365 Insta­grams hatte der Ara­ber in vier­ein­halb Tagen gepos­tet, als man ihn in Bang­kok zum Gewin­ner kürte.
Was ihm bleibt? Der Haupt­ge­winn: Ein klei­nes Boots­mo­dell für Tou­ris­ten, bemalt mit lächer­lich bun­ten Farben.

# sexyme

Ein Face­book-Update, eine Twit­ter­mel­dung, ein Insta­gram-Foto: Alles Sachen von Sekun­den. Rein-raus-fer­tig. Aber auch rein-raus-weg: Wer nicht gerade zuschaut wird es viel­leicht nie sehen, so schnell sind die Worte und Pixel im Online-Strom weg­ge­spült. Ein biss­chen ver­zwei­felt mutet es an, wenn mit Hash­tag-Kas­ka­den ver­sucht wird, noch mög­lichst viele Unbe­kannte zu errei­chen: Hallo, schaut mal, ich exis­tiere! Und weg.

Ein net­tes Spiel. Auch krea­tiv. Und unter­halt­sam, keine Frage! So man­che stille Minute kann man damit füllen.

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Als es noch face­book gab

Aber was bleibt, wenn der Tag vor­bei ist? Wel­che diese Erin­ne­run­gen wird man noch fin­den, in zehn Jah­ren, oder zwan­zig, fünf­zig, wenn uns der Gedanke an die heute moder­nen Dinge nur belus­tigt lächeln lässt… ach, die gute alte Zeit. Weißt du noch, HASHTAG, haha!

Und die Kin­der sagen: Häh?

Sie wer­den viel­leicht fra­gen, wie das aus­sah, als man noch mit Ruck­sack durch die Gegend stapfte. Frü­her, als alles ganz anders war. Und dann wir: Ja, klar, ich hab da auch rambo* viele Fotos gemacht, und geschrie­ben hab ich auch, nur weißte, damals gab es noch die­ses face­book, da haben wir das alles hoch­ge­la­den, und auf mei­nen Blog, aber den kann man auch nicht mehr rich­tig anschauen, das war viel­leicht noch ne Tech­nik, oioioi.

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Mit einem Klick ist alles weg

Es ist ja noch nicht mal so, dass meine übri­gen digi­ta­len Daten, die ich off­line spei­chere, über­le­ben wür­den. Und ich gebe mir Mühe, ein Backup zu machen, sogar drei: Hatte ich dies schon mal gespei­chert, klar, bestimmt auf der ande­ren Platte, dann for­ma­tier ich mal diese, das hab ich ja noch zwei­mal. Oh. Mist.

Urlaub 2009, weg.

Wer den Über­blick über seine digi­ta­len Daten der letz­ten fünf­zehn Jahre hat, on- wie off­line, den möchte ich hier­mit zu mei­nem per­sön­li­chen Hel­den erklären.

Aber wel­che Dinge bleiben?

♥ Mein Vater bas­telt für jedes Jahr ein Foto­al­bum. Seit dem Anfang der Zeit, sozu­sa­gen. Das bleibt.

♥ Meine pri­va­ten Rei­se­ta­ge­bü­cher von allen län­ge­ren Rei­sen ste­hen bei mir im Regal. Die bleiben.

♥ Das letzte Reise-Foto­al­bum machte ich 2008. Das letzte, lei­der. Die davor: bleiben.

Und genau diese Sachen wären die ers­ten, die ich ret­ten würde, wenn das Haus brennt. (Nach den Kin­dern, vielleicht).

Sie sind mehr wert, als alle ande­ren Dinge, die ich besitze. Sie sind die mate­ria­li­sier­ten Erin­ne­run­gen mei­nes Lebens.

Des­we­gen nehme ich mir vor, wie­der mehr Dinge zu machen, die ich in der Hand hal­ten kann.

Ohne Com­pu­ter. Ganz altmodisch.

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*rambo: ver­stär­ken­der Aus­druck (wie­der üblich im Jahr 2027 bis 2031)

 

Cate­go­riesWelt
Johannes Klaus

Johannes Klaus hängte seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Seine Website Reisedepesche wurde 2011 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. In unbeobachteten Momenten streichelt er den Preis zärtlich, besteht ansonsten aber darauf, dass ihm so was völlig egal sei.

  1. Pingback:Reisedepeschen: Was Bleibt | Czerulf's Thoughts

  2. HJ Klaus says:

    Danke für die Ermu­ti­gung. Ich wollte eigent­lich die Jah­res­al­ben ein­stel­len. Dein Bericht spricht mir aus dem erzen. Es ist schon ein schö­nes Gefühl die Ver­gan­gen­heit in Buch zu durch­blät­tern. – Was war er doch hübsch – der Kleine! – Damals.
    Schö­nen Urlaub in Thailand
    Vati

  3. Lola says:

    Recht hast du! Aber viel­leicht ist es nicht das Wich­tigste, dass etwas bleibt, son­dern der Moment an sich und was man in ihm fühlte? Kann man eh so schlecht kon­ser­vie­ren. Oder sol­len wir Momente-Mar­me­lade ein­ko­chen, wenn du wie­der da bist? Und: Ich will auch geret­tet wer­den, wenn das Haus brennt! Ich trag auch deine Reisetagebücher…

    1. Ich nehm dich hucke­pack und du die Tage­bü­cher, ja? :-)

      Stimmt, das Wich­tigste schon, aber die Erin­ne­rung daran ist finde ich auch sehr wert­voll… und wie du weisst ist mein Kopf nicht so gut drin zu erin­nern! :D

  4. Ich liebe Rei­se­ta­ge­bü­cher – neben Büchern, Photo und einer Hän­ge­matte ist das eigent­lich das Wich­tigste im Ruck­sack. Sehr viele Erin­ne­run­gen wären sonst ver­lo­ren gegan­gen und ich hätte weder ein Buch geschrie­ben noch einen Blog auf­ge­zo­gen. Und es geht nichts dar­über eigene Pos­ter und Pho­to­gra­phien auf­zu­hän­gen. Bücher, Bil­der sind neben Musik, die ich unter­wegs ent­deckt habe, Hei­mat für mich. Und ich stimme abso­lut zu – Erin­ne­run­gen zum Anfas­sen sind wert­vol­ler und ein­präg­sa­mer als digi­tale Daten­spu­ren. Wann gibts also die Rei­se­de­pe­schen in Maga­zin- oder Buch­form? Ich würds kaufen…

  5. Stimmt!

    Genau aus die­sem Grund spei­chere ich jedes Bild auf 2 exter­nen Fest­plat­ten, einem Ser­ver Zuhause, einem Ser­ver im Inter­net, auf sehr vie­len DVD’s und (die wich­tigs­ten) im Fotoalbum :)

  6. Imam says:

    Sehr beru­hi­gend, dass du deine Kin­der (also m. E.) – viel­leicht – noch vor den „mate­ria­li­sier­ten Erin­ne­run­gen“ aus dem bren­nen­den Haus schaf­fen wür­dest.…;-)! Und ja – die gute alte Zeit.…die hat doch was!!!!! Abso­lut ein­ver­stan­den.…!!!!!!!! So schön, ab und zu den Reich­tum des Ver­gan­ge­nen in der Gegen­wart leben­dig wer­den zu las­sen und zu genießen…!!!
    Und ja – bring bitte die warme Sonne mit – ich baue auf dich…!!

  7. Naja, irgend­wie haste ja recht.

    Und dann doch nicht.

    Warum immer an Din­gen fest­hal­ten? Warum an Erin­ne­run­gen? Warum sam­meln und was zum anfas­sen haben? Warum ist das den Leu­ten so wichtig?

    In mei­nem mini­ma­lis­ti­schen Leben, in dem ich weder Pos­ter an der Wand, noch mehr als 3 Hosen und zwei paar Schuhe besitze, haben auch keine Foto­bü­cher Platz. Für mich wäre das Gewicht. Nichts was ich zum Leben wirk­lich brauche.

    Warum brau­chen Men­schen mate­ria­li­sierte Erinnerungen?

    Warum kön­nen wir nicht ein­fach loslassen? 

    Warum war frü­her alles besser?

    Warum Warum Warum? Haha, das Leben ist eine ein­zige Frage!

    1. Ich denke, ein Foto­buch in den zu hal­ten, gibt einem ein­fach ein schö­nes Gefühl. That’s it. Viel­leicht braucht der Mensch so Reli­quien, die er für sich mit einer gewis­sen Bedeu­tung auf­lädt. Urmenschlich.

      Und ganz ehr­lich, ich selbst kann mich zum Bei­spiel an viele Moment allen­falls sche­men­haft erin­nern, obwohl sie mir in dem Moment selbst als wahn­sin­nig bedeut­sam und wich­tig erschie­nen. Nach dem Motto: Das wirst du wie­der ver­ges­sen! Wie viele ganz prä­gnante Ein­drü­cke kann man denn noch, sagen wir, aus dem Jahr 2005 abru­fen? 5? 10? Viel­leicht 20 bis 30?

      Abge­se­hen davon: Man könnte die These ver­tre­ten, dass sich Sta­tus­sym­bole im All­ge­meine ein­fach vom Mate­ri­el­len zum Imma­te­ri­el­len ver­schie­ben? Man belä­chelt den Malo­cher, der sich für seine Kohle ein teu­res Auto und einen dicken Fern­se­her kauft – mit die­sem guten Gefühl für einen selbst, irgend­wie über sol­chen plum­pen Begehr­lich­kei­ten zu ste­hen – aber tat­säch­lich bewegt man sich in genau dem glei­chen Sta­tus­mus­ter. Es sind dann eben nicht Auto und Tech­nik, son­dern die Stem­pel im Pass, die Ein­träge im eige­nen Rei­se­blog, für die man sich Auf­merk­sam­keit und Aner­ken­nung wünscht, über die man seine Iden­ti­tät zusammenbaut.

      Wobei ich natür­lich auch der Mei­nung bin, dass es da einen gro­ßen qua­li­ta­ti­ven Unter­schied gibt. Ich will nur sagen: Nur weil man kom­plett andere Sachen als man­che Men­schen anstrebt, kann man sich psy­cho­lo­gisch genau so wie sie verhalten.

    2. Ja, ziem­lich viele Fra­gen, liebe Conni, für viele davon hast du schon für dich eine Ant­wort gefun­den, schätze ich. :-)

      Ich kann nur für mich selbst spre­chen. „In der Gegen­wart leben“, ja natür­lich. Finde ich auch gut und wich­tig, wenn ich mich nicht unnö­tig mit der Zukunft und Ver­gan­gen­heit rum­schlage, son­dern das geniesse was gerade passiert.
      Aber: Ich finde, genauso wie das Gerade-Erle­ben gibt es die zweite Dimen­sion, das Erin­nern. Manch­mal schenkt mir das sogar mehr Freude als das direkte Erle­ben. Und da hel­fen mir Auf­zeich­nun­gen und Fotos sehr – denn mein Gedächt­nis ist ein Sieb. Und ich wäre sehr trau­rig, wenn diese Geschich­ten, Men­schen, Hoch- und Tief­punkte ver­schwun­den wären in mei­ner Erinnerung.

      Aus­ser­dem finde ich es schön, sol­che Dinge auch zu erhal­ten, um andere daran teil­ha­ben zu las­sen. Würde es dich nicht inter­es­sie­ren, wenn dein Urgroß­va­ter Tage­bü­cher hin­ter­las­sen würde über seine Zeit als Matrose auf See, etwa?

      Ich sammle keine mate­ri­el­len Werte, son­dern meine Erin­ne­run­gen – für mich selbst in ers­ter Linie, für andere in zwei­ter. Gegen­fra­gen: Warum sollte ich diese denn los­las­sen? Ist ein Asket auto­ma­tisch glück­li­cher als Andere? Und gibt es nicht auch einen Mittelweg? :-)

      Ich finde es ein span­nen­des Thema!

    3. Phil­ipp, ich stimme dir zu: Auf jeden Fall sind Auf­merk­sam­keit und Aner­ken­nung wich­tig, für jeden, würde ich behaup­ten. Ob das durch ein fet­tes Auto pas­siert oder durch Freude, die man ande­ren schenkt, oder durch Geschich­ten, die man erzählt – let­zen Endes steht oft (zumin­dest unbe­wusst) ein Motiv, das auf einen selbst zurück­spie­gelt, und hilft sich zu definieren.
      Ein Rei­se­ta­ge­buch, oder ein Foto­al­bum, was ich gestalte, mache ich in ers­ter Linie für mich selbst. Als Hilfe zur Erin­ne­rung. In Kon­trast zum Rei­se­blog. Der ist vor allem für andere…

  8. Wie recht hast du! Wir mer­ken, daß die ZEit mit Kin­dern zB ver­fliegt und wenn die klei­nen Abends im Bett sind und wir sie nach einer Stunde ver­mis­sen, schauen wir uns die aus­ge­druck­ten Fotos als sie noch rich­tig klein waren. Und wenn wir nicht im Nor­den unter­wegs sind, blät­tern wir gerne in unse­rem ech­ten (!) Buch NÖRDLICH VON HIER.… auch wenn der Absatz nicht so rei­ßend ist wie erhofft, freuen wir uns jedes mal, daß wir uns die Mühe gemacht haben und ein ech­tes Buch über einige unse­rer Rei­sen gemacht haben: http://www.blurb.de/b/2024653-nordlich-von-hier
    ech­tes Papier, ob bedruckt oder hand­be­schrie­ben oder Rei­se­skiz­zen in der Hand zu haben – ist ein wun­der­ba­res Gefühl!

    1. Schön! Man­ches war bes­ser, man­ches schlech­ter… Am Ende hat man, finde ich, die Eigen­ver­ant­wor­tung, mög­lichst stark dem zu fol­gen, was man als rich­tig emp­fin­det… dann muss man auch nicht jeden Scheiß mitmachen. :-)

  9. Dani says:

    Bei­fall, Bei­fall, Bei­fall … mit den Mög­lich­kei­ten der Foto­buch Her­stel­ler haben wir alle Mög­lich­kei­ten, habe mitt­ler­weile schon einige getes­tet, auch hier lie­ber etwas mehr für Qua­li­tät. Aber es hab­tisch in der Hand zu haben mit Freun­den, Family dar­über spre­chen ist ein­fach was ande­res. Dinge, Erleb­tes greif­bar machen.
    Grüsse Dani

    1. Ein Foto­buch habe ich auch schon mal gemacht, ich finde ein klas­si­sches Foto­al­bum aber noch schö­ner, per­sön­li­cher. Aber das ist Geschmackssache!

  10. Christoph says:

    Eigent­lich mag ich Kom­men­tare nicht, in denen der Kom­men­ta­tor schreibt, dass er eigent­lich gar nichts zu kom­men­tie­ren habe, weil der Arti­kel bereits alles sagt. Damit ist näm­lich sel­ten mehr gesagt, als schon vor­her da stand. Aber manch­mal bleibt einem als Kom­men­ta­tor nichts Ande­res übrig, als zuzu­ge­ben, dass man eigent­lich gar nichts zu kom­men­tie­ren hat. Weil der Arti­kel bereits alles sagt.

  11. Carina says:

    Ein sehr schö­ner Ein­trag und Du hast völ­lig Recht! Was bleibt ist eine gute Frage. Ich hatte mir in den Jah­ren 2010 und 2011 zwei Foto­al­ben ange­legt und die schöns­ten Ereig­nisse & Fotos dort abge­legt. Ich schaue sie mir wirk­lich super gerne noch mal an, man ver­gisst so schnell wie­der, was man alles schö­nes erlebt hat! Im letz­ten Jahr habe ich das lei­der ein wenig schlei­fen gelas­sen- Du hast mir einen net­ten Anreiz gege­ben, das doch wie­der zu ver­fol­gen! Und meine Rei­se­ta­ge­bü­cher mal wie­der zu suchen und anzuschauen!

  12. Avatar-Foto

    Ja, genau meine Meinung!
    Rei­se­ta­ge­bü­cher – Gold wert – auch meine Regale schauen damit toll aus und jeder Blick dar­auf, zau­bert mir ein Lächeln ins Gesicht!
    Ich werde mir mei­nen Blog aus­dru­cken und zu einem schö­nen Buch heften…das bleibt…

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