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Machu Pic­chu: Ein Ort vol­ler Magie

Eine der meist­be­such­ten Sehens­wür­dig­kei­ten in Süd­ame­rika ist Machu Pic­chu, die ehe­ma­lige, hei­lige Stätte der Inka. Auch wir haben um die geheim­nis­volle Rui­nen­stadt im perua­ni­schen Valle Sagrado kei­nen Bogen gemacht. Und das hat einen guten Grund: Denn Machu Pic­chu ist der magischste Ort, den wir jemals zu Gesicht bekom­men haben. 

Dun­kel­heit herrscht vor, als wir gegen 4.45 Uhr am frü­hen Mor­gen das ver­schlos­sene Tor an der über einen Fluss gebau­ten Brü­cke errei­chen, das den steil nach oben füh­ren­den Weg zur ehe­ma­li­gen Inka-Stätte Machu Pic­chu noch ver­sperrt. Die nächt­li­che Fins­ter­nis wird immer wie­der durch Lich­ter, die von Stirn­lam­pen der sich dem Ein­gang nähern­den Rei­sen­den erzeugt wer­den, unter­bro­chen. Weit über 100 Machu-Pic­chu-Besu­cher haben sich bereits zu die­ser gott­ver­las­se­nen Zeit an die­ser Stelle versammelt.

Um kurz nach fünf Uhr öff­net ein Beam­ter in Uni­form das bela­gerte Tor. Die Mensch­traube setzt sich unge­dul­dig in Bewe­gung. Die erste Ticket­kon­trolle steht an. Der Rei­se­pass muss eben­falls vor­ge­zeigt wer­den. Danach über­quert einer nach dem ande­ren die wacke­lige Brü­cke – und steigt die über 1.000 Trep­pen­stu­fen hin­auf, die sich bis zum Haupt­ein­gang einer der meist­be­such­ten Tou­ris­ten­at­trak­tio­nen Süd­ame­ri­kas in den grü­nen Hang schmiegen.

Ein Wett­ren­nen beginnt. Denn jeder möchte einer der ers­ten Gäste sein, die Machu Pic­chu heute betre­ten. Auch wir spu­ten uns. Und zie­hen bereits nach weni­gen Minu­ten unsere dicken Pull­over aus. Zu Beginn des Auf­stiegs am fünf­ten Tag unse­res nun fast am Ziel ange­lang­ten Sal­kan­tay-Treks war uns noch bit­ter­lich kalt, mitt­ler­weile kommt es uns aber so vor, als ob wir uns in einer rie­si­gen Frei­luft-Sauna befin­den wür­den. Schweiß tropft unauf­hör­lich von unse­ren Gesich­tern. Wir wech­seln unsere T‑Shirts.

Nach knapp einer Stunde schweiß­trei­ben­dem Trep­pen­stei­gen ste­hen wir gegen sechs Uhr mor­gens vor den Dreh­kreu­zen, die uns noch von dem lang­ersehn­ten Erleb­nis Machu Pic­chu tren­nen. Da in der Zwi­schen­zeit die ers­ten, prop­pen­vol­len Busse von Aguas Cali­en­tes ein­ge­trof­fen sind, schie­ben immer mehr Men­schen am Ein­lass der Sehens­wür­dig­keit nach. Es wird zwangs­läu­fig enger und enger.

Doch dann ist es end­lich soweit: Eine aus­drucks­los-drein­bli­ckende Dame scannt fast mecha­nisch den Strich­code unse­rer Ein­tritts­kar­ten – und die alte, geheim­nis- sowie bedeu­tungs­volle Stätte der Inka kann von uns erkun­det werden.

Die ver­lo­rene Stadt der Inka

Es ist nebe­lig, als wir kurz nach Anbruch des Tages den ers­ten Blick auf das in die Schräge gebaute Machu Pic­chu wer­fen. Eine große, graue Wolke zieht in die­sem Moment durch die Rui­nen. Der untere Teil des grü­nen, dahin­ter lie­gen­den Ber­ges Huayna Pic­chu ist nicht zu erken­nen. Wir stei­gen Trep­pen­stu­fen hinab – und tref­fen uns mit unse­rer Gruppe vom Sal­kan­tay-Trek im ter­ras­sen­för­mig ange­leg­ten Kom­plex wei­ter unten. Denn unser Guide Daniel führt uns knapp zwei Stun­den durch den „alten Berg“, wie Machu Pic­chu über­setzt heißt. Lamas kreu­zen unse­ren Weg. Sie sehen im dich­ten, die­si­gen Dunst wie Geschöpfe aus einer ande­ren Welt aus.

Tau­sende Gestal­ten aus die­ser Welt – näm­lich wei­tere Tou­ris­ten – schlen­dern mitt­ler­weile eben­falls durch die Rui­nen­stadt. Die Ruhe des Mor­gens ist ver­flo­gen, als wir die übrig geblie­be­nen Reste des Tem­plo del Sol besich­ti­gen. „Der Son­nen­tem­pel durfte zu Zei­ten der Inka nicht von jedem betre­ten wer­den“, ver­rät uns Daniel. „Die Aus­er­le­se­nen wur­den von einer frü­hen Art unnach­gie­bi­ger Tür­ste­her von Ein­dring­lin­gen geschützt“, erzählt er weiter.

Als wir seine Worte auf­schnap­pen, fal­len uns die spe­zi­el­len Steine auf, die uns umge­ben. „Es sind Inkas­teine, die exakt auf­ein­an­der pas­sen“, so Daniel. Sie seien von Arbei­tern den Berg hin­auf­ge­zo­gen wor­den. Schwerst­ar­beit, auch wenn Höl­zer unter die Steine gelegt wur­den, um den Trans­port ein wenig zu ver­ein­fa­chen. Wir erfah­ren, dass trotz die­ser Hilfs­maß­nah­men Machu Pic­chu wohl nie kom­plett fer­tig­ge­stellt wer­den konnte.

Das unvoll­stän­dige Werk der Inka, das, so eine Theo­rie, wegen der spa­ni­schen Erobe­rung und des dar­auf­hin auf­ge­lös­ten Inka-Impe­ri­ums ver­las­sen wurde, ent­deckte Hiram Bing­ham 1911 wie­der. Der umlie­gende Dschun­gel hatte mit sei­nen schlin­gen­ar­ti­gen Pflan­zen die auf 2.453 Meter thro­nende Stadt über­wu­chert, als der US-ame­ri­ka­ni­sche Pro­fes­sor, der an der Yale Uni­ver­sity unter­rich­tete, die­sen Fle­cken Erde betrat. Geschafft hat er dies aller­dings nur dank der Hilfe von orts­kun­di­gen Ein­hei­mi­schen, die von den Rui­nen wuss­ten und ihm ent­schei­dende Tipps gaben. Bing­ham ließ sich jedoch als Ent­de­cker „der ver­lo­re­nen Stadt der Inka“, wie er Machu Pic­chu nannte, fei­ern, obwohl er nicht der erste war, der die hei­lige Stätte aus­fin­dig gemacht hatte.

Fas­zi­nie­rende Aus­sicht über den Ruinenkomplex

Nach­dem wir noch wei­tere Über­reste wie zum Bei­spiel den Tem­plo de las Tres Ven­ta­nas (Tem­pel der drei Fens­ter), das Casa del Inka (Haus der Inka) und den Tem­plo del Cón­dor (Tem­pel des Kon­dors) unter die Lupe genom­men haben, schrei­ten wir wie­der ein­mal unzäh­lige Trep­pen­stu­fen empor. Das Ziel ist dies­mal die 3.082 Meter hohe Spitze des Machu Pic­chu Mon­taña. Knapp über eine Stunde brau­chen wir, bis wir mei­nen, das Gip­fel­kreuz inmit­ten des Wol­ken­tep­pichs wahr­neh­men zu kön­nen. Wir set­zen uns auf einen Stein – und war­ten auf bes­sere Sicht.

Unge­fähr 15 Minu­ten spä­ter fal­len zag­haft ein paar Son­nen­strah­len auf unsere Gesich­ter. Es lockert auf. Mehr und mehr. Bis Machu Pic­chu in sei­ner gan­zen Schön­heit aus der Vogel­per­spek­tive vor uns liegt. Auch Huayna Pic­chu ist zu sehen. Ein Postkartenpanorama.

Der Abstieg geht fixer. Aber es ist jetzt viel los auf dem schma­len Pfad. Immer mehr Besu­cher mühen sich den Berg hin­auf. Teil­weise schnau­fen sie wie alte Dampf­loks. Gequälte Gesich­ter schauen uns etwas ver­zwei­felt an. Eine Tou­ris­ten­gruppe aus Deutsch­land kommt uns ent­ge­gen. „Lasst uns wie­der umdre­hen, es ist viel zu anstren­gend, und wir haben eben von jeman­dem gehört, dass es sich nicht lohnt, wei­ter­zu­ge­hen, wir sehen von dort eh nichts“, bespre­chen sie sich ange­regt unter­ein­an­der in ihrem säch­si­schen Dia­lekt. Unge­fragt mische ich mich ein und sage, dass es sich wohl lohne, da die Wol­ken oben ver­flo­gen sind. Einer der Män­ner ent­geg­net ver­dutzt, dass ich ja auch noch jung und sicher pro­blem­los am Gip­fel ange­kom­men sei. Sel­ber Schuld, wenn sie es nicht ver­su­chen, denke ich. Wir las­sen die Unschlüs­si­gen hin­ter uns.

Die Mei­nun­gen gehen nicht auseinander

Wie­der am Fuße des Ber­ges ange­kom­men ruhen wir uns ein wenig aus, bevor wir Machu Pic­chu ver­las­sen und den ein­stün­di­gen Rück­weg nach Aguas Cali­en­tes antre­ten. In der Tou­ris­ten­hoch­burg essen wir noch schnell eine Klei­nig­keit – und stei­gen dann in den Zug, der Rich­tung Cusco fährt.

Ein höf­li­cher Mit­ar­bei­ter des Zug­un­ter­neh­mens ser­viert uns wenig spä­ter einen köst­li­chen, hei­ßen Kaf­fee. Wir neh­men einen tie­fen Schluck – und bemer­ken in die­sem Moment, dass wir mit unse­ren von der fünf­tä­gi­gen Wan­de­rung ver­dreck­ten Kla­mot­ten neben den sau­be­ren, fri­schen Machu-Pic­chu-Tages­tou­ris­ten in unse­rem Zug­ab­teil fehl am Platz wirken.

Doch so unter­schied­lich sind wir gar nicht, erfah­ren wir, als wir mit unse­ren Sitz­nach­barn ins Gespräch kom­men. Denn sowohl für sie als auch für uns steht fest: Machu Pic­chu ist der magischste Ort, an dem wir je waren.

Cate­go­riesPeru
Christian & Daniela

Christian und Daniela tauschten ihren durchgeplanten Alltag in Deutschland gegen die ungewisse Freiheit einer langen Reise durch das holprig-schöne Südamerika. Langweilig wird es dem Journalisten und der (Hobby-)Fotografin dabei nicht. Denn im kunterbunten Ländermix des Abenteuerkontinents wandern sie über die längste Gebirgskette der Erde, verlaufen sich in Megastädten, schippern über den mächtigsten Strom der Welt und verschwinden tief im grünen, verworrenen Dschungel. Und da sie denken, dass sie nicht nur alleine etwas von diesen Erlebnissen haben sollten, drücken sie so oft wie möglich auf den Auslöser ihrer Kamera und tippen fleißig in die Tastatur ihres Laptops. Das Ergebnis: Geschichten von einer Reise.

  1. Alissa says:

    Hey ihr Zwei (:

    Meine Schwes­ter und ich rei­sen in weni­gen Mona­ten nach Süd­ame­rika und haben gerade ein paar eurer Berichte gele­sen, um uns ein wenig schlauer zu machen.
    Jetzt hät­ten wir nur noch die Frage wie viel ihr ca. für den Sal­kan­tay-Trek gezahlt habt und ob ihr sagt, man sollte auf jeden Fall schon um vier­tel vor fünf mor­gens da sein. 

    Ganz liebe Grüße,
    und schreibt unbe­dingt wei­ter, das ist super inter­es­sant und eine tolle Sichtweise! (:
    Alissa

    1. Hallo Ali­ssa, vie­len Dank für Dei­nen Kom­men­tar. Wir haben 250 US-Dol­lar pro Per­son gezahlt. In die­sem Preis ist alles ent­hal­ten – auch die Ein­tritts­karte für Machu Pic­chu und das Zug­ti­cket zurück in Rich­tung Cusco. Es gibt aber auch Agen­tu­ren, die das Ganze für 200 US-Dol­lar anbie­ten. Wie wir im Nach­hin­ein wis­sen, macht dies in Sachen „Ser­vice“ kei­nen wirk­li­chen Unter­schied. In unse­rer Gruppe wur­den näm­lich Kun­den von ver­schie­de­nen Agen­tu­ren zusam­men­ge­wür­felt. Am fünf­ten und letz­ten Tag des Treks geht es von Aguas Cali­en­tes nach Machu Pic­chu. Ihr könnt – wie wir – die Trep­pen neh­men, dann soll­tet Ihr gegen 4:30 Uhr in Aguas Cali­en­tes star­ten, um spä­tes­tens um 5 Uhr das rund ein­stün­dige Trep­pen­stei­gen zu begin­nen. Oder Ihr fahrt mit dem Bus hoch. Egal, wie Ihr es machen wer­det – Ihr soll­tet unse­rer Mei­nung nach auf jeden Fall gegen 6 Uhr am Ein­gang sein, um Machu Pic­chu eine Zeit lang ohne Tou­ris­ten­mas­sen genie­ßen zu kön­nen. Glaubt uns, das frühe Auf­ste­hen lohnt sich! Wir wün­schen Euch ganz viel Spaß in Süd­ame­rika! Liebe Grüße.

  2. Jan Henkel says:

    Und wie­der ein tol­ler Bericht… und wie­der packt einen das Fern­weh… und wie­der stellt man den Büro­all­tag in Frage… und wie­der packt man die Tasche???! Auf jeden Fall :-)

  3. Regina says:

    Wow, was fuer schöne Bil­der. Toll finde ich wirk­lich, dass sich bei euch die Wol­ken ver­zo­gen haben und ihr den tol­len Aus­blick genie­ßen und ein­fan­gen konn­tet. Viel Spaß auf eurer wei­te­ren Reise ! Viele Gruesse
    Regina

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