Parque Nacional Tayrona: Eine Oase der Ruhe

„Some of the best bea­ches in the world“, stand am Ein­gang des Natio­nal­parks auf einem klei­nen Holz­schild geschrie­ben. Ich muss­te schmun­zeln. Nicht beson­ders krea­tiv, die­se selbst­be­wuss­te Ankün­di­gung.

Zwei Stun­den spä­ter lau­fe ich über Holz­plan­ken von Bucht zu Bucht und stau­ne. Die Strän­de sind weiß, der Him­mel blau und die Pal­men wach­sen schräg gen Nor­den. Ich den­ke: Der­je­ni­ge, der für das Holz­schild ver­ant­wort­lich ist, hat nicht über­trie­ben.

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 Tay­ro­na ist ein unge­wöhn­li­cher Ort. Die Hüter des Parks haben sich der Kon­ser­vie­rung der Natur ver­schrie­ben. Es gibt kei­ne Stra­ßen oder Fahr­zeu­ge, die Güter wer­den alt­mo­disch von Pfer­den über Tram­pel­pfa­de trans­por­tiert. Über­all wei­sen Schil­der auf die Ein­zig­ar­tig­keit von Flo­ra und Fau­na sowie die Ver­ant­wor­tung des Men­schen ihr gegen­über hin. „No basu­ra“ – kein Müll: Hier wird Acht­sam­keit gelehrt. Nie­mand will die Natur für die nach­kom­men­den Besu­cher ver­schan­deln.

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Die Kli­en­tel ist ver­gleichs­wei­se jung. Der Mas­sen­tou­ris­mus bleibt die­sen Traum­strän­den fern. War­um? Es gibt kei­ne gro­ßen Hotel­ket­ten, kei­ne Pool­bar, kei­ne Par­ty. Die meis­ten Besu­cher schla­fen nicht in Bun­ga­lows, son­dern in Zel­ten und Hän­ge­mat­ten. Auch ich ver­brin­ge das ers­te Mal in mei­nem Leben eine Nacht in der Hän­ge­mat­te, sie ver­läuft über­ra­schend ruhig und gemüt­lich. Am Mor­gen ist der Strand noch voll von fri­schen Vogelspuren.Wind, Wel­len und Füße wer­den sie im Lau­fe des Tages ver­wi­schen.

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Ich beob­ach­te die Men­schen. Sie sind nicht gehetzt oder gestresst, nicht auf der Suche nach äuße­ren Ein­flüs­sen, die kurz­wei­li­ges Glück oder hedo­nis­ti­sche Freu­den ver­spre­chen. Die Han­dys blei­ben bei den Gesprä­chen in der Hosen­ta­sche. Der Drang, auf das Dis­play zu schau­en, ver­schwin­det mit der Abwe­sen­heit von Zivi­li­sa­ti­on. Jahr­tau­sen­de­lang bedeu­te­te Zivi­li­sa­ti­on Stra­ßen, Häu­ser und Men­schen. Heu­te set­zen wir Zivi­li­sa­ti­on mit der Ver­füg­bar­keit von Inter­net und Strom gleich.

An die­sem Ort mer­ke ich, wie das Netz nicht nur die Gesell­schaft, son­dern auch unser aller Wesen beein­flusst. Wir sind die Gene­ra­ti­on Y, auf­ge­wach­sen mit per­ma­nen­ter Ver­bin­dung. Wir sind stän­dig prä­sent, nicht nur dort, wo wir uns phy­sisch auf­hal­ten, son­dern auch übers Netz bei unse­ren Freun­den und Fami­li­en. Ein gewal­ti­ger Fort­schritt, doch nimmt er uns viel­leicht auch die Fähig­keit, mit jeder Faser unse­res Wesens im Hier und Jetzt zu ver­wei­len?

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Die Men­schen hier sind ganz bei sich. Man­che sit­zen stun­den­lang auf einer Holz­bank und schau­en auf das Meer, wie sich die Bran­dung an den Fel­sen bricht. Am Abend ver­sam­melt sich die hal­be Gäs­te­schaft und blickt auf den Oze­an. Die­ser Ort ist eine Oase, nur dass das begehr­te Gut nicht Was­ser ist, son­dern Ruhe.

Für eini­ge Tage füh­le ich mich in die­ser Oase wohl, doch auf Dau­er wird sie zum Gefäng­nis. Um mich her­um herrscht WiFi-Wüs­te. Wir haben uns grund­le­gend ver­än­dert, denn vor 20 Jah­ren war die­ser Zustand Nor­ma­li­tät. Ein Zustand, den ich nicht mehr ken­nen­ge­lernt habe. Für mich sind die Mög­lich­kei­ten an die­sem Ort beschränkt und der Rest der Welt abge­schnit­ten. Sobald das Ver­lan­gen nach Ver­bin­dung über­hand nimmt, wer­den Drang und Not­wen­dig­keit mich zurück zum nächs­ten Rou­ter trei­ben. Ich wer­de eine hal­be Stun­de auf das Dis­play mei­nes Han­dys star­ren und ver­dammt froh sein, end­lich wie­der zu wis­sen, was in der Welt und in mei­ner Hei­mat vor sich geht.

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