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Leicht geschädigt von den Ereignissen der ominösen Full-Moon-Party, für die wir schon einmal von Koh Samui aus angereist waren, gaben wir der Insel Koh Pha Ngan eine zweite Chance. Diesmal sollte das Inselinnere unser Ziel sein. Ohne einen goldenen Insider-Tipp wären wir freilich kaum auf den Gedanken gekommen. So konnten wir einen Einblick in eine Seite der Insel gewinnen, die weit über das verbreitete Image der Insel als Drogen- und Partyinsel hinausgeht, was unglücklicherweise zu einer sich selbstbewahrheitenden Prophezeiung geworden ist.
Als wir mit der Fähre am Pier der Insel landeten, wurden wir bereits von einer resoluten Dame erwartet, die uns auf der Ladefläche ihres Pickups in ihr kleines Paradies fuhr. Sie besaß zugleich ein einladendes Lächeln, das sie auf Anhieb sympathisch machte. Ohne ihre Hilfe hätten wir nur sehr schwierig zu ihrem Dschungel-Retreat im Herzen der Insel gefunden. Selbst Taxifahrer waren bisweilen ratlos ob der genauen Lage.
Schließlich verließen wir die asphaltierte Straße und fuhren über holprige Lehmpisten tiefer in den Dschungel. Bald erreichten wir einen blühenden Garten, der von einem nach drei Seiten offenen „Wohnzimmer“ gekrönt wurde, dem Herz der Anlage. Es stand auf hohen Stelzen, was einen weiten Blick über den Regenwald ermöglichte.
Dieses »Wohnzimmer« befand sich am Fuße eines Hangs. Dort fanden sich vier schöne Bungalows, die ebenfalls weit über dem Boden trohnten. Wir wohnten unter dem Dach des Waldes und fühlten uns auf Anhieb zuhause.
Von unseren Terrassen aus konnten wir über weitläufige Palmenhaine blicken. Die Hängematte war schon länger zu einem unverzichtbaren Begleiter geworden und war erst zufrieden, wenn man sich in ihr schaukeln ließ.
Über eine Treppe erreichte man vom Wohnzimmer aus die Küche, in der unsere Gastgeberin und eine weitere Frau, deren hohes Lachen und heiteres Wesen ansteckend war, Regiment führten. Die beiden waren rührend fürsorglich und bemüht, uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Sie schmissen den Laden im Wesentlichen alleine. Aus ihrem Reich versorgten sie und mit köstlichen Speisen und Getränken. Vieles davon stammte aus dem eigenen Garten.
Mit dem Wetter hatten wir während unserer Zeit im Golf von Thailand wenig Glück. Der diesjährige Monsun fiel gewaltig aus und zog sich ungewöhnlich lange. Nach unserer Abreise hörte ich von heftigen Stürmen und Überschwemmungen durch Zyklone auf Koh Pha Ngan, so dass sogar Touristen evakuiert werden mussten. Während unseres einwöchigen Gastspiels in diesem kleinen Paradies regnete es fast ununterbrochen in Strömen. Davon ließen wir uns aber nicht die Laune verderben. Im fortwährenden Regen, schien es als könne man den Pflanzen beim Wachsen zusehen und die tropische Luft hatte eine intensive Würze. Zum ersten Mal erlebte ich den Monsun und er gefiel mir weit besser als erwartet. Alles blühte.
Wir verbrachten unsere Tagen abwechselnd im Wohnzimmer, in dem es neben Hängematten, Spielen und einigen Büchern gelegentlich Gesellschaft von einer sympathischen Gruppe gab, die seit Jahren regelmäßig hierherkam. Ständig gab es neue kulinarische Genüsse zu entdecken.
Ob frisches Zitronengras, Pfefferminze, Shakes aus frischen Wassermelonen, Papaya oder Orangen, köstlichen Süßkartoffeln für das traditionelle Masaman Curry, einfachen Nudel- oder Reisgerichten sowie dem köstlichen scharfen Papayasalat – selten haben wir so gut gegessen. Jede Mahlzeit war ein Genuss. Mit der Zeit schlossen wir uns immer öfter dem Angebot an, mit den anderen Gästen und unseren Gastgebern ein gemeinsames Abendessen mit traditioneller Thai-Küche einzunehmen. Nun wurde es richtig scharf und wir konnten neue Speisen probieren. Da konnte es regnen so viel es wollte – wir fühlten uns pudelwohl.
Nicht zu verachten war auch die Gelegenheit zu lesen und zu schreiben. Da es in dem großzügigen Bungalow neben einem ausgesprochen gemütlichen Bett auch Aussparungen gab, in das meine Bücher passten, musste ich feststellen, dass ich mit inzwischen 27 Werken einen neuen Rekord aufgestellt hatte. Es ist immer amüsant zu sehen, wie andere Reisende darauf reagieren, wenn sie sehen, wie viele Bücher ich aus meinem Rucksack zaubere. Doch da ich inmitten von Büchern aufgewachsen war und sie mir ein Heimatgefühl vermitteln, schleppe ich diesen Schatz gerne mit mir herum. Erst in den nächsten Wochen entledigte ich mich großzügig etlicher Bücher, nur um dann bald darauf in Chiang Maiai auf einen Schlag über zehn neue zu kaufen. Es war schlicht hoffnungslos und den E‑Book-Reader akzeptiere ich nur über meine Leiche. So wurde das nichts mit dem »leicht« reisen. Auch sonst richtete ich mich mit den Postkarten und anderen Andenken, die ich unterwegs erstanden hatte, häuslich ein. Nur selten fand ich Orte, an denen ich mich richtig niederlassen wollte. Umso mehr genoß ich das.
Abends saßen wir vor dem Bungalow, hörten Musik aus einer kleinen Musikbox, rauchten Sportzigaretten und ließen unsere Gedanken über die Landschaft wandern.
Nur einen einzigen Tag verbrachten wir am einige Kilometer entfernten Meer. Bei dem trüben Wetter waren wir im Dschungel ganz gut aufgehoben. Nichtsdestotrotz war das ein schöner Ausflug. Wir liefen die ganze Strecke zu Fuß und wurden mit einem Bad in einer schönen kleinen Bucht belohnt.
Ansonsten begnügten wir uns bei der hohen Luftfeuchtigkeit mit dem Baden im nahegelegenen Fluss.
Aufstieg zum Khao Ra
Das Highlight war der Aufstieg auf den Khao Ra, den höchsten Punkt von Koh Pha Ngan. Der Weg hinauf begann ganz in der Nähe unseres Domizils. Mit seinen 627 Metern handelt es sich eher um einen Hügel, aber für eine Insel von etwa 9x12 Kilometern hat er eine durchaus beachtliche Höhe.
Nach zwei Tagen Dauerregen hatte es endlich einmal aufgehört zu regnen und wir zogen gleich los. An kleinen Bächen, Farnen, Palmen und mächtigen Bäumen entlang ging es stetig bergauf.
Ein wenig verstörend waren die ohrenbetäubenden Geräusche im Dschungel. Als wir sie zuerst hörten, konnten wir uns überhaupt keinen Reim darauf machen, woher diese schrillen Töne herkommen mochten. Ich fühlte mich an die Sirenen bei Odysseus erinnert und hätte schwören können, dass diese Geräusche von einer elektronischen Quelle stammen mussten. Tatsächlich waren es Grillen. Nach einer Weile versetzte uns das durchdringende Geräusch in eine Art Trancegefühl. Wir fühlten uns, als seien wir in einen verwunschenen Garten eingedrungen.
Die extrem hohe Luftfeuchtigkeit war erdrückend und der letzte Teil des Aufstiegs war sehr steil. Oben angekommen, konnten wir zunächst nichts erkennen. Der ganze Berg war in eine riesige Wolke gehüllt und es schien, als würde es dabei bleiben. Als wir schon überlegten umzudrehen, klarte es doch noch auf und nach und nach gaben die Wolken immer mehr vom Blick auf den Küstenstreifen im Norden der Insel preis.
Nach einer halben Stunde waren die Wolken verschwunden. Jetzt konnten wir einen umfassenden Blick auf die wunderschöne Bucht und die kaum berührten Dschungellandschaften genießen.
Der folgende Link führt zu der Reisedepesche, in der ich von den Ereignissen der verheerenden Full-Moon-Party auf Koh Pha Ngan berichte. Ein Stück purer Gonzo-Journalismus: Der Wahnsinn unter dem Vollmond
»Ein grenzwertiger Trip führte uns zu den Aussteigern von Koh Samui und spülte uns an den Strand von Haad Rin auf Koh Pha Ngan, wo wir dem wahnwitzigen Taumel unter dem trunkenen Vollmond beiwohnten.«
Antworten
Sind gerade auf der Insel. Wie heißt denn die Unterkunft? wir würden dort gerne verweilen.
Hallo Oleander,
ich bin auf Deinen Bericht über den Rückzug in den Dschungel gestoßen, der mich sofort angesprochen und neugierig gemacht hat. So gerne würde ich Deine Erfahrung teilen und dorthin reisen. Bitte teile mir doch mit, wie diese Unterkunft heißt und wie ich Kontakt aufnehmen kann. Herzlichen Dank.Hallo Oleander!
Ich bin gerade mit meiner Cousine auf Ko Samui und wir würde gern die nächsten Tage – falls das Wetter es uns ermöglicht – nach Koh Phan-Ngan gehen. Im Moment ist es hier sehr stürmig und auch die nächsten Tage soll es regnen… Da wir noch relativ frisch aus Bangkok kommen, sehnen wir uns nach der Natürlichkeit des Regenwalds!!! Deshalb spricht uns dein Bericht sehr an! Könntest du uns vielleicht verraten, wie deine Unterkunft hieß bzw. wo du sie gebucht hast ?
Grüße von Ko Samui!
ElenaHallo Elena, hast du schon herausgefunden wie die Unterkunft hieß?
Grüße Claudi
Koh Phangan ist für mich das Paradies. Wir haben im nord westen der insel am Haad Yao gewohnt und es war traumhaft. von den parties haben wir zum glück nichts mitbekommen..
Hallo Lena! Ganz im Norden ging es bei unserem Ausflug recht beschaulich zu, da hätte ich es (bei besserem Wetter) auch gut ein paar Tage ausgehalten. Landschaftlich hat mit die Insel sehr gut gefallen. Glücklicherweise ist sie nicht so zugebaut und überentwickelt wie große Teile von Koh Samui. Liebe Grüße! Oleander
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