Der Schöp­fer hat Ita­lien nach Ent­wür­fen von Michel­an­gelo gemacht. Das soll Mark Twain einst geschrie­ben haben und das würde diese unglaub­li­che Schön­heit erklä­ren, die sich hier vor mei­nen Augen aus­brei­tet: die ita­lie­ni­sche Riviera.

Ligu­rien – ein Traum in Pas­tell, Grün und Blau. Die voll­kom­mene Sym­biose aus Meer und Berg, Archi­tek­tur und Natur, Was­ser und Wind. Von San­remo im Wes­ten bis La Spe­zia im Osten wirft sich die kleine Küs­ten­re­gion am Mit­tel­meer in Schale, ein­ge­rahmt von den Alpen und Apennins.

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Wahr­zei­chen der Region sind die bun­ten Häu­ser, die von den Häfen bis hin­auf in die Berge ragen. Einst, vor lan­ger Zeit, wur­den die Gebäude aus prak­ti­schen Grün­den in ver­schie­de­nen Far­ben bemalt. So soll­ten die Fischers­leute bei ihrer Rück­kehr schon aus der Ferne ihr Heim erspä­hen kön­nen. Wenn dann die Glo­cken im Dorf ihre Rück­kehr ver­kün­de­ten, so mun­kelt der Volks­mund, hat­ten wie­derum die daheim­ge­blie­be­nen Ehe­frauen noch genü­gend Zeit ihre Haus­freunde davon zu jagen.

Heute zie­hen nur noch wenige Fischer­boote gen See, Ligu­rien lebt zum Groß­teil vom Tou­ris­mus, die bun­ten Häu­ser sind jedoch geblie­ben. Strenge Auf­la­gen regle­men­tie­ren den Bau und Fas­sa­den­an­strich. So ist sicher gestellt, dass die pit­to­res­ken Fischer­dör­fer erhal­ten bleiben.

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In Genua, der Haupt­stadt Ligu­ri­ens, soll meine Reise begin­nen. Mit dem Air­Do­lo­miti-Flie­ger geht es flugs von Mün­chen ein­mal über die Alpen, mit­ten hin­ein in das pralle Leben. Der Flug­ha­fen Cris­to­foro Colombo, benannt nach dem berühm­tes­ten Sohn der Stadt, ist nur sechs Kilo­me­ter vom Zen­trum ent­fernt. Die 800.000 Ein­woh­ner­stadt war­tet mit einer prunk­vol­len Alt­stadt samt beein­dru­cken­der Renais­sance- und Barock­bau­ten auf. Die Pracht­straße Via Gari­baldi mit ihren Palazzi dei Rolli wurde 2006 gar zum Welt­kul­tur­erbe erklärt. Genuas mit­tel­al­ter­li­che Alt­stadt ist eine der größ­ten Euro­pas. Hier lässt sich ent­spannt durch ver­win­kelte Gas­sen fla­nie­ren. An allen Ecken war­ten lie­be­volle, kleine Geschäfte, Händ­ler und Bou­ti­quen, sowie prunk­volle Kir­chen und Palaz­zos. Zur Feier des Kolum­bus­jah­res­tags 1992 und der Expo im sel­ben Jahr, wurde viel Geld in die Restau­rie­rung Genuas gesteckt. Das sieht man und das begrün­det auch die kul­tu­relle Wie­der­be­le­bung der Stadt, die davor all­mäh­lich dem Ver­fall preis­ge­ge­ben wurde. Wirt­schafts­krise, Arbeits­lo­sig­keit und Abwan­de­rung haben Spu­ren hin­ter las­sen, die auch heute noch sicht­bar sind Doch der Geist der Stadt scheint gewan­delt. Im Zuge der Restau­rie­rung wurde eben­falls das größte Aqua­rium Euro­pas am Porto Antico errich­tet, der hier­für kom­plett umstruk­tu­riert wurde und seit­dem Besu­cher­ma­gnet ist.

Unzäh­lige Trat­to­rias, Oste­rias und Restau­rants laden zum Ver­wei­len ein, abends tref­fen sich die her­aus­ge­putz­ten Genue­sen in lau­ten Bars und Pizzerien.

Wer einen beson­ders schö­nen Aus­blick über die Stadt erha­schen will, fährt mit dem Ascen­sore della Spia­nata Cas­tel­letto von der Piazza Portello nach oben zu der Aus­sichts­pro­me­nade Bel­ve­dere Luigi Mon­taldo. Die Ascen­sori sind eine Beson­der­heit Genuas. Zahl­rei­che Lifte füh­ren in die Höhe. Wer mit­fah­ren möchte, löst ein gewöhn­li­ches Bus­ti­cket an einem Kiosk.

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Um eini­ges ver­träum­ter kommt die Halb­in­sel Ses­tri Levante daher, umge­ben von den bei­den Traum­buch­ten Baia delle Favole, was so viel bedeu­tet wie Mär­chen­bucht, benannt nach dem däni­schen Dich­ter Hans Chris­tian Ander­sen, der hier einige Jahre resi­dierte, und der Baia del Silen­zio, der ruhi­gen Bucht. Am Yacht­ha­fen ste­che ich in See. Aber nicht mit irgend­ei­nem Boot. Die Aia De Ma (Ligu­ri­scher Aus­druck für Mee­res­briese) ist ein prä­mier­tes Renn­boot und Sie­ge­rin der Win­ter­meis­ter­schaft. Das wird kein gemäch­li­cher Boots­aus­flug. Mit ordent­lich Speed pesen wir über den ligu­ri­schen Golf. Der Wind weht um die Nase, Haare flat­tern wirr im Wind. Bei manch einem Manö­ver ragt die eine Seite des Boots weit in die Höhe, wäh­rend die Was­ser­ober­flä­che auf der ande­ren Seite bedroh­lich näher rückt, wir müs­sen uns ducken um dem Segel aus­zu­wei­chen, oder uns auf die andere Seite des Schiffs wer­fen um das Gewicht aus­zu­glei­chen. Auch gehört ein sta­bi­ler Magen zur Grund­aus­stat­tung, die neue Skip­per mit­brin­gen soll­ten. Vom vie­len Auf-und Ab bekommt manch einer an Bord ein grü­nes Näs­chen.   

Das Leben fin­det in Ligu­rien viel auf dem Was­ser statt. Zahl­rei­che, weit­ver­zweigte Fähr­ver­bin­dun­gen füh­ren von Dorf zu Dorf oder gar nach Frank­reich oder Spa­nien. Eine beson­ders schöne Art der Fort­be­we­gung. Völ­lig ent­schleu­nigt an der wun­der­schö­nen Küste ent­lang schip­pern. Von Deck aus hat man den bes­ten Blick auf die bun­ten Häu­ser, Fes­tun­gen oder den Natio­nal­park Cin­que Terre.

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1997 wurde Cin­que Terre zum UNESCO-Welt­kul­tur­erbe erklärt und ist seit­dem ein Publi­kums­ma­gnet. Vom Sai­son­start im Mai bis zum Ende des Som­mers drän­geln sich Scha­ren von Tou­ris­ten durch die Gas­sen der fünf Dör­fer Mon­terosso al Mare, Ver­nazza, Cor­ni­li­gia, Mana­rola und Riom­ag­giore. Und das voll­kom­men zu Recht. Bestechend schön sind die Ort­schaf­ten. Wan­der­freunde lie­ben vor allem den Via del­l’A­more, ein Pan­ora­ma­wan­der­weg, der die Dör­fer Riom­ag­giore und Man­dorla ent­lang der Küste ver­bin­det. Aber natür­lich hin­ter­lässt der Mas­sen­tou­ris­mus seine Spu­ren. Wer nicht von Hor­den deut­scher, eng­li­scher und ame­ri­ka­ni­scher Rei­se­grup­pen zer­quetscht wer­den möchte und auf der Suche nach mehr Authen­ti­zi­tät ist, sollte sich ein wenig abseits von Cin­que Terre umschauen. Die angren­zen­den Dör­fer sind min­des­tens genauso schön anzu­se­hen und hier bleibt man noch wei­test­ge­hend von Tages­aus­flüg­lern der Kreuz­fahrt­schiffe und Rei­se­grup­pen verschont.

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Porto Venere ist eine die­ser ver­schla­fe­nen Gemein­den nur wenige Kilo­me­ter ent­fernt von Cin­que Terre. Umschlos­sen wird das Dorf von den Über­res­ten der Fes­tungs­an­lage, oben auf dem Berg thront die Burg, Über­bleib­sel einer beweg­ten Geschichte, vol­ler Kämpfe mit ver­fein­de­ten Repu­bli­ken und Pira­ten­an­grif­fen. Am äußers­ten Zip­fel wacht die Kir­che San Pie­tro, von der aus man einen tol­len Aus­blick auf die Bucht und das nahe gele­gene Archi­pel, bestehend aus den Inseln Pal­ma­ria, Tino und Tinetto, hat. Auf der größ­ten Insel, Pal­me­ria, woh­nen ledig­lich 35 Bür­ger. Zur Arbeit oder zur Schule fah­ren sie mit der Fähre, die in den Som­mer­mo­na­ten in Betrieb ist, oder dem Was­sertaxi. Auf Pal­me­ria gibt es auch eine Jugend­her­berge und einen Cam­ping­platz, sowie eine Trat­to­ria. Ein Rund­wan­der­weg führt über die Insel, Klet­ter­freunde kön­nen die Grotta dei Colombi bestei­gen, wo Tier­ske­lette aus dem Pleis­to­zän gefun­den wur­den. Viele der his­to­ri­schen Bau­ten auf der Insel, wie die Forte Umberto I, sind mili­tä­ri­sches Sperr­ge­biet, so auch die Insel Tino, die kom­plett von der ita­lie­ni­schen Marine ver­wal­tet wird. Hier fin­den sich Bun­ker aus dem zwei­ten Welt­krieg und über­wu­cherte Flug­ab­wehr­ge­schütze. Raue Klip­pen umschlie­ßen die Inseln, unter­bro­chen von Grot­ten, in denen sich der wert­volle Nero Por­toro fin­den lässt, ein schwar­zer Kalk­stein mit gold­far­be­ner Äde­rung, einer der begehr­tes­ten und exklu­sivs­ten Natur­werkt­steine der Welt. Die Inseln las­sen sich beson­ders gut von Boot aus betrach­ten. Täg­lich fah­ren meh­rere Tou­ren an dem Archi­pel vor­bei. Wer Glück hat, bekommt einen Schwarm Del­fine zu Gesicht. Sogar Wale las­sen sich ab und zu in der Bucht sehen.

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Natür­lich darf bei einer Reise nach Ligu­rien ein Besuch der Jet­set-Hoch­burg Por­to­fino nicht feh­len. Hier ste­hen die Vil­len der Rei­chen und Schö­nen Ita­li­ens, die hier gerne die Som­mer­mo­nate ver­brin­gen. Im Hafen sam­meln sich dann die Yach­ten, wäh­rend das Who is Who der bes­se­ren Gesell­schaft an Pri­vat­strän­den den Teint auf­frischt. Bis zu 4.000€ kos­tet ein Lie­ge­stuhl über die Som­mer­sai­son. Den Hafen der 449-See­len-Gemeinde säu­men Cafés, Restau­rants und Eis­die­len. Nicht nur bei der Pro­mi­nenz, auch bei Tou­ris­ten ist Por­to­fino schwer im Kurs, hofft doch jeder, ein wenig von dem Gla­mour, den die­ser Ort ver­sprüht, auf­zu­sau­gen. Wäh­rend ich mit einer Kugel Eis am Hafen ver­weile, male ich mir aus, wie die berau­schends­ten Par­ties in die­sen ver­schwie­ge­nen Vil­len gefei­ert wer­den, samt Sil­vio, Donatella und Co. und ganz viel Spumante.

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Letz­ter Stopp Camogli. Unweit von Por­to­fino, auf der West­seite der Halb­in­sel, liegt die­ses male­ri­sche Kleinod, nur 30 Minu­ten ent­fernt von Genua. Das alte Fischer­städt­chen war­tet mit einer impo­san­ten Häu­ser­front auf, dahin­ter lie­gen schat­tige Gas­sen. Der Name der Ort­schaft bedeu­tet „Haus der Ehe­frauen“. Ver­schie­dene Erklä­run­gen ran­ken sich um die Ent­ste­hungs­ge­schichte. Ein freund­li­cher Herr erklärt mir, dass der Name recht wört­lich zu neh­men sei. Da die Män­ner Camog­lis stets zu See waren, wurde die Ort­schaft sprich­wört­lich nur von Frauen bewohnt. Vor allem bei Wan­de­rern ist Camogli beliebt. Lässt sich von hier aus die wun­der­schöne Halb­in­sel von Por­to­fino erkun­den, die seit den 1930er Jah­ren unter Natur­schutz steht und mit einer abwechs­lungs­rei­chen Land­schaft auf­war­tet: medi­ter­ra­ner Busch­wald, Oli­ven­bäume, Pinien, Kas­ta­nien und Eichen. Stets im Blick, der fun­kelnde ligu­ri­sche Golf.

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Es fällt schwer die­sen Fleck Erde nicht zu mögen. Genuss­su­chende erfreuen sich an der medi­ter­ra­nen Küche, Wan­der- und Natur­freunde zie­hen von Post­kar­ten­dorf zu Post­kar­ten­dorf, Aben­teu­er­lus­tige fin­den den Kick beim Biken, Klet­tern, Kajak­fah­ren oder Segeln, auf Kul­tur- und Geschichts­in­ter­es­sierte war­ten prunk­vol­len Paläste, Kir­chen und Museen und Lebens­lus­tige stür­zen sich in das pul­sie­rende Genua.

Wahr­haft, ein ganz beson­de­rer Ort!

Vie­len Dank an Turismo in Ligu­ria für die Einladung!

Cate­go­riesIta­lien
  1. Simon says:

    Haha, das ist ja eine inter­es­sante Info, dass es strenge Regeln für den Anstrich der Häu­ser gibt. Und ich dachte immer, oh wie freund­lich diese Gesell­schaft ist, dass sol­che bun­ten Dör­fer und Städte von selbst wach­sen. Der Gedanke, dass das regle­men­tiert ist, kam mir nie.

    Da kann ich mich übri­gens mei­nen Vor­red­ne­rIn­nen nur anschlie­ßen: Auch der Wes­ten Ligu­ri­ens ist toll!

  2. Albrecht says:

    Die­ser Post über die Levante macht Lust auf Ligu­rien, viel­leicht sogar auf mehr Ligu­rien. Kaum weni­ger attrak­tiv ist der Wes­ten Ligu­ri­ens mit der Ponete und deren Hin­ter­land. Es ist deut­lich weni­ger über­lau­fen als die hot­spots der Levante und der nahen Côte d’A­zur. Das Klima ist deut­lich mil­der als das der Levante. Und für einen län­ge­ren Ent­span­nungs­ur­laub sind die Bor­ghi des Hin­ter­land ein­ma­lig. Gerne ent­führe ich euch dort­hin – erst­mal mit einem Klick!

  3. Nicole says:

    Wirk­lich tol­ler Bericht, genau so ist Ligu­rien! Auf jeden immer eine Reise wert, zu abso­lut jeder Jah­res­zeit. Wer noch mehr über die Pro­vinz Impe­ria und das wun­der­schöne Hin­ter­land wis­sen und sehen will, ist herz­lich ein­ge­la­den auf unse­rer Web­seite zu stöbern…

    Viele Grüße aus West-Ligurien :-)

  4. Ein sehr schö­ner, infor­ma­ti­ver Arti­kel. Viele Erfah­run­gen kann ich tei­len und habe die­sen Part mei­ner ers­ten Motor­rad­reise durch den Nor­den Ita­li­ens mit vie­len atem­be­rau­ben­den Bil­dern immer noch in sehr guter Erinnerung.

  5. Danni says:

    Ita­lien muss man wohl ein­fach lie­ben. Ich kann mir zumin­dest nicht vor­stel­len, wie man es nicht wun­der­schön fin­den kann. :) Es ist manch­mal rau und gleich­zei­tig so bezau­bernd und schön – ein­fach ein­ma­lig schön. 

    Lg aus Olang Südtirol

  6. Elisa says:

    Bella Ita­lia. Ich liebe die­ses Land und mit jeder Per­spek­tive und jedem neuen Blick noch mehr. Bald werde ich einen neuen Fleck von Ita­lien ken­nen­ler­nen. Ich bin schon sehr gespannt auf die Roden­ecker Alm. Danke für die­sen Arti­kel :) LG

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