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Endlich Marokko! Teil 1: Am Ufer.

Und jetzt bin ich end­lich hier. Am Ufer zwi­schen hier und da. Die Sonne steht hoch über dem Fel­sen von Gibral­tar, vom Meer weht eine fri­sche Brise und ich stelle mir vor, dass sie viel­leicht ein wenig Wüs­ten­sand aus Marokko mit sich trägt. Mög­lich wär’s. Das andere Ufer ist so nah, dass ich rüber­spu­cken könnte.

… Na gut, viel­leicht nicht ganz.

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Gibral­tar ist ulkig. Der kleine Zeh an Euro­pas Fuß ist der ewige Zank­ap­fel von Spa­nien und Eng­land. Wem der olle Fel­sen nun wirk­lich gehört, das konnte nie so ganz geklärt wer­den. Erst vor Kur­zem wurde darum schon wie­der hef­tig gestän­kert. Es ging um die Fisch­gründe vor der Küste. Die Bri­ten hat­ten ein künst­li­ches Riff ange­legt, die Spa­nier fan­den das doof – und ver­schärf­ten als Rache­ak­tion kur­zer­hand mas­siv die Grenzkontrollen.

Auch als ich an die­sem Mor­gen über die Grenze will, stehe ich darum ewig Schlange irgendwo zwi­schen „QUÉ PUTADA!“ und „UTTER BOLLOCKS!“

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Erst ein­mal drin im Land ver­stehe ich den gan­zen Heck-Meck dann aber wirk­lich nicht. Ich habe noch nie ein Fleck­chen Erde gese­hen, das eng­li­scher hätte sein kön­nen – nicht ein­mal Eng­land! Der Union Jack ziert hier die Stra­ßen, die alle auf Mews, Court und Square zu enden schei­nen; die Pubs hei­ßen „The Old Hor­se­shoe“ und „The Clip­per Inn“ und ältere Damen füh­ren ältere Bull­dog­gen spa­zie­ren, wäh­rend ältere Her­ren vorm ers­ten Pint sit­zen und die Schlag­zei­len im Gibral­tar Chro­nicle diskutieren.

Das ein­zige, was mir spa­nisch vor­kommt, ist der blaue Himmel.

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Ich schlen­dere. Durch gemüt­li­che Gas­sen gesäumt von Duty Free Shops treibt es mich immer näher heran an das Streit­ob­jekt. Der Weg wird stei­ler und kur­vi­ger; die Aus­sicht wei­ter und wei­ter. Aber der Auf­stieg dau­ert. Zwei Stun­den. Min­des­tens. Tour­busse kar­ren Tou­ris­ten rauf und wie­der run­ter, ich werde ange­hupt und aus­ge­lacht. Bin wohl die ein­zige, die den Auf­stieg in der Mit­tags­hitze wagt.

Oben war­tet dann aber eine eis­kalte Cola, ein schweiß­ver­schwom­me­ner Blick auf den Kon­ti­nent da hin­ten – und ein Äff­chen, das mir die Cola nach nur einem Schluck unter der Nase weg klaut.

Die Legende besagt, Gibral­tar bleibt so lange bri­tisch, wie es dort Affen gibt.
Ich sage, da kann Spa­nien eigent­lich gleich einpacken.

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Den Nach­mit­tag ver­bringe ich mit den Affen und schaue dahin, wo die irgend­wann mal her­ge­kom­men sind und wo meine Reise hin­ge­hen soll. Morgen.

Ich bin auf­ge­regt. Afrika! Da war ich noch nie. Und ehr­lich gesagt habe ich auch ein biss­chen Angst vor dem „da“. Der Plan ist aller­dings schon von ges­tern. Letz­tes Jahr sollte meine Route hier enden, mit der Über­fahrt nach Marokko.

Ich hatte diese Idee, wie die Stör­che zu rei­sen, die sich jedes Jahr vor Win­ter­ein­bruch auf den lan­gen Weg vom hohen Nor­den in den tie­fen Süden machen. Und dar­über wollte ich schrei­ben. Aber mal wie­der kam mir das Leben dazwi­schen und ich blieb kurz vorm Ziel ste­cken. Anstatt mei­nen Plan zu ver­fol­gen, ver­harrte ich in Por­tu­gal und ver­liebte mich in eine Stadt namens Lissabon.

Life is what hap­pens while you’re busy making plans.

Lis­sa­bon hatte mich vom Kurs abge­bracht. Als ich ging, war mein inne­rer Kom­pass kaputt und ich irrte umher auf der Suche nach Nor­den. Aber das muss wohl auch mal sein. Der gerade Weg war mir ja eh schon immer lang­wei­lig. Es sind die Kur­ven, die Abzwei­gun­gen und Sack­gas­sen, die eine Route erst inter­es­sant machen. Die Schwie­rig­keit liegt nur darin, manch­mal auch die Kehrt­wende zu wagen und den alten Kurs wie­der aufzunehmen.

Und jetzt bin ich end­lich hier. Am Ufer zwi­schen hier und da. End­lich wie­der auf dem alten Kurs. Und end­lich auf dem Weg nach Marokko…

(Fort­set­zung folgt)

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Cate­go­riesGibral­tar Spa­nien
Gesa Neitzel

Eigentlich Fernsehredakteurin, aber viel lieber unterwegs, erzählt Gesa auf ihrem Blog von ihren Reisen um die Welt und vor allem zu sich selbst. In ihren Depeschen geht es um Fernweh, Heimweh, Bauchweh... und all den anderen Wehwehchen, die ein Nomadenleben so mit sich bringt.
In den letzten Jahren hat sie in Berlin gelebt, in Australien einen Jeep durchs Outback gefahren, in Lissabon ihr Herz verloren und in Bali nach ersten Surfversuchen gleich ein Loch im Kopf gehabt.

Gesa ist eine Suchende. Nach was? Das weiß sie selbst nicht so genau. Aber was auch immer es ist - es ist irgendwo da draußen und bis sie es gefunden hat, wird’s hier bestimmt nicht langweilig.

  1. Pingback:Fernweh-Freitag: Kaffee, Kunst und Kitsch | Frau Lehmann

  2. Timo says:

    Die Fotos sind echt lus­tig. Ich sehe jeden Tag ein ähn­li­chen Stra­ßen­bild mit den Pubs den bri­ti­schen Mut­tis mit ihren Hünd­chen und naja ab und zu ein Union Jack. Eng­land halt. Aber das Wet­ter auf den Bil­dern passt ein­fach gar nicht. Das ist viel zu gut für eng­li­sche Ver­hält­nisse. Ich ver­stehe es gar nicht wie es Eng­län­der in so einem guten Wet­ter aus­hal­ten kön­nen. Das ent­spricht ein­fach gar­nicht ihrem natür­li­chem Lebensraum. 

    Viele Grüße und viel Glück mit dei­nen Afrika-Plänen
    Timo
    http://www.headformylife.com

  3. Oli says:

    Ich fand Gibral­tar auch der Ham­mer und so was von Bri­tisch! Auch von den Prei­sen her, die mich eher an Eng­land als an Spa­nien erin­ner­ten. Wit­zig fand ich, dass ich über den Run­way des Flug­ha­fen fah­ren musste, um in die Stadt reinzukommen.

    1. Gesa says:

      Das fand ich auch komisch, Olli! Und ich bin auch noch zu Fuß rüber. Fühlte sich ein biss­chen an wie im Niemandsland.

  4. Elisaveta says:

    Lis­sa­bon müsste auf allen Kar­ten die­ser Welt als Rei­se­pläne-ver­schlin­gen­der Hoch­si­cher­heits­be­reich gekenn­zeich­net werden.

    Und Afrika am Hori­zont ist ja gar nicht so übel als Ausgleich. :)

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