Berge, Seen, Klöster und Paläste

Nach einer Pau­se in Addis Abe­ba ist mir der Aus­bruch ins Lan­des­in­ne­re nach Bahir Dar und Gon­der gelun­gen. Schon beim Anflug nach Bahir Dar wird mir klar, wie anders Äthio­pi­en im Ver­gleich zu mei­nen bis­he­ri­gen Rei­se­zie­len wird.
Berg­ket­ten, Hoch­pla­teaus, Täler und Flüs­se wech­seln sich ab. Die Land­schaft hat jetzt im März in der Tro­cken­zeit eine brau­ne Ein­heits­far­be. Nur grü­ne Oasen tau­chen hier und da am Boden auf. Rie­si­ge Can­yons las­sen Erin­ne­run­gen an den Grand Can­yon oder die Can­yons ent­lang der Königs­stra­ße in Jor­da­ni­en auf­kom­men. Nur, dass hier alles viel gewal­ti­ger und beein­dru­cken­der scheint. Auch die dich­te Besie­de­lung im Nor­den Äthio­pi­ens wird deut­lich. Aus allen Rich­tun­gen blit­zen mich die Son­nen­re­flek­tio­nen der blech­ge­deck­ten Häu­ser an. Bäu­me mar­kie­ren Gemein­schaf­ten und es nimmt kein Ende.

Bahir Dar – Grüne Oase

Der Lan­de­an­flug nach Bahir Dar beginnt über einem gro­ßem Fluss, dem blau­en Nil. Die sicht­ba­ren Strom­schnel­len füh­ren zum berühm­ten Was­ser­fall. Es gibt Mei­nun­gen, der Was­ser­fall kann es mit den Iqua­zu Fäl­len in Bra­si­li­en auf­neh­men. Ich spa­re mir in der Tro­cken­zeit den Weg. Der Blaue Nil führt ein­fach wenig Was­ser.
Eini­ge Minu­ten spä­ter kommt der Tanasee in mein Blick­feld. Das Flug­zeug nimmt Kurs aufs Was­ser und wir flie­gen direkt über zwei Klos­ter­in­seln. Die Idyl­le lässt hof­fen.
Tür im Kloster Debra-Mariam

Nach der obli­ga­to­ri­schen Fie­ber­mes­sung am Flie­ger, gibt es die obli­ga­to­ri­schen Dis­kus­sio­nen mit den Taxi­fah­rern. 200 Br soll die Fahrt in die Stadt kos­ten. 50 Br für ein »shared« Taxi pro Per­son wären nor­mal. Die letz­te Zei­le auf der amha­ri­schen Preis­lis­te muss als Beweis her­hal­ten. In Wirk­lich­keit ist es die drit­te Zei­le, wie mir ein ehr­li­cher Mit­ar­bei­ter des Rei­ni­gungs­per­so­nals bestä­tigt. Selbst der Grenz­po­li­zist, der gera­de noch blen­den­des Eng­lisch mit einem Bri­ten gespro­chen hat, kann kein Eng­lisch mehr und lässt sich von der Taxi-Mafia ein­span­nen.
Ich und mei­ne bri­ti­sche Rei­se­be­glei­tung kom­men dann doch noch für 150 Br in die Stadt.

Bahir Dar - Grüne Oase

Uns erwar­tet eine grü­ne Oase. Die Stadt ist wirk­lich schön Grün und lädt zum klei­nen Spa­zier­gang ein. Wir erkun­den den Hafen, lau­fen eini­ge Run­den auf dem beleb­ten, ein­hei­misch-ordent­li­chen Markt und las­sen uns von der Atmo­sphä­re bestau­ben. Von einem klei­nen Café aus beob­ach­ten wir die Men­schen, genie­ßen tra­di­tio­nel­len Kaf­fee und wer­den als­bald auch von einer klei­nen Fuss­ball­man­schaft umstellt. Die klei­nen Knirp­se sehen in uns eine Attrak­ti­on und wir len­ken sie ein wenig von ihrer Spen­den­sam­mel­ak­ti­on ab. Wir schlie­ßen uns aber den ande­ren Gäs­ten im Café an und spen­den auch; auch wenn der Zweck uns unüber­setzt unklar bleibt.
Am nächs­ten Tag set­zen wir sym­bo­lisch Segel und las­sen uns zu den Klos­ter­in­seln fah­ren. Unser Metall­boot tuckert gemüt­lich vor sich hin und am Aus­lass des blau­en Nils wer­den wir mit Hip­pos über­rascht. Min­des­tens zehn der rie­si­gen Tie­re schwim­men in unmit­tel­ba­rer Umge­bung unse­res Boo­tes. Immer wie­der taucht ein Kopf auf und schaut nach dem Rech­ten.

Hippo im Blauen Nil

Unser ers­ter Stopp ist auf der Insel des Klos­ters Debra-Mari­am. Als ers­tes Klos­ter wird es für mich auch das span­nenste blei­ben. Im klei­nen Muse­um zeigt ein Mönch 900 Jah­re alte Schrif­ten und Reli­qui­en. Muse­um nen­ne ich den klei­nen Raum mit Sicht­fens­ter nur, weil es dran stand.
In der Kir­che des Klos­ters ist der eben­falls 900 Jah­re alte Kern ummau­ert und über­dacht von einem schmuck­lo­se­ren Rund­bau. Wir betre­ten ihn ohne Schu­he und wer­den vom freund­li­chen Mönch über die Geschich­te auf­ge­klärt. Ein Blick ins Inners­te bleibt uns in allen drei Klös­tern ver­wehrt.

Kloster Debra-Mariam bei Bahir Dar

Kloster Debra-Mariam bei Bahir Dar

Nach einer hal­ben Stun­de Fahrt auf dem See errei­chen wir Ent­os Eye­su. Im klei­nen Muse­um spricht der Mönch zwar kein Eng­lisch, dafür sind die Reli­qui­en beschrif­tet und beson­ders die Haut einer rie­si­gen Schlan­ge erregt mein Inter­es­se. Die Sage besagt, dass das Klos­ter erst errich­tet wer­den konn­te, nach­dem der ers­te Mönch sie zur Stre­cke gebracht hat­te. Der eher schmuck­lo­se Haupt­bau ent­hält im Inne­ren Male­rei­en, die die unter ande­rem auch bru­ta­le Geschich­te des Klos­ters und der Bibel dar­stel­len.

Malereien im Kloster Entos Eyes

Die schöns­te Fas­sa­de und auch der male­rischs­te Auf­stieg begeg­ne­te mir auf der Insel des Klos­ters Kibran St. Gabri­el. Lei­der dür­fen Frau­en hier nur das Muse­um besu­chen.

Fenster im Kloster Kibran St. Gabriel

Nach drei Stun­den Boots­fahrt und Klos­ter­be­su­chen kom­men wir wie­der in Bahir Dar an.

Schatten im Kloster

Gonder – Majestätisch

Nur knapp zwei bis drei Stun­den mit dem Mini­bus von Bahir Dar ent­fernt liegt Gon­der in wür­di­ger Höhe über der Umge­bung. Einen wun­der­schö­nen Blick über die könig­li­chen Palast­an­la­gen hat man von der Deb­re Bir­han Selas­si Kir­che. Lei­der erklim­me ich den Berg um die Mit­tags­zeit und kom­me in der Mit­tags­pau­se nicht in das Inne­re. Ein Rund­gang über den Fried­hof inner­halb der ers­ten Mau­er ist dafür eine klei­ne Ent­schä­di­gung. Eine klei­ne Gemein­schaft wohnt und arbei­tet hier zwi­schen den Grä­bern.
Die ehe­ma­li­ge Haupt­stadt liegt stra­te­gisch an drei Kara­wa­nen­stra­ßen, gut aus allen Him­mels­rich­tun­gen zu errei­chen. Der ita­lie­ni­sche Ein­fluss in Äthio­pi­en ist hier auch beson­ders schön zu spü­ren. Vie­le klei­ne Cafés mit Kuchen und Tor­ten, klei­ne Bars und mit­ten­drin der rie­si­ge könig­li­che Kom­plex mit sei­nen Paläs­ten.

Königliche Anlage in Gonder

Ich begin­ne hier mei­ne Erkun­dungs­tour. Ich betre­te die Anla­ge und füh­le mich um Jahr­hun­der­te zurück­ver­setzt. Ich ver­set­ze mei­ner Phan­ta­sie einen Tritt und die Rui­nen und wohl erhal­te­nen Schlös­ser kom­men zurück ins Leben. Über eine lan­ge Trep­pe kom­me ich in den enor­men Ball­raum im Palast von Fasi­la­das. Lei­der bleibt mir der Weg auf den Turm und die Aus­sicht ver­sperrt. Die wei­te­ren Paläs­te laden mich aber ein, hin­ter jeder Ecke nach einer neu­en Ent­de­ckung zu for­schen.

Fasiladas' Archiv

Am Löwen­kä­fig vor­bei, in dem bis 1991 noch ein Löwe geses­sen haben soll, erhe­ben sich ein wei­te­rer Palast, die Stäl­le und der grau­en­haft mit Beton restau­rier­te Ball­saal.
Einen guten Fuss­marsch ent­fernt liegt das Bad von Fasi­la­da. Mit ein wenig Vor­stel­lungs­kraft ist auch Was­ser im Becken, wel­ches von einer Mau­er, wun­der­voll mit Wur­zeln über­wach­sen, umrahmt wird. Der Palast in der Mit­te hat eine Men­ge Legen­den, nur wann und für was er gebaut wur­de, ist nicht bekannt.

Bad von Fasilada

Bad von Fasilada

Mein Rund­gang durch Gon­der endet in einem klei­nen Café an der Piaz­za. Von hier aus pla­ne ich die Wan­de­rung durch die Simi­en Moun­ta­ins und genie­ße den äthio­pi­schen Kaf­fee.

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