DDR-Nostalgie in Berlin erleben

Jah­re spä­ter. Ich will in mei­ne ers­te, eige­ne Woh­nung zie­hen. Ich erin­ner­te mich an das woh­li­ge Gefühl mei­ner Kind­heit, an die war­men, grü­nen Ofen­ka­cheln und den­ke, dass ich Mie­te spa­ren kann, indem ich in einer Woh­nung mit einem Koh­le­ofen lebe. Mei­ne Mut­ter wird mich recht­zei­tig dar­an erin­nern, dass wir im Win­ter jeden Tag Eimer mit Koh­le in den vier­ten Stock tra­gen muss­ten. Das hat­te ich ver­ges­sen. Ich möch­te die Ver­gan­gen­heit nicht ver­herr­li­chen. Mei­ne Groß­mutter war sehr glück­lich war, dass ich – im Ver­gleich zu ihr – die Welt berei­sen konn­te.

Nost­al­gie ist trü­ge­risch, aber sie hat wich­ti­ge Funk­tio­nen, beson­ders, wenn die Zukunft unklar ist und man halt in einer geschön­ten Ver­gan­ge­heit sucht. Doch ist es sinn­voll, die Erin­ne­rung immer wie­der abzu­glei­chen mit dem, was wirk­lich war.

Ich möch­te ein paar Ber­li­ner Orte vor­stel­len, wo mei­nem Gedächt­nis auf die Sprün­ge gehol­fen wur­de und man die DDR noch heu­te nach­emp­fin­den kön­nen, so gut es eben geht.

Wach­turm der DDR
Heu­te muss man kei­ne Gren­ze mehr über­schrei­ten, aber die Mau­er in der East Side Gal­lery in Ber­lin kann man noch berüh­ren. Das ältes­te Relikt der Gren­ze fin­det man aller­dings in der Erna-Ber­ger-Stra­ße, wo einer der letz­ten Wach­tür­me der DDR gegen den Ver­fall kämpft. Hier kann man die Lei­ter hin­auf­stei­gen und die glei­che Aus­sicht wie die Grenz­wa­chen der DDR erle­ben, als sie in ihrer Acht-Stun­den-Schicht ohne Was­ser, Strom und Hei­zung arbei­ten muss­ten und befoh­len wur­den, jeden zu erschie­ßen, der ver­such­te, durch die Sperr­zo­ne der Gren­ze zu gelan­gen.
Erna-Ber­ger-Stra­ße, 10117 Ber­lin
www.berlinwallexpo.de
Sta­ti­on: U2, S1, S2, S25 Pots­da­mer Platz
Täg­lich 11:00–15:00, außer bei Regen

DDR Muse­um
Ein wei­te­rer Ort, an dem man die Relik­te der mei­ner Ver­gan­gen­heit berüh­ren kann, ist das DDR-Muse­um in Ber­lin. Im Muse­um kann man eine recht authen­ti­sche DDR-Woh­nung besich­ti­gen und einen Ein­druck vom All­tag im ehe­ma­li­gen sowje­ti­schen Satel­li­ten­staat bekom­men. Die Couch, die dort steht, ist das glei­che Modell, auf der ich frü­her gespielt habe. Ich lie­be die­ses Muse­um beson­ders für sei­ne inter­ak­ti­ve Aus­stel­lung, wo man Kaf­fee­boh­nen anfas­sen, ein Tele­fon in die Hand neh­men, den Sand­mann anse­hen kann und vie­les mehr. Was für ande­re ein Muse­um ist, das ist für mich mei­ne Kind­heit. Es ist ver­rückt, dass ich in einem Land auf­ge­wach­sen bin, das es nicht mehr gibt, aus­ge­stellt in einem Muse­um.
Karl-Lieb­knecht-Str. 1 10178 Ber­lin
+49 30 84 71 23 731
groups@ddr-museum.de
www.ddr-museum.de
Sta­ti­on: S5 S7 S75 Hacke­scher Markt
So–Fr 10:00–20:00, Sa 10:00–22:00

Tra­bant Ber­lin
In der Regel bezieht sich die Nost­al­gie nicht auf eine bestimm­te Erin­ne­rung, son­dern auf einen emo­tio­na­len Zustand. Die all­täg­li­che Rea­li­tät der DDR war etwas büro­kra­ti­scher als was ich erin­ne­re. Zum Bei­spiel muss­te man bis zu sech­zehn Jah­re auf das Pri­vi­leg war­ten, ein Auto zu besit­zen, und man konn­te sich erst dann für den Auto­be­sitz anmel­den, wenn man mün­dig wur­de. Man konn­te die War­te­zeit ver­kür­zen, indem man einen Gebraucht­wa­gen kauf­te, für den man aber iro­ni­scher­wei­se mehr bezah­len muss­te. Heu­te geht das in Ber­lin ganz schnell und güns­tig: Wer die DDR bei sei­nem Ber­lin­be­such wie­der auf­er­ste­hen las­sen möch­te, kann z.B. die Karl-Marx-Allee in einem Tra­bi hin­un­ter­fah­ren. Wie das geht? Sie kön­nen bei Tra­bant Ber­lin die­sen Juwel der DDR mie­ten und selbst fah­ren.
Wie­sen­weg 1–4, 10365 Ber­lin
+49 30 68 83 53 72
info@trabantberlin.de
www.trabantberlin.de
Sta­ti­on: S3, S5, S7, S8, S41, S42, S75, S85 Ost­kreuz
täg­lich von 10:00–18:00

Volks­kam­mer
Auch 30 Jah­re nach dem Fall der Ber­li­ner Mau­er wird hier wie in der DDR gekocht. Neben dem authen­ti­schen Inte­ri­eur fin­den sich hier kuli­na­ri­sche High­lights der DDR: Würz­fleisch mit ori­gi­nal Dresd­ner Worces­ter-Sau­ce, Jäger­schnit­zel mit Spi­rel­li, Schwei­ne­steak Let­scho und natür­lich Gold­broi­ler (Huhn). Mein Lieb­lings­nach­tisch rote Grüt­ze wird hier noch mit viel Lie­be ange­rührt und mit Ber­li­ner Tem­pe­ra­ment ser­viert.
Stra­ßer der Pari­ser Komu­ne 18b, 10243 Ber­lin
+49 30 20687549
volkskammer.business.site
Sta­ti­on: S5, S7, S75 Ost­bahn­hof
täg­lich 11:00–22:00

Volks­büh­ne Ber­lin
Die Volks­büh­ne wur­de 1914 von Oskar Kauf­mann ent­wor­fen. Erwin Pis­ca­tor künst­le­ri­scher Lei­ter in den 1920er Jah­ren war bekannt für sei­ne umstrit­te­nen Pro­duk­tio­nen. Sein Zugang zum Thea­ter war auch ein wich­ti­ger Ein­fluss auf Ber­tolt Brecht. In Ost­deutsch­land ent­wi­ckel­te sich die Volks­büh­ne zu einer moder­nen Regie­thea­ter­in­sze­nie­rung von renom­mier­ten Autoren wie Hei­ner Mül­ler und wur­de durch pro­vo­kan­te Pro­duk­tio­nen von Ben­no Bes­son und Fritz Mar­quardt bekannt. Auch heu­te noch lohnt sich ein Besuch, vie­le der Pro­duk­tio­nen sind immer noch nichts für schwa­che Gemü­ter.
Lini­en­stra­ße 227, 10178 Ber­lin
+49 30 24 06 57 77
besucherservice@volksbuehne-berlin.de
www.volksbuehne.berlin
Sta­ti­on: U2 Rosa-Luxem­burg-Platz

Falls man noch wei­te­re DDR Tipps und drei Wege durch die DDR Ver­gan­gen­heit Berlin’s ablau­fen möch­te: In der GDR Ber­lin Kar­te gibt es vie­le Tipps.

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