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Deutschlands schönstes und spätestens seit dem VW-Skandal unverfänglichstes Exportgut ist und bleibt das Bier. Weltweit für seinen vollmundigen Geschmack gefeiert, verspricht dieses dank Reinheitsgebot höchste Qualität und das schon seit sage und schreibe 500 Jahren!
„Wir wollen auch sonderlichen, das füran allenthalben in unnsern Steten, Märckten und auf dem Lannde, zu kainem Pier merer Stückh, dann allain Gersten, Hopffen unnd Wasser, genommen und gepraucht sollen werden.“
Dies wurde erstmalig am 23. April 1516 in der Landesordnung des Herzogtum Bayern verkündet. Bis zum heutigen Tag besagt das Gebot, dass deutsches Bier ausschließlich die Zutaten Hopfen, Malz, Hefe und Wasser enthalten darf. Ob diese Regelung noch zeitgemäß und sinnig ist, mag an anderer Stelle diskutiert werden, dem Siegeszug des deutschen Braustils rund um den Globus hat das Reinheitsgebot und das damit verbundene Qualitätsversprechen sicher seinen Dienst erwiesen.
Bier, da ist man gedanklich ruckzuck in Bayern, bei Oktoberfest und Co. In der Tat hat Bayern die höchste Dichte an Brauereien, und der Pro-Kopf-Verbrauch des güldenen Gerstensaft liegt weitaus höher als im Bundesdurchschnitt.
In den letzten Jahren ist die weltweite Bierszene gut durchgeschüttelt worden. Craft Beer heißt der Trend. Gebraut in so genannten Micro-Breweries, winzigen Privatbrauereien, in kleinen Mengen, niemals auf Masse und geschmacklich meilenweit entfernt vom Industriebier. Neue Kreationen überraschen mit ungewohnten Geschmäckern, alte, fast vergessene Braustile werden wieder entdeckt und neu interpretiert.
Bei Craft Beer denkt man gleich an die hippen Metropolen der Welt, New York, Berlin, Amsterdam, nicht zwangsläufig an die bayrische Provinz. Aber weit gefehlt. Hopfen, der Stoff, der Micro-Brewer weltweit zur Verzückung bringt, das nicht zu ersetzende Multitalent unter den Bierzutaten, wächst hier in rauen Mengen, mitten in der idyllischen Hallertau, dem geographischen Zentrum Bayerns. 19.000 Hektar Anbaufläche machen die »Holledau«, wie sie in Bayern genannt wird, zum größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet weltweit. Hier wachsen die Pflanzen, die zur Gattung der Cannabis-Gewächse zählen, in Reih und Glied in beeindruckenden Hopfengärten. In über 90 Länder werden die Hopfendolden exportiert, als Rohprodukt, getrocknet, gemahlen, zu Pellets gepresst, oder als Hopfenextrakt. Zur Zeit werden ca. 20 verschiedene Hopfensorten angebaut. Und es kommen immer weitere dazu. Die Experimentierfreude der Micro-Brewer bringt neue spannende Kreationen hervor und verhilft schon fast vergessenen Arten zu einem spektakulären Comeback. Besonders fruchtige Hopfensorten sind plötzlich schwer gefragt.
So geht es dieser Tage recht international in der beschaulichen bayrischen Provinz zu. Am Hopfenforschungszentrum in Hüll geben sich die Brauer von München bis San Francisco die Klinke in die Hand. Hier am Institut wird unter Leitung der resoluten Dr. Elisabeth Aigner modernste Hopfenforschung betrieben. Schwerpunkte sind neue Hopfensorten sowie die Bekämpfung von Erkrankungen und Schädlingsbefall. Hopfen ist eine empfindliche Pflanze und reagiert stark auf Umwelteinflüsse. Das Thema Klimawandel ist von immer größerer Bedeutung für die Forscher. Das Institut arbeitet eng mit Pflanzern, der Universität und Brauern zusammen. So wurden beispielsweise Prognosemodelle entwickelt, mit der sich die Wahrscheinlichkeit eines Schädlingsbefalls anhand von Luftfeuchtigkeitsmessungen und der Messung der Sporendichte in der Luft vorhersagen lassen. Gerade hat das Special-Flavor-Züchtungsprogramm zwei neue Hopfensorten hervorgebracht, Callista und Ariana. Geschmacklich erinnern sie an Maracuja-Aprikose-Waldbeere und Johannisbeer-Zitrus und verfügen über breitere Resistenzen. Das Institut bietet regelmäßig Führungen an und die sind auch für Hopfen-Laien äußerst interessant, besonders wegen der souveränen und unterhaltsamen Frau Dr. Aigner.
Nach so viel Theorie wird es Zeit sich dem Thema Bier in der Praxis zu nähern. Auch da wird man in der Hallertau schnell fündig. In 20 Brauereien, darunter sogar die älteste der Welt, Weihenstephan, wird der feine Gerstensaft produziert. Mich zieht es in das Riedenburger Brauhaus in der gleichnamigen Gemeinde Riedenburg. Hier leitet der Junior Maximilian Krieger das Familienunternehmen. Ursprünglich eine klassische Weißbierbrauerei, hat der Betrieb als erste Brauerei Bayerns völlig auf Bio umgestellt. Alle Zutaten werden direkt aus der Region bezogen. Maximilian ist es wichtig zu wissen woher die Produkte kommen und dass sie seinen hohen Qualitätsstandards entsprechen, auch wenn er einen bis zu dreimal höheren Preis für die Rohstoffe zahlt, als in der Bierindustrie üblich sind. Unter den 20 Biersorten, die hier gebraut werden, finden sich ganz spezielle Raritäten aus alten Getreidesorten, die in Deutschland fast ausgestorben sind, wie Bier aus Einkorn, einem Urkorn, oder Emmer, sowie einen glutenfreien Bier aus Hirse.
Seit fünf Jahren steht auch Craft Beer auf dem Programm, ein fruchtiges Indian Pale Ale, ein dunkles Porter, ein süffiges Summer Ale und ein kräftiges Bock. Diese darf ich nach einer kurzen Führung durch die Produktionsstätten im wunderschönen Brauerei-Biergarten, bei einer deftigen Brotzeit mit Obadzder, Brezeln und Schinken, verkosten.
Riedenburg selbst ist ebenfalls einen Besuch wert. In Begleitung der Stadtwache schlendere ich durch das illustre Städtchen im Altmühltal, im Schatten der Rosenburg, umrahmt von prächtigen Laubwäldern und Jurafelsen. Ein wunderbares Ziel für Fahrradtouristen, Wanderer, Kletterer und Wochenendausflügler. Nach der Ortsbegehung zaubert Spitzenkoch Rüdiger Forst in seinem Restaurant Forst’s Landhaus ein exzellentes Fünf-Gang-Menü auf den Teller, das keine Wünsche offen lässt, eine kreative Fusion aus regionalen und internationalen Spezialitäten.
»Wen der Hopfen einmal kratzt, den lässt er nicht mehr los.« So lautet das Motto der Holledau. So finden sich in der Region unzählige Angebote rund um das grüne Gold, wie die Hopfen- und Bierwochen, die Hallertauer Hopfentour – eine Fahrradtour, das Hopfenmuseum, Hopfen-Lehrpfade und natürlich allerlei kulinarische Angebote.
Liqueurmanufaktur und Familienunternehmen Lutzenberger im schönen Mainburg produzieren etwa kräftige Hopfen- und Bierschokolade, Hopfensenf und ihren Bestseller, das Hallertauer Hopfengold, einen goldgelben, feinherben Likör aus Aromahopfen. Hotels und Gasthäuser warten mit Hopfen- und Biermenüs auf, oder richten gar ihren gesamten Spa-Bereich thematisch aus, wie das 4‑Sterne Hotel Eisvogel in Bad Gögging, wo ich mich bei einer zünftigen Halben im Bierbad entspannen darf.
Und wer ganz genau wissen will wo und wie der Hopfen wächst, kann eine der charmanten Hopfenbotschafterinnen auf ihrem Hof besuchen. Ausgebildete Landfrauen bieten eine Hopfenerlebnisführung über ihren Betrieb und zeigen im Dirndl und mit viel Liebe, wie das mit Anbau und Ernte funktioniert und wie das Leben in einer Hopfenbauernfamilie aussieht. Ich besuche die bezaubernde Elisabeth Stiglmaier, die neben ihrer Tätigkeit als Hopfenbäuerin auch noch als Biersommeliere tätig ist. Bei Weißwurst, Brezen und Hopfensenf weiß sie Anekdoten aus dem bewegten Leben einer Hopfenbäuerin zu berichten, bevor sie über Hof und Hopfengärten führt.
Zum Abschied stimmt sie gemeinsam mit der Besuchergruppe das Holledauer-Lied an. Und wie sie da so anmutig und voller Heimatsliebe die Zeilen
»Und wenn i dann als alter Mo,
ganz ohne Ach und Weh,
vom Hopfgart’n Abschied nimm.
und zu mei’m Herrgott geh,
dann sag i zur Maria mein,
oa bitt no, liabe Frau,
lass mi no oamal abischaugn
auf meine Holledau.«
zum besten gibt, da kullern mir vor Rührung leise ein paar Tränen über die Wange. Schön ist es hier, für Bierfreunde ganz besonders, bestimmt aber auch für alle anderen, die Natur, herzliche Menschen und Entschleunigung suchen. Und dieses Jahr, zur 500-Jahr-Feier des Reinheitsgebots, warten besonders viele Feste und Veranstaltungen auf die Besucher.
Vielen Dank an Bayern Tourismus für die Einladung!
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