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Cindy Ruch ist Reisejournalistin, Autorin und Fotografin und studierte Internationale Literaturen in Tübingen und Brisbane. Seit 2015 ist sie in Berlin zu Hause, von wo sie regelmäßig zu neuen Zielen aufbricht. Am liebsten fährt sie dann mit dem Zug durch den Schwarzwald, isst Piroggen im Speisewagen nach Warschau oder kommt in Venedig Bahnhof an. Mittlerweile auch sehr gerne mit ihrem Kind. Immer dabei: länderpassende Literatur, ein Tagebuch und ihre Canon A1. 2023 erschien bereits die zweite Auflage ihres Buches Europa mit dem Zug.
Was war eine deiner Lieblingssituationen im Zug?
Es sind all die Begegnungen mit Menschen, mit denen man ins Gespräch kommt, wenn auch nur kurz, und die mir plötzlich etwas aus ihrem Leben erzählen, einfach nur, weil man sich im Gang gegenüber sitzt. Das passiert nun umso mehr, seitdem ich mit meiner kleinen Tochter unterwegs bin. Davor habe ich mich oft in einem Buch verkrümelt.
Worin besteht vielleicht das Besondere mit Kindern im Zug zu verreisen?
Die Bewegungsfreiheit ist herrlich für Kinder und Eltern. So verbringen wir einen Großteil der Fahrzeit damit, zum Restaurant, zu Toiletten oder anderen Wagen zu laufen. Auf den Wegen lernen wir wieder neue Leute kennen und kommen ins Gespräch und die Kinder teilen – oder auch nicht – ihre Spielsachen. Es ist ein begrenzter Raum, in dem man sich fortbewegt aber gleichzeitig Neues entdecken kann. Und eigentlich macht man das selbe wie zuhause – essen, schlafen, spielen – nur ohne die Ablenkung von Haushalt, kann sich ganz aufeinander konzentrieren und kommt dabei noch voran.
Zugreisen mit Kindern sind für viele Eltern eine besondere Herausforderung. Was sind einige deiner Empfehlungen und Ratschläge für Familien, die mit dem Zug reisen möchten?
Auf jeden Fall viel Proviant mitnehmen; am besten einen Platz im Familienabteil buchen, wo man sich selbst nicht unter Druck setzt, leise sein zu müssen; Kleinigkeiten zum Spielen; ein Tuch zum Schlafen, Höhle bauen, Verstecken. Offenheit: Für neue Begegnungen, damit verfliegt die Zeit besonders schnell. Und so eine Zugreise als Qualitätszeit sehen; man hat nichts anderes zu tun als sich mit dem Kind zu unterhalten, zu schauen, zu spielen. So spielt man sich ein.
Welche Rolle spielt deiner Meinung nach die Zugreise in der heutigen Reisewelt und wie hat sich das Interesse an dieser Reiseform in den letzten Jahren entwickelt?
Wir wollen weiter reisen, aber angesichts der Klimakrise wollen wir auch besser reisen. Da ist Zugfahren eine wunderbare Reiseform, mit der man umweltfreundlicher – und, wer es zuvor noch nicht gemacht hat – wieder mal ganz anders reisen kann. Weg von den vollen Autobahnen und den umweltschädlichen Billigfliegern. Beim Zugfahren ist man teils langsamer unterwegs, aber immer schon mittendrin. Steigt man in Frankfurt in den TGV, hört man sofort die französischen Lautsprecherdurchsagen und fühlt sich schon fast in Frankreich.
Welche neuen Entwicklungen oder Trends im Bereich Zugreisen hast du in deiner Recherche bemerkt?
Die ÖBB versucht das Nachtzugnetz wieder auf Vordermann zu bringen, nachdem es auf vielen Strecken eingestellt wurde. Auch immer mehr private Anbieter versuchen im Zuggame mitzumischen, beispielsweise der European Sleeper, der einen Nachtzug von Brüssel über Berlin nach Prag anbietet.
Welche persönlichen Erfahrungen hast du beim Reisen mit dem Zug gemacht und wie haben diese deine Sichtweise auf das Reisen und die Gestaltung deines Buches beeinflusst?
Ich war schon immer viel mit dem Zug unterwegs – es war für mich lange schlichtweg ein Transportmittel, um durch Deutschland zu kommen. In Indien lernte ich die Kunst des Zugreisens kennen – wie man unter einem Ventilator schläft, wie man scharfes Essen weinend und lachend im Zugabteil isst, wie man in Gespräche mit Mitreisenden kommt, wie die Landschaft draußen vorbeizieht und man die ganze Zeit schauen und lesen kann. Das nahm ich mit nach Europa mit, und begann auch hier, über die deutschen Grenzen hinauszureisen. Immer noch gern mit dem Nachtzug, aber mittlerweile auch auf langen Strecken wie neulich nach Irland oder nach Südspanien. Und so soll auch die Gestaltung des Buches Lust darauf machen, ein Land über mehrere Etappen zu erreichen. Ist man im Zugflow, will man manchmal gar nicht mehr ankommen, sondern immer weiter von Bahnhof zu Bahnhof fahren.
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