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In Serpentinen durch Slowenien

Auf eine Mauer sind zwei Radfahrer-Piktogramme gemalt.

In Piran sit­zen drei Män­ner auf einer Bank, zwi­schen ihnen ein auf­ge­klapp­ter Piz­za­kar­ton. Dar­in liegt der Abla­ge­sta­pel ihres Kar­ten­spiels. Hin­ter ihnen macht sich der Ort bereit für den Abend. Sou­ve­nir-Stän­de, Restau­rants und das Meer locken die Tou­ris­ten. Das Küs­ten­städt­chen ist zu Recht beliebt: klei­ne Gas­sen, Häu­ser mit bun­ten Fens­ter­lä­den, der Leucht­turm, eine alte Burg und vie­le Bade­stel­len im Mit­tel­meer, in dem spä­ter die Son­ne ver­sinkt.

Schnee? Nein, danke!

Wir kamen auf Umwe­gen nach Slo­we­ni­en. Geplant war eine Gra­vel­rou­te über die Alpen. Aber Regen­mas­sen und Schnee mach­ten die Ber­ge im Sep­tem­ber 2024 ziem­lich unge­müt­lich, das hat­ten wir uns anders aus­ge­malt. Also roll­ten wir statt­des­sen auf der Rad­rou­te Alpe-Adria (auch: Ciclo­via Alpe Adria) zügig von Salz­burg nach Gra­do, wei­ter nach Tri­est und lan­de­ten schließ­lich in Slo­we­ni­en. Bis dahin ging es meist durch’s Tal, an Flüs­sen ent­lang und immer wie­der in Orte, in denen Hotels und Super­märk­te auf uns war­te­ten. So lie­ßen wir es lang­sam ange­hen – was für unse­re Flach­land­bei­ne ohne­hin nicht schlecht war.

„Bist du dir sicher, dass das der Weg ist?“

Nach Piran ver­las­sen wir die asphal­tier­te Rad­rou­te in Rich­tung slo­we­ni­sches Hin­ter­land. Ben­ni sagt was von „ab jetzt schwie­ri­ger“ und „viel berg­auf“. Was er nicht erwähnt: Dazu gehö­ren auch Wan­der­we­ge. Sol­che, auf denen die Rei­fen von Stein zu Stein flut­schen. Eini­ges schaf­fen wir mit unse­rem Ehr­geiz, ande­re Stü­cke müs­sen wir schie­ben. „Macht so semi Spaß“, sage ich irgend­wann mit rotem Kopf.

Ver­schwitzt errei­chen wir Mare­zi­ge und sofort genie­ße ich den Haupt­stra­ßen-Aspahlt. Das Dorf wirkt ver­schla­fen – bis wir den „Vins­ka Fon­ta­na“ errei­chen. Ein Bus von „Nuss­baum­rei­sen Augs­burg“ vol­ler Rent­ner ist hier aus­ge­kippt, jeder hat ein Beu­tel­chen um den Hals. Auf den ers­ten Blick sieht das aus wie die Porte­mon­naies, die uns in der Grund­schu­le um den Hals gebau­melt sind. In die Ver­si­on hier passt aber mehr: ein gan­zes Glas Wein. Davon gibt es näm­lich vier Sor­ten zum Zap­fen an einer Mau­er. So sit­zen sie grüpp­chen­wei­se auf Lie­ge­stüh­len und genie­ßen sie die Aus­sicht auf den Hafen von Koper. Ich sehe vor allem Krä­ne, die Con­tai­ner auf Schif­fe laden. Aber egal, die slo­we­ni­sche Schla­ger­mu­sik läuft fröh­lich im Hin­ter­grund und es gibt ein Foto fürs Album: zwei über­gro­ße Wein­glä­ser auf Holz, die mit­ein­an­der ansto­ßen.

Der Aus­blick vom Denk­mal „Draž­goše Spo­me­nik“ ins Želez­ni­ki-Tal

„Oh no, it’s raining again”

Eini­ge Tage spä­ter sit­zen wir mit­tags im Stop & Snack von Cer­kni­ca. Auf unse­ren Han­dys flim­mert das Wet­ter­ra­dar. Es soll heu­te noch meh­re­re Schau­er geben, aber immer nur kur­ze. Also wei­ter: Wir kur­beln 10 Kilo­me­ter aus­schließ­lich berg­auf, da fängt es an zu reg­nen. Dann don­nert es und aus dem Regen wird eine Dusche, über deren Was­ser­druck man sich nicht beschwe­ren kann. Ernst­haft? Das war vor einer Stun­de vom Wet­ter­frosch nicht vor­her­zu­sa­gen? Wie geru­fen kommt ein Holz­la­ger zum Unter­stel­len. Bald zie­he ich mein ver­schwitz­tes Shirt unter der Regen­ja­cke aus, die Fleece­ja­cke an. Nach 30 Minu­ten kommt die Dau­nen­ja­cke hin­zu und ich hole mein Sitz­kis­sen raus. Nach 1,5 Stun­den ist der Platz vorm Holz­la­ger ein See. Ich frie­re, tip­pel auf der Stel­le und die Not­fall­scho­ko­la­de hilft nur bedingt. Also rol­len wir die 10 km wie­der berg­ab und direkt in ein war­mes klei­nes Apart­ment. Die Dusche ist ein Traum! Und was ist dann pas­siert? Der Regen hat auf­ge­hört.


Am nächs­ten Tag sind wir die schö­ne Stre­cke noch­mal ange­gan­gen, am Holz­la­ger vor­bei und mit Son­nen­schein bis Ljublja­na.

„Soll ja auch gut sein mit dem Regen, für die Natur und so …“ – „Ich fin­de es hier eigent­lich grün genug.“
Auf Ljublja­na folgt Bled in tief­hän­gen­den Wol­ken.

… and again

Kran­js­ka Gora: Wir wär­men uns an Tee und Kaf­fee und stop­fen Endor­phi­ne in Form einer Tira­mi­su-Tor­te und einem Top­fen-Nuss-Mohn-Gebäck in uns hin­ein. Über der The­ke des Cafés hän­gen Wim­pel von Fuß­ball­ver­ei­nen, aus den Laut­spre­chern tönen die Hits der 80er. Seit fünf Tagen reg­net es. Für drei Näch­te hat­ten wir eine Feri­en­woh­nung in Mojs­tra­na. Schön war‘s da. Vor allem, weil drau­ßen som­mer­li­che vier Grad Cel­si­us war­te­ten. Geschafft haben wir es unter die­sen Bedin­gun­gen anschlie­ßend gera­de mal 15 Kilo­me­ter wei­ter und uns dort gleich wie­der eine war­me Blei­be gesucht.

Durch’s Radov­na-Tal mit dem Rad: Aus­sicht delu­xe!

Die große Belohnung

Bis­her hat­ten wir nur geahnt, dass es im Tri­g­lav Natio­nal­park noch mehr Ber­ge gibt als die paar, deren wol­ken­ver­han­ge­ne Gip­fel vage zu erah­nen waren. Und tat­säch­lich! Vor­freu­dig machen wir uns ange­sichts des blau­en Him­mels über Kran­js­ka Gora start­klar.

Wir radeln kurz auf einem idyl­li­schen Wan­der­weg am Fluss und dann zur Stra­ße, wo 24 Ser­pen­ti­nen bis zum Vršič-Pass vor uns lie­gen. Der Ver­kehr hält sich in Gren­zen. Denn wegen klei­ner Bau­stel­len las­sen Ampeln immer nur ein paar Autos am Stück berg­auf oder berg­ab. Rechts und links lie­gen klei­ne Schnee­bro­cken. Je höher wir kom­men, des­to mehr Schnee gibt es. Nach rund 2,5 Stun­den berg­auf ist es geschafft. Wir fin­den eine Bank und einen Tisch in der Son­ne, kochen Tee und Kaf­fee, packen unse­re Brot­zeit aus und genie­ßen die Pau­se mit him­mel­blau­er Aus­sicht.

Dann geht‘s ans Umzie­hen: Schwit­ze­sa­chen aus, war­me Sachen an. Es fol­gen 26 Kur­ven berg­ab ins nächs­te Tal, das gan­ze dau­ert nur 29 Minu­ten, inklu­si­ve Foto-Stopps.

Die Soča ent­springt im Natio­nal­park Tri­g­lav und sieht teil­wei­se unecht aus, so tür­kis ist das Was­ser.

Im Tal war­tet die Soča auf uns. Tür­kis rauscht sie durch‘s Tal, immer wie­der über­spannt von hüb­schen Brü­cken. Wir fah­ren mal rechts, mal links vom Fluss, mal auf Schot­ter, mal auf Asphalt und beob­ach­ten, wie sich drei Uner­schro­cke­ne mit Wild­was­ser­ka­jaks in die Strom­schnel­len stür­zen. All­mäh­lich las­sen wir die Ber­ge hin­ter uns. Scha­de eigent­lich. Aber immer­hin sind wir pünkt­lich zum nächs­ten Regen­guss in Nova Gorica/​Gorizia. Und von da aus gibt es Züge über Vil­lach bis nach Hau­se. Neh­men wir!


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