Noch nie­mals habe ich so gerne in einer Woh­nung gewohnt wie in die­ser. Alle meine vor­he­ri­gen Woh­nun­gen mochte ich auch, aber die hier ist meine Lieb­lings­woh­nung. Ich habe keine Kos­ten und Mühen gescheut sie zu fin­den und nun auch wie­der los­zu­wer­den – kein Ein­zug war jemals so anstren­gend, kein Sofa­kauf so zeit­auf­wän­dig, kein Ver­mie­ter so bizarr. Ich habe um sie gekämpft und fühle mich in ihr wohl wie damals, als ich noch in Mut­ters Frucht­was­ser schwamm (ok, bis auf die latente Ein­bruchs­pa­ra­noia). Nun wer­den wir bei­den uns ein Jahr lang nicht sehen und berei­ten uns auf den Abschied auf Zeit vor.

Schon mein gan­zes Leben bin ich der Mei­nung, dass ich nicht viel „Krem­pel“ habe, bei jedem Umzug stellt sich her­aus, dass das nicht wahr ist, dann ver­gesse ich es schnell und behaupte wie­der, ich hätte nicht viel Krem­pel. Hinzu kommt, dass ich mei­nen Vater­kom­plex aus­lebe, indem ich mir einen Mit­be­woh­ner aus­ge­sucht habe, der nicht nur Ähn­lich­kei­ten in der Optik (Bart­wuchs), son­dern auch im Ver­hal­ten (Sam­mel­wut) auf­weist. Heute star­tete also der Ver­such, 3 Mil­lio­nen Tapes auf 1,5 Kubik­me­ter Abstell­raum unter­zu­brin­gen (neben diver­sem ande­ren Krem­pel). Ich sach ma: Sowas för­dert die Krea­ti­vi­tät. Land­läu­fig ist man der Mei­nung, dass Ent­rüm­peln, Auf­räu­men und Ent­sor­gen zum psy­chi­schen Wohl­be­fin­den bei­tra­gen, allein durch eine recht platte Rei­ni­gungs­sym­bo­lik. Das funk­tio­niert bei mir lei­der nicht, ich werfe ein­fach weg und fühle mich nicht anders als vor­her. Wäre fan­tas­tisch, der Müll wird zwei­mal wöchent­lich abge­holt, das wäre eine regel­mä­ßige Kart­ha­sis, die man ja durch­aus in Zei­ten der Glo­ba­li­sie­rung nötig hat. 3 Mil­lio­nen Tapes stö­ren mich im täg­li­chen Leben nicht, so lange ich genug Platz dafür habe, und ich fühle mich dadurch in keins­ter Weise belas­tet. Es stellt sich die Frage, ob ich mich mit nur einem Ruck­sack befrei­ter füh­len werde, immer­hin muss ich ihn ja mit mir rum­schlep­pen… Im Not­fall werfe ich einen von den drei Schlaf­sä­cken weg, das wird, wenn schon nicht meine Seele, so doch zumin­dest mei­nen Rücken entlasten.

Cate­go­riesWelt
Annika Engelbert

Raus aus der Wohlstands-Komfortzone, rein ins Leben! Nach knapp einem Jahr unterwegs in Afrika, Südostasien, Australien und Indien ist Annika zurück im Alltag, aber immer noch nicht reisesatt.

  1. Klys says:

    Spa­ßig ist immer der Punkt bei Umzü­gen, wenn der Zie­hende sei­nen erschöpf­ten, noch wohl­mei­nen­den Freun­den sagt: „Super, und jetzt nur noch der Keller!“

    1. anniland says:

      Ich habe gar kei­nen Kel­ler! Dafür weine ich gleich. Ich bin seit heute abend aus­ge­zo­gen, aber ich bin immer noch hier. Meine Zahn­bürste ist genau in der Mitte des Kof­fer­raums des Autos, das mor­gen um 14h mit mir, aber ohne wei­te­ren Inhalt, auf einem 50. Geburts­tag in Sach­sen-Anhalt erwar­tet wird. Wieso hat der böse, böse Rei­se­pan­zer kei­nen Gepäckträger???

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