Winterflucht auf Brasilianisch – Reise entlang der Ostküste

Bra­si­li­en stand seit Jah­ren ganz oben auf mei­ner Lis­te. Als aus­ge­mach­ter Por­tu­gal­fan war ich neu­gie­rig. Wie wür­de es wohl sein, das rie­si­ge Land auf der Süd­halb­ku­gel, das nach Flä­che annä­hernd so groß ist wie Euro­pa? Gibt es nach über 300 Jah­ren Kolo­ni­al­herr­schaft der Por­tu­gie­sen Ähn­lich­kei­ten mit dem klei­nen Land im Wes­ten der Ibe­ri­schen Halb­in­sel oder ist es eine Welt für sich? 

Nach lan­gen Über­le­gun­gen die Rei­se­rou­te betref­fend, fiel die Ent­schei­dung (nicht zuletzt auf­grund des Zeit­fak­tors und der Flug­ver­bin­dun­gen) auf Rio de Janei­ro, Tran­co­so und Reci­fe. Der Ama­zo­nas, die Was­ser­fäl­le von Igua­çu, Sal­va­dor de Bahia oder auch die Insel­welt von Fer­nan­do de Noron­ha wür­den erst mal war­ten müs­sen…

Über­ra­schen­der Wei­se reagier­te mein Umfeld auf unse­re Urlaubs­ab­sich­ten anstel­le mit Begeis­te­rung eher mit Zwei­feln. Bra­si­li­en, ernst­haft? Ist das nicht viel zu gefähr­lich? Gras­siert da nicht das Den­gue-Fie­ber? Viel zu teu­er! Da gibt es doch Haie. Nicht, dass du von den Strän­den ent­täuscht bist.
Um es vor­weg­zu­neh­men: Bra­si­li­en ist wun­der­schön – sowohl land­schaft­lich als auch hin­sicht­lich der Men­ta­li­tät der Men­schen, ihrer Kul­tur, Geschich­te und nicht zuletzt kuli­na­risch.

Unse­re Rei­se beginnt Ende Dezem­ber. Es ste­hen nicht nur Weih­nach­ten und Sil­ves­ter vor der Tür, son­dern in Bra­si­li­en sind Som­mer­fe­ri­en. Die Schu­len blei­ben bis Kar­ne­val geschlos­sen. Es ist Fami­li­en­zeit. Abso­lu­te Hoch­sai­son. Teu­er ja, sehr sogar! Egal. Ein­mal Sil­ves­ter an der Copa­ca­ba­na – mit einem Drink in der Hand und den Füßen im Sand… 

Barra de Tijuca – moderner Stadtteil und grüne Oase

Wir lan­den früh­mor­gens in Rio de Janei­ro. Ich bin vom ers­ten Moment an wie elek­tri­siert. Lässt sich von hier aus bereits der Cor­co­va­do sehen? Oder viel­leicht der Zucker­hut? Erst ein­mal ste­hen wir blass und viel zu warm ange­zo­gen in der Schlan­ge zur Immi­gra­ti­on. Und tat­säch­lich wür­de ich mich in punc­to Sehens­wür­dig­kei­ten noch eini­ge Tage gedul­den müs­sen.

Unse­re ers­te Sta­ti­on ist Bar­ra de Tiju­ca, eine gute Auto­stun­de vom Flug­ha­fen ent­fernt und, je nach Ver­kehr, ca. eine hal­be Stun­de west­lich von Ipan­e­ma. Der größ­te und bevöl­ke­rungs­reichs­te Stadt­teil von Rio wur­de bereits in den 1970er Jah­ren ent­wi­ckelt und im Zuge der Olym­pi­schen Spie­le von 2016 noch ein­mal stark aus­ge­baut. Mil­li­ar­den Reais wur­den in die Infra­struk­tur inves­tiert und so ist Bar­ra de Tiju­ca heu­te ein moder­ner und äußerst begehr­ter Ort zum Woh­nen und Urlau­ben mit einer brei­ten Aus­wahl an Shop­ping­malls, Restau­rants, Bars und Clubs. Hin­ter einem 10 km lan­gen Fein­sand­strand (zwi­schen Pra­ia do Recreio im Wes­ten und Pier da Bar­ra im Osten) ver­tei­len sich ver­schie­de­ne Natur­schutz- und Nah­erho­lungs­ge­bie­te nebst zwei Golf­plät­zen (Olym­pic Golf Cour­se und Itan­han­gá Golf Club). Der umlie­gen­de Atlan­ti­sche Regen­wald, Man­gro­ven­wäl­der und Lagu­nen las­sen die ursprüng­li­che Vege­ta­ti­on erah­nen. 

Unser Hotel hat Strand­la­ge, nur getrennt durch die vier­spu­ri­ge Ave­ni­da Lúcio Cos­ta. Nach­dem wir ein­ge­checkt und unse­re Win­ter­kla­mot­ten gegen Bade­sa­chen getauscht haben, machen wir uns auf an den Pra­ia da Bar­ra. Wei­ßer Sand, azur­blau­es Was­ser und aus­rei­chend Son­nen­schir­me bil­den die Kulis­se für unse­ren 1. Weih­nachts­tag. Feliz Natal!

Natür­lich hat­te ich mich im Vor­feld zum The­ma Baden erkun­digt – rund um Rio kann man sorg­los ins Was­ser gehen, wenn­gleich man auf­grund des mit­un­ter star­ken Wel­len­gangs auf­pas­sen soll­te. Ich bin den Atlan­tik gewohnt und gleich­zei­tig über­rascht, wie warm hier das Was­ser ist. 

Am Mit­tag keh­ren wir ein in eines der etli­chen „Pos­tos“ ent­lang der Strand­pro­me­na­de. Die Strand­re­stau­rants und Beach­clubs ser­vie­ren fri­sche loka­le Köst­lich­kei­ten. Der Ser­vice ist super­freund­lich, die Prei­se mode­rat und das Essen top. Wir pro­bie­ren Cas­quin­ha de Siri (mit Krab­ben­fleisch gefüll­te Muschel­scha­len), Cevi­che (in Limet­ten­saft mari­nier­ter roher Fisch) und Moque­ca (Fisch­ein­topf). Mmmmhh… que bom!

Hin­weis: Die Por­tio­nen sind grund­sätz­lich eher groß und rei­chen, je nach Appe­tit, locker für zwei Per­so­nen. Natür­lich gibt es in Bra­si­li­en auch ein gro­ßes Ange­bot an für uns Euro­pä­er gän­gi­ge Küchen – sei es Ita­lie­nisch, Bur­ger oder auch Japa­nisch. Doch ver­su­chen Sie unbe­dingt die bra­si­lia­ni­schen Spei­sen, Sie wer­den erstaunt sein, welch exo­ti­sche Geschmacks­er­leb­nis­se sich auf­tun. 

Die kom­men­den Tage gewöh­nen wir uns an die Zeit­ver­schie­bung und das tro­pi­sche Kli­ma, indem wir dem Müßig­gang am Beach frö­nen. Bei Tem­pe­ra­tu­ren um die 30 Grad und hoher Luft­feuch­tig­keit sind wir über­rascht, wie vie­le Men­schen täg­lich ent­lang der Strand­pro­me­na­de Jog­gen und Rad­fah­ren oder auf der Mara­pen­di-Lagu­ne Rudern und Stand Up Pad­deln.

Rio de Janeiro – kulturelles Erbe und brasilianische Lebensfreude 

Dann wird es Zeit für einen Loca­ti­on­wech­sel. Wir ver­las­sen das beschau­li­che Bar­ra de Tiju­ca und zie­hen um in das quir­li­ge Ipan­e­ma im Süden Rios. Nur getrennt durch den „Pedra do Arpoa­dor“ (belieb­ter Spot der jun­gen Cario­cas bei Son­nen­un­ter­gang!) grenzt der Strand von Ipan­e­ma gleich an die welt­be­rühm­te Copa­ca­ba­na. Bei­de Vier­tel sind bekannt für ihr leben­di­ges und kos­mo­po­li­ti­sches Flair. Strand­kul­tur und Lebens­freu­de sind omni­prä­sent. Ein biss­chen erin­nert mich die Mischung aus Frei­luft-Gyms, Kör­per­kult und einem Hauch von Extra­va­ganz an South Beach, Miami. I love it! 

Am nächs­ten Tag prä­sen­tiert uns Walm­ir sei­ne Stadt. Unser Gui­de spricht acht Spra­chen flie­ßend und führt uns ein­mal quer­feld­ein. Wir besu­chen das Künst­ler­vier­tel San­ta Tere­sa und die berühm­ten „Esca­da­ria Sel­arón“ in Lapa. Das his­to­ri­sche Zen­trum steht eben­so auf dem Plan wie die berühm­te Tri­bü­nen­stra­ße „Sam­bó­dro­mo“. In Lagoa stei­gen wir an der »Estação do Cos­me Vel­ho« in die Zahn­rad­bahn, die uns zum 710m hohen Cor­co­va­do bringt. Lei­der hüllt sich Cris­to Reden­tor an dem Tag in einen Nebel­man­tel, der prak­tisch nichts erken­nen lässt. Umso lau­ter ist der Jubel, als nach kur­zer War­te­zeit die Wol­ken für einen kur­zen Moment auf­rei­ßen und den Blick auf die impo­san­te Sta­tue frei geben (Hin­weis: Ach­ten Sie auf das Wet­ter – auch wenn es in der Stadt warm ist, kann es oben win­dig, kühl und reg­ne­risch sein). 

Am Abend besu­chen wir eine klas­si­sche „Chur­ras­ca­ria“. In der Regel zahlt man in den Loka­len eine Pau­scha­le und kann nach Belie­ben, und wie es der Appe­tit zulässt, ver­schie­de­ne gegrill­te Fleisch­sor­ten pro­bie­ren, die einem die Kell­ner im „rodí­zio“ Prin­zip (in Rota­ti­on) direkt am Tisch ser­vie­ren. Mui­to deli­cio­so!

Für den nächs­ten Nach­mit­tag haben wir eine Boots­tour durch die Gua­nab­a­ra Bucht gebucht. Ab Mari­na da Glória führt die 3‑stündige Segel­tour bei mari­ti­mer Lounge-Musik ent­lang ver­schie­de­ner Sehens­wür­dig­kei­ten, dar­un­ter natür­lich dem Zucker­hut. End­lich! Nach einem Bade­stopp in der para­die­si­schen Bucht des Pra­ia de For­te Bran­co pas­sie­ren wir Niterói auf der gegen­über­lie­gen­den Sei­te der Bucht und die Pon­te Rio-Niterói, die zweit­längs­te Spann­be­ton­brü­cke der Welt, bevor wir in den Hafen zurück­keh­ren. 

Copacabana und die größte Party des Jahres

Das Jah­res­en­de naht und obwohl Hotels und Restau­rants zuneh­mend besuch­ter sind, wirkt die Stadt in kei­ner Wei­se über­voll. Ein­zig an der Copa­ca­ba­na erfol­gen bereits seit eini­gen Tagen die Auf­bau­ten für die größ­te Par­ty des Jah­res. Meh­re­re Büh­nen ver­tei­len sich über den vier Kilo­me­ter lan­gen Strand­ab­schnitt und vor den Top-Loca­ti­ons wer­den die Außen­be­rei­che für die Gäs­te groß­räu­mig abge­sperrt. So kommt auch der Auto­ver­kehr auf dem 6‑spuringen Bou­le­vard der Ave­ni­da Atlan­ti­ca rund um das Neu­jahrs­fest kom­plett zum Erlie­gen. Bes­te Gele­gen­heit für einen aus­führ­li­chen Spa­zier­gang, Jog­ging­run­de oder Fahr­rad­tour. Wir ver­brin­gen den Tag am Strand. Anders als in Bar­ra de Tiju­ca hat das Meer hier mehr Strö­mung und die Strän­de sind ins­ge­samt wesent­lich fre­quen­tier­ter. Neben den pro­vi­so­ri­schen Strand­bars („Quios­ques“ oder auch „Bar­ra­cas“ genannt), die neben der Ver­mie­tung von Schir­men und Lie­gen auch Snacks und Geträn­ke ver­kau­fen, tei­len sich unzäh­li­ge Strand­ver­käu­fer das begehr­te Ter­rain. Bril­len, Taschen, Bade­mo­de, Drinks und Spei­sen in etli­chen Vari­an­ten wer­den hier qua­si wie im Staf­fel­lauf von allen Sei­ten ange­bo­ten. Chill­out lei­der Fehl­an­zei­ge, also erge­ben wir uns kampf­los der quir­li­gen Atmo­sphä­re. 

Für den Abend haben wir in einem der zahl­rei­chen Restau­rants an dem wohl berühm­tes­ten Strand der Welt reser­viert. Wie so häu­fig auf die­sen Events ist das Essen knapp und die Geträn­ke­aus­wahl mini­miert (Hin­weis: der Bra­si­lia­ner an sich trinkt zum Essen eher Long­drinks, denn Wein oder Bier!). Aber was soll’s – der Ser­vice ist super­freund­lich, die Leu­te sind gut drauf und wir sit­zen, am 31. Dezem­ber, in Som­mer­klei­dung und mit Flip­flops unter frei­em Him­mel. 

Ob Jung oder Alt oder Fami­li­en mit Kin­dern – es scheint, die hal­be Stadt kommt am Abend an den beleuch­te­ten Strand, um hier die letz­ten Stun­den des Jah­res bei mil­den Tem­pe­ra­tu­ren und rhyth­mi­schen Klän­gen zu genie­ßen. Wer zei­tig vor Ort ist, rich­tet sich samt Kühl­tru­he im Sand ein. Aus der Tra­di­ti­on her­aus sind die meis­ten Men­schen am Sil­ves­ter­abend in weiß geklei­det, als Zei­chen für Rein­heit und Frie­den. Sie ehren die Mee­res­göt­tin Yeman­já, der sie an Mit­ter­nacht Blu­men ins Meer wer­fen, um für Glück und Wohl­stand für das neue Jahr zu bit­ten. Rund um das rie­si­ge Feu­er­werk ent­lang der Copa­ca­ba­na wird gelacht, gefei­ert, gesun­gen und getanzt und die Kin­der plant­schen bis in die frü­hen Mor­gen­stun­den in den seich­ten Wel­len, die lang­sam auf dem brei­ten Strand aus­lau­fen… wir star­ten voll bra­si­lia­ni­scher Lebens­freu­de in ein Neu­es Jahr. Che­ers!

Alles in allem ist Rio sicher­lich kei­ne pracht­vol­le Stadt, wenn­gleich das Erbe por­tu­gie­si­scher Blü­te­zei­ten bis heu­te erkenn­bar ist. Auch die Hoch­haus­ku­lis­se ent­lang der Strän­de von Leblon, Ipan­e­ma und der Copa­ca­ba­na muss man mögen. Aber Rio ist unkom­pli­ziert, welt­of­fen, sport­lich, jung und vor allem grün. Kein Wun­der, wur­de die Stadt inmit­ten eines Urwalds gebaut, der in Tei­len als „Par­que Nacio­nal de Tiju­ca“ noch heu­te exis­tiert. 

Trancoso – verborgenes Paradies im Bundesstaat Bahia 

Unser nächs­ter Stopp ist Por­to Segu­ro im Bun­des­staat Bahía, etwa 2,5 Flug­stun­den nörd­lich von Rio. Wir haben uns für das male­ri­sche Ört­chen Tran­co­so ent­schie­den. Herz­stück der von den Por­tu­gie­sen ange­leg­ten ehe­ma­li­gen Sied­lung bil­det das »Quad­ra­do«, ein qua­dra­ti­scher Dorf­platz nebst klei­ner Kir­che, um den sich zahl­rei­che bun­te Häus­chen rei­hen, die heut­zu­ta­ge ver­schie­de­ne Restau­rants, Bou­tique-Hotels und Geschäf­te behei­ma­ten. Das idyl­li­sche Fleck­chen Erde ist beson­ders bei Son­nen­un­ter­gang ein belieb­ter Treff­punkt für Ein­hei­mi­sche und Besu­cher, wenn die Son­ne lang­sam in den Atlan­tik taucht und die ent­spann­te Atmo­sphä­re in pul­sie­ren­des Nacht­le­ben wech­selt.

Aber Tran­co­so ist auch berühmt für sei­ne üppi­ge Flo­ra und Fau­na der umlie­gen­den Natur­schutz­ge­bie­te und sei­ne kilo­me­ter­lan­gen, wei­ßen Fein­sand­strän­de vor tür­kis­far­be­nem, herr­lich war­men Was­ser. Unser Hotel liegt in pracht­vol­ler Lage ober­halb des Stran­des. Die roten Fel­sen ent­lang der Küs­te erin­nern mich auf Anhieb an den Pra­ia da Fále­sia an der Algar­ve, wenn­gleich die Vege­ta­ti­on und ihre Bewoh­ner hier natür­lich wesent­lich exo­ti­scher sind. So kommt es vor, dass wir auf dem Weg durch das bewal­de­te Ter­rain an Äff­chen oder Faul­tie­ren vor­bei kom­men, die läs­sig in den Bäu­men hän­gen und Blät­ter fut­tern… auch wir nut­zen die Tage für abso­lu­tes Nichts­tun und genie­ßen die Zeit am Meer. Kei­ne Strand­ver­käu­fer, kei­ne kom­mer­zi­el­len Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten, kei­ne Hub­schrau­ber. Die mini­ma­le Geräusch­ku­lis­se bil­den der Wind und das end­lo­se Rau­schen der Wel­len. Natur pur. Ein­zig ein paar Kitesur­fer nut­zen den gegen Mit­tag auf­kom­men­den Wind für einen Tanz mit den Ele­men­ten. 

Tipp: Mit dem Ter­ra­vis­ta Golf­platz hat sich Rein­hold Gei­ger, Grün­der und Inha­ber des Kos­me­tik­un­ter­neh­mens L’Oc­ci­ta­ne, sei­nen per­sön­li­chen Golf-Traum erfüllt. Die ers­ten neun Spiel­bah­nen des Par 72 Cour­se ver­lau­fen durch die unbe­rühr­te Natur des Regen­wal­des, wäh­rend die zwei­ten Neun mit­un­ter direkt ent­lang der Küs­te ver­lau­fen und einen spek­ta­ku­lä­ren Blick auf den Atlan­tik frei­ge­ben. Die Fair­ways sind schmal und zuwei­len hüge­lig, die Grüns schnell und ondu­liert. Vor allem bei Wind ist stra­te­gi­sches Spiel erfor­der­lich. Loh­nens­wert!

Porto de Galinhas – Naturstrände mit einem Hauch karibischen Flair

Letz­te Sta­ti­on unse­res Bra­si­li­en­auf­ent­hal­tes ist Reci­fe im Bun­des­staat Per­nam­bu­co. Für unse­re letz­ten Urlaubs­ta­ge haben wir uns im klei­nen Küs­ten­ort Por­to de Gal­in­has ein­ge­rich­tet, etwa eine Auto­stun­de süd­lich des Flug­ha­fens. Die Regi­on ist bekannt für ihre pal­men­ge­säum­ten Strän­de, kris­tall­kla­res Was­ser, Natur­pools und Koral­len­rif­fe. Die arten­rei­che Unter­was­ser­welt bie­tet Tau­chern und Schnorch­lern ein wah­res Para­dies. Kei­ne Ban­ge – auf­grund der vor­ge­la­ger­ten Rif­fe gilt das Gewäs­ser um Por­to de Gal­in­has eben­falls als Hai-sicher. 

Der Küs­ten­strei­fen erstreckt sich über 18 km zwi­schen Pra­ia de Muro Alto im Nor­den und Pra­ia de Mara­caí­pe im Süden. Unse­re Pousa­da liegt inmit­ten einer klei­nen Pal­men­oa­se direkt am Strand. Trotz der bra­si­lia­ni­schen Som­mer­fe­ri­en bleibt „unser“ Abschnitt nahe­zu men­schen­leer. Bei Ebbe lässt sich die Küs­te wun­der­bar wei­ter süd­lich Rich­tung Pon­tal de Mara­caí­pe und Tra­ves­sia de Rio lau­fen. Hier star­ten auch die Boo­te mit Aus­flü­gen zu den nahe­ge­le­ge­nen Natur­schwimm­be­cken. Am Vor­mit­tag wer­den auf den Sand­bän­ken bei Pon­tal de Mara­caí­pe pro­vi­so­ri­sche Strand­bars mit Son­nen­schirm und Stüh­len auf­ge­baut, die mit der nahen­den Flut im Lau­fe des Nach­mit­tags förm­lich im Was­ser ver­sin­ken und bis zum nächs­ten Tag in Sicher­heit gebracht wer­den. 

Am Abend zieht es uns zum Essen nach Por­to de Gal­in­has. Unser Taxi­fah­rer Geni­val­do emp­fiehlt uns wäh­rend der kur­zen Fahrt ver­schie­de­ne Restau­rants. Der ins­be­son­de­re bei Bra­si­lia­nern belieb­te Urlaubs­ort ist wuse­lig. Die kopf­stein­ge­pflas­ter­ten Sträß­chen rund um den Haupt­platz („Pra­cin­ha“) sind gesäumt von blin­ken­den Ver­kaufs­lä­den, Restau­rants, Cafés und Bars mit Live-Musik. Das Leben fin­det wort­wört­lich auf der Stra­ße statt. Doch auch wenn die Atmo­sphä­re durch­weg posi­tiv ist, hat Por­to de Gal­in­has eher Kir­mes­cha­rak­ter denn authen­ti­sches Flair. Nun denn, wir blei­ben ledig­lich zwei Näch­te, daher lässt sich unse­re Erwar­tungs­hal­tung auf das Wesent­li­che redu­zie­ren: boa comi­da e bebi­da.

Recife – Stadt der Kontraste

Da unser Rück­flug spät am Abend geht, ver­brin­gen wir unse­ren letz­ten Tag in Reci­fe. Ich bin im Vor­feld unse­rer Rei­se auf Wolf­gang gesto­ßen. Der gebür­ti­ge Wup­per­ta­ler ist hier seit über 30 Jah­ren zuhau­se und zeigt uns mit Hin­ga­be sei­ne Wahl­hei­mat. Die 1,6 Mio. Metro­po­le ist vol­ler Kon­tras­te. Auf der einen Sei­te die his­to­ri­sche Alt­stadt, Reci­fe Anti­go, mit ihren Märk­ten, Kir­chen und man­nig­fal­ti­gen Kolo­ni­al­bau­ten, die die Pracht längst ver­gan­ge­ner Zei­ten erah­nen las­sen. Auf der ande­ren Sei­te ele­gan­te Ein­kaufs­zen­tren und moder­ne Wol­ken­krat­zer, die sich ent­lang des Stadt­stran­des von Boa Via­gem gen Him­mel recken.

Doch wie krass die Gegen­sät­ze Reci­fes, respek­ti­ve des gesam­ten Lan­des, tat­säch­lich sind, erfah­ren wir wäh­rend des Besuchs eines der zahl­rei­chen Elends­vier­tel. In Abspra­che mit Wol­fang besu­chen wir die Fave­la von Pei­xin­hos, mit über 5.000 Ein­woh­nern eine der größ­ten der Stadt. Ent­lang des Ufers des Rio Bebe­ri­be rei­hen sich über Kilo­me­ter unzäh­li­ge Bret­ter­ver­schlä­ge und rudi­men­tär gemau­er­te Bara­cken mit Well­blech­dach. Flie­ßend Was­ser, Strom und Abwas­ser­ent­sor­gung Fehl­an­zei­ge. Mensch und Tier tei­len sich den zutiefst ein­fa­chen Raum, der trotz allem begehrt ist und gehan­delt wird. Ver­schie­de­ne cari­ta­ti­ve Ein­rich­tun­gen ver­su­chen die Bewoh­ner von Pei­xin­hos bei der Suche nach Arbeit, Bil­dung und in ihrer Frei­zeit­ge­stal­tung zu unter­stüt­zen. Ein­fa­che Bür­ger, die selbst nicht viel haben und den­noch ihren Mit­men­schen, die auf der Sozi­al­lei­ter noch wei­ter unten ste­hen, ehren­amt­lich hel­fen. Und wie so häu­fig sind es die Kin­der, die, getrie­ben von ihrer Neu­gier, vor­be­halts­los auf uns zukom­men und Fra­gen stel­len. Natür­lich ist Fuß­ball das The­ma Nr. 1.

Schwer vor­stell­bar, aber Pei­xin­hos ist in sich ein leben­di­ges und dyna­mi­sches Vier­tel mit einer star­ken Gemein­schaft. Auch wenn sei­ne Bewoh­ner weit unter der für uns denk­ba­ren Armuts­gren­ze leben, so haben sie ihren Stolz und ihr Lachen bewahrt. 

„Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Sei­te davon.« (Aure­li­us Augus­ti­nus)

Wir schlu­cken ob der Ein­drü­cke, ehe prompt der nächs­te Kon­trast folgt. 

Nur einen Kat­zen­sprung ent­fernt liegt Olin­da. Die 1535 von den Por­tu­gie­sen gegrün­de­te Stadt war bis 1827 die Haupt­stadt Per­nam­bu­cos. Die Alt­stadt von Olin­da („die Schö­ne“) ist ein wah­res Juwel baro­cker Archi­tek­tur und zählt nicht ohne Grund seit 1982 zum UNESCO-Welt­erbe. Aber Olin­da ist auch Hoch­burg des bra­si­lia­ni­schen Kar­ne­vals. Es ist Mit­te Janu­ar und so fin­den wir uns augen­blick­lich inmit­ten vor­kar­ne­va­lis­ti­scher Ver­an­stal­tun­gen. Ver­schie­de­ne Kar­ne­vals­grup­pen zie­hen durch das Laby­rinth aus engen Kopf­stein­gas­sen, vor­bei an den klei­nen bun­ten Häus­chen, die das his­to­ri­sche Stadt­bild prä­gen. Ani­miert von den zahl­rei­chen Besu­chern wird im Sam­ba­takt getrom­melt, geklatscht, gesun­gen und getanzt. Die aus­ge­las­se­ne Stim­mung ist ein­neh­mend und so dau­ert es nicht lan­ge, bis wir uns dem ver­rück­ten Trei­ben hin­ge­ben…. Ein Tag der Extre­me. 

Dann wird es Zeit Abschied zu neh­men. Die Magie die­ses Lan­des in Form unzäh­li­ger Erin­ne­run­gen im Gepäck tre­ten wir die Heim­rei­se an. Es gibt noch so viel zu erkun­den, wir kom­men wie­der. Até à pró­xi­ma!

Rei­se­hin­wei­se: 

Wir sind mit TAP über Lis­sa­bon geflo­gen. Idea­ler­wei­se als Non­stop-Flug nach Rio und zurück ab Reci­fe. Für die Ein­rei­se benö­ti­gen Sie einen gül­ti­gen Rei­se­pass. Bit­te erkun­di­gen Sie sich recht­zei­tig über Imp­fun­gen. Gelb­fie­ber ist Pflicht, Den­gue und Hepa­ti­tis wer­den emp­foh­len (Stand Jan 24). 

Zusam­men fas­send ist Bra­si­li­en abso­lut rei­se­loh­nens­wert. Las­sen Sie sich vom nega­ti­ven Image in punc­to Kri­mi­na­li­tät in den Städ­ten nicht beir­ren. Es hat sich viel getan – die Strän­de sind beleuch­tet, Mili­tär und Poli­zei sind prä­sent. Doch Reich­tum und Armut lie­gen hier sehr nah bei­ein­an­der. Ach­ten Sie auf Ihre Wert­sa­chen, las­sen Sie teu­re Hand­ta­schen, Schmuck und Uhren am bes­ten gleich zuhau­se, neh­men Sie auch für kür­ze­re Stre­cken ein Taxi oder Uber (vor allem wenn es dun­kel ist) und zah­len Sie bes­ten­falls kon­takt­los. Boa via­gem!

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