Wer atmet der lebt. So ein­fach ist das. Wenn ich auf Ibiza bin atme ich den Duft von wil­den Kräu­tern, von Thy­mian und wil­dem Fen­chel, von Jas­min und Pinien. Ich mache Yoga, atme tie­fer und lebe bes­ser. Für eine Weile. Dann fahre ich wie­der nach Hause.

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Lena ist geblieben

Lena ist geblie­ben. Sie sagt, seit­dem sie Yoga macht hat sich ihr Leben radi­kal ver­än­dert. Lena ist Bra­si­lia­ne­rin und lebt seit fast drei­ßig Jah­ren auf der Insel. Eigent­lich ist sie Male­rin. Als die Krise Spa­nien über­rollte ver­kaufte sie immer weni­ger Bil­der und machte sich immer mehr Sor­gen. Eines Tages wachte sie auf und konnte sich kaum noch rüh­ren. Der Kum­mer und das Grü­beln hat­ten ihr Gesicht ein­ge­fro­ren. Der Neu­ro­loge, den sie mit einer halb­sei­ti­gen Gesichts­läh­mung auf­sucht, rät ihr, Yoga zu prak­ti­zie­ren. Das sei gut für ihr über­reiz­tes Ner­ven­sys­tem und könne sie wie­der ins Lot brin­gen. Lena nimmt Unter­richt und Yoga wird zu ihrer Mor­gen­toi­lette. Und nach einem Jahr ist sie wie­der gesund. Sagt Lena. Ist total begeis­tert von Yoga und lässt sich zur Leh­re­rin aus­bil­den. Nicht, weil sie unter­rich­ten, son­dern weil sie es wis­sen will. Und dann lehrt sie es doch. Freunde haben ein­fach einen Raum ange­mie­tet und wol­len es von ihr ler­nen. Erst nur ein paar, dann immer mehr.

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So viele, dass Lena ein Res­sort auf­ge­baut hat. In der Nähe der Cala Tarida liegt ihr klei­nes Res­sort ganz allein und still auf einem Hügel mit traum­haf­ten Blick auf das dun­kel­blaue Meer. Ich komme mor­gens früh um acht, um an der Yoga­stunde teil­zu­neh­men. Sie fin­det drau­ßen statt, mit Blick auf das Meer und klei­nen Käl­te­wölk­chen an der Nase. Wir sin­gen das Om, wir machen Atem­übun­gen und Son­nen­grüße. Aber statt andäch­ti­gen Schwei­gens und ange­streng­ter Gesich­ter: Über­ra­schung! wird bei Lena gelacht. Lena ist lus­tig. Eine Yoga­leh­re­rin mit Humor. Frü­her wollte sie Clown wer­den, erzählt sie mir spä­ter. Lachen sei die beste Medi­zin auf dem Weg zu einem glück­li­chen Leben. „Und nur des­halb sind wir auf der Erde: um glück­lich zu sein.“ Sagt Lena. Lena ist Bra­si­lia­ne­rin. Des­halb glaube ich ihr das.

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Wer­den wir durch Yoga zu glück­li­che­ren Men­schen? Warum machen wir über­haupt Yoga? „Auf jeden Fall nicht um einen kna­cki­gen Hin­tern zu bekom­men“, meint Hella. Auch sie gibt auf einer Finca im Nor­den der Insel Yoga­un­ter­richt. Yoga wirkt, ob wir es wol­len oder nicht: es unter­stützt kör­per­li­che und hor­mo­nelle Funk­tio­nen, bringt Sym­pa­thi­kus und Para­sym­pa­thi­kus ins Gleich­ge­wicht, för­dert die Kon­zen­tra­tion und macht fit. Aber vor allem, sagt Hella,„werden wir durch die Übun­gen geschult, uns auf­merk­sa­mer wahr­zu­neh­men, zu mer­ken, was in uns vor­geht.“ Selbst­wahr­neh­mung also, und das nicht nur auf kör­per­li­cher Ebene. Mit­un­ter führt das dazu, dass die Teil­neh­mer sich nach einer Woche Yoga Retreat ver­än­dern, nicht nur sich selbst son­dern auch andere neu wahrnehmen.

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Yoga gehört zu Ibiza wie der wilde Fen­chel, der über­all am Weges­rand wächst. Liegt es am Spi­rit, den die Hip­pies aus aller Welt in den Sech­zi­gern mit­ge­bracht haben? Jon Michelle, ist einer von ihnen. Der Musi­ker hat mit Nina Hagen Man­tras gesun­gen und tritt ein­mal wöchent­lich im legen­dä­ren Pacha in der Flower-Power-Nacht auf. Er glaubt, dass die Insel unter dem Ein­fluss der Frucht­bar­keits­göt­tin Tan­nit steht, also unter dem Ein­fluß einer femi­ni­nen Ener­gie. Und des­we­gen gebe es so etwas wie eine fried­volle, gewalt­freie Atmo­sphäre. Ich finde eigent­lich nicht, dass Frauen beson­ders fried­lich sind und gehe jetzt mal davon aus, dass es zu Zei­ten der Göt­tin Tan­nit noch keine Zicken­kriege gab. „auf Ibiza ist es uncool aggres­siv zu sein, Tes­to­ste­ron zu zei­gen. Wenn jemand aggres­siv ist wird er das Mäd­chen nicht bekom­men dem er impo­nie­ren will, die ande­ren wer­den ihm die kalte Schul­ter zei­gen wenn er auf dem Ego-Trip ist.“

Jon Michel

Aber ja, ich stimme zu: Auf Ibiza ist man ent­spannt tole­rant und kun­ter­bunt gemischt: arme Hip­pies und Stink­rei­che, Pro­mis und sol­che die es gerne wären, berühmte DJ’s und ver­ges­sene Stra­ßen­mu­si­ker, Flip Flop und High-Heels, Ayur­vaska und Koks. Ich kann mir die Kar­ten lesen las­sen, einen Scha­ma­nen bestel­len, Trom­mel­kurse machen oder bei Voll­mond nackt am Strand tan­zen. Es gibt Reiki, Whatsu, Thai-Mas­sa­gen, Yoga, Medi­ta­tion, Malen, Töp­fern, Rei­ten. Ich kann mich in den ruhi­gen Nor­den zurück­zie­hen oder mich über meh­rere hun­dert Euro Tages­miete kos­tende Strand­lie­gen im Süden wun­dern. Ich kann mor­gens die Sonne an der Playa Blanca auf­ge­hen und abends in der Cala Compte unter­ge­hen sehen.

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Ich kann alles Mög­li­che machen, nur Eines nicht: mich auf­re­gen. Denn ich bin auf Ibiza. Om Shanti.

Cate­go­riesSpa­nien
Gitti Müller

Mein erster Anfall von Fernweh hat mich 1980 ein Jahr lang als Backpackerin nach Südamerika geführt. Damals wog so ein Rucksack noch richtig viel und das Reisen war beschwerlich. Seitdem kann ich es einfach nicht lassen. Heute habe ich vor allem einen Laptop und meine DSLR im Gepäck. Als Fernseh-Journalistin und Ethnologin komme ich viel rum aber in Lateinamerika fühle ich mich einfach wie zu Hause. Damit ich auch in abgelegenen Andenregionen ein Schwätzchen mit den Leuten halten kann habe ich die Indianersprachen Aymara und Quechua gelernt.
Im Mai 2017 hat der Piper-Verlag mein Buch "Comeback mit Backpack - Eine Zeitreise durch Südamerika" herausgebracht (ISBN-10: 3890291422, 272 Seiten mit Fotos) Es erzählt von meinen Reisen in analogen und in digitalen Zeiten.

  1. Andrea Paula says:

    Vie­len Dank! Ruhig darf /​ soll es schon sein! Ich hab mich mal so umge­schaut, alles was ich bis­her gefun­den habe war rich­tig teuer. Aber Hos­tal wäre mir jetzt zu wenig.

    1. gitti says:

      ist lei­der alles teuer auf Ibiza. Am bes­ten und preis­wer­tes­ten ist es in der Neben­sai­son im Nor­den auf einer klei­nen finca oder Land­un­ter­kunft. Aber da braucht ihr auf jeden Fall ein Auto. Viel Glück!

  2. Andrea Paula says:

    Ich bin auf der Suche nach einer schö­nen nicht so ganz teu­ren Unter­kunft auf Ibiza. Kann Hotel oder Apart­ment oder… Sein. Hat jemand Tipps für uns? Yoga Res­sort weni­ger das mag mein Freund nicht :-)

    1. gitti says:

      Hallo Andrea,

      mit­ten in Ibiza Stadt gibt es meh­rere Hos­tels. Ein sehr schö­nes ist das „Vara Del Rey“ in der Alt­stadt von Ibiza. Von dort aus wenige Geh­mi­nu­ten zum Hafen wo man mit Boo­ten zu den Strän­den kommt. Es ist ziem­lich leb­haft in der Stadt und das krasse Gegen­teil zu Ressorts (-;
      liebe Grüße

  3. Charlotte says:

    Sehr viel Freunde von mir schwär­men von die­ser Insel. Ich selbst war dort nie, aber werde auf jeden Fall ein Urlaub dort ver­brin­gen. Dein Bei­trag hat die­sen Plan noch­mal bestä­tigt. Danke! Grüße aus Mar­ling Südtirol

  4. Ich fliege seit 8 Jah­ren mit mei­ner Frau nur noch nach Ibiza und für uns gibt es kein ande­res Rei­se­ziel. Frü­her sind wir immer in ver­schie­dene Län­der geflo­gen, aber Ibiza hat es uns so ange­tan, dass wir erst­mal dabei blei­ben. Seit 3 Jah­rem sind wir sogar im sel­ben Hotel an der ruhi­gen Nordküste.
    Ich kann deine Mei­nung zu 1000% teilen :)
    Om Shanti,
    Chris

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