Mein Kater, sein Name ist Herr Anton, hat die Ange­wohn­heit aus­zu­rei­ßen. Er zieht los. Kei­ner weiß wohin er geht. Nie­mand weiß was er tut. Er streunt für einige Tage in der Welt herum und steht letzt­end­lich völ­ligst zer­zaust wie­der vor der Tür, als wäre nichts gewe­sen. Er ist eben ein Ent­de­cker. Ähn­lich wie ich.

Ich bin nun wie­der in Leip­zig ange­kom­men. An dem Ort, wo ich vor 22 Mona­ten meine Kater zurück­ge­las­sen habe. Er ist nicht mehr da. Umge­zo­gen. Aber ich bin wie­der da. Nie­mand weiß so rich­tig, was ich eigent­lich gemacht habe. Aber so stehe ich wie­der vor der Tür, mit lan­gem Bart, so zer­zaußt wie Lang­zeit­rei­sende eben sind und die­sen Erfah­run­gen im Ruck­sack, die mir nie­mand mehr neh­men kann. Erfah­run­gen, die ich aber auch nie­man­dem über­tra­gen kann.

Das Heim­kom­men. Komi­scher Pro­zess. Mein Heim­weh, wel­ches mich so lange beglei­tet hatte, zog sich die letz­ten Wochen etwas zurück. Das Fern­weh betrat melan­cho­lisch drein­schau­end die Bühne, mit der Gewiss­heit, dass diese Reise nun vor­bei ist und eine ziem­lich geile Zeit war. Es ist absurd, aber auf den letz­ten Metern fühle ich, dass ich diese Zeit gerne noch ver­län­gern würde. Nach­dem ich in Leip­zig ange­kom­men bin, über­kam mich dann auch eine ganze Palette von Emo­tio­nen. Von Freude bis Trauer, Erstau­nen bis Ungläu­big­keit und die ein oder andere Träne kul­lerte davon, nach­dem ich den fina­len Sti­cker an dem Stra­ßen­schild ange­bracht habe, wo ich vor 22 Mona­ten auf­ge­bro­chen bin.

22 Monate sind eine so lange Zeit. Beson­ders wen man stän­dig unter­wegs ist. Manch­mal muss ich an meine Zeit in San Fran­cisco zurück­den­ken. Dann stelle ich fest, das ist ja erst sechs Monate her! Oder wie ich durch China getrampt bin. Vor drei Mona­ten und danach hab ich noch­mal 20.000 km zurück­ge­legt. Vor 1,5 Jah­ren hab ich mich schreck­lich ver­liebt in Uru­guay. Eine Ewig­keit. Fühlt sich an wie vor 20 Jah­ren. Ich hab ein eigen­ar­ti­ges Zeit­ge­fühl bezüg­lich mei­ner Reise. Als hätte ich drei Leben hin­ter mir und starte nun das Nächste.

Ich habe ins­ge­samt 58 Län­der durch­quert. In man­chen habe ich ange­hal­ten und eine Monat ver­bracht. Andere habe ich nur im vor­bei­fah­ren betrach­tet. Aber selbst von den Durch­rei­se­län­der habe ich einen Ein­druck gewin­nen kön­nen. Ver­binde nun einen Geruch, eine Land­schaft, ein Gefühl und reale Men­schen mit die­sen Orten. Erfah­rungs­wis­sen, das man nicht aus Bil­dern im Inter­net zie­hen kann. Ich hab ein Gefühl für unse­ren Pla­ne­ten bekom­men, nach­dem ich meh­rere Kon­ti­nente Über­land durch­quert habe. Kann Distan­zen bes­ser ein­schät­zen. Es hat sich in mei­nem Kopf eine kom­plette Kar­to­gra­phie der Ober­flä­che unse­rer Erde gebil­det. Wüs­ten, Berge, Wald und Meer. Das Wech­sel­spiel der Land­schaft. Die Cho­reo­gra­phie mei­ner Reise.

Ich bin mit dem Plan los­ge­zo­gen, ein­mal um die Welt zu tram­pen. Eine Reise um die Erde. Keine nor­male Welt­reise, weil der tou­ris­ti­sche Cha­rak­ter eher Bei­pro­dukt war. Der Zweck Expe­di­tion war die Welt­um­tram­pung. Ich bin nicht nach China, weil ich China sehen wollte, son­dern weil dort meine Route hin­durch­führte. Klar gab es Aus­nah­men. Ich habe je einen Monat in New York und Hong-Kong gelebt. War in Japan um dort einen mei­ner Lieb­lings­men­schen zu besu­chen. Und bin durch die Atta­cama Wüste gebum­melt. Aber das, wofür ich Blut und Trä­nen gege­ben habe, war immer das Lang­stre­cken­tram­pen. Meine Rou­ten. Die Bewe­gung auf der Straße. Das war der Kern mei­ner Expe­di­tion. Und es ist mir wich­tig, dass ihr das begreift.

Meine Tour umfasste eine Gesamt­länge von 108.895 km. Mehr als das 2,5‑fache des Erd­um­fan­ges. Ich bin über den Atlan­tik gese­gelt, habe mich mit einem Schrott­fahr­rad durch die kolum­bia­ni­schen Cor­dil­leras gequält, das Darien Gap auf einem Cargo-Schiff über­wun­den, bin ille­gal auf Güter­zü­gen in den USA mit­ge­fah­ren, habe ein Klein­flug­zeug getrampt, bin in „gemä­ßig­ten“ ‑35° durch den alas­ka­ni­schen Win­ter getrampt, musste bei 50° in der ira­ni­schen Wüste war­ten und habe ins­ge­samt weit mehr als 100 km zu Fuß zurück­ge­legt. Diese 108.895 km sind mit viel Anstren­gung und Leid, aber auch Eupho­rie und Glück­se­lig­keit ver­bun­den. Mein Weg. Mein Sinn. Schwer in Worte zu fas­sen. Aber es ist mehr als eine Zahl für mich. Das war mein Leben in den letz­ten zwei Jah­ren. Und die­ses Leben ist nun vorbei.

Ich auf Reisen

Was bleibt zu sagen? Eine Frage kam immer wie­der auf: Was habe ich gelernt? Nichts. Ich konnte etwas viel wert­vol­le­res als Wis­sen erlan­gen: Erfah­rung. Ich musste nichts ler­nen, son­dern durfte erfah­ren. Zum Bei­spiel, dass Distan­zen auf unse­rem Pla­ne­ten rela­tiv sind und ich mich fast unbe­grenzt Bewe­gen kann. Etwas was nicht für jeden Men­schen offen steht und für das ich sehr dank­bar bin. Ich konnte Gelas­sen­heit ent­wi­ckeln, weil ich erfah­ren habe, dass ich nicht viel zum Über­le­ben brau­che. Selbst meine Grund­be­dürf­nisse (Essen, Woh­nung, Schlaf) habe ich immer wie­der stra­pa­ziert und aus­ge­reizt. Am Ende bleibt die Gewiss­heit, dass mich eine schlaf­lose Nacht oder ein Tag ohne Essen nicht aus der Bahn wirft. Und ich konnte mit­er­le­ben, dass Gast­freund­lich­keit eine uni­ver­selle Qua­li­tät der Men­schen ist. Ich habe sogar ein Bedürf­nis danach, meine Zeit und mei­nen Besitz mit Ande­ren zu tei­len, nach all dem was mir wider­fah­ren ist. Nicht nur jener, der nimmt, son­dern auch sol­cher, der gibt, pro­fi­tiert. Der Geber viel­leicht sogar mehr.

Die Reise hatte noch einen ande­ren Aspekt. Ich habe nach einem Sinn gesucht. Oder nach einer Ant­wort. Wie auch immer man es nen­nen mag. Gefun­den habe ich es nicht. Ich glaube, dass ich diese Sache auch nie fin­den werde und es letzt­end­lich viel­leicht nicht so wich­tig ist danach zu suchen. Wir stre­ben in unse­rem Leben immer nach etwas. Einem Ziel. Um dann wie­der von der Sinn­lo­sig­keit ein­ge­holt zu wer­den. Wie­der nicht geklappt. Nächste Lebens­krise. Der immer wäh­rende Kreis­lauf unse­rer zufäl­li­gen Exis­tenz. Viel­leicht soll­ten wir es nach Alan Watts hal­ten und nicht auf das Ende des Stü­ckes war­ten, son­dern zur Musik tan­zen, solange sie ordent­lich dudelt. Viel­leicht ist das der Sinn, den ich für mich gefun­den habe.

Der Blog geht wei­ter, soviel kann ich sagen. Schrei­ben macht mir zuviel Spaß, als dass ich das nun sein las­sen würde. Ich hab noch Geschich­ten für min­des­tens ein Jahr. Road Trip durch Kasach­stan steht in den Start­lö­chern und eine wun­der­bare Trio­lo­gie zum Thema „Alko­hol und Rei­sen“ ist in Vor­be­rei­tung. Die Arti­kel wer­den nicht mehr jede Woche kom­men, da ich mir mehr Zeit mit den Über­set­zun­gen neh­men will. Bilin­gual zu publi­zie­ren ist so viel Arbeit und ich war zuletzt nicht zufrie­den mit mei­nen End­pro­duk­ten. Spaß muss sein. Mir macht das vor­al­lem dann Spaß, wenn die Arti­kel auch gut sind.

Dane­ben ver­su­che ich meine 50gb Fotos zu sor­tie­ren und werde anfan­gen Rei­se­vor­träge zu hal­ten. Ich arbeite gerade an einem Kon­zept, das über die nor­ma­len Dia-Vor­trags­abende hin­aus geht. Erzäh­len könnte ich genug. Alles, damit ich all die ver­rück­ten Geschich­ten, ob auf­ge­schrie­ben oder nicht, auch mal mit euch per­sön­lich tei­len kann. Da freue ich mich schon sehr drauf! Los geht’s bald in Leip­zig. Ber­lin und Hagen habe ich noch als Ver­an­stal­tungs­orte im Kopf. Let‘s see, ich lass es euch natür­lich wissen.

Mein Leben wird beglei­tet von einem grund­sätz­li­chen Wan­del. Die nächs­ten Pro­jekte werde ich von einer gesich­te­ren Base ange­hen. Mit einem zu Hause. Nicht mehr als hei­mat­lo­ser Nomade. Das hat mir näm­lich am meis­ten gefehlt. Wenn ich die­ses zu Hause ein­ge­rich­tet habe, dann kann ich wei­ter spie­len und durchs Leben tan­zen. Und wenn es von neuen Aben­teuer zu berich­ten gibt, dann lass ich euch natür­lich teil­ha­ben. Weil sha­ring is caring!

In die­sem Sinne,

Warm Roads

Nachwort
An all die unzähligen Freunde und Unbekannten die mich bei sich zu Hause aufgenommen haben. An meine 1156 Fahrer und Fahrerinnen. An alle Menschen, die mir unterwegs etwas Gutes getan haben, sei es in Form einer Melone, Wegbeschreibung, Lächeln oder Umarmung. An meine Freunde die mir in dunklen Tagen ihr Ohr geliehen haben. An all die Menschen, die mir diese lieben Nachrichten geschickt haben und meinen Geschichten folgten. An meine Familie.

Danke, ihr seid großartig!

Hitchhiking family

Hitch­hi­king Family

Post Script
Whose woods these are I think I know.
His house is in the vil­lage though;
He will not see me stop­ping here
To watch his woods fill up with snow.

My little horse must think it queer
To stop wit­hout a farm­house near
Bet­ween the woods and fro­zen lake
The dar­kest evening of the year.

He gives his harness bells a shake
To ask if there is some mistake.
The only other sound’s the sweep
Of easy wind and downy flake.

The woods are lovely, dark and deep,
But I have pro­mi­ses to keep,
And miles to go before I sleep,
And miles to go before I sleep.

Stop­ping by Woods on a Snowy Evening, by Robert Frost

Cate­go­riesWelt
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Stefan Korn

Stefan ist Vollblut-Tramper und treibt diese Art der Fortbewegung zur Perfektion. Seine Road Trips gehen meist mehrere tausend Kilometer weit, bis er mal anhält, um sich auszuruhen. Das Leben auf der Straße fasziniert ihn. Hier ist er zu Hause. Die Zufälligkeit und Intimität der Begegnungen ist, was ihn beim Trampen fasziniert. Und die grenzenlose Mobilität. Er zog los, um einmal um die Welt zu trampen.

  1. Dani says:

    Danke, dass du deine Geschichte hier mit uns teilst. Ich habe mich (bis­her) nie getraut, so lange auf mich selbst gestellt zu rei­sen, aber wer weiß, was noch kommt? Auf jeden Fall liebe ich Geschich­ten und Erfah­rungs­be­richte über Welt­rei­sen und Tram­pen. Als ich noch recht klein war, habe ich mich in das Buch „Mit dem Kühl­schrank durch Irland“ ver­liebt und war begeis­tert, wie hilfs­be­reit Men­schen sind, wenn man nur etwas sym­pa­thisch ver­rück­tes tut. Ich könnte mir vor­stel­len, dass es bei dir so ähn­lich war, wenn du gesagt hast, dass du um die Welt trampst. :) 

    Bewun­dernde Grüße aus dem Bri­xen Hotel, Dani

    1. Stefan says:

      Hey Dani,

      das Buch kenn ich auch, hab es aber nie gele­sen. Lei­der, sollte ich viel­leicht mal nach­ho­len. Ich Glaube die Men­schen sind immer hilfs­be­reit, wenn du Ihnen offen gegen­über trittst. Danke für deine Nach­richt und viel­leicht kommt es ja irgend­wann auch für dich, dass du mal alleine los­ziehst. Es ist auf jeden­fall kein „rocket sci­ence“ und ich bin der Mei­nung, jeder schafft das. Muss ja auch nicht gleich ein­mal um die Welt sein! ;)

      Alles Gute für dich,

      Ste­fan

  2. Die im Okto­ber 2009 gegrün­dete Asia Eyes Tra­vel GmbH ist ein Rei­se­büro, das sich auf die Orga­ni­sa­tion der Tou­ren nach Viet­nam, Thai­land, Laos, Kam­bo­scha und Myan­mar spezialisiert.
    Unsere Unter­neh­men enthält:
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    Hotelresevierung
    Buchung der inlän­di­schen und aus­län­di­schen Flugtickets
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    Paloma Kreuz­fahrt in der Halong Bucht and Paloma Motor­rad-Tou­ren in Hanoi.
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