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Horizonte erweitern

Jen­ni­fer Mc‌Cann lebt und arbei­tet in ihrer Heimat‌stadt Han­no­ver als Leh­re­rin und Autorin. Unter ande­rem ver‌öffent‌lichte sie in den Antho­lo­gien The Tra­vel Epi‌sodes bei Malik Natio­nal Geo‌graphic. Ihr ers­tes Buch Rei­se­de­pe­schen aus Boli­vi­en und Peru er‌schien 2019. Unter­wegs auf oft unge­wöhn­li­chen Rou­ten und in loka­len Ver­kehrs­mit­teln rei­zen sie beson­ders die unge­plan­ten Begeg­nun­gen und Aben­teu­er, die sie mit den eige­nen Vor‌ur‌teilen und Kli­schees kon­fron­tie­ren. 2021 erschien ihr zwei­tes Buch beim Rei­se­de­pe­schen Ver­lag: Afri­ka ist kein Land.

Was hat dich ursprünglich dazu inspiriert, nach Zentral- und Ostafrika zu reisen?

Inspi­riert hat mich wahr­schein­lich jedes Kli­schee, das mir in Deutsch­land über den Kon­ti­nent ver­mit­telt über die Jah­re ver­mit­telt wur­de – sowohl posi­tiv als auch nega­tiv. Ich woll­te neue Per­spek­ti­ven erhal­ten und Erfah­run­gen sam­meln, die ich nicht in mei­ner Hei­mat erlan­gen konn­te. 

Was bedeutet Afrika für dich persönlich, und wie hat sich deine Sicht auf den Kontinent im Laufe deiner Reisen verändert?

Der Kon­ti­nent an sich hat für mich kei­ne Bedeu­tung. Da ich aber mei­ne ers­te Solo­rei­se mit 22 Jah­ren nach Tan­sa­nia unter­nahm, dies gleich­zei­tig mei­ne ers­te Erfah­rung auf dem afri­ka­ni­schen Kon­ti­nent war und ich anschlie­ßend ein Jahr in Dar es Salaam gewohnt habe, liegt mir Tan­sa­nia und ins­be­son­de­re die Freund­schaf­ten in Dar es Salaam am Her­zen.

Durch vie­le Rei­sen in unter­schied­li­chen Län­dern erwei­tert sich mei­ne Per­spek­ti­ve und mei­ne Sicht auf ver­schie­de­ne Lebens­wei­sen und Kul­tu­ren ste­tig. Das mag ich sehr. Ich habe jetzt ein dif­fe­ren­zier­te­res Bild von dem Kon­ti­nent, der (nicht nur) in deut­schen Medi­en stark von Kli­schees und Ste­reo­ty­pen geprägt wird.

Wie war es, Weihnachten an der Grenze von Uganda und Kenia zu feiern?

Span­nend, befrei­end und uner­war­tet zugleich. Wir sind an der Gren­ze an dem Tag nicht wei­ter­ge­kom­men und haben mit vie­len sehr net­ten Men­schen in einem Pub gemein­sam gefei­ert und Geschich­ten aus­ge­tauscht. Ein Weih­nach­ten, an das ich mich immer erin­nern wer­de.

Planst du weitere Reisen nach Afrika oder in andere Teile der Welt? Wenn ja, welche Ziele stehen auf deiner Liste?

Ein­fa­cher zu beant­wor­ten wäre die Fra­ge, wel­che Län­der nicht auf der Lis­te ste­hen. Ich fin­de es ein­fach grund­sätz­lich span­nend, ande­re Lebens­wei­sen und Ideen vom Leben ken­nen­zu­ler­nen.

Im Jahr 2020 hat­ten wir bereits Flü­ge in die Repu­blik Kon­go gebucht und eine wei­te­re Rei­se vom Sudan nach Äthio­pi­en. Die­se Rei­se wird wahr­schein­lich schwer umzu­set­zen sein, aber die­se Län­der inter­es­sie­ren mich sehr.

Du bist ja nicht nur in Afrika unterwegs, sondern warst auch länger in Bolivien und Peru, was hast du dir von dieser Reise erhofft?

Zum einen woll­te ich Spa­nisch ler­nen (hat nicht geklappt), zum ande­ren fand ich Boli­vi­en mit sei­ner unglaub­lich viel­sei­ti­gen Natur sehr span­nend. In La Paz hat­te ich einen Prak­ti­kums­platz bei einem Rei­se­ver­an­stal­ter für Indi­vi­du­al­rei­sen.

Wie war die bolivianische Familie, die dich aufgenommen hat, und hat diese Erfahrung dein Verständnis der bolivianischen Kultur vertieft?

Ins­ge­samt war mein Auf­ent­halt zu kurz, um von wirk­li­chem Ver­ständ­nis zu spre­chen (falls das über­haupt mög­lich ist). Es war aber sehr schön, den All­tag die­ser Fami­lie zu erle­ben, zu Fami­li­en­es­sen ein­ge­la­den zu wer­den und Fra­gen wäh­rend die­ser Zeit stel­len zu kön­nen, die sonst unbe­ant­wor­tet geblie­ben wären.

Du schreibst in deinem Buch auch über ehrliche Momente, die schief gelaufen sind: Was war das Schwierigste und das Bereicherndste daran, sich in der Wildnis zu verlaufen?

Ehr­lich gesagt, fand ich nichts wirk­lich dar­an berei­chernd. Ich hof­fe ein­fach, dass ich das nächs­te Mal die Situa­ti­on bes­ser ein­schät­zen kann. Schein­bar harm­lo­se Wan­de­run­gen kön­nen schnell umschla­gen, wenn man nicht gut vor­be­rei­tet ist oder die ört­li­chen Gege­ben­hei­ten nicht gut kennt. Da war ich ein­fach ziem­lich naiv.

Was hat dich an den glitzernden Gletschern, dem dichten Regenwald und den kargen Wüsten in Südamerika besonders fasziniert?

Die abso­lu­te Extre­me der Natur fand ich in Boli­vi­en und Peru sehr beein­dru­ckend. Kaum ein ande­res Land, das ich bis­her besuch­te, hat der­art vie­le unter­schied­li­che Natur­spek­ta­kel so dicht bei­ein­an­der lie­gen. Natür­lich macht die­ser Umstand das Berei­sen der Län­der – zumin­dest abseits der Städ­te – auch etwas her­aus­for­dern­der bzw. ost eine bes­se­re Rei­se­vor­be­rei­tung womög­lich sinn­voll.

Gab es eine bestimmte Begegnung oder ein Erlebnis, das deine Perspektive auf die Länder und deren Geschichte nachhaltig verändert hat?

Ich glau­be, dass eigent­lich bei­na­he alle Begeg­nun­gen und Erleb­nis­se, die man auf Rei­sen sam­melt, immer wie­der eige­ne Per­spek­ti­ven, Kli­schees oder Glau­bens­sät­ze ver­än­dern und zurecht­rü­cken. Manch­mal braucht es dafür gar nicht die gro­ßen High­lights oder beson­ders inten­si­ve Erleb­nis­se, es rei­chen auch schon die klei­nen all­täg­li­chen, wenn man ihnen offen gegen­über­steht.

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