Als der Führer am Osterei knabberte

Was machen 27 argen­ti­ni­sche Kon­di­to­ren mit Unmen­gen von Scho­ko­la­de??

Rich­tig. Sie bau­en, pünkt­lich zum Oster­fest, ein gigan­ti­sches Scho­ko­la­den­os­ter­ei – so gesche­hen im argen­ti­ni­schen Bari­lo­che. 

Und wenn sich ein­mal so viel Schaf­fens­kraft mit so viel lecke­rer Scho­ko­la­de ver­eint, war­um dann nicht einen Welt­re­kord auf­stel­len? Da zau­dern die Argen­ti­ni­er nicht lan­ge. Nach zwei Wochen des Kon­di­to­rie­rens ist das Pro­jekt fer­tig. Das Scho­ko­ei wiegt statt­li­che 7,5 Ton­nen und misst knap­pe 9 Meter.

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Und damit nicht genug der Scho­ko­la­den­zau­ber­kunst. Gleich dazu wird mit gro­ßem Tra­ra der ver­meint­lich längs­te Scho­ko­rie­gel der Welt prä­sen­tiert. Argen­ti­ni­er mögen näm­lich kei­ne hal­ben Sachen.

Das pata­go­ni­sche Bari­lo­che ist jedoch nicht nur wegen der ange­streb­ten Welt­re­kor­de berühmt für sei­ne her­aus­ra­gen­de Scho­ko­la­de. Bari­lo­che ist qua­si die Scho­ko­la­den­haupt­stadt Argen­ti­ni­ens. Das wis­sen wir bereits, seit­dem wir das ers­te Mal einen Fuß auf die­sen Kon­ti­nent gesetzt haben. Die meist­ver­kauf­te Eis­sor­te hier heißt näm­lich zwei­fels­oh­ne: Cho­co­la­te de Bari­lo­che. 

An jeder Stra­ßen­ecke öff­net ein rie­si­ges Scho­ko­la­den­fach­ge­schäft neben dem ande­ren sei­ne Türen. Hier wird alles ver­kauft, was sich in der fei­nen Süßig­keit dar­stel­len lässt. Vom Werk­zeugset bis zu Mickey Mou­se. Trüf­fel und Pra­li­nen sta­peln sich in meter­lan­gen Vitri­nen und schach­tel­wei­se wer­den die klei­nen Lecke­rei­en über die The­ken gereicht.

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Im Scho­ko­la­den­mu­se­um schlür­fen wir gemüt­lich hei­ße Scho­ko­la­de, wäh­rend wir uns über die posi­ti­ven Eigen­schaf­ten des Kakao­pro­duk­tes infor­mie­ren. Scho­ko­la­de macht glück­lich, wirkt aphro­di­sie­rend und bringt den Kreis­lauf in Schwung. Wenn das so ist: Mehr davon! 

Wer sein Geld jedoch nicht nur in Scho­ko­la­de inves­tie­ren möch­te, dem bie­tet Bari­lo­che auch eine Rei­he ande­rer Mög­lich­kei­ten das Gespar­te auf den Kopf zu hau­en. Boti­quen, Restau­rants und Sou­ve­nir­shops säu­men die Stra­ßen im Zen­trum und quet­schen sich in die Lücken, die die Scho­ko­la­den­fach­ge­schäf­te ihnen las­sen. 

Das freut vor allem die argen­ti­ni­sche Schi­cke­ria, die hier ger­ne ihren Jah­res­ur­laub ver­bringt. Das Nacht­le­ben ist berüch­tigt und wird von unzäh­li­gen, frisch absol­vier­ten Abitu­ri­en­ten bestimmt, die aus dem gan­zen Land hier­her pil­gern.

Wer von all der Nasche­rei und dem vie­len Bier die Nase voll hat, der begibt sich in die nahe Umge­bung, um eini­ge der spek­ta­ku­lärs­ten Pan­ora­ma­bli­cke zu bewun­dern, die Pata­go­ni­en zu bie­ten hat.

Die Aus­sicht vom Cer­ro Cam­pana­rio ist atem­be­rau­bend. Wei­te, grü­ne Wäl­der, leuch­tend blaue Seen, klei­ne und gro­ße Inseln und die mas­si­ven Anden lie­gen wie gemalt vor uns. 

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Vom Cer­ro Cate­dral, Bari­lo­ches Ski­re­sort, schweift der Blick über die zer­klüf­te­te Fels­land­schaft. Im Win­ter stür­zen sich hier hun­der­te Ski­fah­rer und Snow­boar­der die Pis­ten hin­un­ter. Noch liegt jedoch kein Schnee und statt in strah­len­dem Weiß erhe­ben sich die Ber­ge in Grau- und Bei­getö­nen. Dun­kel­rot leuch­tet das Laub der Bäu­me an den Hän­gen der Anden. Eine Land­schaft, die ger­ne auch als argen­ti­ni­sche Schweiz bezeich­net wird.

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Bereits in Bari­lo­che, idyl­lisch am Ufer des Sees Nahuel Hua­pi gele­gen, fin­den wir zwi­schen den klo­bi­gen Hotel­ge­bäu­den im 70er-Jah­re-Schick eini­ge sehr ansehn­li­che Holz­häu­ser im Alpen­stil. Deut­sche, Schwei­zer und Öster­rei­cher übten zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts gro­ßen Ein­fluss auf den Ort aus, der sich nicht nur in der Archi­tek­tur wider­spie­gelt. So fin­den wir Restau­rants mit lecke­rem Käse-Fon­due und das bes­te Eis der Stadt essen wir bei Tan­te Fri­da

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Zum argen­ti­ni­schen Alpen­fee­ling gehö­ren auch rie­si­ge, zot­te­li­ge Bern­har­di­ner, die mit blut­un­ter­lau­fe­nen Augen und Schnaps­fäss­chen unterm Kinn gegen Bezah­lung jedem Fami­li­en­ur­laubs­fo­to das Sah­ne­häub­chen auf­set­zen.

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Bespiel­haft für die  Alpe­n­imi­gra­ti­on ist die klei­ne Gemein­de Colo­nia Sui­za – ein Eben­bild der Schweiz, zumin­dest nach argen­ti­ni­schen Vor­stel­lun­gen. Eine Hand voll nett anzu­se­hen­der Holz­häu­ser und ein Restau­rant namens „Hei­di“ sind jedoch die ein­zi­gen erkenn­ba­ren Hin­wei­se auf die neu­tra­le Alpen­na­ti­on. 

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Im städ­tisch geschütz­ten Park Llao-Llao wan­dern wir ein paar Stun­den durch die Wäl­der, deren Anblick wir bereits vom Cer­ro Cam­pana­rio aus bewun­dern durf­ten. Zwi­schen rie­si­gen Bäu­men säu­men auch Bam­bus­ge­wäch­se unse­ren Weg. Vom ewig wehen­den, pata­go­ni­schen Wind geformt, hän­gen sie wie ein natür­li­ches Dach über dem Pfad.  

Die roten Stäm­me der Mry­ten schei­nen durch das Unter­holz, wäh­rend wir am Ufer eines der vie­len Seen ent­lang wan­dern. Aus dem dich­ten Wald her­aus eröff­nen sich uns immer wie­der Aus­bli­cke auf das Was­ser, aus dem hier und da klei­ne Inseln auf­ra­gen.   

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Eine die­ser Inseln, so erzählt man sich in der Gegend, habe eine beson­de­re Ver­gan­gen­heit. Ver­schwö­rungs­theo­rien geis­tern durch den Raum, die von Deutsch­land, den Nazis und einem gewis­sen Adolf H. spre­chen. 

Es heißt, dass der klei­ne Mann mit Schnub­bi nach dem Krieg in einem U‑Boot bis nach Bue­nos Aires und von dort wei­ter bis nach Bari­lo­che ent­kam. Hier, in der argen­ti­ni­schen Schweiz, gefiel es ihm so gut, dass er sich eine rie­si­ge Vil­la auf einer abge­schirm­ten, vom argen­ti­ni­schen Mili­tär bewach­ten Insel bau­en ließ und fried­lich und zufrie­den bis in die 1960er Jah­re leb­te. 

Ver­meint­li­che Augen­zeu­gen­be­rich­te und eini­ge ver­öf­fent­lich­te Bücher haben die­se Idee in den Köp­fen der Argen­ti­ni­er fest ver­an­kert. Zweif­lern an die­ser Theo­rie wird immer wie­der die sel­be Fra­ge gestellt: Wo sind die Bewei­se für den angeb­li­chen Selbst­mord und wo zum Teu­fel ist die Lei­che? Und genau für die­sen Fall gibt es ein tref­fen­des argen­ti­ni­sches Sprich­wort: Si no hay cuer­po, no hay muer­to – Ohne Lei­che, kei­nen Toten. So ein­fach ist das.

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Antworten

  1. Avatar von Mauritius Expertin

    hey,

    das ist ein sehr schö­ner Bericht. Ich glau­be nicht da sich dahin gehen muss. Ich lie­be Scho­ko­la­de. Ich glau­be ich wür­de ganz viel zuneh­men. Nicht so eine gute vor­aus­sicht. Was hat euch den am bes­ten gefal­len in Bari­lo­che?

    1. Avatar von Morten & Rochssare

      … die Scho­ko­la­de natür­lich 🙂

  2. Avatar von Maik

    Mal abge­se­hen von der Land­schaft ist das Gan­ze für mich eher abschre­ckend.

    1. Avatar von Morten & Rochssare

      Abschre­ckend, aber vor allem erschre­ckend. Die Geschich­te um Hit­lers angeb­li­chen Ruhe­sitz hat schon etwas Ver­stö­ren­des an sich. Schlimm genug, dass sich ande­re Nazi­grö­ßen wie z.B. Erich Prieb­ke nach dem 2. WK sehr wohl in Bari­lo­che gefühlt haben…

  3. Avatar von Alexander

    Lecker 😀 – und vie­len Dank für die tol­len Auf­nah­men. Pata­go­ni­en steht bei mir auf jeden Fall auch noch an.

    LG

    Alex

    1. Avatar von Morten & Rochssare

      Rich­tig lecker wur­de es dann am Oster­sonn­tag. Da wur­de das Ei unter gro­ßem Jubel zer­bro­chen und an die schau­lus­ti­ge Men­ge ver­teilt. Ein rie­si­ges Spek­ta­kel!

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