Auf dem Rücken der Pferde

„Hopp, hopp!“ Nichts pas­siert. „Los, lauf jetzt!“ Kei­ne Reak­ti­on. Moment, wie war doch gleich die Esels­brü­cke? Tschu, tschu, tschu, die Eisen­bahn… Ja genau! Neu­er Ver­such: „Tschu!“ Immer noch nichts. „Tschu! Tschuuu!“ Na end­lich, es geht wei­ter. Doch statt Leo und Mika den Berg hin­auf zu fol­gen, biegt mein Pferd nach rechts ab und kommt eini­ge Meter wei­ter in den Büschen zum Ste­hen. Es schnaubt kurz, senkt sei­nen Kopf und beginnt in aller See­len­ru­he zu fres­sen.

Was mache ich hier eigent­lich? Umge­ben von Dor­nen­bü­schen und immer schrof­fer wer­den­dem, fel­si­gem Gelän­de sit­ze ich auf einem Lebe­we­sen, für das ich kei­ne Betriebs­an­lei­tung erhal­ten habe. Als ich unse­rem Gui­de Mika beim Bela­den der Pfer­de sag­te, dass ich nicht rei­ten kann, hat er nur gelacht: „Es ist ganz ein­fach: Links zie­hen – Pferd nach links; rechts zie­hen – Pferd nach rechts. ‚Tschu‘ für schnel­ler und ‚brrr‘ für lang­sa­mer.“ Bei Mika sieht das tat­säch­lich sehr ein­fach aus, aber mein Pferd scheint mei­ne Kom­man­dos ein­fach nichts zu ver­ste­hen. Seit über zwei Stun­den sit­ze ich nun bereits im Sat­tel. Mein Hin­tern schmerzt und ich begin­ne mich zu fra­gen, ob es eine gute Idee war, uns für eine 4‑tägige Reit­tour in den Ber­gen Kir­gi­stans anzu­mel­den…

Als wir zwei Tage zuvor im Con­tai­ner mit der Auf­schrift „Eco-Tour Info Cen­ter“ ste­hen, ist die Welt noch in Ord­nung. Ein freund­li­cher Herr zeigt uns am Com­pu­ter Fotos von Tou­ris­ten, die fröh­lich lächelnd durch eine schein­bar unbe­rühr­te Natur rei­ten. Auf einer Land­kar­te erklärt er uns mög­li­che Rou­ten und als wir ihm sagen, dass wir ger­ne abseits der Tou­ris­ten­mas­sen unter­wegs wären, schlägt er vor, von Kara­kol aus durch die Ber­ge bis zu einem Glet­scher zu rei­ten. „Ist es schwie­rig?“, wol­len wir wis­sen. Weder Leo noch ich haben belast­ba­re Rei­t­er­fah­rung. Bei einer Schnup­per­stun­de noch vor Abrei­se bin ich sogar vom Pferd gefal­len. Und das, obwohl es an der Lei­ne geführt wur­de. „Nein, nein, kein Pro­blem!“ ent­geg­net er uns. „Die meis­ten mei­ner Kun­den kön­nen nicht rei­ten.“

Vor­sichts­hal­ber ver­ein­ba­ren wir, die Tour, die eigent­lich für drei Tage ange­setzt ist, in vier Tagen zu machen. So haben wir etwas Puf­fer und sit­zen jeden Tag 1–2 Stun­den kür­zer im Sat­tel. Der Chef der Agen­tur, die ihr Ange­bot im unte­ren Preis­seg­ment ange­sie­delt hat, rät uns, anstatt einen Koch zu enga­gie­ren doch lie­ber selbst für unse­re Ver­pfle­gung zu sor­gen. Er kann uns einen Gas­ko­cher lei­hen; nach Töp­fen und Besteck sol­len wir im Hos­tel fra­gen. Als Pro­vi­ant emp­fiehlt er ‚Fast­food‘ und meint damit Brot, Wurst und Tüten­sup­pen. Als wir uns von ihm ver­ab­schie­den, gibt er uns noch mit auf den Weg, uns zur Erhö­hung des Sitz­kom­forts eine Unter­la­ge für den Sat­tel zu besor­gen. Das sei bei Anfän­gern rat­sam. Sein Vor­schlag: Ein­fach ein paar Putz­lap­pen über­ein­an­der­le­gen – fer­tig.

Den rest­li­chen Tag ver­brin­gen wir in der Fol­ge damit, auf den Märk­ten Kara­kols unse­re Aus­rüs­tung für die Tour zusam­men­zu­su­chen. Als Pro­vi­ant kau­fen wir Karot­ten, Gur­ken, Papri­ka, Eier, Toma­ten, Brot, Tee, Nudeln, Bana­nen und Kek­se. Da der Wet­ter­be­richt wech­sel­haf­te Bedin­gun­gen vor­her­sagt, decken wir uns zusätz­lich mit extra­gro­ßen Plas­tik­tü­ten ein, die unser Gepäck vor mög­li­chem Nie­der­schlag schüt­zen sol­len. Für die even­tu­ell kal­ten Näch­te in den Ber­gen bekommt Leo noch eine Müt­ze. Die vor­ge­schla­ge­nen Putz­lap­pen als Sitz­un­ter­la­ge über­zeu­gen uns nicht. Nach einer Alter­na­ti­ve suchend, erste­hen wir schließ­lich zwei schi­cke Sitz­kis­sen, die extra für uns mit einem beson­ders wei­chen Innen­le­ben aus­ge­stat­tet wer­den.

Als wir am Abend unser Gepäck in zwei Sta­pel auf­ge­teilt haben (der eine Teil kommt mit auf die Tour, der ande­re bleibt im Hos­tel), sind wir rich­tig auf­ge­regt. Vier Tage lang wer­den wir abseits der Zivi­li­sa­ti­on nur mit einem Gui­de zu Pferd unter­wegs sein. Schla­fen wer­den wir im Zelt, kochen müs­sen wir selbst. Haben wir an alles gedacht? Haben wir genü­gend Vor­rä­te dabei? Wie wird das mit der Trink­was­ser­ver­sor­gung? Bekom­men wir das hin mit den Pfer­den? Sind sie lieb? Hal­ten unse­re Hin­tern das vier Tage lang aus? 🙂

Nach einer unru­hi­gen Nacht wachen wir am nächs­ten Mor­gen leicht gerä­dert auf und schau­en aus dem Fens­ter: strö­men­der Regen. Es ist kalt und der Him­mel pech­schwarz. So kön­nen wir doch nicht in die Tour star­ten, oder? Müs­sen wir zum Glück nicht, denn nach einem kur­zen Anruf beim Ver­an­stal­ter dür­fen wir den Auf­bruch um einen Tag nach hin­ten ver­schie­ben.

Zurück zum Hier und Jetzt, zurück zur Reit­tour. Wäh­rend mein Pferd immer noch frisst, bli­cke ich hin­auf zu Leo und Gui­de Mika. Die Lücke zwi­schen mir und ihnen wird von Minu­te zu Minu­te grö­ßer. Dabei ist Leos Pferd nicht weni­ger starr­köp­fig als meins. Um wenigs­tens ein biss­chen schnel­ler vor­an zu kom­men, hat der leicht genervt wir­ken­de Mika ihr Pferd in Schlepp­tau genom­men. Nun hat es kei­ne ande­re Wahl mehr, als dem star­ken Hengst unse­res Gui­des den Berg hin­auf zu fol­gen. Mit Mühe und Not und der Hil­fe eines Seil­stücks, das ich von Mika als Ger­ten­en­er­satz bekom­men habe, gelingt es mir schließ­lich, mein Pferd wie­der auf Kurs zu brin­gen. Eini­ge Zeit spä­ter habe ich end­lich zu den bei­den auf­ge­schlos­sen. Mit einem Seil in der Hand kommt Mika auf mich zuge­rit­ten. Nun muss ich von ihm abge­schleppt wer­den.

An die­sem ers­ten Tag haben wir unse­re Pfer­de noch nicht wirk­lich im Griff. Stän­dig sind wir damit beschäf­tigt, die lust­los wir­ken­den Tie­re anzu­trei­ben. Doch alles Gut­zu­re­den hilft nichts und auch unse­re impro­vi­sier­ten Ger­ten brin­gen kei­nen beschleu­ni­gen­den Effekt. Wir sind so mit dem Füh­ren der Pfer­de beschäf­tigt, dass wir die immer schrof­fer wer­den­de alpi­ne Land­schaft um uns her­um kaum wahr­neh­men. Trotz der Kis­sen, die wir zwi­schen Sat­tel und unser Gesäß gescho­ben haben, hat das stän­di­ge Auf und Ab mei­nem Aller­wer­tes­ten bereits zuge­setzt. Dazu kom­men die viel zu kur­zen Steig­bü­gel, die mei­ne Bei­ne und Knie in eine unan­ge­neh­me Win­kel­stel­lung zwin­gen. Län­ger machen geht nicht, der durch­schnitt­li­che Kir­gi­se ist ein­fach ein paar Zen­ti­me­ter klei­ner als ich…

Nach über 5 Stun­den im Sat­tel senkt sich die Son­ne all­mäh­lich bis dicht über die Berg­gip­fel. Leo und ich sind erschöpft. Seit dem Vor­mit­tag sind wir nun unter­wegs, über 2.000 Höhen­me­ter sind wir berg­auf gerit­ten und befin­den uns mitt­ler­wei­le auf einer Höhe von 3.200 m. Mika, der meint, dass wir viel zu lang­sam unter­wegs sind, will es noch über den nächs­ten Pass schaf­fen. Zwei wei­te­re Stun­den brau­chen wir noch, so schätzt er. Ich schaue rüber zu Leo und erken­ne an ihrem Blick, dass auch sie für heu­te genug vom Rei­ten hat. Schließ­lich haben wir bewusst kei­ne Grup­pen­tour, son­dern einen eige­nen Gui­de nur für uns gebucht, um in genau sol­chen Situa­tio­nen fle­xi­bel zu sein. Mika wirkt nicht ganz ein­ver­stan­den, doch wir kön­nen ihn über­zeu­gen, vor Ort und Stel­le unser Nacht­la­ger auf­zu­schla­gen.

Obwohl so nicht geplant, erweist sich unse­re Wahl als Voll­tref­fer. Ein­ge­rahmt von hohen Ber­gen und mit Blick auf den male­ri­schen Kara­kol-See bau­en wir im Gras unser Zelt auf. Ein eisi­ger und kris­tall­kla­rer Glet­scher­bach ver­sorgt uns mit sau­be­rem Trink­was­ser und auch unse­re Pfer­de fin­den hier mehr als genug zu fres­sen. Wäh­rend sich Mika noch um die Tie­re küm­mert, begin­nen wir mit den Vor­be­rei­tun­gen für das Abend­essen. Der von der Agen­tur aus­ge­lie­he­ne Gas­ko­cher erweist sich jedoch als unbrauch­bar. Die Auf­stell­vor­rich­tung ist völ­lig ver­bo­gen, sodass kein Topf dar­auf ste­hen bleibt. Zum Glück hilft uns Mika aus und auf sei­nem Kocher dür­fen wir unse­re Nudeln mit Gemü­se zube­rei­ten. Als Dan­ke­schön geben wir ihm einen Tel­ler unse­res ein­fa­chen, aber wohl­schme­cken­den Abend­essens ab. Bei einem anschlie­ßen­den Tee taut der bis­lang sehr schweig­sa­me und etwas grum­me­lig wir­ken­de Mika lang­sam auf. Das Eis ist gebro­chen.

Eisig wird es jedoch in der uns bevor­ste­hen­den ers­ten Nacht. Bei ster­nen­kla­rem Him­mel fal­len die Tem­pe­ra­tu­ren bis nahe an den Gefrier­punkt und wir müs­sen mit Ther­moun­ter­wä­sche und Müt­ze beklei­det in unse­re Schlaf­sä­cke stei­gen, um die bis­lang käl­tes­te Nacht auf die­ser Rei­se unbe­scha­det zu über­ste­hen. Mit Mika haben wir ver­ein­bart, am nächs­ten Mor­gen um 9 Uhr auf­zu­bre­chen. Obwohl wir bereits um 21:30 Uhr das Licht aus­schal­ten, müs­sen wir wohl wirk­lich sehr müde gewe­sen sein, denn als wir wie­der auf­wa­chen, ste­hen die Zei­ger von Leos Arm­band­uhr auf kurz vor Acht. Über 10 Stun­den haben wir geschla­fen. Als wir uns end­lich aus unse­ren Schlaf­sä­cken befreit haben und den Kopf aus dem Zelt stre­cken, ist Mika schon lan­ge fer­tig und auch unse­re Pfer­de ste­hen bereit. Mika hat bes­te Lau­ne und so lässt er sich nichts anmer­ken, als wir eine drei­vier­tel Stun­de spä­ter als abge­macht end­lich auf unse­ren Pfer­den sit­zen.

Am ver­gan­ge­nen Abend hat­te wir bereits über­legt, ob wir die Tour nicht um einen Tag ver­kür­zen sol­len. Das Antrei­ben der Tie­re am ers­ten Tag war doch sehr müh­sam und frus­trie­rend und wir sind uns nicht sicher, ob wir die kom­men­den drei Tage auf ähn­li­che Wei­se ver­brin­gen möch­ten. Doch heu­te sind unse­re Pfer­de wie aus­ge­wech­selt. Von der saf­ti­gen Berg­wei­de gestärkt, lau­fen sie los, als ob es ihnen ein wah­res Ver­gnü­gen wäre. Wir sind posi­tiv über­rascht; so macht das Gan­ze doch gleich viel mehr Spaß! Mit neu­em Elan rei­ten wir hin­auf auf den auf 3.428 m Höhe gele­ge­nen Pass. Glück­lich kom­men wir oben an und freu­en uns, dass wir nun nicht stän­dig mit den Pfer­den beschäf­tigt sind und so end­lich die spek­ta­ku­lä­re Aus­sicht um uns her­um genie­ßen kön­nen.

Doch die Her­aus­for­de­rung die­ses Tages steht uns erst noch bevor. Kam uns das stän­di­ge Berg­auf­rei­ten am ers­ten Tag schon schwie­rig vor, so war es im Gegen­satz zum geröl­li­gen Unter­grund, auf dem es vom Pass aus steil berg­ab geht, regel­recht ein­fach. Unse­re noch sehr jun­gen und uner­fah­re­nen Pfer­de (3 bzw. 4 Jah­re alt) kom­men mit den rut­schi­gen Gege­ben­hei­ten alles ande­re als gut zurecht. Immer wie­der stol­pern sie oder ver­lie­ren mit ihren Hufen den Halt. Mika, für des­sen erfah­re­nen Hengst der Abstieg trotz schwe­rer Sat­tel­ta­schen kein wirk­li­ches Pro­blem zu sein scheint, ist bereits vie­le Meter wei­ter unten. Unse­re Pfer­de haben Angst, das spü­ren wir. Und auch wir haben Angst!

Ich fol­ge Leos Bei­spiel und füh­re mein Pferd am Zügel zu Fuß den Berg hin­un­ter. Gehor­sam fol­gen uns die Tie­re. Sie schei­nen froh zu sein, den stei­len Abhang ohne zusätz­li­ches Gewicht auf dem Rücken hin­un­ter­ge­hen zu dür­fen. Eini­ge Minu­ten spä­ter errei­chen wir Mika, für den das Abstei­gen vom Pferd gegen sei­ne Berufs­eh­re gegan­gen wäre. Nach­dem wir das Geröll­feld hin­ter uns gelas­sen und wie­der Gras und Erde unter den Hufen haben, kön­nen auch wir wie­der auf­sit­zen. „Eine Tour für Anfän­ger ist das hier auf jeden Fall nicht!“, den­ken wir uns in die­sem Moment. Für das Ver­hält­nis zu unse­ren Pfer­den erweist sich der geführ­te Abstieg im wei­te­ren Ver­lauf der Tour als sehr posi­tiv. Sie schei­nen uns nun zu ver­trau­en und wir kön­nen immer bes­ser Ein­fluss auf Rich­tung und Reit­ge­schwin­dig­keit neh­men 🙂

Glück­lich ob des erfolg­rei­chen Tages und unse­rer Lern­kur­ve in Sachen Rei­ten kom­men wir nach­mit­tags an unse­rem zwei­ten Über­nach­tungs­platz an. Da wir heu­te viel schnel­ler als am ers­ten Tag unter­wegs waren, konn­ten wir den Rück­stand vom Vor­tag sogar auf­ho­len und sind nun wie­der im Zeit­plan. Obwohl sich in der Nähe meh­re­re Jur­ten­camps für Tou­ris­ten befin­den und wir auf dem Wald­weg eini­gen Wan­der­grup­pen begeg­nen, fin­den wir in unmit­tel­ba­rer Nähe zum Fluss einen sicht­ge­schütz­ten Platz für unser Zelt. Da Mika bei Freun­den im Jur­ten­camp über­nach­ten wird, sind wir für die­se Nacht ganz auf uns allei­ne gestellt. Am Ende doch nicht ganz allei­ne, da wir schnell das Inter­es­se meh­re­rer Eich­hörn­chen auf uns zie­hen, die sich neu­gie­rig an unse­ren Vor­rä­ten zu schaf­fen machen…

Am nächs­ten Mor­gen wer­den wir durch ein rascheln­des Geräusch geweckt. Und dann wackelt auf ein­mal unser Zelt. Jemand muss über eine der Abspann­lei­nen gestol­pert sein! Als wir den Zelt­aus­gang öff­nen um nach­zu­se­hen, stau­nen wir nicht schlecht: Eine Her­de Pfer­de steht direkt vor unse­rem Zelt auf der Wie­se und grast. Da wir nun ohne­hin wach sind, ste­hen wir auf und machen Früh­stück. Heu­te lie­gen wir gut in der Zeit und sind sogar schon fer­tig mit Packen, als Mika mit unse­ren Pfer­den im Schlepp­tau ange­rit­ten kommt. Einen kur­zen Moment brau­chen wir dann doch noch. Da wir uns mit­ten in einem Wald befin­den, müs­sen wir vor Auf­bruch noch einen geeig­ne­ten und aus­rei­chend ein­sa­men Ort für unse­re Mor­gen­toi­let­te suchen 🙂

Fro­hen Mutes rei­ten wir anschlie­ßend in Rich­tung Glet­scher, dem eigent­li­chen Ziel unse­rer Tour. Bewe­gen wir uns zu Beginn noch auf befes­tig­ten Wan­der­pfa­den, so bie­gen wir nach einer guten Stun­de auf schwie­ri­ge­res Ter­rain ab. Wir sind heil­froh, dass wir unse­re Pfer­de inzwi­schen bes­ser ein­schät­zen und füh­ren kön­nen, als noch am ers­ten Tag. Der Unter­grund wird zuneh­men sump­fi­ger und vor allem Leos uner­fah­re­nes Pferd hat sicht­lich mit den Bedin­gun­gen zu kämp­fen. Immer wie­der sinkt es tief im wei­chen Matsch ein und hat Mühe, ohne zu stol­pern wie­der her­aus­zu­ge­lan­gen. Meh­re­re Male müs­sen wir im wei­te­ren Ver­lauf einen hüft­tie­fen Fluss kreu­zen. Wir sind kurz davor Mika zu bit­ten, das Vor­ha­ben ‚Glet­scher‘ abzu­bre­chen und umzu­keh­ren, als das Gelän­de end­lich bes­ser wird.

Schließ­lich kom­men wir an. Auf einer gro­ßen Wie­se haben wir frei­en Blick auf den vor uns lie­gen­den Glet­scher. Wir haben Glück: Kein Wölk­chen ist am Him­mel und wir genie­ßen unse­re Mit­tags­pau­se in einem Berg­pan­ora­ma, wel­ches idyl­li­scher kaum sein könn­te. Als wir gera­de wie­der auf­bre­chen wol­len, ver­schwin­det die Son­ne hin­ter den auf­zie­hen­den Wol­ken. Es wird schlag­ar­tig küh­ler und wir müs­sen uns wär­mer anzie­hen. Eine hal­be Stun­de spä­ter ist vom eben noch blau­en Him­mel nichts mehr zu sehen. Dun­kel­graue Wol­ken hän­gen zwi­schen den Ber­gen, der küh­le Gegen­wind frischt merk­lich auf. Wir kön­nen gera­de noch unse­re Regen­ja­cken anzie­hen, bevor es los­geht: Ein kur­zer, aber unan­ge­neh­mer Wol­ken­bruch ergießt sich über uns. Den Pfer­den scheint die Abküh­lung will­kom­men, doch unse­re Wan­d­er­ho­sen sind danach unan­ge­nehm nass. Wie gut, dass sich die Son­ne kurz dar­auf wie­der her­vor­kämpft und uns beim Auf­wär­men hilft.

Ver­gli­chen mit den bei­den ers­ten Tagen ist der Rück­weg nach Kara­kol an Tag drei und vier ein Kin­der­spiel. Wir neh­men eine ande­re, viel ein­fa­che­re Rou­te zurück in die Stadt. Zwar begeg­nen wir dabei immer wie­der Pfer­de­her­den, die frei umher­zie­hen und deren Hengs­te arg­wöh­nisch zu uns her­über­bli­cken. Doch wir haben unse­re Pfer­de nun immer bes­ser im Griff und meis­tern die Stre­cke ohne grö­ße­re Pro­ble­me. Am Ende fin­den wir sogar her­aus, wie wir im Trab rei­ten kön­nen und sind dadurch in der Lage zu Mika auf­schlie­ßen, wenn unse­re Pfer­de mal wie­der zu gemüt­lich unter­wegs sind. Als wir Kara­kol errei­chen, müs­sen wir noch ein­mal unse­re erwor­be­nen Reit­kennt­nis­se unter Beweis stel­len, denn immer wie­der kom­men neu­gie­ri­ge Hun­de laut bel­lend auf uns zuge­rannt. Nach vier Tagen Frei­heit zu Ross errei­chen wir schließ­lich müde, aber glück­lich, Mikas Haus.

Am Ende ist unse­re Reit­tour in den Ber­gen Kir­gi­stans ein ein­ma­li­ges Erleb­nis. Waren wir zu Beginn mit unse­ren Pfer­den noch über­for­dert, so kamen wir ab dem zwei­ten Tag immer bes­ser zurecht. Die­se Erfah­rung hat uns wach­sen las­sen und ist sicher­lich ein Bei­spiel für die Beweg­grün­de zu die­ser Rei­se. Uns ein­las­sen auf Neu­es, Unbe­kann­tes aus­pro­bie­ren, das haben wir uns vor­ge­nom­men. Nicht zuletzt wegen unse­res Gui­des Mika, der zwar etwas still, aber den­noch ein aus­ge­zeich­ne­ter Füh­rer und Pfer­de­ken­ner ist, war unser Aus­flug in die groß­ar­ti­ge Natur um Kara­kol ein vol­ler Erfolg. Übri­gens: Bis ich wie­der ohne Schmer­zen Sit­zen konn­te, hat es dann doch zwei Tage lang gedau­ert 🙂


Antworten

  1. Avatar von Laura
    Laura

    Hal­lo!

    Euer Rei­se­be­richt klingt total span­nend und die Fotos sehen super aus! Wir pla­nen eine ähn­li­che Tour für die­sen Som­mer, haben aber kei­ne Ahnung, wel­ches Bud­get wir ein­pla­nen sol­len. Was hat euch die Tour inklu­si­ve Gui­de, Pfer­de etc. denn gekos­ten?

  2. Avatar von Katrin
    Katrin

    Hal­lo! Könn­tet ihr mir ein paar Tipps schi­cken? Mich wür­de v.a. inter­es­sie­ren, wo man den Guide/​ Pfer­de bucht! Dan­ke 🙂

    1. Avatar von Leo Sibeth & Sebastian Ohlert

      Hal­lo Kat­rin,

      wir haben den Gui­de und die Pfer­de am auf dem Foto abge­bil­de­ten Con­tai­ner-Büro mit der Auf­schrift „Eco-Tour Info Cen­ter“ gebucht. Das Büro befin­det sich im Ort Kara­kol am Issyk-Kul See, ziem­lich im Zen­trum gegen­über eines begrün­ten Plat­zes.

      Ich hof­fe das hilft dir wei­ter.

      Vie­le Grü­ße
      Sebas­ti­an

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