Ver­son­nen lächelnd schlen­dere ich durch die epi­sche Buf­fet­land­schaft. Die Viel­falt ver­wirrt und beglückt zugleich. Obst­hü­gel zie­hen steu­er­bord vor­bei, und im Wes­ten wogen Cerea­lien in der sanf­ten Brise der Kli­ma­an­lage. Berge bel­gi­scher Waf­feln schich­ten sich neben gold­gel­ben Crê­pes-Dünen. Ich bin begeistert.

Sinn­reich gestellte Weg­wei­ser füh­ren mich zum Meer, vor­bei an sau­ber ange­leg­ten Grün­strei­fen, der Strand­bar und gepfleg­ten Wohn­trak­ten. Links Was­ser­sport, rechts Well­ness­cen­ter. Glück­li­che Deut­sche schwit­zen unter Son­nen­schir­men. Das Meer ist blau. Die Sonne scheint.

Hier, im Club, wird deutsch gespro­chen. Es grö­len keine rot­ba­cki­gen Eng­län­der, keine neu­rei­chen Rus­sen haben den Vodka auf dem Früh­stücks­tisch. Und nur sel­ten tor­keln nachts knapp­be­klei­dete Mäd­chen auf der Suche nach gut­ge­laun­ten Geschlechts­part­nern durchs Club­ge­lände: Hier regie­ren die Gesitteten.

Deine gute Laune macht mich fertig

Als unsere Rei­se­jour­na­lis­ten-Gruppe nach drei­ein­halb Stun­den Flug in Lar­naka auf Zypern lan­det, bau­melt an den Kof­fern ein roter Fra­port VIP-Anhän­ger. Ja, ich kann sie emp­feh­len, so eine Lounge… Cham­pa­gner in wei­chen Ses­seln, kein Ein­che­cken, ein per­sön­li­cher Wagen bis direkt ans Flug­zeug: 300 Euro würde ich zwar anders inves­tie­ren, nett ist es trotzdem.

Die über­bor­dende Spa­ßig­keit des Club­be­auf­trag­ten, der uns vom Flug­ha­fen abholt, lässt mich dage­gen unwill­kür­lich an Pri­son Break den­ken. Ein wenig ent­täuscht muss ich aber in den nächs­ten Tagen zuge­ben: Die­ser Club der Mit­tel­klasse ist gar nicht so skur­ril wie erwar­tet. Klar ist es wit­zig, wenn die mid­li­fe­kri­seln­den Sekre­tä­rin­nen sich zum Gala­abend (Dress­code black-white) mal ganz schick her­aus­put­zen oder wenn die noch von der Musi­cal­auf­füh­rung geschmink­ten Ani­ma­teu­rin­nen die Pool­disko stür­men (man hat ja unglaub­lich viel Spaß hier) und zu poli­tisch kor­rek­ten, belang­lo­sen Par­ty­hits zap­peln. Aber schon nach drei Tagen habe ich mich daran gewöhnt, dass man selbst­ver­ständ­lich deutsch spricht, mein Zim­mer ist toll, die Mit­ar­bei­ter sind ange­nehm und auch die Son­der­be­hand­lung für Jour­na­lis­ten gefällt: Der Rioja zum but­ter­zar­ten Rin­der­fi­let ist aus­ge­zeich­net. Dass ich am vier­ten Tag schon wie­der abrei­sen werde, stürzt mich aller­dings auch nicht in Depressionen.

Rei­se­jour­na­lis­ten? Und warum bist du da jetzt?

Ja, sehr gut auf­ge­passt. Bin ja gar kein ech­ter. Aber da das Thema des Work­shops Mul­ti­me­dia im Rei­se­jour­na­lis­mus ist, wurde ich auch ein­ge­la­den. Sag ich nicht nein. Ach ja, Work­shop. Die bunt gemixte Gruppe aus erfah­re­nen Medien-Hau­de­gen, preis­ge­krön­ten Fil­me­ma­chern und weit­ge­reis­ten Jour­na­lis­ten liegt nicht nur am Strand herum oder betrinkt sich für lau an der Bar, nein: Hier wird gearbeitet!

Höhe­punkt ist für mich der Tag, an dem sich jeder einem per­sön­li­chen Mul­ti­me­dia­pro­jekt wid­met: Zusam­men mit Tho­mas, einem Fil­me­ma­cher aus Wies­ba­den, werde ich den Nord­teil der Insel erkun­den, der von der UN-kon­trol­lier­ten Green Line vom EU-Mit­glied Zypern getrennt ist. Man­che nen­nen es besetz­tes Gebiet, andere sagen, es sei die „Tür­ki­sche Repu­blik Nord­zy­pern“. Wobei, genau genom­men sagen das nur die Tür­ken. Aber immerhin.

Wie auch immer man die­sen Fle­cken Erde nennt: Ich werde berichten.

(Ach und in der Nähe gab es noch das fan­tas­ti­sche „Secret Para­dise of Ala­mi­nos“, allein schon wegen dem dröh­nen­den Die­sel­ge­ne­ra­tor ein Ausflugs-Highlight.)

 

Cate­go­riesZypern
Johannes Klaus

Johannes Klaus hängte seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Seine Website Reisedepesche wurde 2011 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. In unbeobachteten Momenten streichelt er den Preis zärtlich, besteht ansonsten aber darauf, dass ihm so was völlig egal sei.

  1. Lisa says:

    Hi habe jetzt mal eine Frage an dich, weil du ja echt ein Profi bist – ich fahr nächs­tes Jahr Februar nach Süd­afrika und hab dafür natür­lich die güns­tigste Flug­reise gebucht. Dabei kam aber auch das Thema Schiffs­reise auf, und dass das die eigent­lich chil­ligste Art zu rei­sen ist. Jetzt hab ich vor mal eine Mit­tel­meer­reise zu pla­nen und mir da diese Kreuz­fahr­ten angschaut.
    Dai ch sonst eher den Indi­vi­du­al­ur­laub mache und auch noch etwas jün­ger bin wollte ich fra­gen, ob du damit Erfah­rung hast? Oder jemand anders von den viel­rei­sen­den hier?

    1. klys says:

      hey lisa, ich selbst habe nie eine kreuz­fahrt gemacht; finde die idee theo­re­tisch zwar lus­tig, fürchte aber, dass die rea­li­tät doch eher ist wie ein gesam­ter pau­schal-club ein­ge­sperrt auf hohem meer… viel­leicht irre ich mich aber. :-)
      Ich fand die idee mal char­mant auf einem frach­ter übers meer zu schip­pern, aber auch das ist nicht ganz billig.

  2. Frau Braun says:

    Die Annehm­lich­kei­ten des Pau­schal­tou­ris­mus muss man sich als frisch geba­cke­ner Journalist/Rockstar anschei­nend gefal­len las­sen, lie­ber Herr K. Aber du hast es ja gut über­stan­den… Achja, mein neues Lieb­lings­wort: „mid­li­fe­kri­seln­den“ :-)

  3. Alex S. says:

    Bist Du in Lar­naca gelan­det? Habe vor vie­len, vie­len Jah­ren dort einen Komi­li­to­nen besucht und fand das Schild am Flug­ha­fen sehr befremd­lich. Sinn­ge­mäß über­setzt stand dort: Wir wer­den nie­mals die Inva­sion von 1974? ver­ges­sen. Ich war dann auch mal an der Green Line die mit­ten durch die Haupt­stadt führt, man bekam rich­tig Gän­se­haut. Und die Berge, die in Rich­tung tür­ki­schen Teil zeig­ten, hat­ten mit wei­ßen Steine gelegt irgend­wel­che belei­di­gende Sprüche.
    Hat sich die Lage inzwi­schen nor­ma­li­siert oder liegt immer noch die­ser ver­fein­dete Duft in der Luft, den man mit bekommt, wenn man außer­halb der Tou­ris­ten­zen­tren sich aufhält?

    1. klys says:

      ja, wir sind nach lar­naca geflo­gen… über mei­nen aus­flug in den nord­teil erzähle ich im nächs­ten arti­kel. aber ja: diese stein­flagge exis­tiert immer noch auf dem berg!

    2. Alex S. says:

      So viel zum Thema For­schritte zur Wie­der­ver­ei­ni­gung auf Zypern…

      Ich hatte viel mit Leu­ten zu tun, die aus dem Nor­den flie­hen muss­ten und nach Lon­don aus­ge­wan­dert sind. Die Ver­bit­te­rung dar­über saß sehr tief. Die ganze Denk- und Lebens­weise war sehr anti­quiert: Wir waren dabei, als ein 16 jäh­ri­ger eng­li­scher Zypriote seine zukünf­tige Frau ken­nen­ge­lernt hat und ich dachte, sowas gibt es nur in Hinteranatolien…

    1. klys says:

      war eine hori­zont­er­wei­te­rung, und für viele leute passt das gut, aber ich kann mir span­nen­de­res vorstellen :-)

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