Viele Jahr­zehnte ver­bo­ten, hat der Absinth für Mari­anna Hill­mer nur an Reiz gewon­nen. Sie reist in die Schwei­zer Region Jura & Drei-Seen-Land auf der Suche nach dem Ursprung der grü­nen Fee.

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„Nicht so, ich zeig’s Ihnen. Sie legen den Löf­fel auf das Glas, in dem der Absinth schon war­tet. Dann legen Sie ein Stück Zucker auf eben­die­sen Löf­fel, des­sen eigen­ar­tige Form Ihnen sicher nicht ent­gan­gen ist. Dann gie­ßen Sie sehr lang­sam Was­ser auf das Zucker­stück, das zer­geht. Ein frucht­ba­rer sacha­r­in­hal­ti­ger Regen tröp­felt ins Eli­xier und macht es wol­kig. Gie­ßen Sie wei­ter Was­ser hinzu, es perlt und perlt – und so wei­ter, bis der Zucker zer­gan­gen ist, aber bevor das Eli­xier eine zu wäss­rige Kon­sis­tenz erreicht.“

Aus Der Flug des Ika­rus von Ray­mond Que­neau.

 
Pein­lich berührt krame ich beim Lesen in mei­nem Gedächt­nis. War das damals vor 16 Jah­ren wirk­lich Absinth, was ich glaubte zu trin­ken? Es schmeckte nach Anis, war ziem­lich hoch­pro­zen­tig, es waren Zucker­wür­fel auf Löf­fel im Spiel, die Ver­lo­ckung des Ver­bo­te­nen schwebte in der Luft, aber statt Was­ser nutz­ten wir Feuer.

Nico­las Giger, Absinth-Ken­ner und Vater der soge­nann­ten Absinth-Straße, ver­zieht das Gesicht ob mei­ner Schil­de­rung. Ruhig hebt er sein Glas, riecht am trü­ben Inhalt und nimmt einen Schluck Absinth, den wir hier gerade im Wald bei einer Wan­de­rung gefun­den haben und mit fri­schem Quell­was­ser ver­dünnt haben.

„Oui… das war Absinth, was sie tran­ken, aber sie haben ihn mit dem kara­mel­li­sier­ten Zucker ver­schan­delt und den fei­nen Geschmack ver­nich­tet. Die­ses Feuer-Ritual ist in den 1990er Jah­ren von einer tsche­chi­schen Bren­ne­rei erfun­den wor­den, um das Getränk attrak­ti­ver zu machen. In der Schweiz trinkt man Absinth nur mit Was­ser ver­dünnt, auch ohne Zucker, wie es die Fran­zo­sen tra­di­tio­nell tun.“

An der Fon­taine à Louis bei Môtiers, einem Dorf im Jura & Drei-Seen-Land in der Schweiz, wird seit Jahr­zehn­ten ein Fläsch­chen Absinth zwi­schen den Baum­wur­zeln ver­steckt, nur Ein­ge­weihte ken­nen das Geheim­nis. Der Brauch stammt aus der Zeit der Prohibition.

Das Ver­steck am Brun­nen


„Wis­sen Sie“, fährt Nico­las Giger fort, „der Absinth stammt genau von hier, aus dem Val-de-Tra­vers. Hier ist seine Wiege, nicht in Frank­reich, wie man fälsch­li­cher Weise glaubt.“

Das ist einer mei­ner Gründe, hier­her ins Jura & Drei-Seen-Land zu rei­sen, um dem Mythos Absinth auf die Spur zu kommen.

Zwi­schen Nadel­bäu­men und Buchen spa­zie­ren wir durch den Wald, der im Jura vor allem durch seine rie­si­gen Fich­ten auf­fällt. Die wich­tigs­ten Kräu­ter für die Absinth­her­stel­lung wach­sen hier im Wald, wie Wer­mut, Zitro­nen­me­lisse, Pfef­fer­minze. „Der Absinth besteht nicht nur aus Wer­mut, son­dern aus einer Viel­zahl von Kräu­tern. Jede Bren­ne­rei hat ihr eige­nes Rezept“, erklärt uns Herr Giger wei­ter. Es ist Hoch­som­mer, recht heiß und die Wan­de­rung durch den Wald bie­tet uns eine ange­nehme Fri­sche und Schat­ten, der per­fekte Ort um Herrn Giger zu lauschen.

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Das erste Absinth­re­zept stammt von einem in Neu­châ­tel ansäs­si­gen Arzt, Pierre Ordi­naire, aus dem Jahre 1792. Er hatte ver­schie­dene Kräu­ter aus dem Val-de-Tra­vers ein­ge­legt, destil­liert und nutzte das Pro­dukt als Medi­ka­ment gegen aller­lei Krank­hei­ten. Zuerst nur als Medi­ka­ment erhält­lich, gewann der Absinth wegen sei­ner ange­neh­men Trink­ei­gen­schaft schnell an Popu­la­ri­tät. Henri-Louis Per­nod eröff­nete 1805 eine Bren­ne­rei im fran­zö­si­schen Pon­tar­lier, ein paar Kilo­me­ter hin­ter der Grenze. Von dort machte der Absinth eine welt­weite Karriere.

Ein wei­te­rer Export­schla­ger aus dem Jura & Drei-Seen-Land ist der Tête De Moine, eine mei­ner Lieblingskäsesorten.

Das ist der Käse, der immer in die­sen hüb­schen Hobel­ro­set­ten ser­viert wird. Seit über 800 Jah­ren wird er in Bell­elay pro­du­ziert. Über­setzt heißt er Mönchs­kopf, weil die Mönchs­fri­sur an den ange­ho­bel­ten Käse­leib erin­nert, erzählt man uns schmun­zelnd beim Einkauf.

Der Tête de Moine ist älter als die Schwei­zer Eid­ge­nos­sen­schaft (1291). Bereits im 12. Jahr­hun­dert wird er in Zusam­men­hang mit dem Klos­ter Bell­a­lay erwähnt. Heute wird er in weni­ger als zehn Käse­reien hergestellt.

Er ist einer der weni­gen Schwei­zer Käse, die über eine geschützte Ursprungs­be­zeich­nung AOP ver­fü­gen. Trotz­dem gibt es viele ille­gale Kopien. Seit eini­ger Zeit ver­steckt man bei der Her­stel­lung eine spe­zi­elle DNA, um die Fäl­schun­gen zu enttarnen.

Der Tête de Moine reift ein Vier­tel­jahr auf Tan­nen­bret­tern. Ser­viert wird er nicht in Schei­ben, son­dern hauch­fein geschabt. In der Manu­fak­tur erzählt man mir eine nette Anek­dote dazu: Die Mön­che hät­ten nachts heim­lich vom Käse geges­sen, damit man das aber am nächs­ten Tag nicht sieht, haben sie den Deckel abge­schnit­ten und vom Laib geschabt.

Bewaff­net mit Baguette und einem Tête De Moine ent­schei­den wir uns spon­tan für ein Pick­nick am nahe­ge­le­gen See Étang de la Gruère. Tief­grüne Nadel­wäl­der und Moor säu­men den in sich ver­schlun­ge­nen See. In einer klei­nen Lich­tung set­zen wir uns und genie­ßen die Stille und das seichte Plät­schern des Sees.

Der Étang de la Gruère ist ein gestau­ter Moor­see und ein Naturschutzgebiet.

Im 17. Jahr­hun­dert wurde der Teich gestaut, um eine Mühle zu betreiben.

Torf­moos, Moor­bee­ren, Hei­de­beer- und Ros­ma­rin­sträu­chern wach­sen am Ufer.

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SOLOTHURN

IM RAUSCH

17 Uhr, Zeit für die grüne Fee! Nicht nur in Paris wird Absinth zu einem fes­ten Bestand­teil des Tages. Doch die Kon­kur­renz schaut nicht lange zu…

Was in den letz­ten Jah­ren der Ape­rol Spritz und sein Nach­fol­ger der Hugo ist, war im aus­ge­hen­den 19. Jahr­hun­dert der Absinth. Er ist ange­sagt, jeder der was auf sich hält bestellt ihn und wehe man gibt sich die Blöße noch nicht davon gehört zu haben. Poe­ten und Künst­ler fin­den ihre Inspi­ra­tion im Absinth­glas. Gepaart mit der Ent­fal­tung des Jugend­stil, der von orga­ni­schen For­men aus der Natur geprägt ist, wird der Absinth zum Teil die­ser Kunst­strö­mung, gibt ihr Kon­tu­ren, Geschmack und Farbe. Die grüne Fee, wie der Absinth bald genannt wird, wird zur Muse der Künst­ler, sie fin­det sich bei Manet, Degas, Picasso, Cour­te­line, Van Gogh und Tou­louse-Lautrec. Bald trinkt man ihn nicht nur in der Schweiz und Frank­reich, son­dern auch in Mai­land, Brüs­sel und Prag; und Über­see, in den Kolo­nien möchte man sich das begehrte Getränk natür­lich auch nicht ent­ge­hen lassen.

Es ist 17 Uhr: Auf den Tischen wer­den Was­ser­ka­raf­fen ver­teilt, Stiel­glä­ser aus Kris­tall, Zucker­do­sen und ele­gant per­fo­rierte Sil­ber­löf­fel. Manch­mal auch eine Was­ser­fon­taine. Gleich wer­den die Fla­schen ser­viert. Die Zere­mo­nie beginnt und bekommt sogar ihren eige­nen Namen: Die Grüne Stunde.

Das Ritual des Absinth Trin­kens mit sei­nen dazu­ge­hö­ri­gen Objek­ten ver­lei­hen dem Trank etwas mys­ti­sches und spirituelles.

In Solo­thurn ste­hen wir vor der Absinth­bar „Die Grüne Fee“. Ich kann mir die Stim­mung die­ser Zere­mo­nie nur allzu gut vor­stel­len. Würde ich nicht stil­len, hätte ich mich defi­ni­tiv dazu ver­lei­ten las­sen dies­mal mit dem rich­ti­gen Ritual – ohne Feuer – der Grü­nen Stunde zu hul­di­gen. Charles Cros beschrieb sie reizvoll:

„Wie in einer Hän­ge­matte geschau­kelt schwan­ken und dre­hen sich die Gedan­ken in die­ser Stunde, in der jeder Magen in einer Flut von Absinth ertrinkt.“

Anfäng­lich rela­tiv teuer, wird der Absinth bald ein erschwing­li­ches Getränk, güns­ti­ger als Wein und Bier. Seine Popu­la­ri­tät steigt wei­ter und der Kon­sum explo­diert. Täg­lich fin­det man sich zur Grü­nen Stunde ein. Im Val-de-Tra­vers wer­den 400.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter mit Wer­mut bebaut. Per­nod pro­du­ziert um die Jahr­hun­dert­wende täg­lich 20.000 Liter Absinth.

Nicht jeder ist mit die­ser Mono­kul­tur und Schwär­me­rei glück­lich. Den Bier­brau­ern, Bren­ner ande­rer Spi­ri­tuo­sen und nicht zuletzt den Win­zern ist der Absinth ein Dorn im Auge. Die euro­päi­sche Wein­in­dus­trie hat Ende des 19. Jahr­hun­derts mit einer ver­hee­ren­den Reb­laus­plage zu kämp­fen, die Wein­pro­duk­tion bricht ein, die Ver­kaufs­zah­len sind katastrophal.

Stim­men erhe­ben sich, man sagt der Absinth mache verrückt.

Man mun­kelt das Thu­jon, was im Wer­mut ent­hal­ten ist, seien mikro­sko­pisch kleine Tier­chen, die das Ner­ven­sys­tem angrei­fen. Die Presse, Kir­che, Ärzte, Wis­sen­schaft­ler, Gewerk­schaf­ten und Abs­ti­nenz­ler­ver­bände stüt­zen diese The­sen. Unsi­cher­heit macht sich breit. Im Absinth-Rausch schnei­det Van Gogh sich das Ohr ab und 1905 tötet ein Land­ar­bei­ter in der Schwei­zer Gemeinde Commugny unter dem Ein­fluss von Absinth seine Frau und seine bei­den Töchter.

Ver­bre­chen, Sit­ten­ge­schich­ten, die Gesell­schaft hat für all diese Übel end­lich einen Sün­den­bock gefun­den: der Absinth!

In Commugny, es sei bei­läu­fig erwähnt, dass es sich um ein Wein­dorf han­delt und der Täter tags­über meh­rere Liter Wein kon­su­miert hatte, nimmt eine Initia­tive ihren Anfang, die schließ­lich dazu führt, dass das Schwei­zer Volk am 5. Juli 1908 den Absinth ver­bie­tet. 63% der Schweiz stimm­ten für das Absinth­ver­bot. 1910 macht das „Bun­des­ge­setz über das Absinth­ver­bot“ dem Rausch ein Ende. Fortan sind Her­stel­lung, Ein­fuhr, Trans­port, Ver­kauf und Auf­be­wah­rung von Absinth verboten.

Auch in Deutsch­land, Frank­reich und den USA wurde der Absinth ver­bo­ten. Wann wurde er eigent­lich wie­der zuge­las­sen, wurde er das offi­zi­ell über­haupt? Irgend­wie schwirrt ein Gerücht herum es sei ver­bo­ten und gefähr­lich zu trin­ken. Stimmt das? Ich begebe mich auf die Suche nach einem, der es wis­sen muss: Willy Bovet, ein ehe­ma­li­ger Schwarz­bren­ner aus Môtiers.

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VAL-DE-TRAVERS

BEI DEN GALLIERN

Nein, Gal­lier sind die Bewoh­ner des Val-de-Tra­vers sicher nicht. Doch um ihren spe­zi­el­len Zau­ber­trank kämp­fen sie genauso lis­tig und unver­dros­sen wie Aste­rix und seine Freunde.

„Hier im Val-de-Tra­vers war man wie bei den Gal­li­ern, man hat der Ver­bot ein­fach igno­riert“, hatte uns im Wald Nico­las Giger schmun­zelnd erzählt. Ich bin neu­gie­rig was er damit genau meint und wie es nach dem Ver­bot wei­ter­ging. In Môtiers besu­chen wir Willy Bovet und seine Toch­ter, einen ehe­ma­li­gen Schwarz­bren­ner bzw. Wider­stands­kämp­fer, wie er sich nennt. Er schil­dert uns die Zeit nach dem Ver­bot und wie er zum Absinth­bren­nen kam.

Viele Bren­ne­reien muss­ten schlie­ßen, doch im Unter­grund wer­den neue Bren­ner aktiv. Die Stim­mung riecht nach Wider­stand, trotz des Geset­zes über­lebt das Pro­dukt. Auf den Dach­bö­den ver­brei­ten die Pflan­zen wei­ter­hin ihren Duft. In den Kel­lern sind getarnte Destil­lier­ap­pa­rate ver­steckt. Jeder weiß was es heißt, wenn der Geruch von Anis durch die Gas­sen schweift.

Doch mit dem Ver­bot geht das gesamte Ritual ver­lo­ren. Fon­tä­nen, Löf­fel, Stiel­glä­ser und die stim­mungs­vol­len Wer­be­pla­kate ver­schwin­den aus den Knei­pen. Das Getränk muss dis­kret ver­kos­tet wer­den. Man erfin­det Deck­na­men. Zie­gen­milch, Tiger­milch, Molke, Jura­milch und Glet­scher­was­ser wer­den in Ovo­mal­ti­ne­be­chern getarnt serviert.

Die Ein­woh­ner des Val-de-Tra­vers pro­du­zie­ren, ver­kau­fen und trin­ken wei­ter­hin Absinth.

Um beim Han­del jeden Ver­dacht zu ver­mei­den ver­wen­det man auch hier Code­wör­ter. Wenn man im Val-de-Tra­vers zum Bei­spiel Kanin­chen bestellte, orderte man eigent­lich Absinth. Die Toch­ter von Willy Bovet erzählt uns, wie es für sie als Kind war.

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Willy Bovet hat 1973 mit der Her­stel­lung von ille­ga­lem Absinth begon­nen, durch einen Zufall, wie er berich­tet: „1973 begeg­nete ich Mar­cel Lebet, Le Taub genannt, der mir einen Destil­lier­ap­pa­rat anbot. Wozu, fragte ich etwas dumm und er antwortete:

‚Aber Willy, im Val-de-Tra­vers… um Absinth zu machen.‘

Als ich meine Eltern fragte mir 800 Fran­ken – damals eine ziem­lich große Summe – zu lei­hen, wei­ger­ten sie sich kate­go­risch. Dann fragte ich meine Groß­mutter Som­mer, die in Môtiers einen Laden hatte. Sie lieh mir das Geld sofort. Ich fing an, weil sich die Gele­gen­heit dazu ergab.“

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Die Destil­la­tion wird zur Neben­be­schäf­ti­gung, kein Bren­ner kann davon leben. Die meis­ten sind in der Uhren­in­dus­trie tätig, wie auch Willy Bovet und Nico­las Giger. Die Schweiz ist für ihre hoch­wer­tige Uhren­in­dus­trie welt­weit bekannt. Mit­tel­punkt die­ses Hand­werks bil­dete schon immer La Chaux-de-Fonds, das 2009 zum UNESCO Welt­kul­tur­erbe ernannt wurde. Eine Stadt mit ganz spe­zi­el­lem Cha­rak­ter. Ich habe ein beschau­li­ches Dorf erwar­tet, vor mei­nem inne­ren Auge schwebte mir eine Art Rothen­burg ob der Tau­ber vor. Emp­fan­gen hat mich eine avant­gar­dis­ti­sche Fabrik­stadt, erbaut nach den Bedürf­nis­sen des Uhren­hand­werks im 19. Jahr­hun­dert. Die Hel­lig­keit der Räume ist aus­schlag­ge­bend für die Qua­li­tät der Uhren.

Eine Stadt ohne Schat­ten, so fühlt sich unser Spa­zier­gang in der Mit­tags­sonne im August zumin­dest an. Die Stras­sen sind pfeil­ge­rade, ewig lang und enorm breit ange­legt, die Gebäu­de­mas­sive sind der Sonne zugewandt.

Von außen wir­ken die Gebäude wie bür­ger­li­che Häu­ser, doch im 19. Jahr­hun­dert ver­ein­ten sie Uhren­werk­stät­ten und Arbei­ter­woh­nun­gen. Das Erd­ge­schoss fällt durch hohe Fens­ter­fas­sa­den auf, direkt dahin­ter befan­den sich die Werk­bänke, um vom idea­len Tages­licht zu pro­fi­tie­ren. In den obe­ren Geschos­sen wohnte man. Durch die Breite der Stras­sen ist gewähr­leis­tet, dass die Gebäude ein­an­der kein Licht rauben.

Beein­druckt von die­ser Städ­te­pla­nung suchen wir Zuflucht auf dem Was­ser, es ist zu heiß. Wir tuckern gemüt­lich auf dem Doubs, der Grenze zu Frank­reich, der sich fjord­ar­tig durch das Jura­ge­birge schlängelt.

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Am nächs­ten Mor­gen begebe ich mich wie­der auf die Spu­ren der Schwarz­bren­ner. Das ehe­ma­lige Gerichts­ge­bäude von Môtiers beher­bergt heute das lie­be­voll kura­tierte Absinth-Museum Mai­son de l’Absinthe. Bei dem Rund­gang wird schnell klar, dass die Schwarz­bren­ne­rei durch­aus gefähr­lich war. Einige brann­ten heim­lich in den gros­sen Wäl­dern des Jura. Die blick­dich­ten Wäl­der waren per­fekt dafür geeig­net. Zwi­schen rie­si­gen Fich­ten, Kie­fern und Tan­nen ver­steckt destil­lierte man mas­kiert den ver­bo­te­nen Trank.

Doch Denun­zia­tio­nen folg­ten Pro­zesse und gewal­tige Stra­fen. Die Zer­stö­rung des Destil­lier­kol­bens, Beschlag­nah­mung des pro­du­zier­ten Absinths und eine saf­tige Geld­strafe droh­ten der ille­ga­len Brennerei.

1960 ist ein düs­te­res Jahr für die wider­spens­ti­gen Bren­ner. Die Ber­ner Alko­hol­ver­wal­tung führt rie­sige Raz­zien im Val-de-Tra­vers durch. Früh mor­gens, die Poli­zis­ten sind über­all. Haus­durch­su­chun­gen. Pfer­de­wä­gen wer­den mit den beschlag­nahm­ten Brenn­kes­seln bela­den und demons­tra­tiv abtrans­por­tiert. Hun­derte Liter Absinth wer­den konfisziert.

Am 30. Mai 1962 möchte die Jus­tiz ein wei­te­res Zei­chen set­zen. In einem Stein­bruch von Môtiers wird der heim­lich gebrannte Absinth mit gela­de­ner Presse ver­nich­tet. Böse Zun­gen tuschel­ten zu jener Zeit bereits, dass dabei nur ein Teil ver­nich­tet wor­den sei, der weit­aus grö­ßere Teil hätte direkt nach der Raz­zia zwei Jahre zuvor den Weg in die Kel­le­rei des Neu­en­bur­ger Schlos­ses gefun­den, dem Sitz der Kantonsregierung.

Bei mei­nem Besuch im Mai­son de l’Absinthe erzählt mir die Kura­to­rin, dass sie neu­lich einen Besu­cher durch die Aus­stel­lung beglei­tet hat, der auf einem der Raz­zia-Fotos von 1962 einen Poli­zis­ten als sei­nen Groß­va­ter erkannte und laut los­lachte. Das Ganze sei nur für die Jour­na­lis­ten insze­niert gewe­sen, hätte sein Groß­va­ter immer erzählt. Man hatte eine Grube aus­ge­ho­ben, Zink­wan­nen dar­un­ter gestellt, ein Git­ter ver­legt und das alles mit sau­be­rem Kies bedeckt. Als die Poli­zei den Absinth dort ver­goss, hat­ten die Bren­ner ihn unten wie­der auf­ge­gan­gen und neu auf­be­rei­tet. Dann brachte man ihn in den Kel­ler des Neu­en­bur­ger Schlos­ses (da sol­len bis heute noch gute Trop­fen liegen).

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NEUCHÂTEL

DIE AFFÄRE

Ein Fran­zose isst ein Des­sert, wor­auf­hin ein in die Schwei­zer Ver­fas­sung geschrie­be­nes Ver­bot wankt.

Diese beson­de­ren Vor­räte wollte der Koch des Neu­en­bur­ger Schlos­ses Palais DuPey­rou wohl nut­zen, als der fran­zö­si­sche Staats­prä­si­dent Fran­cois Mit­te­rand 1983 auf Ein­la­dung des Bun­des­ra­tes von der kan­to­na­len Regie­rung emp­fan­gen wird.

Wie üblich wer­den die Menüs einen Tag vor­her den Jour­na­lis­ten zur Bericht­erstat­tung vor­ge­legt. Als Vor­speise wird Schin­ken mit Melone auf­ge­tischt, gefolgt von einer Lachs­fo­relle und zum Des­sert souf­flé glacé à la Fèe.

Skan­dal!

In der Schweiz und Frank­reich, wo der Absinth seit 1915 ver­bo­ten ist, über­schlägt sich die Presse ob die­ser Affäre. Wie kann man es wagen, dem fran­zö­si­schen Prä­si­den­ten den ver­bo­te­nen Trank zu servieren!

Das souf­flé glacé à la Fèe wird Gegen­stand eines lan­gen juris­ti­schen Nach­spiels. Der Koch wird mit sofor­ti­ger Wir­kung vor die Tür gesetzt, sein Pro­zess dau­ert zwei Jahre. Mit­te­rand hat natür­lich negiert es ange­tas­tet zu haben.

Es ver­ge­hen noch wei­tere 30 Jahre bis man den Absinth in der Schweiz straf­frei genie­ßen kann. Am 1. März 2005 wird die Her­stel­lung und der Ver­kauf in der Schweiz wie­der lega­li­siert. In Deutsch­land war er seit 1998, in den USA ab 2007 und in Frank­reich ab 2011 erlaubt. Im Laufe der Zeit fan­den Wis­sen­schaft­ler her­aus, dass das Thu­jon keine klei­nen Tier­chen sind, die das Ner­ven­sys­tem angrei­fen, son­dern die Sym­ptome des soge­nann­ten Absinthis­mus die glei­chen sind wie beim Alko­ho­lis­mus. Der Thu­jon­ge­halt im Absinth war nie hoch genug, um toxisch wir­ken zu kön­nen.

 

Neu­châ­tel, im deut­schen Neu­en­burg genannt, liegt am Ufer des Neu­en­bur­ger­sees und geht auf das 12. Jahr­hun­dert zurück.

Heute ist die Stadt vor allem durch die Belle Epo­que geprägt.

Am bes­ten lässt sich die Stadt am See­ufer oder oben auf dem Schloss­hü­gel genießen.

Heute fei­ert der Absinth seine Reha­bi­li­ta­tion. Ein Anlie­gen was Nico­las Giger sehr am Her­zen liegt, wes­halb er die Absinth-Strasse ins Leben rief. Eine Route zwi­schen der Schweiz und Frank­reich, die das kul­tu­relle und wirt­schaft­li­che Erbe erhal­ten und für Gäste zugäng­lich machen soll. Es ist auch eine Aner­ken­nung an den Mut der Schwarz­bren­ner. Die Frauen und Män­ner die sich über das Ver­bot hin­weg­setz­ten hiel­ten ein altes zur Geschichte der Gegend gehö­ren­des Know-How am Leben. Ohne sie hätte der Absinth im Val-de-Tra­vers wohl nicht überlebt.

Der Apé­ri­tif und sein Aroma sind auch in der fei­nen Küche des Jura & Drei-Seen-Lan­des ein­ge­gan­gen. Im Bocca kann man „Féra-Filet aus dem Neu­en­bur­ger­see an Absinth“ kos­ten. Ich möchte aber unbe­dingt das ver­ruchte souf­flé glacé à la Fèe probieren.

Die Abend­stim­mung auf der Ter­rasse des Hôtel Alpes et Lac in Neu­châ­tel mit famo­sen Blick über die Dächer der Stadt, den See und dem seich­ten Berg­pan­orama sind der ideale Moment für das berühmte Dessert.

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Infos & Empfehlungen

Auf der Web­seite des Jura & Drei-Seen-Lan­des fin­den sich Infor­ma­tio­nen zu den ver­schie­de­nen Kan­to­nen, Akti­vi­tä­ten und Veranstaltungen.

Die Absinth-Strasse ist ein grenz­über­schrei­ten­des Pro­jekt zwi­schen der Schweiz und Frank­reich. Ent­lang der Route kann man die his­to­ri­schen Orte, Museen, Bren­ne­reien, Kuli­na­ri­sches und Lite­ra­ri­sches rund um die Grüne Fee entdecken.

Das Mai­son de l’Absinthe befin­det sich heute im ehe­ma­li­gen Gerichts­ge­bäude von Môtiers, wo auch einige Schwarz­bren­ner ver­ur­teilt wur­den. Neben der per­ma­nen­ten Aus­stel­lung, gibt es dort eine Absinth-Bar und ein Labor, wo man dem Absinth wis­sen­schaft­lich auf die Spur kom­men kann.

Cate­go­riesJura & Drei-Seen-Land

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