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»Lieber Leser, weißt du, was das Wort Greenhorn bedeutet? Eine höchst ärgerliche und despektierliche Bezeichnung für denjenigen, auf welchen sie angewendet wird. Green heißt grün, und unter horn ist Fühlhorn gemeint. Ein Greenhorn ist demnach ein Mensch, welcher noch grün, also neu und unerfahren im Lande ist und seine Fühlhörner behutsam ausstrecken muß, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen will, ausgelacht zu werden.
Ein Greenhorn ist ein Mensch, welcher nicht von seinem Stuhle aufsteht, wenn eine Lady sich auf denselben setzen will; welcher den Herrn des Hauses grüßt, ehe er der Mistreß und Miß seine Verbeugungen gemacht hat; welcher beim Laden des Gewehres die Patrone verkehrt in den Lauf schiebt oder erst den Propfen, dann die Kugel und zuletzt das Pulver in den Vorderlader stößt. Ein Greenhorn hält die Stapfen eines Turkey für eine Bärenfährte und eine schlanke Sportjacht für einen Mississippisteamer. Ein Greenhorn geniert sich, seine schmutzigen Stiefel auf die Kniee seines Mitpassagiers zu legen und seine Suppe mit dem Schnaufen eines verendenden Büffels hinabzuschlürfen. Ein Greenhorn schleppt der Reinlichkeit wegen einen Waschschwamm von der Größe eines Riesenkürbis und zehn Pfund Seife mit in die Prairie und steckt sich dazu einen Kompaß bei, welcher schon am dritten oder vierten Tag nach allen möglichen andern Richtungen, aber nie mehr nach Norden zeigt.
Ein Greenhorn notiert sich achthundert Indianerausdrücke, und wenn er dem ersten Roten begegnet, so bemerkt er, daß er diese Notizen im letzten Couvert nach Hause geschickt und dafür den Brief aufgehoben hat. Ein Greenhorn kauft Schießpulver, und wenn er den ersten Schuß tun will, erkennt er, daß man ihm gemahlene Holzkohle gegeben hat. Ein Greenhorn hat zehn Jahre lang Astronomie studiert, kann aber ebenso lang den gestirnten Himmel angucken, ohne zu wissen, wie viel Uhr es ist. Ein Greenhorn steckt das Bowiemesser so in den Gürtel, daß er, wenn er sich bückt, sich die Klinge in den Schenkel sticht. Ein Greenhorn macht im wilden Westen ein so starkes Lagerfeuer, daß es baumhoch emporlodert, und wundert sich dann, wenn er von den Indianern entdeckt und erschossen worden ist, darüber, daß sie ihn haben finden können. Ein Greenhorn ist eben ein Greenhorn und ein solches Greenhorn war damals auch ich.
Aber man denke ja nicht etwa, daß ich die Überzeugung oder auch nur die Ahnung gehabt hätte, daß diese kränkende Bezeichnung auf mich passe! O nein, denn es ist ja eben die hervorragendste Eigentümlichkeit jedes Greenhorns, eher alle andern Menschen, aber nur nicht sich selbst für ›grün‹ zu halten.«
Ein Greenhorn ist er, als er im Wilden Westen ankommt, doch es wird nicht lange dauern, bis sein Künstlername auf dem nordamerikanischen Kontinent bekannt und gefürchtet sein wird: Old Shatterhand, der Freund er Indianer, Blutsbruder des Apatschenhäuptlings Winnetou.
Ich war ein glühender Fan der Bücher von Karl May, und las nicht weniger als 45 von seinen Abenteuerschinken. Ob er auf dem Rappen Hataitla durch den Wilden Westen ritt oder als Kara Ben Nemsi die bösen Buben des Nahen und mittleren Ostens zur Rechenschaft zog, immer war sein bester Freund ein edles Pferd, das ihn ganz ohne Worte verstand und ihn aus den verzweifelten Situationen rettete.
Doch wie auch Karl May (ich zitierte die ersten Zeilen von Winnetou 1) muss auch ich mich als Reiter-Greenhorn outen. Denn mein erstes Mal auf einem Pferd fand ich mich im letzten Jahr: Ganz ohne weitere Instruktionen wurde ich da auf ein Pferd gesetzt, und reitete gemeinsam mit Marianna und einer Führerin fünf Tage lang durch die zentralasiatische Prärie. Und auch wenn mir mein Gesäß gehörig schmerzte, war es eine großartige Sache! An den letzten Tagen galoppierten wir, schnell wie der Wind, über die endlosen, blühenden Wiesen der Mongolei.
Doch Zweifel plagten mich: Kann ich nun schon reiten? Muss man nicht erst im Kreis herumwandern, und allerlei schwierige Dinge lernen, damit man kein Greenhorn mehr ist? Einfach auf ein Pferd und los, dass kann es doch nicht sein?
Um das Reiten zu probieren muss man nicht in die Mongolei fahren. Unweit von Berlin, wie auch nahezu überall in Deutschland, kann man die bundesdeutsche Variante von Old Shatterhand werden, schön geregelt.
Ich präsentiere: Den charmanten Reiterhof Bialek in Tremmen, mit vielen Pferden, Schafen, einem Riesenschwein und zwei Minischweinchen.
Tatsächlich ist Brandenburg etwas organisierter als die Mongolei, und auch die Pferde werden mit Liebe umsorgt. Unsere Pferdekenntnisse waren vorab als professionell angekündigt worden, und so war die Leiterin des Hofes, Petra Bialek, erst einmal überrascht, dass wir keinen Schimmer hatten, wie man einen anständigen Sattel anlegt (die Sattel der Mongolei waren eher ein paar Metallstangen, die mit Plastik überzogen waren) – dass man aber vor und nach dem Ritt das Pferd in einer aufwändigen Prozedur von oben bis unten abbürstet war dagegen eine Überraschung für uns.
Doch einmal im Sattel konnten wir die manchmal recht schreckhaften Tiere (»Oh eine Plane!« »Oh, eine Kuh!« »Schnell weg von diesen Monstern!«) recht gut in den Griff kriegen – und so ritten die Greenhorns frohgemut durch Wiesen und Wälder. Ich bin übrigens nicht runtergefallen!
In Brandenburg zeigte sich, dass wir doch noch ein paar Dinge zu lernen haben, was das Reiten (vor allem in Deutschland) angeht. Aber auch dass die etwas weniger zärtliche mongolische Handhabung der Pferde mir deutlich mehr liegt – meine Beziehung zu Tieren war ja schon seit jeher problematisch.
Das Wendy-Abo lass ich also erstmal pausiert, aber ich kann mich zum Glück auch so weiterbilden, youtube sei dank!
https://www.youtube.com/watch?v=p19RwzoyUXc
Vielen Dank an den Pferdehof Bialek in Tremmen bei Berlin und Erlebe Brandenburg für die tolle Organisation!
Antworten
[…] In Tremmen im Havelland liegt der Pferdehof von Petra Bialek. Der über 100 Jahre alte Bauernhof ist die Heimat von Pferden, Ponys, Schafen, Ziegen, Katzen, der einen oder anderen Mau und zwei Hängebauchschweinen. Unmittelbar hinter dem Hof liegt das Havelland, das bei einem Ausritt erkundet werden kann. Spielen, Pferde putzen, Lagerfeuer machen – ein Tag auf dem Pferdehof wird nicht langweilig. im Sommer kann gezeltet oder im Heu übernachtet werden. Wer kein Heu mag, übernachtet in der Ferienwohnung. Die beiden Blogger Marianna und Johannes aus Berlin waren 2015 ein Wochenende zu Gast auf dem Pferdehof in Tremmen. Was die beiden erlebt haben, ist hier zu lesen. […]
Hallo Greenhorn, schöner Artikel!
Bin ich die Einzige, die die Wendy Folge bis zum Ende geschaut hat?
Diese Vanessa ist ja wohl sowas von unsympathisch.… 😉Die Filmemacherin ist aber auch keine Sympathiefigur 😉
Ich lese deine Berichte so furchtbar gerne und gleichzeitig wünsche ich, ich hätte sie nicht gelesen, denn ich kann das nicht einfach auch erleben. Manches kann ich auch machen oder doch anderes, heute gehe ich zum Winterfestival nach Birkenried zum Beispiel, und da freue ich mich auch drauf. Alles Gute, einen schönen Sonntag und viele liebe Grüße aus südlicheren Gefilden 🙂
Viel Spaß in Birkenried! Klingt auch sehr gut!
Eh wunderbarer Bericht – Pferde und Brandenburg gehören anscheinend zusamen. Ich wachse auch so langsam in das Thema rein. Dank einer achtjährigen Tochter, wird man ja fast gezwungen sich mit Pferden zu beschäftigen und vor allem damit, wo kann man hier und da reiten gehen, was kostet das und wie regelmäßig »sollte man es tun«.… darüber haben wir auch schon auf unserem Blog nordicfamily berichtet. Herzliche Winnetou Grüße von Geertje
Hallo Johannes, Brandenburg ist das perfekt Pferdeland. Ich bin schon zwei Tage durch Wälder geritten ohne auch nur eine Menschenseele zu treffen. Was ich nicht verstehe, warum findest du die weniger zärtliche mongolische Handhabung der Pferde besser?
Hey Geertje, viel Spaß dabei!!
Hi Britta,
ich glaube es ist so: Die Mongolen lieben ihre Pferde auch, aber sie behandeln sie wie freie Tiere, nicht wie verwöhnte Streichel-Haustiere. 🙂
Verstehst du was ich meine?
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