Der Titi­ca­ca­see auf der Hoch­ebe­ne der Anden gehört in Tei­len sowohl zu Peru als auch zu Boli­vi­en. Doch egal, von wo das rie­si­ge Gewäs­ser betrach­tet wird, ist tie­fes und kräf­ti­ges blau die Far­be, die einem sofort ins Auge springt – und an der wir uns wäh­rend unse­res drei­tä­gi­gen Auf­ent­hal­tes am Titi­ca­ca­see gar nicht satt sehen konn­ten.

Was wir vom Gip­fel des Ber­ges vor den Toren der boli­via­ni­schen Stadt Copa­ca­ba­na sehen, ist blau. Ein tie­fes und kräf­ti­ges blau. Soweit das Auge reicht, auch wenn wir nicht auf den unend­lich erschei­nen­den Oze­an schau­en. Wenig spä­ter geht die Son­ne lang­sam am weit ent­fern­ten Hori­zont unter. Ein lang­ge­zo­ge­ner gelb-roter Licht­strahl ver­mischt sich mit der Far­be des Was­sers. Der Son­nen­un­ter­gang wird immer inten­si­ver. Nach einer Zeit sieht es so aus, als ob alles um uns her­um in Flam­men steht. Dann wird es dun­kel. Nun umhüllt uns Schwär­ze.

Wir klet­tern den Cer­ro Cal­va­rio vor­sich­tig wie­der hin­un­ter, ste­hen in der ange­bro­che­nen Nacht am san­di­gen Ufer des Titi­ca­ca­sees, den wir eben noch von oben bestaunt haben, und erken­nen das auf über 3.800 Meter gele­ge­ne Gewäs­ser nur noch sche­men­haft. Das ist uns aller­dings egal, denn an dem mit rund 8.200 Qua­drat­ki­lo­me­tern beein­dru­ckend-gro­ßen See kön­nen wir uns ein­fach nicht satt sehen.

Wan­de­rung durch ver­schla­fe­ne Nes­ter ent­lang des See­ufers

Es ist mal wie­der Wan­der­tag. Doch bevor wir Meter um Meter zu Fuß zurück­le­gen, stei­gen wir am Mer­ca­do in Copa­ca­ba­na in ein Colec­tivo, um uns nach Yam­pu­pa­ta fah­ren zu las­sen. Die win­zi­ge Ort­schaft am Ende einer Land­zun­ge besteht aus ein paar klei­nen, ein­fa­chen Häu­sern. Auf der See­sei­te erhebt sich ein Hügel, auf dem eini­ge Dorf­be­woh­ner Land­wirt­schaft betrei­ben. Im Hin­ter­grund schip­pern Boo­te, die zu der in der Nähe gele­ge­nen Isla del Sol tuckern. Kla­res Was­ser schwappt in fel­si­ge Buch­ten.

Wir ver­schaf­fen uns aus der Höhe einen Über­blick und wan­dern danach die 17 Kilo­me­ter zurück nach Copa­ca­ba­na – zum größ­ten Teil ent­lang der Stra­ße, zu einem klei­ne­ren Teil quer­feld­ein.

Zuerst geht es durch Yam­pu­pa­ta. Eine Frau, die Scha­fe mit einem klei­nen Stock vor sich her­treibt, kommt uns ent­ge­gen. Als wir das Dorf ver­las­sen, fällt uns auf, dass sich rechts von der Stra­ße, zum Ufer hin, wei­te­re land­wirt­schaft­li­che Fel­der befin­den. Im See ent­de­cken wir zudem zahl­rei­che Fisch­reu­sen. Logi­scher­wei­se leben die Bewoh­ner am Titi­ca­ca­see nicht nur von Land­wirt­schaft, son­dern auch vom Fisch­fang. Truch­as sind eine gern geges­se­ne Spei­se in Copa­ca­ba­na. Auch wir haben uns die frisch gefan­ge­nen Forel­len schme­cken las­sen.

Doch nicht wäh­rend unse­rer heu­ti­gen Wan­de­rung, die uns durch wei­te­re ver­schla­fe­ne Orte am grü­nen Rand des Sees führt. Dort häu­fen Frau­en und Män­ner kürz­lich geern­te­tes Getrei­de auf. Wie klei­ne Pyra­mi­den sehen die­se Sta­pel aus. Nicht nur hier, son­dern an vie­len Stel­len am Titi­ca­ca­see.

Genau wie Lamas, die uns immer wie­der über den Weg lau­fen. Sie wer­den als Last­tie­re von den See­be­woh­nern gehal­ten. Ins­be­son­de­re zu Zei­ten der Ern­te sind die­se spu­cken­den Tie­re eine wich­ti­ge, fast schon unver­zicht­ba­re Hil­fe.

Wir sind bereits über die Hälf­te der Stre­cke gewan­dert, als wir uns von der Stra­ße ent­fer­nen, eine Abkür­zung durch einen Wald neh­men und schließ­lich vor einem gro­ßen Fel­sen ste­hen, an dem eine Maria-Sta­tue plat­ziert ist, die unser Inter­es­se weckt. Ein paar Trep­pen­stu­fen stei­gen wir hoch – und schau­en uns dann die hei­li­ge Abbil­dung an. Vasen mit Blu­men wur­den dane­ben dra­piert, bun­te Fähn­chen wehen im Wind.

Auf den letz­ten Kilo­me­tern ent­de­cken wir schwim­men­de Inseln im Titi­ca­ca­see. Häu­ser aus Schilf sind dar­auf gebaut wor­den. Klei­ne Restau­rants bie­ten Essen an. Es wirkt sehr tou­ris­tisch, so machen wir schnell einen Rück­zie­her und set­zen die Wan­de­rung fort, bis wir am spä­ten Nach­mit­tag Copa­ca­ba­na wie­der errei­chen.

Fabel­haf­te Aus­bli­cke von der Isla del Sol auf den Titi­ca­ca­see

Das Boot legt um 8.30 Uhr am Mor­gen vom Pier in Copa­ca­ba­na mit dem Ziel Isla del Sol ab. Neben uns sit­zen wei­te­re Tou­ris­ten – so, wie wir sie auf unse­rer Rei­se durch Süd­ame­ri­ka an vie­len Orten antref­fen. Sie tra­gen lan­ge Trek­king-Funk­ti­ons­ho­sen von bekann­ten Out­door-Aus­rüs­tern, die bei ein­tre­ten­der Wär­me auch dank eines Reis­ver­schlus­ses zu einer kur­zen Short umfunk­tio­niert wer­den kön­nen. Was­ser­dich­te, wind­ab­wei­sen­de Jacken haben sie eben­falls über­ge­streift. Eini­ge wei­sen die grells­ten Far­ben auf.

Unser „auf­fäl­li­ges“ Boot ankert im Nor­den der Insel. In Chal­la­pam­pa. Die Son­nen­in­sel prä­sen­tiert sich uns, wie ihr Name bereits ver­mu­ten ließ: son­nig. Wir haben erst weni­ge Meter zurück­ge­legt, da wer­den wir auch schon zur Kas­se gebe­ten: zehn Boli­via­nos Ein­tritt für den nörd­li­chen Teil der Insel.

Aber bereits nach eini­gen Minu­ten auf der mehr als 14 Qua­drat­ki­lo­me­ter gro­ßen Isla del Sol sind wir uns einig, dass sich die klei­ne Inves­ti­ti­on mehr als gelohnt hat. Wir bli­cken von einem gro­ßen Fel­sen auf den sich unter und vor uns aus­brei­ten­den Titi­ca­ca­see, des­sen Strahl­kraft auf uns auch heu­te an nichts ein­ge­büßt hat. Wir sind uns sicher, dass wir einen solch beein­dru­ckend-schö­nen See bis jetzt noch nicht gese­hen haben. Die Ber­ge, die sich dahin­ter erstre­cken, run­den das impo­san­te Bild ab.

Ganz in der Nähe stat­ten wir den Chin­ka­na-Rui­nen – Bau­wer­ke aus Zei­ten der Inka – und dem Roca Sagra­da einen Besuch ab. Die­ser für die Inka hei­li­ge Stein soll die Form eines Pumas – die­sen Tie­ren wur­den Eigen­schaf­ten wie Mut und Kraft zuge­spro­chen – wider­spie­geln.

Kraft benö­ti­gen wir auch, als wir uns auf die ande­re Sei­te der vege­ta­ti­ons­ar­men Insel bewe­gen. Rund drei Stun­den sind wir im hüge­li­gen Ter­rain unter­wegs. Bevor wir die Ort­schaft Yuma­ni errei­chen, müs­sen wir noch zwei­mal Schei­ne – zuerst 15, danach fünf Boli­via­nos – aus unse­ren Hosen­ta­schen her­vor­kra­men. Gut gelaun­te Insel­be­woh­ner – ins­ge­samt leben unge­fähr 2.000 Per­so­nen auf der Son­nen­in­sel – kas­sie­ren uns ab. Wir müs­sen eine Art Weg­zoll ent­rich­ten, um bis in den Süden der Isla del Sol zu gelan­gen.

Von dort legt unser Aus­flugs­schiff am spä­ten Nach­mit­tag zurück nach Copa­ca­ba­na ab. Vom Boot aus wer­fen wir noch einen letz­ten Blick auf die fel­si­ge Insel, die in der ein­set­zen­den Däm­me­rung nach und nach aus unse­rem Sicht­feld ver­schwin­det.

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Antworten

  1. Avatar von Sabine von Ferngeweht

    Schö­ner Bericht, bin dem­nächst auch dort. Aber was habt Ihr gegen Zip-Hosen und Funk­ti­ons­ja­cken? 😉

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Vie­len Dank, Sabi­ne. Eigent­lich nichts, sie waren jedoch auf die­sem Boot all­ge­gen­wär­tig, des­we­gen haben wir es im Text mit unter­ge­bracht 😉 Wir wün­schen Dir ganz viel Spaß am Titi­ca­ca­see.

  2. Avatar von Vanessa Fröhöllerie via Facebook
    Vanessa Fröhöllerie via Facebook

    Ich war vor 3 Wochen dort. Es ist genau­so wun­der­schön wie ihr es beschreibt!

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Oh, toll, noch ganz fri­sche Ein­drü­cke. Schön, dass es dir dort auch so gut gefal­len hat 🙂

  3. Avatar von ReiseFreaks ReiseBlog

    Der Titi­ca­ca­see, mal von der boli­via­ni­schen Sei­te gese­hen. Sehr ein­drucks­vol­ler Bericht. Dan­ke!

    1984 habe ich mir ihn von der perua­ni­schen Sei­te ange­se­hen. Eben­falls mit einem Schiffs­aus­flug, und zwar von Puno auf die Isla Taqui­le samt Über­nach­tung dort.

    Gruß
    Wolf­gang

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Vie­len Dank, Wolf­gang. Auch von der perua­ni­schen Sei­te aus gese­hen, ist der Titi­ca­ca­see garan­tiert beein­dru­ckend. Lie­be Grü­ße.

  4. Avatar von Peter Speit via Facebook

    .…war da auch einmal…so vor vier­zig jah­ren…

    1. Avatar von Christian & Daniela

      … und das wahr­schein­lich mit weni­ger ande­ren Tou­ris­ten als heut­zu­ta­ge 😉

  5. Avatar von myVideoMedia

    Vie­len Dank für die wun­der­schö­nen Ein­drü­cke. Der Titel beschreibt es per­fekt, die Far­ben sind aus­ser­ge­öhn­lich.

    1. Avatar von Christian & Daniela

      So ist es, die Far­ben am Titi­ca­ca­see sind ein­fach klas­se. Vie­len Dank für die net­ten Wor­te.

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