Woanders wachsen Mangos: Vom Wegsein, der großen Liebe Australien und dem Versuch, die Sehnsucht zuhause zu stillen
Mit zahlreichen Fotografien der Autorin
Vielleicht haben wir alle ein Sehnsuchtsland. Eines, das verführt, neue Seiten zeigt und herausfordert, das man immer wieder verlässt, nur um zurückzukommen.
Für Cindy Ruch ist dieses Land Australien. Sie begibt sich auf Roadtrips entlang gerader Straßen, wagt sich in Geisterstädte und Höhlen, möchte in Brisbane zuhause sein, vertraut fremden Mitreisenden, lernt das Reisen lieben, kommt nicht los.
Zweieinhalb Jahre verbringt sie in Australien, über zwölf Jahre sehnt sie sich dorthin.
Zurück in Deutschland sucht sie Orte, Bücher und Mitbringsel, die sie an ihr Australiengefühl erinnern. Sie übt, Berlin so zu entdecken wie Sydney, die Brandenburgischen Seen wie den Pazifischen Ozean, den märkischen Sand wie das Outback.
Ist es die Sehnsucht, die uns in Bewegung hält?
Die Autorin
Cindy Ruch erzählt Geschichten von Reisen, Orten und Büchern. Sie ist Autorin, Reisejournalistin und Fotografin, studierte Internationale Literaturen in Tübingen und Brisbane, gründete das Literaturmagazin „Lautschrift“ mit und absolvierte ihr Redaktionsvolontariat beim „Globetrotter Magazin“. Zweieinhalb Jahre verbrachte sie als Backpackerin, Studentin und Freiberuflerin in Australien. Neben Artikeln in verschiedenen Magazinen und Büchern erschienen zuletzt „Spielplatzguide Berlin“ und „Europa mit dem Zug“ bei Reisedepeschen. In der Australischen Botschaft Berlin zeigte sie 2015 ihre analoge Fotoausstellung „Australia is a myth of her mind“ und zog zeitgleich in die Hauptstadt, wo sie nun zuhause ist.
1. Auflage, Originalausgabe (21. März 2023)
Gebundene Ausgabe, 240 Seiten
ISBN-10 3963480254
ISBN-13 978–3963480256
Johann Six on
Sehr schöne Buch über reisen, Erwachsen werden, sich auf dieser Welt finden und seine Sehnsüchte erkennen und ihnen nachgehen. Alle haben im Laufe ihres Lebens mal ein „Australien“ manche kommen davon nicht mehr los, bei manchen tritt es (leicht) in den Hintergrund und wird durch neue emotionale Bezugspunkte ersetzt. Davon los kommt man aber sein Leben lang nicht wirklich.
Sophie on
Nach Jahren voller Träumen und Planen reist Cindy Ruch für ein Auslandsemester zum ersten Mal nach Australien, um ihre romantische Idee von diesem Kontinent endlich Wirklichkeit werden zu lassen. In den vier Kapiteln von „Annähern“ bis „Zurückkehren“ ihres neuen Buches nimmt sie uns Leser*innen mit auf ihre Reisen in ihr Sehnsuchtsland und teilt den Versuch, die Sehnsucht nach der faszinierenden endlosen Weite des Outbacks auch in der brandenburgischen Heimat zu finden.
Das Reisen selbst hat sie schon als Kind von ihren Eltern gelernt, wenn sie kilometerweite Fahrradtouren durch Deutschland gemacht haben und bei jeder Wetterlage Zelte aufgebaut. Aber als Studentin ist sie allein unterwegs, teilt sich im Hostel 6‑er Schlafräume, zieht in unbekannte WGs und lernt ununterbrochen neue Menschen kennen, findet Freundschaften und Reisebegleitungen für diverse Roadtrips. Umso abenteuerlicher es wird, so öfter stellt sich der Spagat zwischen „Regelkonformität und Abenteuerlust“ ein, was sie nahbar und eindringlich erzählt.
Australien kriecht immer mehr in sie hinein. Aber vorher muss sie sich erstmal an sich selbst und die neue Sprache gewöhnen und das dauert („Mir fehlt das Vokabular einer fremden Sprache und eines neuen Landes.“ S. 27). So sehr sie zu Beginn ihrer Reise mit der neuen Sprache hadert, sind die englischen Vokalen nach ihrer Rückkehr oft schneller da, als die deutschen. Dieser Konflikt ist besonders schwierig, da Worte und Schrift ihr Literaturstudium und später auch ihren Job als Journalistin und Autorin ausmachen. Diese Reflexionen, das Hinterfragen bestimmter Entscheidungen und das rückblickende Kontextualisieren so mancher Gefühle durchziehen das gesamte Buch und wechseln sich ab mit ihren Erinnerungen. Außerdem bindet sie subtil, aber informativ Fakten zur Entdeckungsgeschichte des Landes und zu aktuellen Problemen wie Klimaschutz in den Text ein, was ich sehr interessant finde.
Als optische Trennseiten zwischen den Kapiteln stehen analoge Fotografien der Autorin, von deren Motiventstehung sie ebenfalls erzählt. Die Fotos bilden eine ästhetische Einheit mit dem robusten umschlaglosen Pappeinband (perfekt zum selber reisen ;) ), dem ungestrichenen Papier und den gelb-orangenen Überschriften, deren Farbwahl hervorragend den Buchtitel aufgreifen. Diese Details in Kombination mit dem zurückgenommen hübschen Cover verleihen dem Buch eine Leichtigkeit, die gut zum Erzählstil und dem Reisen an sich passen.
Alles an diesem Buch bildet eine gelungene Einheit und wirft Fragen auf, die mich wohl noch eine Weile umtreiben werden.