I

Ich krieg die Krise oder was?

Eine Woche nach den Wah­len betre­ten wir zum ers­ten Mal in unse­rem Leben grie­chi­schen Boden. Die neue Regie­rung hat sich gerade in Rekord­zeit zusam­men­ge­fun­den und soll jetzt mit fri­schem Wind rich­ten, was alle Vor­gän­ger ver­bockt haben. Wir erwar­ten Auf­bruchs­stim­mung in einem Jam­mer­tal. Schließ­lich habe ich einige Erfah­rung mit dem Kri­sen­tou­ris­mus. Als 2009 in Groß­bri­tan­nien die Ban­ken­krise ein­schlug, war ich zufäl­lig gerade in Bel­fast. Dort herrschte Welt­un­ter­gangs­stim­mung. An jedem zwei­ten Haus prangte ein „For Sale“-Galgen, alles ver­ram­melte sich zu Hause und hielt das Geld bei­sam­men, was in haar­sträu­ben­den Rabatt­ak­tio­nen bei Ein­zel­händ­lern und Restau­rants resul­tierte (für uns als Tou­ris­ten einer­seits hoch­will­kom­men, ande­rer­seits schon etwas gru­se­lig). Die Schnäpp­chen-Stie­fel, die ich mir damals für fünf Pfund geschos­sen habe, trage ich heute noch.

Was wir statt­des­sen in Thes­sa­lo­niki erle­ben, über­rascht uns, und es irri­tiert uns auch. Eine Woche ver­brin­gen wir in der zweit­größ­ten Stadt des Lan­des und wun­dern uns: Keine Leer­stände in den Geschäfts­stra­ßen, keine Bett­ler, keine Kampf­ra­batte, statt­des­sen ein all­ge­mein hohes Preis­ni­veau, volle Cafés und jede Menge grie­chi­sche Was­ser­stoff­blon­di­nen, die offen­bar noch genug Geld für den Fri­seur haben.

1_griechenland-krise-demonstrationGrün ist die Hoff­nung: In Athen ver­sam­meln sich Bür­ger zu einer Demons­tra­tion gegen die Sparmaßnahmen.

Um dem Rät­sel auf den Grund zu gehen, laden wir kur­zer­hand die Ver­mie­ter unse­res Apart­ments zum Essen ein. Nikos* und Renia sind ein Paar Anfang 20. Sie stu­diert Jura, er schreibt an sei­ner Dok­tor­ar­beit. Die geschmack­voll ein­ge­rich­tete Woh­nung, die sie uns über AirBnB ver­mie­ten, haben sie von der Oma geerbt. Sobald sie es sich leis­ten kön­nen, wol­len sie selbst hier ein­zie­hen, erzäh­len die bei­den. Im Moment tei­len sie sich Nikos’ Eltern­haus mit sei­ner Schwes­ter. Solange sie noch kein rich­ti­ges Geld ver­die­nen, kom­men die Miet­ein­nah­men gele­gen. „Es bringt auch viel mehr, sie kurz­zei­tig an Tou­ris­ten zu geben“, ver­rät Renia. „Die grie­chi­schen Miet­preise sind im Kel­ler, und außer­dem kann man nie sicher sein, ob man das Geld über­haupt bekommt, mit der Krise und so.“ Schlecht gehe es ihnen nicht, beto­nen die bei­den. Jeder kenne jeman­den, der durch die Spar­maß­nah­men sei­nen Job ver­lo­ren habe. „Aber das Bild, das in den Medien gezeich­net wird, ist über­trie­ben“, urteilt Renia. „Die suchen immer so lange, bis sie einen Extrem­fall fin­den, den sie por­trai­tie­ren kön­nen. Dass Men­schen so hart getrof­fen sind, dass sie in Müll­ton­nen wüh­len müs­sen, das ist nicht real. Wenn, dann ist das ein per­sön­li­ches Schick­sal, keine direkte Folge der Krise.“

2_griechenland-krise-spielplatz-gesperrt

Die­ser Spiel­platz bleibt geschlos­sen, weil für den fäl­li­gen Check-up kein Geld da ist (das zumin­dest ent­neh­men wir der Über­set­zung von Google Trans­la­tor; es ist nie­mand im Park, den wir danach fra­gen können).

Im Schat­ten des Olymp tref­fen wir Anto­nios und Sophia. Mit­ten in der atem­be­rau­ben­den Land­schaft haben sie sich eine kleine Farm auf­ge­baut. Rund 1000 Lege­hen­nen besit­zen sie, außer­dem einen Stall voll Zie­gen, zwei Pferde, Obst­bäume und einen klei­nen Oli­ven­hain. Als Anto­nios hier die ers­ten Holz­ba­ra­cken rund um das größ­ten­teils selbst­ge­zim­merte Wohn­haus baute, war er schon über 40. „Solange die Kin­der klein waren, habe ich die Zähne zusam­men­ge­bis­sen, in der Stadt gelebt und mei­nen bür­ger­li­chen Beruf aus­ge­übt“, erzählt der gelernte Ton­in­ge­nieur, wäh­rend er den Gäs­ten aus Deutsch­land fri­sche Eier und selbst­ge­brann­ten Schnaps ser­viert. „Aber ich habe immer davon geträumt, eines Tages den größ­ten Teil von dem, was ich zum Leben brau­che, selbst zu produzieren.“

Das Leben als Land­wirt ist hart, betont der Aus­stei­ger. Aber im Gegen­zug habe ihn die Krise kaum tref­fen kön­nen. Auf seine Lands­leute ist Anto­nios nicht gut zu spre­chen. „Es ist kein Wun­der, dass die Dinge so sind, wie sie sind. Die Grie­chen sind keine guten Arbei­ter.“ Mitt­ler­weile ist sein Hof so groß, dass er einen Gehil­fen braucht. „Mit einem Grie­chen ist da nichts zu wol­len. Die machen lie­ber früh Fei­er­abend und sit­zen im Café. Von denen kommt kei­ner hier aufs Land.“ Statt­des­sen beschäf­tigt er Alba­ner – die sich immer wie­der abwech­seln müs­sen, weil sie ohne Arbeits­er­laub­nis nicht län­ger als drei Monate im Land blei­ben dür­fen. Das erzählt er uns mit der größ­ten Selbst­ver­ständ­lich­keit und ohne die geringste Spur von Schuld­be­wusst­sein. Was uns schon im Stra­ßen­ver­kehr immer wie­der auf­ge­fal­len ist, mani­fes­tiert sich hier zum ers­ten Mal im grö­ße­ren Rah­men vor unse­ren Augen: Sich an bestehende Gesetze und Regeln zu hal­ten, emp­fin­den Grie­chen als optional.

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Manch ein Grie­che möchte lie­ber ohne die EU…

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obwohl zumin­dest bei den Grie­chen, die wir getrof­fen haben, die Hoff­nung auf eine Zukunft inner­halb der Euro­päi­schen Union vorherrscht.

Ein typi­sches All­tags­bei­spiel dafür erle­ben wir auch an der Stra­ßen­bahn­hal­te­stelle in Athen. In roten Let­tern ver­bie­tet uns ein Schild den Zugang zum Bahn­steig ohne gül­tige Fahr­karte. Die Ticket­schal­ter vor die­ser Schranke sind aller­dings geschlos­sen, und der ein­zige Auto­mat ist aus­ge­schal­tet. Einen Augen­blick lang sehen wir uns hilf­los um. Dann fol­gen wir den Ein­hei­mi­schen, die das Ver­bot und auch das „no entry“-Schild gegen­über igno­rie­ren, gera­de­aus durch­mar­schie­ren und unge­rührt ihre Bahn­ti­ckets beim geöff­ne­ten Schal­ter auf der ande­ren Seite kau­fen. Ganz offen­sicht­lich ist das so gedacht. Bei­spiele wie die­ses begeg­nen uns immer wie­der: Völ­lig unsin­nige Ver­bote wer­den auf­ge­stellt, das Erfül­len unmög­lich gemacht, aber die Ein­hal­tung kon­trol­liert ohne­hin nie­mand. Von klein auf ler­nen Men­schen in Grie­chen­land, dass Regeln nicht wei­ter ernst zu neh­men sind.

Ein wei­te­res Bei­spiel dafür sind die Stra­fen für Ver­kehrs­de­likte, die erst kürz­lich dra­ko­nisch erhöht wur­den. Motor­rad ohne Helm zu fah­ren, kos­tet meh­rere hun­dert Euro. Die Rea­li­tät: Nicht ein­mal jeder dritte Motor­rad­fah­rer trägt etwas auf dem Kopf. Die Poli­zei stört sich ganz offen­sicht­lich nicht daran. Die schal­tet höchs­tens kurz vor der roten Ampel das Blau­licht an, um bequem und ohne War­te­zeit über die Kreu­zung zu kom­men, Ein­satz hin oder her.

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Aus­blick auf die blauen Buch­ten und ver­wun­sche­nen Oli­ven­haine des Pelo­pon­nes – herrlich…

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… solange man die wil­den Müll­hau­fen am Aus­sichts­punkt ausblendet.
Wei­ter den Hang run­ter ver­weste auch noch eine Kuh.

Auf hal­ber Stre­cke zwi­schen Thes­sa­lo­niki und Athen nimmt uns eine gast­freund­li­che Fami­lie bei sich zu Hause auf. Wir wer­den vor dem bren­nen­den Kamin des schi­cken Eigen­heims plat­ziert und mit Rot­wein ver­sorgt. Es dau­ert keine fünf Minu­ten, bis wir uns ange­regt über Rei­se­er­leb­nisse aus­tau­schen. Gior­gos, unser Gast­ge­ber, hat eben­falls viel von der Welt gese­hen, und er erzählt gerne davon. Auch unsere Erfah­run­gen mit dem Schul­un­ter­richt der Kin­der wäh­rend der Reise inter­es­sie­ren ihn bren­nend. Als wir auf all­täg­li­chere Dinge zu spre­chen kom­men und Gior­gos nach sei­ner Arbeit fra­gen, wech­selt er aller­dings ele­gant das Thema. Das Essen ist bald fer­tig, sagt er, aber wir müs­sen noch auf Maria war­ten. Seine Frau kommt erst gegen neun nach Hause. Sie ist nie­der­ge­las­sene Psy­cho­the­ra­peu­tin, und viele ihrer Kli­en­ten haben erst nach der Arbeit Zeit für Termine.

Drei Tage ver­brin­gen wir bei Gior­gos, Maria und ihren bei­den Töch­tern, die sich uns über die Couch­sur­fing-Web­seite als kos­ten­lose Gast­ge­ber ange­bo­ten haben. Wäh­rend Maria ganz­tags arbei­tet, nimmt sich Gior­gos viel Zeit, um uns die Gegend zu zei­gen. Er ist Tour­guide, erzählt er uns schließ­lich, er küm­mert sich um die Instand­hal­tung der Wan­der­wege und um kul­tu­relle Events in dem Ver­an­stal­tungs­zen­trum, an dem wir am Nach­mit­tag vor­bei­fah­ren. Vor­sich­tig bohre ich nach, denn der Mann mit sei­nen aus­ge­feil­ten Manie­ren, sei­ner Welt­ge­wandt­heit und sei­ner natür­li­chen Auto­ri­tät wirkt auf mich viel eher wie ein Abtei­lungs­lei­ter. Ent­schie­den nicht wie jemand, der mit einem sai­so­na­len Job zufrie­den ist. Aber wie­der wech­selt der Fami­li­en­va­ter das Thema und biegt nach­drück­lich jede Dis­kus­sion ab, die in Rich­tung Krise geht. Wir neh­men das große, aber unge­heizte Haus zur Kennt­nis, den Fakt, dass Gior­gos nur abends für ein paar Stun­den das warme Was­ser anschal­tet. Das Ther­mo­me­ter im Wohn­zim­mer zeigt 16 Grad. Wir sehen, dass die Fami­lie sich auf ein in die Jahre gekom­me­nes Auto beschränkt, mit dem Gior­gos seine Frau und die Mäd­chen zu ihren Ter­mi­nen chauf­fiert, und wir neh­men das Bedau­ern in Marias Augen wahr, als wir zum Abschied eine herz­li­che Gegen­ein­la­dung aus­spre­chen. Den Rest müs­sen wir uns denken.

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Mit sei­nem azur­blauen Meer, wei­ten Sand­strän­den oder aben­teu­er­li­chen Fel­sen ver­mit­telt Grie­chen­land ein herr­li­ches Urlaubsgefühl…

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…aber wenn man genauer hin­guckt, ist nicht alles Gold…

In Patras auf dem Pelo­pon­nes tref­fen wir Panagio­tis. Er ist Ange­stell­ter der Uni­ver­si­tät und teilt sich seine kleine Woh­nung mit einem tür­ki­schen Mit­be­woh­ner. Auf den ers­ten Blick wirkt der hoch­ge­wach­sene Mann mür­risch und unzu­gäng­lich, aber dann taut er doch so weit auf, dass ich mich traue, ihn nach dem Leben mit der Krise zu fra­gen. „Die Leute stol­pern so dahin, aber die meis­ten hal­ten sich auf­recht“, sagt der Mitt­drei­ßi­ger nach kur­zem Über­le­gen. „Die Fami­li­en­struk­tu­ren sind hier noch intakt. Man hilft sich gegen­sei­tig. Und man ist viel­fach zu stolz, um Schwä­chen zu zei­gen.“ So lang­sam ergibt alles einen Sinn. Ich erzähle Panagio­tis von mei­ner Ver­wun­de­rung, dass die Cafés in Thes­sa­lo­niki und auch in Athen alle geram­melt voll sind, obwohl der Durch­schnitts­preis für einen Cap­puc­cino bei mehr als drei Euro liegt. Er lacht. „Natür­lich sind die voll. Die Leute sind ja arbeits­los und haben alle viel Zeit, um im Café zu sit­zen. Dass die da fünf, sechs Stun­den blei­ben und sich dabei an einem ein­zi­gen Kaf­fee fest­hal­ten, sieht man ja nicht.“

In einem klei­nen grie­chi­schen Berg­dorf schließ­lich ler­nen wir Kos­tas und Anna ken­nen. Er hat die Bäcke­rei sei­nes Vaters geerbt und führt sie mit Lei­den­schaft, sie stammt aus Ame­rika und hat sich eine kleine Buch­hand­lung mit gebrauch­ten Büchern aus aller Welt auf­ge­baut, die längst über die Pro­vinz­gren­zen hin­aus bekannt gewor­den ist. Die bei­den öff­nen ihr Haus für Rei­sende aus aller Her­ren Län­der. Zum Abend­essen quet­schen sich acht Leute um den klei­nen Ess­tisch: die Haus­her­ren, die vier­köp­fige Fami­lie aus Deutsch­land, und außer­dem ein Rad­fah­rer-Pär­chen aus Spa­nien, das die Krise im eige­nen Land als will­kom­mene Gele­gen­heit nutzt, zwei, drei Jahre durch die Welt zu tin­geln. Die Stim­mung ist herz­lich und aus­ge­las­sen. Es fühlt sich an, als hät­ten wir alte Freunde nach lan­ger Zeit end­lich wie­der getroffen.

Dies­mal bin ich nicht die erste, die auf das heikle Thema zu spre­chen kommt. „Hat­tet ihr eigent­lich Pro­bleme mit anti-deut­scher Stim­mung hier in Grie­chen­land?“ fragt Kos­tas etwa zehn Minu­ten nach den Vor­stel­lungs­for­ma­li­tä­ten. Nein, sagen wir, dar­über kön­nen wir uns nun wirk­lich nicht bekla­gen. Im Gegen­teil. Das ein­zige Mal, als in Thes­sa­lo­niki im über­füll­ten Bus ein alter Mann nach einem kur­zen Gespräch zwi­schen mir und mei­nem Sohn „Ger­ma­nia?“ fragte und Janis nickte, klopfte der Alte dem Zehn­jäh­ri­gen wohl­wol­lend auf die Schul­ter. „Herrscht denn anti-deut­sche Stim­mung im Land?“ frage ich naiv in die Runde. „Oh ja“, sagt Anna. Dann kor­ri­giert sie sich. „Anti-Mer­kel-Stim­mung zumin­dest. Aber ich glaube, die Leute kön­nen ganz gut zwi­schen der Regie­rung und dem Volk unter­schei­den.“ In den Dör­fern, sagt Kos­tas spä­ter, ist nicht so ganz viel von der Krise zu spü­ren. Die meis­ten Men­schen sind Selbst­ver­sor­ger, jeden­falls zum Teil. Er merkt aller­dings schon, dass er weni­ger Brot ver­kauft. „Nie­mand hun­gert“, sagt der Bäcker bestimmt. „Ich glaube eher, dass die Leute frü­her pau­schal ein Kilo gekauft haben, obwohl sie gar nicht so viel essen. Jetzt geben sie mehr Acht dar­auf und kau­fen nur, was sie wirk­lich brauchen.“

9_griechenland-krise-bauernhof

1000 Lege­hen­nen und ein Ange­stell­ter, der alle drei Monate das Land ver­las­sen muss.

Wir beob­ach­ten die Sym­ptome die­ser Grund­ein­stel­lung aus­gie­big in ver­schie­de­nen Lebens­be­rei­chen. Schließ­lich wun­dert uns nicht mehr, dass auch das Zah­len von Steu­ern als völ­lig optio­nal ange­se­hen wird. Es ist gar nicht so sehr das grie­chi­sche Volk, das durch die Finanz­krise in Not gera­ten ist, rea­li­sie­ren wir. Es ist eher der grie­chi­sche Staat, der von sei­nen Bewoh­nern ver­nach­läs­sigt wurde. Ein Gemein­schafts­ge­fühl besteht, aber es beschränkt sich eher auf inner­halb der Fami­lien. Gesamt­ge­sell­schaft­li­che Effi­zi­enz ist kein Thema, weder im Stra­ßen­ver­kehr, noch im Recy­cling, noch in der Lokal­po­li­tik. Diese kühne These nach drei­ein­halb Wochen ober­fläch­li­cher Recher­che auf­zu­stel­len, ist sicher­lich gewagt. Aber als Denk­an­stoß mag sie die­nen. Wir haben jeden­falls das Gefühl, die Akte Grie­chen­land nun ein gutes Stück bes­ser zu ver­ste­hen. Und zu wis­sen, warum sich die Dinge auch unter der neuen Regie­rung nicht wesent­lich ändern werden.

*Namen geän­dert – und zwar aus dem ein­fa­chen Grund, dass in Wirk­lich­keit nahezu alle männ­li­chen Betei­lig­ten Kos­tas hei­ßen und sich das ein­fach zu ver­wir­rend liest.

Cate­go­riesGrie­chen­land
Lena Marie Hahn

Reisen kann man nur jung und ungebunden? Nein, nicht nur. Allen Widerständen und allen gut gemeinten Ratschlägen zum Trotz ließ die Journalistin Lena Marie Hahn ihr Alltagsleben für elf Monate hinter sich und reist mit ihrem Mann und den beiden Söhnen (10 und 8 Jahre alt) quer durch Europa.

  1. Zum Thema steu­ern: ich wollte nicht wis­sen oder gar erle­ben was wäre, wenn den Arbeit­neh­mern nicht zwangs­weise Steu­ern und Sozi­al­bei­träge zwangs­weise ein­be­hal­ten würden.

    Wir das aus­sähe, lernt man schnell bei unse­rem geho­be­nen Mit­tel­stand und des­sen Über­bau: kei­nen Deut bes­ser als in Grie­chen­land, das nie in sei­ner neue­ren Geschichte eine nicht aus­beu­tende Fremd­herr­schaft über sich hatte, ein­schließ­lich der eige­nen Élite und deren aus­län­di­schen Befehls­ge­bern (1820 ff.)…

    Grob und kurz formuliert ;-)

  2. Sabrina says:

    Toll mal einen Blick „hin­ter“ die Kulis­sen zu bekom­men und die­sen Kon­trast von Urlaubs­land zu Rea­li­tät oder wie auch immer man das beschrei­ben mag mit­zu­krie­gen. Sehr interessant :)

    1. Lena says:

      Danke schön. Ja, das ist immer unser Anspruch, die Urlaubs­län­der auch „von innen“ ken­nen­zu­ler­nen. Aber in Wirk­lich­keit ist das in ein paar Wochen natür­lich schwie­rig bis unmöglich…

  3. Ines says:

    Liebe Lena, vie­len Dank für Dei­nen Bericht. Ich bin froh, dass mal jemand hin­ter die Kulis­sen schaut und diese Kli­schees ent­kräf­tet. Wir sind fast jedes Jahr in Grie­chen­land und haben noch nie eine anti-deut­sche Stim­mung ver­nom­men, ganz im Gegen­teil, (eine Anti-Mer­kel-Stim­mung schon). Lei­der kenne ich doch dra­ma­ti­schere Schick­sale, aber die Grie­chen sind sehr stolz und gewäh­ren nicht so ohne wei­te­res Ein­blick in ihr Inne­res. Auf den Inseln ist die Krise nach außen kaum sicht­bar und die Men­schen sind, wie Inka schon geschrie­ben hat, immer noch sind so gast­freund­lich, egal, wie es ihnen geht. LG Ines

    1. Lena says:

      Danke, Ines. Wenn man die Ver­än­de­run­gen im Laufe der Zeit ver­fol­gen kann, bekommt man sicher noch einen viel bes­se­ren Ein­druck. Ich schätze, dass man als Nor­mal­per­son die Gesamt­krise vor allem dann zu spü­ren bekommt, wenn man z.B. ins Kran­ken­haus muss oder sonst­wie aufs soziale Netz ange­wie­sen ist, das auf­grund der Spar­maß­nah­men doch arg groß­ma­schig gewor­den ist.

  4. sasho says:

    Hey, das ist mal ein net­ter Bei­trag, und wie immer Top Fotos…
    Ich bin nächste Woche wie­der da.
    Kon­zen­triere mich jetzt auf mei­nen Reise und Work Blog.

    Viele Grüße

  5. inka says:

    Hmja, ich bin mir nicht so ganz sicher dar­über. Ich habe die Grie­chen als sehr poli­tisch inter­es­siert emp­fun­den, und das nicht nur auf das eigene Wohl bezo­gen. Und das scheint mir dann keine logi­sche Kon­se­quenz, wenn einem der Staat egal ist.
    Wie auch immer ist aber sicher­lich auch Wah­res dran. Ich war im Okto­ber 2011 dort, auf dem „Höhe­punkt“ der Pro­teste (oder eher auf dem Tief­punkt) und weiß auch noch, dass wir uns gewun­dert haben, dass der reine Anschein ande­res ver­mit­telte als die Not vie­ler Grie­chen (nur der Müll über­all, der war nicht übersehbar).
    Ich würde zu gerne noch­mal hin­rei­sen in die­ses Land, das mir als das gast­freund­lichste Land über­haupt in Erin­ne­rung geblie­ben ist.
    Danke für die­sen ein­drück­li­chen Bericht.
    VG /inka

    1. Lena says:

      Dass „den Grie­chen“ der Staat wirk­lich egal ist, wage ich nicht zu behaup­ten. Aber per­sön­li­che Vor­teil­nahme auf Kos­ten der anony­men Masse ist in Grie­chen­land ein­fach in so vie­len Din­gen alltäglich.
      Um die Sache mit dem Müll ein­zu­schät­zen, lohnt sich ein Blick über die Gren­zen. In der Tür­kei, Bul­ga­rien und Maze­do­nien liegt unge­fähr genauso viel Zeug in der Land­schaft, Alba­nien spot­tet in der Bezie­hung ohne­hin jeder Beschrei­bung. Das eigent­lich Erstaun­li­che ist für mich, dass Grie­chen­land all die Jahre als „euro­pä­isch“ ver­or­tet wurde. Für mich ist es gefühlt ein Bal­kan­land, das in eine andere Schub­lade gehört als Nord­west­eu­ropa (Ita­lien aller­dings auch). Hätte ich vor unse­rer Reise nicht gedacht. Das ist das Span­nende, wenn man sich den Kon­ti­nent tat­säch­lich mal in der Gesamt­schau ansieht. ;)

  6. Pingback:Warum es bei family4travel nichts über die Griechenland-Krise zu lesen gibt | family4travel

  7. Liane says:

    Lena, du hast ein sehr span­nen­des Thema auf­ge­grif­fen und eure Ein­drü­cke wun­der­bar wie­der­ge­ge­ben. Das Lesen ver­ging wie im Fluge. Tip, Top! :)
    Man fragt sich ja immer, wel­chen Teil der Geschichte man bei uns in den deut­schen Medien zu sehen bekommt, und wie wir bei den Grie­chen dar­ge­stellt wer­den. Und es schei­nen sich man­che Vor­stel­lun­gen zu bewahr­hei­ten. Es freut mich aller­dings sehr zu lesen, dass ihr euch die ganze Zeit herz­lich will­kom­men gefühlt hat und liebe Men­sche getrof­fen habt.
    Es wird wirk­lich span­nend zu sehen sein, wie sich die Dinge in Zukunft (nicht) ändern wer­den. Irgend­was muss sich ja ändern… eigent­lich. Dann war­ten wir mal ab.
    Alles Gute und wei­ter­hin viele tolle Reisen!

    1. Lena says:

      Danke schön! Und ja, es war super span­nend. Selbst als Couch­sur­fer haben wir aller­dings Wochen gebraucht, um an der Ober­flä­che zu krat­zen. Wenn man die Lan­des­spra­che nicht ver­steht, ist es echt sehr, sehr schwie­rig, dem Kern der Sache in drei, vier Wochen nahe zu kom­men. Kein Wun­der, wenn Dinge in den Medien schräg dar­ge­stellt wer­den. Jour­na­lis­ten haben ja nicht ansatz­weise so lange Zeit, sich mit den Men­schen zu unter­hal­ten. Und auch unser Bild ist mög­li­cher­weise völ­lig schief. Es ist halt bloß eine Anein­an­der­rei­hung von sub­jek­ti­ven Moment­auf­nah­men. Mehr nicht.

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