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Happy caribbean Birthday!

Ich wache auf, über mir mein Mos­ki­to­netz, neben mir eine Karte. Es ist schön unter einem Mos­ki­to­netz auf­zu­wa­chen. Die Welt dar­un­ter ist weiß und gemüt­lich und irgend­wie ein­ge­le­gen. Die Welt außer­halb ist zu ver­schwom­men, um wirk­lich zu exis­tie­ren. Sie wird erst real, wenn man sich für sie ent­schei­det und unter dem Netz her­vor­kriecht. Es ist auch schön neben einer Karte auf­zu­wa­chen. Es ist etwa halb neun und meine Mit­rei­sen­den Sani und Joe­lito sind schon aus­ge­flo­gen zu ihrem frü­hen Tauch­kurs. Sie haben mir diese Karte hin­ter­las­sen, eine selbst­ge­bas­telte. Außen rot mit wei­ßen Punk­ten, innen blau mit ein­ge­kleb­ten bun­ten Buch­sta­ben. Jeder dritte ist durch Rei­se­stra­pa­zen abge­fal­len und mit einem Kuli wie­der nach­ge­zeich­net: HaPpY BIrtHDaY!

0.KarteI

 

0.Sani&Joelito

Dane­ben liegt noch etwas: Eine Packung mei­ner hie­si­gen Lieb­lings­kekse. Alle sind durch Rei­se­stra­pa­zen zer­krü­melt. Es ist eine Packung mei­ner hie­si­gen Lieb­lings­keks­krü­mel. Ich lese die Karte viel zu lange, als man eigent­lich dafür braucht. Dann starre ich sie noch etwas an. Sie ist viel hüb­scher, als ich mir je eine Karte aus einem Back­pack hätte vor­stel­len kön­nen. Irgend­wann ent­scheide ich mich für die Außen­welt und krie­che unter dem Netz her­vor und gleich wei­ter auf die Ter­rasse. Hier war­tet schon die Kari­bik auf mich: Sonne, Meer, Pal­men und Sandflöhe.

0.Bird_Sea

Wie ich es in mei­ner Kari­bi­k­rou­tine jeden Mor­gen tue, krame ich meine Matte her­aus und mache eine Yoga­klasse. Das ist eh jeden Mor­gen anders, aber die­sen Mor­gen ganz beson­ders gut. Atmung und Bewe­gung sind im mühe­lo­sen Ein­klang, Figu­ren for­men sich wie von selbst und beim Shava­sana sinke ich so tief in den Boden, dass ich sogar end­lich ein­mal spüre, wovon mir schon ein paar Urein­woh­ner Uti­las berich­tet hat­ten: Manch­mal, wenn sie gerade ganz ruhig auf dem Boden sit­zen, spü­ren sie ein ganz sanf­tes Erd­be­ben tief drin­nen in der Erde. Es fühlt sich ver­wir­rend an. Da es ein unbe­kann­tes Gefühl ist, ver­sucht mein Gehirn zunächst bekannte Erklä­run­gen zu fin­den. Ein Hund, der mit ziem­lich inten­si­ven Schrit­ten auf der Ter­rasse umher­läuft. Oder jemand, der genau unter mir ziem­lich fest an den Ter­ras­sen­stüt­zen rüt­telt. Aber da ist kein Hund und kein Rütt­ler. Ein biss­chen unheim­lich und zugleich auf­re­gend so etwas so tief aus der Erde zu spüren.

0.Hammock_me

Als mir mein Gehirn vor­täuscht, dass der Hund immer rie­si­ger wird je näher er auf mich zuläuft, wird es zu ver­rückt. Ich springe auf und unter die Dusche. Unter der Dusche bin ich auch gerne, fast genauso gerne wie unter’m Netz. Danach stol­pere ich raus auf die Straße. Die ein­zige Straße auf die­ser kari­bi­schen Insel Utila. Gleich um die Ecke begrüßt mich der ältere, freund­li­che Mann, der oft dort sitzt: „Hello Prin­cess! Today we got god’s bles­sing: the wind.“ Und er hat Recht, denn wenn es Wind gibt, gibt es keine Sand­flöhe und wenn es keine Sand­flöhe gibt, gibt es nichts, dass dir das Kari­bik­fee­ling zer­stört und dich ein­fach nur nach einer neuen Haut suchen lässt.

0.Sea

Nach Früh­stück muss ich trotz­dem suchen und komme dabei an der Tauch­schule von Sani und Joe­lito vor­bei. Also schaue ich mal, was die bei­den gerade trei­ben. Als hät­ten sie auf mich gewar­tet, kom­men sie gerade pitsch­nass aus dem Was­ser und stim­men zum ers­ten Geburts­tags­ständ­chen an. Drei­stim­mig von Sani, Joe­lito und Ernesto, dem Tauch­leh­rer, der egal was er sagt oder singt, immer ein anste­cken­des Lachen im Gesicht trägt. Zum Ständ­chen gibt es eine pitsch­nasse Umar­mung, die in der hei­ßen Kari­bik­sonne genau rich­tig kommt. Ernesto tauft mich für den heu­ti­gen Tag Cum­p­le­a­ñita. Wie es sich fügt, haben sie auch genau jetzt ihre Pause und wir gehen gemein­sam essen. In die Bar mit der gro­ßen gemüt­li­chen Ter­rasse über dem Meer. Mei­nen Lieb­lings­platz auf der Schau­kel, Glück­wün­sche vom mitt­ler­weile befreun­de­ten Bar­per­so­nal und ein Gemü­seome­lett bekomme ich hier.

0.RehabI

 

0.Boat_Sani

Anschlie­ßend schnap­pen wir unsere Schwimm­sa­chen und düsen mit unse­rer Lieb­lings­boot­crew auf unse­rem Lieb­lings­boot raus ins kari­bi­sche Meer. Die­ses ist tat­säch­lich, wie man es sich vor­stellt: azur­blau, kris­tall­klar und bade­wan­nen­warm. Wir ankern mit­ten im Riff, man­che schnor­cheln, man­che tau­chen, man­che hän­gen auf dem Boot rum. Unser Kapi­tän Fos­ter Coo­per, der erst durch uns erfah­ren hat, dass sein Vor- als auch sein Nach­name jeweils der Name einer aus­tra­li­schen Bier­sorte ist, spielt seine Play­list. Die­selbe Play­list wie alle ande­ren Tage. Die­selbe Play­list, die aus den­sel­ben fünf Songs besteht. Zwei­mal kari­bi­scher Reg­gae­ton, zwei­mal ame­ri­ka­ni­scher Coun­try und ein­mal deut­sche Charts. Dazu floa­tet es sich super im Ret­tungs­ring hin­ter dem Boot. Fos­ter und mein Lieb­lings­spiel ist Mer­maid-Cat­ching: Ich sitze im Rei­fen, er zieht mich mit einem Seil ins Boot, dabei fan­gen meine Haare soviel See­gras ein, wie es wohl braucht, um zur Meer­jung­frau zu mutie­ren. Beim See­gras­raus­pu­len stim­men Joe­lito und seine Gitarre zu noch einem Geburts­tags­ständ­chen an. Mit­ten auf die­sem Boot, mit­ten in die­sem kari­bi­schen Meer spielt er eine Eigen­in­ter­pre­ta­tion von ‚Happy Bir­th­day’. Alle stim­men mit ein, auch ich.

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Im Son­nen­un­ter­gang fah­ren wir mit dem Boot zurück zum Steg. Der Son­nen­un­ter­gang ist wirk­lich beson­ders schön, weil er jede Nuance von pink trägt, weil er über dem kari­bi­schen Meer statt­fin­det und weil er mein Geburts­tags­son­nen­un­ter­gang ist. Am Steg trin­ken wir kal­tes kari­bi­sches Bier, das tat­säch­lich weni­ger nach Was­ser als nach Bier schmeckt. Gerade als wir die­ses öff­nen, kom­men Lilly und Bruce um die Ecke. Ein loka­les Paar, mit dem wir drei Tage zuvor die gesamte Weih­nachts­nacht am Strand durch­ge­tanzt haben, uns seit­dem ver­bun­den füh­len und unbe­dingt wie­der­tref­fen woll­ten. Als hät­ten sie gewusst, dass wir gerade jetzt mit kal­tem Bier ansto­ßen. Das Wie­der­se­hen ist fröh­lich, herz­lich und vol­ler lus­ti­ger bis beschä­men­der Erinnerungen.

0.Boat_People

 

0.Chillin_Dock

Sani, Joe­lito und Ernesto ver­schwin­den kurz und kom­men kurz danach mit einem Kuchen mit Kerze und Ständ­chen wie­der. Man kann nie genug Geburts­tags­ständ­chen bekom­men. Glei­ches gilt für Kuchen, vor allem, wenn es Karot­ten­ku­chen von einer loka­len Karot­ten­ku­chen­kö­ni­gin ist. Saf­tig, mit Nüs­sen und einem cre­mi­gen Icing. Er ist wahn­sin­nig lecker und so viel mehr als ein Karot­ten­ku­chen. Alle gesel­len sich darum und wie es sich fügt, gibt es genau ein Stück für jeden, der gerade auf dem Steg ist. Geschirr gibt es nicht und nur ein Boots­mes­ser, aber in der Hand gematscht schmeckt es noch bes­ser. Nie­mand scheut sich und alle haben Icing an der Nase kleben.

0.Cake

Eine große Kerze steckt auf dem Kuchen, als ich sie aus­puste, wün­sche ich mir, dass ein­fach alle kom­men­den Tage in genau so einem Fluss sich fügen­der Momente verweilen.

Denn die­ser Tag war einer, von dem ich mir ein gan­zes Leben wün­sche. Momente ein­fach atmen las­sen, sie leben, wenn sie da sind, vom einen in den ande­ren flie­ßen und ab und an mal einen guten Karot­ten­ku­chen teilen.

 


 

 

Danke Hotel Mar­ga­rita Bay für das Kari­bik Zuhause.

 

Cate­go­riesWelt
Lena Kuhlmann

Es geht nicht um Orte. Sondern um Begegnungen, Menschen, Erlebnisse. Es geht Lena darum in Lebenswelten einzutauchen und dabei in den kleinsten Details das Größte zu finden. Und das findet Lena in den Orten da draußen.

    1. Lena says:

      Lie­ben Dank, Jac­que­line! Fei­er­tage woan­ders sind eh super – bekannte Tra­di­tion und unent­deck­tes Umfeld in einem :)

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