Backpacker – Was für Typen! (2)

»It whirls you around, turns you upsi­de down
and stands ever­y­thing you took for gran­ted on its head.«

- Pico Iyer, Why we tra­vel

… hier geht es zu Teil 1 von »Back­pa­cker – Was für Typen«

 

Back­pa­cker-Typ 4: Die Kul­tur-Exper­tin

Ob Yoga-Fes­ti­val oder Tem­pel­be­such auf Bali, der ritu­el­le Kan­ni­ba­lis­mus der Wald-Noma­den in Gui­nea oder die dra­ma­ti­sche Dür­re und Hun­gers­not am Horn von Afri­ka. Die­se Welt­rei­sen­de hat ihre The­men gefun­den. Sie ist hoch­in­ter­es­siert an frem­den Kul­tu­ren, die gro­ßen Respekt bei ihr genie­ßen. Ein­fach mal vor Ort den Hori­zont erwei­tern! („Im pro­vin­zi­el­len Deutsch­land geht DASS ja nun beim bes­ten Wil­len nicht.“)

Daher ver­bringt sie unter­wegs ihre Zeit aus­schließ­lich mit den Locals. Wenn sie doch ein­mal ande­ren Deut­schen begeg­net, spricht sie kon­se­quent wei­ter Eng­lisch. Sie will die pri­mi­ti­ven Lebens­ver­hält­nis­se der Ein­hei­mi­schen haut­nah und unge­schminkt erle­ben. Vor ihrer Abrei­se hat sie des­halb alles mit einer Spe­zi­al-Agen­tur durch­ge­plant, die auf öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit setzt. Damit auch nichts schief geht. Sie hat sich schließ­lich so auf das Aben­teu­er gefreut. (»Man weiß ja nie, ob DIE vor Ort über­haupt in der Lage sind, …«) Aus­ge­tre­te­ne Pfa­de? Nicht mit ihr! Dass sie aller­dings heu­te auf die­ser orga­ni­sier­ten Tour mit­fährt, ging halt nicht anders („Wie­so? Hat­te man mir an der Rezep­ti­on aber so…“).

Sie ist auf Du und Du mit ihrer Gast­fa­mi­lie, in die sie für ein paar Tage rein­schnup­pert und han­delt gleich mal einen Son­der­preis für das Zim­mer aus. War­um zuviel zah­len? Sie gehört schließ­lich irgend­wie dazu. Sie trägt die Klei­dung der Ein­hei­mi­schen: Etwas sei­dig-glä­zend Umhül­len­des oder meh­re­re Acce­soi­res vom Markt („Das hier so aggre­siv gefeilscht wird, muss man ja auch irgend­wo ver­ste­hen…“), kom­bi­niert mit einer luf­ti­gen Baum­woll­ho­se mit Batik-Mus­ter, dazu ein Kopf­tuch. Die Spra­che des Ziel­lan­des spricht sie ent­we­der flüs­sig oder läßt es so klin­gen. Manch­mal ver­wech­selt sie dabei noch „Guten Mor­gen“ und „Guten Abend“, was sie weg­lä­chelt, aber einem Tita­nic-Unter­gang gleich­kommt.

Ihre Rei­se­zie­le: Arme Län­der der drit­ten Welt, die spi­ri­tu­ell und kul­tu­rell reich sind. Ob Asi­en oder Afri­ka ist da einer­lei. Hier haben die Leu­te ja alle so ein schreck­lich ein­fa­ches Leben! Des­halb kauft sie aus Soli­da­ri­tät zu Hau­se im Öko­la­den ein.

Im Foto­al­bum: Foto­gra­fien von tan­zen­den Ein­hei­mi­schen oder lokal hand­ge­fer­tig­tem Schmuck oder ein holz­ge­schnitz­ter Penis. Letz­te­ren ver­tei­tigt sie bei Nach­fra­ge gern als Mitt­le­res.

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Back­pa­cker-Typ 5: Der Mecker-Motz­ki

Alles anders als zu Hau­se! Zu teu­er, zu warm, zu dre­ckig, zu vie­le Deut­sche. SO hat er sich das alles nicht vor­ge­stellt. Was man sich aller­dings mal vor­stel­len muss: Für DEN Preis hier, könn­te er sein Hei­ne­ken-Bier zu Hau­se trin­ken! Dort hat er auch noch die­ses Gut­schein­heft lie­gen. Und dann die­ses ewi­ge Feil­schen der Ein­hei­mi­schen. Furcht­bar! („Hier muß­te übri­gens auf­pas­sen, nir­gends wird man in der Welt so beschis­sen, wie hier…“)

Was­ser kommt hier sowie­so kei­nes aus der Lei­tung – daß kann doch alles nicht so schwer sein! Da kann sich der Inder doch mal ein bischen drauf ein­stel­len und hier auch sau­ber machen. Über­haupt: Das Hos­tel ist die größ­te Kata­stro­phe, die er je erlebt hat. („Die Bil­der sahen OK aus, aber ich wuss­te, daß da n Haken ist..“) Klar, kos­tet die Nacht nur 2 Euro, aber trotz­dem, ist ja viel Geld hier bei DENEN.

Er bekommt bei der Schlan­gen­farm Grup­pen-Tour mit Über­nach­tung das ein­zi­ge Zim­mer, bei dem es nur kal­tes Dusch­was­ser gibt, alle ande­ren duschen warm. In auf­ge­bracht-dro­hen­dem Ton ver­kün­det er daher sei­nen Mit­rei­sen­den beim Früh­stück, das er nach kur­zem Blick zwi­schen die bei­den Toast­schei­ben von sich weg­schiebt: „Wer­de das noch­mal genau angu­cken, ob man da nicht was machen kann…!“

Dass der Bus jetzt schon über die Insel schau­kelt – eine gan­ze vier­tel Stun­de frü­her als geplant – um den gold-brau­nen Sonen­auf­gang an der schöns­ten Stel­le der Insel anzu­se­hen, hat­te ihm kei­ner gesagt. Daher ist er den gan­zen Tag ent­spre­chend zer­knirscht drauf, denn er hat­te doch sei­nen Ruck­sack noch gar nicht zuen­de gepackt. Spä­ter schmollt er dann aber rich­tig: Denn der Bus­fah­rer hat­te ihm extra ver­spro­chen, auf dem Rück­weg noch an dem klei­nen ver­steck­ten Tem­pel zu hal­ten. Nur des­halb war er über­haupt auf die­ser Tour mit­ge­fah­ren. Nun ist es zu spät, man hät­te vor 10 Kilo­me­tern von der Haupt­stra­ße run­ter gemußt. Nie wie­der!

Sei­ne Rei­se­zie­le: Welt­weit.

Im Foto­al­bum: Fotos die zu Hau­se bewei­sen, wie schlimm alles war und sol­che, die zei­gen, wie schön unter­ent­wi­ckelt das Land ist. Die­ser lus­ti­ge rosa Mini-Ven­ti­la­tor am Koh­le-Ofen, der als Geblä­se dient. Wür­de der TÜV in Deutsch­land nie abneh­men!

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Back­pa­cker-Typ 6: Das Pär­chen

Rei­sen­de Back­pa­cker Paa­re spre­chen auch auf Rei­sen in der drit­ten Per­son von­ein­an­der (»…der Maik macht das immer so schön…«), fal­len dem Part­ner regel­mä­ßig ins Wort und been­den des­sen Sät­ze (»…ja genau, und dann – dass muß er ja auch noch erzäh­len – waren wir noch…«). Man unter­hält sich IMMER mit dem Paar, nie mit nur einem Teil­neh­mer der Rei­se­ge­mein­schaft. Wenn sie mit­ein­an­der spre­chen, dann im Flüs­ter­ton. Häu­fig geht man Ein­kaufs­lis­ten für Essen oder Sou­ve­nir­käu­fe durch.

Sie tei­len ein Eta­gen-Bett im Schlaf­saal, weil das bil­li­ger ist als ein Dop­pel­zim­mer. Sie oben, er unten. Asia­ti­sche Gemein­schafts-Rei­sen­de hal­ten den gan­zen Tag Händ­chen und tra­gen die moder­ne Vari­an­te des Regen­ja­cken-Part­ner­looks: Ein Polo­shirt iden­tisch in Form, Far­be und Mus­ter mit einem appli­zier­ten Polo­rei­ter. Hin­zu kommt eine chro­ni­sche schlech­te Lau­ne, weil sie fest­stel­len, daß sie sich den Urlaub (und offen­sicht­lich den Part­ner) ganz anders vor­ge­stellt hat­ten. In Gesprä­chen ist häu­fig die­ser vor­wurfs­vol­le Unter­ton zu hören, der aus zwei­sil­bi­gen Wör­tern Drei­sil­bi­ge macht.

Beim Abend­essen wird gern mal von der gemisch­ten Mee­res­früch­te­plat­te sti­bitzt, die man selbst nicht bestel­len woll­te. Nach dem Abend­essen spie­len sie Kar­ten. Spä­ter abends, beim Bier, stu­diert er die Land­kar­te für den nächs­ten Tag. Sie checkt „mal eben“ Face­book und ver­schwin­det unan­sprech­bar für zwei Stun­den mit leuch­tend-blau­em Kopf hin­ter dem Bild­schirm. Wenn ein iPad mit­reist, zeigt er ihr auf dem Bild­schirm manch­mal etwas, was auch sie inter­es­sie­ren könn­te, eine Mode­sei­te zum Bei­spiel. Immer, immer, immer sagt sie: „Bevor wir mor­gen Abend den Nacht­zug neh­men, gehen wir aber noch mal auf den Markt.“

Ihr Rei­se­ziel: Neu­see­land, mal ganz ent­spannt mit dem Cam­per. Sagt sie.

Im Foto­al­bum: Fotos von Märk­ten, Strän­den, Restau­rant­be­su­chen – und, ganz wich­tig: Son­nen­un­ter­gän­ge. Immer sind bei­de ver­liebt Arm in Arm in Nah­auf­nah­me dar­auf, sodass ein Hin­ter­grund nur erahnt wer­den kann.

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Antworten

  1. Avatar von Mauritius Expertin

    Hey,

    das ist doch mal inter­es­sant zum Lesen. Ich glau­be nur das die Mecker-Motz­kis bes­ser zuhau­se blei­ben kön­nen, oder viel­leicht gefällt es ihnen da ja auch nicht.

  2. Avatar von Maik

    Sehr schön! Kom­men da noch mehr Typen? Würd mich freu­en.

    1. Avatar von markus

      hal­lo maik, ja, es gibt einen ers­ten teil zu der serie, den du hier lesen kannst: https://www.reisedepeschen.de/backpacker-was-fuer-typen‑1/ viel spaß!

  3. Avatar von lisa
    lisa

    gute Schub­la­den.
    habe sehr geschmun­zelt.

    1. Avatar von markus

      wun­der­bar, lisa! die bes­ten grü­ße – mar­kus

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