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Die ersten Busfahrten in Südamerika

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Von Gua­ya­quil ging es für mich ins Inn­land von Ecua­dor. Das erste Mal, dass ich rich­tig ner­vös gewor­den bin. Das erste Mal mit dem Bus durch Süd­ame­rika.

Der Bus­bahn­hof ist enorm groß in Gua­ya­quil. Er zieht sich über drei Ebe­nen und in der Länge konnte ich das Ende nicht sehen. Voll­kli­ma­ti­siert kann man hier natür­lich auch shop­pen. Mit ein wenig Hilfe habe ich den rich­ti­gen Ticket­schal­ter gefunden.

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Im Bus selbst geht es dann erst­mal über­ra­schend ruhig zu. Bis ein Mann, ca 25 Jahre alt, eine Plas­tik­tüte neben mich legt und anfängt zu schreien, als würde es um sein Leben gehen. Er redet in einer Laut­stärke und Geschwin­dig­keit, die vor allem durch meh­rere feh­lende Zähne beacht­lich sind. Ich bekomme nicht alles mit, doch offen­sicht­lich han­delt es sich um ein Gewinn­spiel. Jeder, der eine Frage rich­tig beant­wor­tet, erhält ein ame­ri­ka­ni­sches Bon­bon. Anschlie­ßend wird für alle Scho­ko­lade ver­teilt und in die Hände geklatscht. Er erklärt wie gut diese Scho­ko­lade ist, die wir in den Hän­den halten.

Und dann: 1 Dol­lar kos­tet diese Kost­bar­keit. Ha… so ein Schlitz­ohr! Zum Glück habe ich mich nicht wie üblich auf die Scho­ko­lade gestürtzt und habe sie ihm brav zurück­ge­ben kön­nen. Die rest­li­che Fahrt war recht ruhig.

Doch das ist nicht immer so.

Die Ecua­do­ria­ner sind ein neu­gie­ri­ges Völk­chen. Meis­tens ist das harm­los. „Woher kommst du? Gefällt dir Ecua­dor? Wann musst du zurück?“ Aber manch­mal hat man auch recht unan­ge­nehme Sitz­nach­barn. So bei­spiels­weise eine ältere, dicke Dame, die sich keu­chend neben mich setzt und angrinst. Sobald sie kann, holt sie Luft und schießt mit ihren Fra­gen los. Da muss man schon manch­mal Ner­ven bewah­ren. Sie hängt sich immer wei­ter zu mir rüber, aber spricht nicht lei­ser son­dern lau­ter. Sie fragt mich nach mei­nem Gehalt und wie viel der Flug hier­hin gekos­tet hat, schein­bar in der Hoff­nung, dass ich eine mög­lichst große Zif­fer nenne. Wei­tere ähn­li­che Fra­gen wer­den anein­an­der­ge­reiht. Es fehlt nur noch: „Wie viel Geld hast du denn dabei? Viel? Ja? Ja?“ Ich fahre die Schiene, nichts zu ver­ste­hen und lehne mich im Sitz zurück. Nach ein paar wei­te­ren Anläu­fen gibt sie es auf.

Doch manch­mal kos­tet es noch ein paar wei­tere Ner­ven und einen Sitz­platz­wech­sel. Zum Glück gibt es aber auch sehr nette Begegnungen.

 

Von Ecua­dor nach Peru

Die Über­fahrt von Ecua­dor nach Peru beginnt schon ein­mal mit einer ent­täu­schen­den Nach­richt: Die Direkt­ver­bin­dung fährt an die­sem Tag nur bis kurz vor die Grenze. Nach­dem ich das Ticket umge­tauscht habe, finde ich im Bus sel­ber – welch eine Über­ra­schung – die übli­che Beschal­lung mit Reg­gae­ton-Musik vor. Und immer wenn ich glaube, die Laut­spre­cher kön­nen nicht viel mehr aus­hal­ten, bewei­sen sie mir, dass sie resis­ten­ter als meine Ohren sind.

Aber gut, ich halte mich an mei­ner Tüte Chif­les fest und ver­su­che die Musik zu igno­rie­ren. Nach ca. 6 Stun­den werde ich erlöst und komme an der Stadt kurz vor der Grenze an. Von hier nehme ich ein Taxi bis zum Grenz­über­gang. Die Aus­reise ist schnell erledigt.

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In Peru werde ich sofort bestürmt: Dol­lars tau­schen! Ein läss­ti­ger Mann, der beim Reden spukt wie ein Lama. Nach der Anmel­dung gehe ich zu einem Poli­zis­ten, um noch­mal wegen dem Bus zu fra­gen. Doch die Ver­bin­dung, die ich genom­men hatte war die Ein­zige. Der Poli­zist wech­selt mir mein Geld zu einem hor­ren­dem Preis, aber er ist ange­neh­mer und ruhi­ger als das Lama. Ich hätte das Geld auch bei ihm tau­schen kön­nen. Viel­leicht zu einem bes­se­ren Preis. Doch ich wurde vor sol­chen Lamas gewarnt. Sie tra­gen gele­gent­lich Blü­ten bei sich.

Ein Mann fragt nach dem Bus und ich erkläre ihm die Ange­le­gen­heit in mei­nem holp­ri­gem Spa­nisch. Dafür küm­mert er sich um ein Taxi – auch für mich. Er steigt neben diver­sen Bat­te­rien und mei­nem Ruck­sack in den Kof­fer­raum. Vorn sit­zen bereits zwei kichernde Mädels auf dem Bei­fah­rer­sitz. Außer mir noch eine wei­tere Per­son auf dem Rück­sitz. Das heißt, es wird noch jemand hin­zu­stei­gen. Das habe ich bis­her nur zwi­schen Bei­rut und Damas­cus so erlebt.

Nach ein paar Minu­ten hal­ten wir an einem Ver­schlag. Diverse Auto­bat­te­rien wer­den ein­ge­la­den und der Tank über einen rie­si­gen Trich­ter gefüllt. Es ist kalt. Aber das sollte sich bald ändern. Denn es stei­gen noch zwei wei­tere Leute ein. So sind wir nun ins­ge­sammt zu acht im Auto. Mit mir sind es vier auf der Rück­bank. 1 1/2 Stun­den sitze ich wie eine Sar­dine ein­ge­quetscht auf dem Rück­sitz. Mein Nach­bar ist ein Zap­pel­philip, aber ich durch­schaue ihn schnell! Durch jede Bewe­gung erhascht er sich mehr von mei­nem Platz. Der Fuchs. Vorn die Mäd­chen kichern auch nicht mehr so lieb­lich, son­dern rot­zen vor sich hin wie 10 Män­ner zusam­men. Alle 5 Minu­ten bewegt sich daher ein Schwall Kör­per­flüs­sig­keit durchs Fens­ter auf die Straße.

Vier mal hal­ten wir an diver­sen Check­points der Poli­zei. Der Fah­rer sagt jedes­mal „solo pasa­je­ros“ aber zahlt dann ganz „unauf­fäl­lig“ an jedem Check­point etwas an die Poli­zei. Wegen der Bate­rien? Ich weiß es nicht und will es auch nicht genauer wissen.

In Sulana, der nächs­ten Stadt mit Bus­an­bin­dung stei­gen wir aus. Ich zahle etwa das Vier­fa­che für die Fahrt als die Ande­ren. Aber ich bin viel zu müde und gleich­gül­tig um zu pro­tes­tie­ren. Noch eine halbe Stunde mit dem Bus und ich kann end­lich schla­fen gehen.

 

Peru und die Busse

In Peru hat jedes Bus­un­ter­neh­men sei­nen eige­nen klei­nen Bahn­hof. Und das Ein­stei­gen in den Bus gleicht dem Che­ckin- und Boar­ding­pro­zess auf einem Flug­ha­fen. Außer­dem gibt man noch einen Fin­ger­ab­druck auf einem Sitz­plan des Bus­ses ab oder wird vor Abfahrt gefilmt.

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Die Busse sind ruhi­ger als in Ecua­dor. Keine Reg­gae­ton-Musik und außer­dem sind die Sitze groß und bequem. Mit Bein­frei­heit und Bein­lehne. Das Essen im Bus schmeckt wirk­lich lecker. Dadurch wird eine 15-Stun­den-Fahrt von Lima nach Are­quipa zu einer rela­tiv ange­neh­men Ange­le­gen­heit. Dabei bekomme ich ein schlech­tes Gewis­sen, denn rechts und links sieht man auch die ärm­li­che­ren Regio­nen des Landes.

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Cate­go­riesEcua­dor
Silvia Fritzsche

Silvia. Die im Zwischenraum. Deutschland, Italien. Design, Konzept. Chaos, Ordnung. Geliebtes Zuhause und dennoch Fernweh. Wegen Letzterem ist mein Blog "missia" entstanden.

Missia - als Kind nannte ich mich Sia, da ich meinen Namen nicht aussprechen konnte. Dies fand ich als Erwachsene immer noch so faszinierend, dass ich ein "Miss" davorsetzen musste. Miss + Sia = Missia.

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  2. Birte says:

    Falls Du Hilfe beim Über­set­zen (Spa­nisch) brauchst, melde dich einfach. 

    Finde es echt unglaub­lich, was du auf dei­ner Reise alles zu sehen bekommst.

    Grüße Birte

  3. Gisela says:

    Hallo Sil­via, wir kom­men gerade aus dem Urlaub. Dies­mal waren es „nur“ die Dolo­mi­ten, aller­dings sind die auch ganz fan­tas­tisch… Bein­ei­dens­wert, was du alles zu sehen bekommst. Ich wün­sche dir wei­ter viele schöne Erleb­nisse und nur Gutes! Gisela

    1. missia says:

      Hallo Gisela, nach den Anden, denke ich dass die Alpen viel schö­ner sind. Sie sind nicht so hoch und man kann ganz nor­mal atmen.
      Danke und liebe Grüße nach Glöbusch

  4. Mamma says:

    Imbro­gli­oni e appic­ci­cosi sono!!!! Va´tutto som­mato è ancora andata bene. Come dice Susann la povertà dei luoghi è ver­a­mente impres­sio­n­ante. Bacio und beso

  5. Susann says:

    Wow… krasse Bil­der. So arme Gegen­den sind schon mies anzusehen. 

    (Und musst Du wirk­lich stän­dig Angst haben, dass Dir jemand deine Kamera aus der Hand reisst?)

    1. missia says:

      Hallo Susann, diese Gegen­den sind lei­der nicht die ärms­ten gewe­sen. Es ist schon skur­ril in einem schi­cken Bus ein­fach vor­bei zu fah­ren. Die Fotos habe ich aus dem Bus mit mei­nem Handy gemacht. 

      Wie geht’s Sunny? Ist sie jetzt teil des neuen Büros?

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