nimm das Geld, jetzt kannst du davon einen Kinderwagen kaufen…!» Daniel sperrte sich erstmal in der Küche ein um das auf sich wirken zu lassen…
Anfangs dachte ich noch, ich könnte weiter machen wie davor. Aber unser ungeborenes Baby zeigte mir sehr deutlich, dass dieses Leben, gespickt von teuren, schönen Gegenständen, Arbeitsstress und einem dauerhaften Mangel an Zeit endgültig vorbei sein muss.
Unser Baby. Sehr abrupt war ich auf einmal Mama. Und irgendwie auch nicht. Mit nur 1900 Gramm kämpfte sie sich auf der Frühchenstation ins Leben. Es war schrecklich, dieses kleine hilflose Wesen, umgeben von Kabeln und piepsenden Monitoren. Stunde für Stunde sassen wir bei ihr. Starrten in den Brutkasten. Abertausende Gedanken schossen uns durch den Kopf. Ein Wechselbad der Gefühle. Vor allem auch Schuldgefühle. Wie konnten wir so egoistisch sein und nur an Beruf, Karriere und Kaufwahn denken. Ohne Rücksicht auf das kleine Wesen, dass ich unter meinem Herzen trug?
Das erste Lebensjahr unserer Tochter hat uns viel gelernt. Wir wohnten auf einem kleinen Bauernhof in einer 30qm Wohnung mit Kochnische. Etwas abseits der Stadt auf einem Berg. Es war einsam. Sehr einsam. Und Still. Um uns herum Schafe und Berge. Und ein kleines Baby, dass viel Zeit brauchte. Zeit um in dieser Welt an zu kommen. Zeit zum Aufholen von all den wichtigen Wochen, die es nicht mehr in meinem Bauch sein konnte. Zeit um ins Leben zu starten. Und wir wollten ihr diese Zeit geben. Bei ihr sein. Sie stützen und lieben. Von ganzem Herzen.
Wir fingen so langsam an zu verstehen, was uns glücklich macht.
Dank unserer bescheidenen Behausung konnten wir nur wenige der Baby-Produkte kaufen, die die Werbung, oder andere Eltern versuchten uns schmackhaft zu machen. «Ihr braucht das unbedingt. Ohne das geht es gar nicht…!»
Und ob! Unser Baby hat trotz fehlendem Lauflernwagen, Klotrainer, elektrischer Wippe und Bugaboo überlebt.
Liebe, Zuneigung, Rücksicht, Verständnis. Und jede Menge Zeit. Für kein Geld der Welt zu kaufen. Aber genau das waren die entscheidenden «Dinge», die uns als Familie zusammengeschweißt haben.
Wir waren oft erschöpft aber wir waren glücklich. In einer 30qm Wohnung. Umringt von Schafen. Frei von überflüssigem Besitz. Frei von verstaubten Dingen die diese Welt nicht braucht. Frei im Kopf.
Endlich hatten wir es verstanden! Glück kann man nicht kaufen!
Aber warum wühle ich so in der Vergangenheit, wenn es doch darum geht von unseren Reisevorbereitungen zu erzählen?
Weil wir eines Abends uns selber gefragt haben, warum der Wunsch nach einer solchen Reise und Auszeit so gross ist. Warum wir uns entschlossen haben, unsere Wohn- und Staufläche von 100 qm Wohnung auf 8 qm Bus (→ unser SpaceCamper) zu reduzieren. Uns von vielen materiellen Dingen zu trennen. Was erstmal Verlust und Ungewissheit bedeutet. Aber auf der anderen Seite ein ganz grosser Gewinn ist. Der Gewinn der gemeinsamen Zeit. Der gemeinsamen Erlebnisse und Abenteuer. Wertvolle Elternzeit für unsere Familie, die uns niemand mehr nehmen kann.
Glück ist für uns Zeit mit der Familie zu verbringen!
Klar brauchen wir gewisse materielle Dinge, um unser Leben, unseren Alltag und unsere Reise zu organisieren. Ganz ohne Konsum funktioniert diese Welt einfach nicht. Wir versuchen seit einiger Zeit aber sehr bewusst, nachhaltig und reflektiert zu konsumieren. Wie das genau aussieht, erzähle ich euch gerne in einem weiteren Blogpost. Es gibt noch so viel zu entdecken!
Vielleicht hattest du auch schon ähnliche Gedanken über die Elternzeit? Ähnliche Bedürfnisse? Sehnsüchte, die dazu drängen in die Realität umgesetzt zu werden? Wir würden uns freuen darüber zu erfahren. Oder vielleicht willst du uns deine Meinung zu unseren Gedanken mitteilen? Dann schreib uns doch einfach, oder hinterlasse einen Kommentar. Wir sind über einen Austausch jeglicher Art dankbar!
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Antworten
Wow. Eine atemberaubende Verschlankung, die ihr eurem Leben da verpasst. Nur das Nötigste. Ein vulgärer T5. Und genug Knete um damit ein Jahr lang ohne Geldverdienen durch Lateinamerika zu tuckern. Wenn ihr die Luft aus euren breiten Reifen mit Alufelgen rauslasst, könntet ihr vielleicht tatsächlich auf Augenhöhe mit den Locals kommen. Aber ohne Luft im Reifen wird das Fahren ›abseits der Touristenpfade‹ etwas schwierig. Leute, steht dazu: ihr seid wohlhabend, könnt euch einen langen urlaub leisten. Aber back to basic seid ihr deswegen noch lange nicht.
Hallo Marlene,
Wir danken dir für deine klaren Worte. Es gibt viele Arten zu Leben, viele Arten zu Denken, viele Arten zu Reisen. Neid, Missgunst und Argwohn sind für uns hier fehl am Platz. Jeder sollte die Freiheit besitzen, Träume zu haben und Träume zu leben. Toleranz, Respekt und die Rücksichtnahme, nicht voreilig zu urteilen gefallen uns dabei schon viel besser.
Falls du für uns noch weitere Vorschläge hast, wie wir weiterhin den Locals auf Augenhöhe begegnen könne, freuen wir uns von dir zu lesen.
Danke für diesen eindrücklichen Blick in eure Gedankenwelt. Ich verstehe euch so gut! Gerade wenn es um Kinder (und insbesondere Babies) geht, ist das mit dem Konsum noch extremer, finde ich. Natürlich wollen alle nur das Beste für ihre Kinder und schwupps ist die Bereitschaft (viel) Geld auszugeben riiiiiiesig. Es wird ja von allen Seiten suggeriert, was man alles unbedingt braucht, damit es dem Nachwuchs auch ja gut geht. Wir haben einen großen Teil des ersten Lebensjahres unserer Tochter in 8 rollenden Quadratmetern gelebt und hatten auch sehr viele der vermeintlich unverzichtbaren Baby-Accessoires nicht. Wir haben kaum Spielzeug eingepackt und unsere Tochter war absolut glücklich und zufrieden mit dem, was es rings um unseren Bus zu entdecken gab, wenn wir alle paar Tage ein Stückchen weiter gefahren sind. Und wir hatten viel viel Zeit miteinander und gemeinsam Dinge erlebt, die uns ein Leben lang bleiben werden. Ich wünsche euch noch viele schöne Reisemomente und lese weiter gerne im Blog mit 🙂
Liebe Julia, die Gedanken sprudeln manchmal einfach so aus einem heraus. Natürlich haben wir uns lange über diesen, und auch andere Artikel unterhalten, da sie sehr persönlich sind. Hatten Bedenken, ob es das Richtige ist, sie zu veröffentlichen. Für uns mittlerweile ganz klar: Ja! Das Internet ist voll von schillernden Reiseberichten, die das Schöne, oder vermeintlich »Schöne« in den Vordergrund stellen, und nie von den schwierigen Zeiten und Gedanken berichten. Aber so ist das Leben. Mit all seinen Höhen und Tiefen! Bei eurer Reise mit dem VW-Bus und Kleinkind gab es bestimmt ab und zu auch Situationen, wo man sich am liebsten Augen und Ohren gleichzeitig zuhält, und leise in seinem Kopf ein beruhigendes Liedchen trällert 🙂
Finde ich übrigens super, dass ihr so etwas gemacht habt! Mit den ganzen Materiellen Dingen kann ich dir nur zustimmen. Unserer Jüngsten geht es ähnlich wie eurer Tochter damals.Der Bus und die spannende Umgebung um den Bus sind perfekte Abenteuer-Spielplätze.
Liebe Grüsse aus Argentinien
Tina
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