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Die Inseln der Fischzungen

Bis zu 1.200 m sind sie hoch und im Win­ter bei Sturm oft von stür­mi­scher See umbran­det. Alles ist mit Schnee bestäubt. Und von Son­nen­licht über­flu­tet. An Land spie­geln sich die Berg­mas­sive in den Fjor­den, sind auf den Kopf gestellt und neh­men im oft kari­bik-tür­kis­far­be­nen, durch­sich­ti­gen Was­ser kein Ende. Das dra­ma­ti­sche Bild der Lofo­ten mit schrof­fen, unge­wöhn­lich geform­ten Fel­sen, wei­ten und ein­sa­men Tälern, Berg­seen und idyl­li­schen Fisch­er­ört­chen lockt inzwi­schen jede Menge Besu­cher im Jahr an, davon die meis­ten wohl Foto­gra­fen und Film­leute. Trotz­dem war die ange­trof­fene Anzahl die­ses Mal doch sehr über­schau­bar und erträg­lich. Eine ein­zige Straße von oben bis unten nach Ä (das ist echt ein Orts­name!!): Die E10 – etwa 180 km lang. Plus viele kleine Zusatz­sträß­chen in die Land­schaf­ten und Fjorde hin­ein. Alles prima ausgeschildert.


So fühlt es sich jeden­falls für uns an, als Andreas K. (unser Freund aus Neu­zelle) und wir Anfang März 2019 zwecks Foto­gra­fie­ren und Video­dre­hen die sagen­um­wo­be­nen Inseln besu­chen. Geflo­gen sind wir übri­gens von Fried­richs­ha­fen über Frank­furt (35 min.) direkt nach Tromso (3 ¼ Stun­den), das liegt noch höher im Nor­den. Eine gute Flug­ver­bin­dung und gar nicht so teuer wie ursprüng­lich gedacht. Dort vorab einen mit Spikes­rei­fen gespick­ten Alfa Romeo mit 4‑Radantrieb gemie­tet und in 9 Stun­den wie­der in Rich­tung Süden gefah­ren, um dann unse­ren Bestim­mungs­ort Leknes im süd­li­chen Teil der Lofo­ten zu erreichen. 

Gerade mal 24.000 Men­schen trot­zen übri­gens auf den Inseln von Aus­t­va­göy im Nor­den bis Röst im Süden dem Polar­win­ter. Dank des Golf­stroms sinkt die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur aber nicht unter ‑1°C und die Häfen blei­ben meist eis­frei. Nachts wird es doch emp­find­lich kalt, vor allem, wenn Wind geht. Also sehr warme Kla­mot­ten im Zwie­bel­look mit­neh­men, super­di­cke Hand­schuhe und beste, gefüt­terte, noch dickere Win­ter­stie­fel plus ohren­dichte Mütze. Schnee gab es in unse­ren 12 Tagen in Hülle und Fülle – 2 m oder mehr keine Sel­ten­heit. Und den einen oder ande­ren sehr hef­ti­gen Schnee­sturm. Aber alles Dank der tro­cke­nen Kälte feder­leicht und knar­rig wie Puder­zu­cker­staub. Nir­gends Schnee­matsch. Die Stra­ßen (inkl. die E10) haben fast über­all eine fest­ge­fah­rene Schnee-/Eis­de­cke von etwa 2 bis 3 cm Dicke mit merk­wür­di­gen Rif­feln drauf. Knall­hart, aber nicht zu unter­schät­zen. Auf­pas­sen musste man auch auf die sehr schnell fah­ren­den, brei­ten und über­all ein­satz­be­rei­ten Schnee­räum-LKW! Also min­des­tens gescheite Win­ter­rei­fen, am Bes­ten wie gesagt mit den in Deutsch­land ver­bo­te­nen Spikes. Dann fährt es sich prima auf die­sem Belag.

Und noch eines ist uns als „ganz beson­ders posi­tiv“ auf­ge­fal­len in Nor­we­gen: Jeder Auto­fah­rer, wirk­lich jeder, auch Auto­bus- und LKW-Fah­rer hält an, wenn Du Anstal­ten machst, über eine Straße gehen zu wol­len. Mit einem Lächeln im Gesicht, nicht etwa grum­me­lig oder stirn­run­zelnd. Welch Vor­bil­der für die rest­li­che Welt!

DIE KLEINEN EISWUNDER

Es gibt sie bestimmt nur im Win­ter. Und man sieht sie oft beim Auto­fah­ren, wenn man auf die Fjord­ufer blickt. Aber auch mit­ten in ein­sa­men Gegen­den an Berg­seen kann man sie antref­fen, wenn man zu Fuß an den Rand des Was­sers läuft. Kleine foto­gene Din­ger. Es knackt und knarzt in ihrer Nähe, wenn die Sonne scheint. Und irgend­et­was scheint sich dau­ernd zu bewe­gen bei ihnen oder bes­ser gesagt an ihnen. Sie haben kei­nen Namen. Aber wir haben ihnen Namen gege­ben: Was hal­tet Ihr von „Auf­plat­zen­den Dino­ei­ern“? Oder gar von „Explo­die­ren­den Mini-Eisvulkanen“? 

Geheim­nis gelüf­tet: Wir spre­chen von den, im eisi­gen Was­ser der Fjorde an deren Ufer lie­gen­den, schwar­zen oder dun­kel­brau­nen Stei­nen. Was, das soll es jetzt sein?!! Nein, da kommt noch etwas Ent­schei­den­des dazu. Näm­lich Was­ser. Gefro­re­nes Was­ser. Der kleine Fel­sen oder Stein wird stän­dig von Was­ser per Welle umspült. Ist es kalt genug drau­ßen, bil­det sich so lang­sam aber sicher eine dünne, dann immer dickere Eis­hülle oder ‑kruste drum herum. Bis er völ­lig ein­ge­schlos­sen ist. Viele sol­cher Gebilde zusam­men sehen dann am Ufer so aus, dass alle Fel­sen respek­tive Steine wie von einer flüs­si­gen halb­durch­sich­ti­gen, grau-wei­ßen Crème über­gos­sen wur­den. Irgend­wie ganz weich. So weit so gut. Scheint dann spä­ter die wär­mende Sonne dar­auf, plat­zen diese Din­ger plötz­lich oben an der Spitze auf. Es knackt und knirscht nun stän­dig. Das Loch im Eis wird immer grö­ßer und man sieht den dunk­len Fel­sen dar­un­ter wie­der. Gleich­zei­tig bricht an deren Seite die „Eis­creme“ wei­ter auf und es bil­den sich kleine durch­sich­tige Eis­plat­ten, die sich wie schüt­zend gegen den Stein leh­nen. In der Wärme bewe­gen sie sich schein­bar, da sie ja wei­ter schmel­zen. Man­che kip­pen um, man­che ver­schie­ben sich gegen­ein­an­der. Das Dinoei öff­net sich nun voll­stän­dig. Der Eis­vul­kan steht kurz vor der Erup­tion. Schaut sie Euch an auf den Fotos. Total wit­zig. Das nächste Mal müsste man ein­mal ein Timel­apse-Video von einem sol­chen Aus­bruch machen, oder?!

Gleich­zei­tig kön­nen auf den halb zuge­fro­re­nen Fjord­ufer­pas­sa­gen kleine Eis­ge­bilde ent­ste­hen durch die stän­dige Bewe­gung des unter der dün­nen Eis­schicht nicht gefro­re­nen Was­sers. Teil­weise wird das Eis oder kleine Eis­plätt­chen an der Ober­flä­che zusam­men­ge­scho­ben. Und dann sehen sie wie von Wun­der- bzw. von Künst­ler­hand geschaf­fene, Hun­derte von klei­nen Segel­schif­fen in einem Eis­meer aus. Wun­der­schön zu foto­gra­fie­ren im Gegen­licht der Sonne.

Wir spre­chen immer noch in den höchs­ten Tönen von allen die­sen Pas­tell­far­ben am Abend und am Mor­gen. Wir lie­ben das. Zart­hell­blau, leicht apri­kot­far­ben, hell­weiss, leich­tes grau, rosa in allen Vari­an­ten, teil­weise sogar blass­vio­lett, gelb­lich. Der Wahn­sinn! Schön abge­bil­det (natür­lich) am Him­mel, aber ins­be­son­dere auch wider­ge­spie­gelt in still­ste­hen­den Gewäs­sern der Fjorde und Berg­seen und an den schnee­be­stäub­ten Hän­gen der Traum­berge. Vor und kurz nach Son­nen­auf­gang ganz früh mor­gens oder abends wäh­rend des Son­nen­un­ter­gangs. Sie foto­gra­fisch gescheit zu erfas­sen, is not so easy. Da haben wir noch nicht alles aus­pro­biert, der nächste Besuch war­tet förm­lich darauf.

Zum Ende die­ses Blog­ab­schnitts noch ein klei­ner Rat­schlag für alle Foto­gra­fen und Foto­gra­fin­nen, die es noch nicht wis­sen: Auf den Lofo­ten, die ja am Nord­meer lie­gen, stets recht­zei­tig auf Ebbe und Flut ach­ten bei Deiner/Eurer Foto­pla­nung. Und unbe­dingt: Droh­nen­fo­tos oder ‑videos sind von uns strengs­tens empfohlen.

FISCHERDÖRFCHEN UND ÄHNLICHES VOM FEINSTEN

Da sind sie, unsere Lofo­ten-Loca­ti­ons-Favo­ri­ten, und wir glau­ben, wir sind damit ganz und gar nicht alleine: Reine, Ham­noy und Sakri­soy (mit Schief­zahn­fel­sen, dem „M“ und einem beide Arme aus­brei­ten­den Schutz­geist), Hen­nings­vaer mit Fuß­ball­platz und Leucht­turm. Die ein­same Bucht von Ytter­sand, die Gim­soy-Halb­in­sel mit berühm­ter wei­ßer Kir­che, die Strände Myr­land & Stor­sand­nes, der bekannte Hauk­land und der Skags­an­den Beach – jeweils mit gro­ßen schwar­zen Fel­sen am Ufer. Perfekt!!

Eigent­lich woll­ten wir uns aus gege­be­nem Anlass an die­ser Stelle ein wenig über diese echt süßen Lofo­ten-Dörf­chen und Traum-Spots aus­las­sen. Aber ent­ge­gen unse­rem Text­plan machen wir das nun doch nicht. Denn vor kur­zem haben zwei aner­kannte, sehr bekannte und erfah­rene Rei­se­blog­ge­rin­nen über diese The­men einen Super-Blog geschrie­ben. Und auf den möch­ten wir Dich/Euch gerne ver­wei­sen, denn Wie­der­ho­lun­gen sind lang­wei­lig. Alles, was dort geschrie­ben steht, tei­len auch wir unein­ge­schränkt. Die Rei­se­blog-Web­seite heißt „Good Mor­ning World“. Der Bei­trag mit dem Titel „Lofo­ten Urlaub – die schöns­ten Spots auf der Insel­gruppe am Polar­kreis“ (+ wei­tere Tipps) ist hier zu fin­den: https://goodmorningworld.de/lofoten-urlaub. Er ist von Mela­nie und Nina, die nichts davon wis­sen, dass wir sie hier­mit ver­lin­ken und – falls nicht eh schon bekannt – vor­stel­len bzw. emp­feh­len. Wir hof­fen, sie freuen sich ein wenig dar­über. Wir tun es echt gerne. Der Arti­kel ist toll. 

Dann schrei­ben wir also über ein ande­res belieb­tes Thema: Dem Beson­de­ren am lofo­tisch-nor­we­gi­schen Essen und Trin­ken. Hier kommt es nun:
==> Der Bru­nost. Ein nor­we­gi­scher brau­ner Mol­ken­käse, der wie ein über­di­men­sio­na­ler recht­ecki­ger Kara­mell­bon­bon aus­sieht. Übli­cher­weise wird er in dünn geho­bel­ten Schei­ben auf hel­lem Brot oder Knä­cke­brot geges­sen, mit dem süß­li­chen Geschmack har­mo­niert beson­ders Mar­me­lade von roten Früchten.
==> Ech­ter Wal­tran als Medizin
==> Tuborg als (noch) bezahl­ba­res Dosenbier
==> und natür­lich Köt­bullar (geht auch ohne IKEA)
==> Leckere Kuchen und Torten
==> Muf­fins mit knall­oran­ger Cloud­ber­ry­fül­lung (Mol­te­beere, müsste ja eigent­lich Wol­ken­beere hei­ßen, oder?!)

==> Sehr schmack­haf­tes, fri­sches Brot und Knä­cke in vie­len Vari­an­ten zum Frühstück
==> Über­all Smoothies in Mini-Gläs­chen, die auf nor­we­gi­scher sau­rer, geron­ne­ner Milch mit Bee­ren und Obst aus der Sai­son basie­ren (ohne Zucker)
==> Men­gen­weise ver­schie­dene Fisch­sor­ten (kalt und warm) zum Frühstück

Aus­wärts essen gehen in Leknes – für uns ein Erleb­nis in nega­ti­ver Hin­sicht: Es exis­tiert kein Fisch­re­stau­rant mehr. Das letzte ist vor kur­zem lei­der pleite gegan­gen. Der erste Ita­lie­ner („Pep­pes Pizza“) ist so la la (Pizza schmeckt eher lang­wei­lig und fet­tig), beim zwei­ten Ita­lie­ner („Lille Milano“), der eigent­lich ein Kurde ist, gibt es wirk­lich nur einen war­men Sitz­platz – näm­lich direkt unter dem Wand­heiz­ge­rät, ansons­ten ist es dort im März maxi­mal 2 bis 15 Grad „warm“. Ira­ni­sches (wenig gewürz­tes) Essen und Fish & Chips beim Asia Mar­ket Restau­rant mit Musik von Mark Knopf­ler: Ash (Gemü­se­suppe) und Ghorme Szabzi (Lamm Curry) und Chai-Tee (Ach­tung: kein Alko­hol­aus­schank). Sehr nette Wirts­leute. Dann bitte auch nicht zum sog. Kan Thai(länder) gehen. Dort schmeckt es schreck­lich und er ist hyper­teuer. Mehr gibt es – außer ein paar wenige Cafes und eine Bier­kneipe in die­ser 6.000-Seelen-Gemeinde nicht.

All­ge­mein kann man zu den Prei­sen von Essen und Alko­hol auf den Lofo­ten sagen, dass uns das lokale Kos­ten­ge­füge unge­mein an Schwei­zer Ver­hält­nisse erin­nert. Man muss schon ordent­lich was hin­blät­tern. Vor allem auch bei ein­hei­mi­schen Waren. Der welt­be­rühmte geräu­cherte, nor­we­gi­sche Lachs zum Bei­spiel ist eher teu­rer als güns­ti­ger in Deutsch­land. Dafür kann man aber sehr große Kavi­ar­creme­tu­ben erwer­ben, die nur 1,49 Euro kos­ten. Schnaps und Kon­sor­ten kann man getrost ver­ges­sen. In den ver­ein­zelt auf­tre­ten­den mono­pol­ar­ti­gen Alko­hol­ge­schäf­ten (1 pro Ort im Maxi­mum) ist ein­fa­cher, aber trink­ba­rer Wein noch finan­zi­ell trag­bar (10 – 15 Euro die Fla­sche), Bier hält sich preis­lich gut in Gren­zen (als Aus­nahme vom Mono­pol­la­den­prin­zip in allen Super­märk­ten zu kau­fen z.B. 6 x 0,5 l Dosen Tuborg für 14,90 Euro = eine 0,5 l Dose = 2,49 Euro).

MAGISCHE LICHTER AM HIMMEL

Ja, die Polar­lich­ter! Es ist wirk­lich unglaub­lich, sie auf die­ser Welt sehen zu dür­fen. Die Augen leuch­ten trotz eisi­ger Kälte in der Nacht, der Mund bleibt offen­ste­hen. Man bekommt Nacken­starre vom stän­dig nach oben Schauen. Sie bewe­gen sich wie Feen und Geis­ter, wie Schlan­gen und Wel­len. Oder sehen aus wie rie­sige grüne Vor­hänge oder Lich­ter-Regen. Nicht vor­stell­bare For­men und Figu­ren direkt über Dei­nem Kopf. Und alles in tota­ler Stille (wenn kein Wind zu ver­neh­men ist natür­lich). Wir hören aber jetzt auf mit dem Schwär­men, sonst wird es irgend­wie komisch. Man muss sie ein­fach selbst gese­hen und erlebt haben. Fotos und Videos kön­nen diese groß­ar­ti­gen Gefühle und Ein­drü­cke echt nur zum Teil wie­der­ge­ben. Außer­dem ist ja schon soooooooooooooooo viel über die Aurora geschrie­ben wor­den. Des­we­gen sol­len nur unsere Bil­der alleine davon sprechen.

Ach ja, solange es noch nicht so über­lau­fen ist dort, wie z.B. an den Strän­den von Flak­stad und Skags­an­den bei Ram­berg: Ein ande­rer guter Tipp zum Nord­lich­ter-Foto­gra­fie­ren sind auf jeden Fall die in Nord­rich­tung gele­ge­nen Strände mit herr­li­cher Berg­land­schaft dahin­ter, genannt Stor­san­des und Myr­land – mit gro­ßen schwarze Fel­sen im Fjord davor. Und dann auf jeden Fall (unser wirk­li­cher Geheim­tipp!) hier: Von Leknes aus in Rich­tung Nor­den auf der E10, links ab in Rich­tung Eggum. Nach ein paar Kilo­me­tern auf der schma­len Schlän­gel­straße (unge­fähr die Hälfte der Stre­cke bis Eggum) kommt links ein gel­bes Haus und eine Bus­hal­te­stelle. Dort rechts in einen Weg abbie­gen. Wenige Hun­derte Meter bis zum klei­nen Park­platz rechts vor einer Art „Fluss­brü­cke“ hal­ten. Von der bzw. vor die­ser klei­nen Brü­cke in Rich­tung Nord­wes­ten, Nor­den oder Nord­os­ten das Sta­tiv auf­stel­len. Wenn es wind­still ist, gibt es traum­hafte Motive mit den Lich­tern, die sich dort per­fekt im Was­ser spie­geln. Nur ein Haus mit einer Lampe in der unmit­tel­ba­ren Nähe, aber das stört nicht.

DORSCH, KABELJAU & SKREI ODER WAS?

An so einem Ort hängt man gerne herum. So könnte man die fast über­all auf den Lofo­ten anzu­tref­fende Sze­ne­rie auch bezeich­nen. Es riecht (ob die­ses Wort es zutref­fend beschreibt, weiß man manch­mal nicht genau .…) hier näm­lich ganz stark nach Fisch. Und wie! Auf lan­gen, trep­pen­ar­ti­gen Gestel­len aus Holz­pfäh­len hän­gen unzäh­lige Dor­sche und wer­den so zum Stock­fisch. Im Duo, an den Schwän­zen ver­täut, bau­meln sie kopf­über zum Tro­cken in der kal­ten März­luft. Kopf­über? Nicht wirk­lich. Ihre Köpfe haben sie gleich nach dem Fang in einer Fisch­fa­brik verloren. 

Unwill­kür­lich fragt man sich, was wohl aus den vie­len Köp­fen der bis zu ein­ein­halb Meter lan­gen und bis zu 40 kg schwe­ren Fischen gewor­den ist. Ganz oft fin­den wir die Ant­wort gleich in der Nähe. Dort hän­gen Tau­sende von Fisch­köp­fen eben­falls an sol­chen Holz­ge­stel­len zum Trock­nen. Wenn sie dann end­lich ganz durch­ge­trock­net sind und nicht allzu muf­feln, kom­men die Köpfe in große Con­tai­ner nach West­afrika, wo sie die pro­te­in­rei­che Haupt­rolle in der Fisch­suppe spie­len, wel­che die Nige­ria­ner sehr lie­ben. Bei die­ser Art der kuli­na­ri­schen Ver­ar­bei­tung fällt den Afri­ka­nern zum Glück nicht auf, dass ihnen ein wesent­li­cher Teil des Fisch­kop­fes vor­ent­hal­ten bleibt: die Zunge. Die­ser ein bis drei Zen­ti­me­ter lange Mus­kel wird den Fischen zuvor her­aus­ge­schnit­ten. Nach alter Sitte steht es den Kin­dern zu, die begehr­ten Fisch­zun­gen her­aus­zu­schnei­den. Schon ihre Väter und Groß­vä­ter haben sich auf diese Art etwas dazu­ver­dient. Es ist eine uralte Tra­di­tion, dass die Kin­der auf den Lofo­ten durch das Zun­gen­schnei­den ihr Taschen­geld auf­bes­sern – und zugleich früh Zugang zur Fische­rei, der Haupt­ein­nah­me­quelle des Insel­reichs, finden.

Bevor aller­dings der Dorsch (oder Kabel­jau) Leben, Kopf und Zunge ver­liert, hat er eine lange Reise hin­ter sich. Des­halb trägt er in Nor­we­gen den Namen „Skrei“, was von „schrei­ten“ (nicht etwa von schreien!) kommt und so viel wie „Wan­de­rer“ heißt. Der Skrei ver­bringt die ers­ten Jahre sei­nes Lebens nörd­lich von Nor­we­gen im ark­ti­schen Eis­meer der Barents­see. Wenn er nach sechs Jah­ren geschlechts­reif wird, schwimmt er mehr als unglaub­li­che 800 km zurück zu sei­nem Geburts­ort, den Lofo­ten, um zu lai­chen. Die regel­mä­ßi­gen Wan­de­run­gen des ark­ti­schen Kabel­jaus ver­hel­fen den Fischern seit dem Mit­tel­al­ter zu Geld und Ansehen. 

Fast alle Men­schen, die in den ers­ten Mona­ten eines Jah­res auf die Inseln kom­men, lockt der „Torsk“ – der Kabel­jau. Es beginnt sich des­halb in den ver­schla­fe­nen Häfen wie in Hen­nings­vaer neues Leben zu regen. Täg­lich tuckern die Kut­ter der Nord­land­fi­scher ein, gerüs­tet mit lan­gen Lei­nen oder Net­zen für den Fang des begehr­ten Fisches. Über­all sind Boote ver­täut. Bis weit in die Nacht herrscht reges Trei­ben, denn man­cher fährt erst spät hin­aus, um die Netze zu setzen. 

Nur 5 % des Fangs wer­den nicht zu Stock- oder Klipp­fisch (in spa­nisch spre­chen­den Län­dern heißt er Bacalao) ver­ar­bei­tet – eine uralte Han­dels­ware, die seit über 1.000 Jah­ren das Ein­kom­men sichert. Beim tra­di­tio­nel­len „Mölje“ las­sen sich die Lofo­tin­ger und ihre Gäste pochi­er­ten Kabel­jau, der mit Zunge, Rogen und Leber­soße ser­viert wird, mit Rot­wein schme­cken. Das muss man aller­dings mögen, unser Ding ist der Stock­fisch nicht. Auch diese Zube­rei­tungs­va­ri­ante defi­ni­tiv nicht.

REISETIPPS

Nr.1: Bes­ser ein „Ror­bur“ – eine meist kleine, rote Feri­en­hütte (frü­her waren das mal echte Fischer­hüt­ten) – mie­ten als ins Hotel gehen. Oder ein „Cozy Beach Guest­house“ bei der deut­schen Foto­gra­fin und Che­fin des Click Café Lofo­ten Ann Lis­beth Erik­sen in Ram­berg (https://www.facebook.com/clickcafelofoten/) buchen (AirnB). Die Vor­teile: Alles unter eige­ner Regie (z.B. Selbst­ver­sor­gung), keine Abhän­gig­kei­ten, höhere Fle­xi­bi­li­tät, roman­ti­scher, keine asia­ti­schen Hotel­tou­ris­ten u.v.m., aber in der Regel nicht viel preisgünstiger.

Nr. 2: Das Lys­st­operi & Café in Hen­nings­vær. Leckere Zimt­schne­cken und noch vie­les mehr. Von außen sieht der Laden ein biss­chen nach Plat­ten­bau aus, aber von innen ist er sehr gemüt­lich. Hier tref­fen sich nicht nur Tou­ris­ten. Es gibt sehr guten Kaf­fee, tol­len Kuchen und def­tige Brote und außer­dem viel Schnick­schnack. Denn mit direk­tem Durch­gang zum Café gibt es eine Art Mini-Ker­zen­fa­brik. Die Atmo­sphäre ist total schön, hier kann man ewig sit­zen und klö­nen (https://www.facebook.com/henningsvarlys/).

Nr. 3: Das Ani­tas Sea­food Restau­rant in Sakri­soy (https://www.facebook.com/anitasseafood/). Klein, aber sehr gemüt­lich, gut gele­gen, geräu­cher­ter Lachs, frisch belegte Bröt­chen, selbst­ge­machte Fisch­suppe und fri­scher Scho­ko­ku­chen (völ­lig kalorienarm).

Nr. 4: Wer es liebt, kann gerne einen oder zwei Extra-Tag/e in Tromso ver­brin­gen. Das gibt es dort zu erle­ben: Zwei rie­sige Kreis­ver­kehre im Tun­nel, ein net­ter Hafen mit Kreuz­fahrt­schif­fen, eine sehens­werte Fjord­brü­cke, einige nette Pubs und Fisch­re­stau­rants (aber sehr teuer!), eine freund­li­che Shop­ping­meile mit alten Häu­sern, eine Berg-Aus­sichts­platt­form erreich­bar mit der Fjell­hei­sen-Seil­bahn, einen prima Aus­gangs­punkt für eigene (oder gekaufte) Polar­licht­fo­to­gra­fie-Fahr­ten und einer Auto­tour in west­li­cher Rich­tung auf die Halb­in­sel Som­ma­roy mit dem End­punkt/-ort namens Hil­le­soy mit 1.000 Foto­mo­ti­ven, Spie­ge­lun­gen und Fjord­buch­ten. Über­nach­ten kann man (wenn auch nicht für
(https://www.scandichotels.no/hotell/norge/tromso/scandic-ishavshotel). Essen sollte man gemüt­lich und lange in den finan­zi­ell (noch) erschwing­li­chen Pasta Fabrik­ken (http://www.pastafabrikken.no/).

Nr. 5: Zum Schluss: Tank­stel­len gibt es – trotz anders lau­ten­der Mel­dun­gen – auf den Lofo­ten unse­rer Mei­nung nach aus­rei­chend; trotz­dem aber immer den aktu­el­len Tank­füll­stand beob­ach­ten. Super­märkte sind auch vorhanden. 

Nr. 6: Wir hat­ten 12 Tage im Scan­dic-Hotel in Leknes über­nach­tet. Wir wür­den die­ses Mit­tel­klas­se­ho­tel nicht unbe­dingt wei­ter­emp­feh­len trotz über­wie­gend posi­ti­ver Gast­re­fe­ren­zen. Es gab schon das Eine oder Andere, was uns nicht gefiel für den gezahl­ten Preis.

Auf jeden Fall war dies nicht der letzte Besuch auf den Wun­der-Inseln. Wir wer­den sie noch ein­mal im Spätsommer/Herbst besuchen.

 

Cate­go­riesNor­we­gen
  1. Pingback:NordNerds Monatsrückblick Mai 2019 | Fernwehge

  2. Dennis says:

    EIn wirk­lich sehr gelun­ge­ner und hilf­rei­cher Bericht über dieLofoten.Ich hoffe, im nächs­ten Jahr auch dort zu sein,um die Nord­lich­ter ein­fan­gen zu kön­nen. Euer Bei­trag gibt einem schon viele hilf­rei­che Tipps mit auf dem Weg.

    Gruß
    Dennis

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