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Es ist meine erste Reise nach Afrika. Doch dies soll keine gewöhnliche, touristische Reise werden, und Urlaub schon gar nicht.
Mit meiner Arbeitskollegin Sabrina und der Ärztin Johanna beginnt die Reise am Berliner Flughafen. Es ist Freitagabend und während wir darauf warten, dass wir endlich boarden können – unser Flieger hat Verspätung – erzählen die beiden mir von ihrer letzten gemeinsamen Reise nach Simbabwe. Meine Vorfreude steigt, ich werde endlich mit eigenen Augen sehen, wie unsere Arbeit den Menschen in Afrika zugutekommt.
Sabrina und ich arbeiten für die NGO GESUNDES AFRIKA e.V. Ziel von GESUNDES AFRIKA ist es ‑wie der Name schon sagt – die Gesundheitsversorgung in Afrika zu verbessern. Wir arbeiten in verschiedenen Ländern mit lokalen Partnerorganisationen zusammen, um so die Nachhaltigkeit und Kontinuität unser Projekt sicherzustellen.
Angekommen in Frankfurt haben wir genau 8 Minuten Zeit umzusteigen. Wir rennen und schaffen es noch so gerade rechtzeitig in das Flugzeug Richtung Afrika.
Als ich kurz vor der Landung in Bulawayo aus dem Fenster schaue, wird mir die Weite des Landes, aber auch die unglaubliche Trockenheit der Böden, bewusst. Angekommen beschäftigt mich zunächst allerdings etwas ganz Anderes: Unser Gepäck fehlt und niemand kann uns sagen wo es ist, und wann es ankommen wird. Wir fahren also erstmal ohne unsere Sachen zum Hotel. „Es wird morgen schon kommen“ denken wir uns. Doch dieser Gedanke zieht sich über mehrere Tage durch.
Nach drei Tagen dann endlich die gute Nachricht: Unser Gepäck ist angekommen. Voller Aufregung und Vorfreude auf unsere Sachen fahren wir zum Flughafen. Von da aus soll es dann gleich mit dem Geländewagen in unsere Projektregion, den abgelegenen Bezirk Brunapeg, gehen.
Leider werde ich schnell wieder enttäuscht. Mein Reiserucksack ist noch immer nicht da, alles andere ist aufgetaucht. Die beiden Ärzt:innen Johanna und Frank machen sich trotzdem auf den Weg nach Brunapeg. Sie werden dort in dem St. Anne‘s Mission-Krankenhaus, das wir unterstützen und mit dem wir eine langfristige Partnerschaft führen, Workshops mit lokalen Ausbilder:innen und Gesundheitsfachkräften durchführen.
Sabrina und ich fahren geknickt wieder zurück in unser Hotel. Etwas Gutes hat es: wir können nochmal in dem ausgezeichneten simbabwischen Restaurant direkt gegenüber von unserem Hotel essen gehen. Schon in den letzten Tagen haben wir uns in das leckere Sadza und die Vielfalt an verschiedenen Soßen verliebt. Gegessen wird natürlich mit den Händen.
Am nächsten Tag treffen wir unseren Projektpartner in deren „Büro“- eine Garage im Hinterhof eines Hauses. Es werden Details des Projekts besprochen, welches ich dann hoffentlich in den nächsten Tagen endlich sehen werde!
Das machtlose Warten und Hoffen auf einen weiteren Anruf vom Flughafen macht uns wahnsinnig und wir entscheiden uns, ohne mein Gepäck nach Brunapeg zu fahren. Am nächsten Morgen in der Früh soll es losgehen. Endlich!
Etwa vier Stunden geht es mit dem Auto von der Stadt Bulawayo in unsere Projektregion Brunapeg, einem Bezirk in der Provinz Süd-Matabeleland. Die Fahrt führt uns über sehr abgelegene Wege, umgeben von vertrockneten Bäumen, auf denen uns außer unzähligen Ziegen, Kühen und ein paar Äffchen kaum jemand entgegenkommt.
Angekommen, wünsche ich mir eigentlich nur eins: Kaffee. Wir sind um 5 Uhr aufgestanden und ich habe schon jetzt viele Eindrücke gesammelt. Doch wir haben kaum Zeit, denn der Tagesplan steht bereits. Wir fahren zum Krankenhaus, in dem Johanna und Frank schon fleißig Vorträge halten und Workshops mit den Teilnehmer:innen durchführen. Im Gästebereich des Krankenhauses haben sie ein kleines einfaches Zimmer für uns vorbereitet. Nachdem wir unser Gepäck abgestellt haben geht es direkt wieder ins Auto.
Immer noch nicht ganz fit und von den ganzen Eindrücken erschlagen, sehe ich mich 20 Minuten später schon in einem Gemüsegarten zwischen neun starken Frauen stehen. Von dem Gemüse war jedoch wenig zu sehen. Schnell erfahren wir, wieso: Ihnen fehlt es an Wasser. Die Provinz Süd-Matabeleland leidet an immer längeren Dürreperioden.
Auf die Frage, wo sie denn aktuell Wasser – auch zum Trinken – herbekommen, zeigen die Frauen aus dem Garten heraus und sagen: „Von dort hinten.“ Wir sehen nichts als sandigen, trockenen Boden und sehen sie fragend an. Sie nehmen uns mit zu einem ausgetrockneten Flussbett und zeigen uns, dass sie hier Löcher buddeln, bis sich eine kleine Pfütze bildet.
Um den Menschen diese Arbeit zu erleichtern und ihnen eine verlässliche Wasserversorgung zu ermöglichen, richten wir in Zusammenarbeit mit unserem lokalen Partner in der Region insgesamt neun Bohrlöcher, also Wasserverteilungsstellen, ein und legen Ernährungsgärten an.
Vier Bohrlöcher sind bei unserem Besuch bereits gebohrt. Eins davon können wir noch am selben Tag begutachten. Die Mitglieder des vor Ort gegründeten Wasser-Komitees erzählen uns, dass die Löcher etwa 100 Meter tief gebohrt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das Wasser nicht nach wenigen Jahren bereits versiegt. Etwa 200 Familien erhalten durch ein Bohrloch Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Ich bin begeistert von dem Wissen, dass ich bereits am ersten Tag mitnehmen konnte! Aber auch total erschöpft von den vielen neuen Eindrücken in einer Umgebung mit Lebensbedingungen wie ich sie noch nie gesehen habe.
Gefühle, die mich auch in den nächsten Tagen noch begleiten werden. Wir lernen Nachbar:innen, Gemeindegesundheitshelfer:innen und viele weiter Menschen kennen, die uns ihre aktuellen Lebensbedingungen schildern und verdeutlichen wie sie von unserem Projekt profitieren können.
Am letzten Tag unserer Reise dürfen wir dabei sein, als die Qualität und Kapazität des Wassers der neuen Bohrlöcher geprüft wird. Wir treffen Tecla und Kudzi, die zuständig sind für die Tests und sehr stolz auf ihren Job. Seit bald zwei Jahren prüfen sie die Wasserqualität von neuen Bohrlöchern in der Gemeinde Brunapeg in Simbabwe.
„Der beste Moment ist der, indem das klare Wasser das erste Mal fließt“, sagt Tecla. Das Wasser muss eine Stunde laufen, damit sie feststellen können, ob ein Bohrloch über genügend Wasser verfügt. Der Tag, an dem Tecla, Kudzi und ihre Kolleg:innen die Qualität und die Menge des Wassers im neuen Bohrloch testen, spricht sich oft in der Nachbarschaft herum. So kommen viele Menschen vorbei, um mitzuerleben, wie das neue Bohrloch in Betrieb genommen wird. Viele bringen auch Wasserbehälter mit, um direkt Wasser für ihre Gemüsepflanzen und als Trinkwasser für die ganze Familie zu holen.
Die Fertigstellung der Bohrlöcher und der angrenzenden Gärten erleben wir leider nicht mehr mit. Am letzten Abend gibt es in dem Krankhaus eine kleine Abschiedsparty für uns, es wird gemeinsam gegessen und getanzt. Wir sollen etwas „typisch Deutsches“ vortanzen und entscheiden uns für Peter Fox. In dem Moment würde ich gerne im Erdboden versinken, so peinlich ist es mir. Und doch sind dies die Momente, über die ich im Nachhinein lachen kann.
Auf der Rückfahrt im alten Krankenhausfahrzeug sehen wir sogar noch Zebras! Ansonsten nutze ich die Zeit, um die letzten Tage Revue passieren zu lassen. Es war das erste Projekt, dass ich besucht habe. Bisher konnte ich mich immer nur auf das, was meine Kolleg:innen erzählen, verlassen. Doch es hat sich gezeigt, die Arbeit zahlt sich aus!
Insbesondere dank der Zusammenarbeit mit lokalen NGOs und Menschen wie Tecla und Kudzi, die ihre Heimat, ihre Gemeinde und die Gegebenheiten kennen, ist es uns als GESUNDES AFRIKA möglich, eine nachhaltige Wasser- und Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen. Das hat auch der Qualitätstest am neuen Bohrloch gezeigt: Die Stelle, an der gebohrt wurde, ist optimal. Es gibt genügend Wasser und es kann ohne Bedenken getrunken werden. Als wir die Mitglieder des „Wasser-Komitees“ fragten, wie sie wussten, dass genau hier gebohrt werden sollte, grinsten sie nur und sagten „Wir kennen unsere Gegend eben.“ Sie kennen jeden Baum und jede Pflanze und können an den verschiedenen Arten erkennen, wo es genügen Wasser tief in der Erde geben wird.
Mit einem ähnlichen Grinsen holen wir, zurück in Bulawayo, endlich auch mein Gepäck am Flughafen ab! Damit genießen wir noch die letzten zwei Tage in Simbabwe. Von Bulawayo aus machen wir eine Tagestour in den Matobo-Nationalpark. Um 8 Uhr morgens werden wir an unserem Hotel mit einem offenen Safari-Geländewagen abgeholt. Nach und nach werden die anderen Teilnehmer:innen abgeholt. Es ist etwas unangenehm für uns, so auffällig als Touristinnen durch die Stadt gefahren zu werden. Sobald wir in der Natur ankommen, können wir es aber genießen und der Stress von den letzten Tagen fällt ab! Wir fahren tiefer in den Nationalpark hinein. Nach etwa einer Stunde heißt es „Jetzt laufen wir weiter!“. Wenige Minuten später steht die erste Nashorn-Familie etwa 20 Meter von uns entfernt! Unglaublich! Sabrina kennt keine Angst und würde am liebsten noch näher ran, ich beobachte die kleine Familie lieber aus der Ferne.
Nach einiger Zeit wollen wir zurück zum Fahrzeug, da fangen die Nashörner plötzlich an in unsere Richtung zu laufen, werden immer schneller. „Wusste ich es doch, das war keine gute Idee!“, denke ich nur. Aber die Situation bleibt zum Glück ruhig und ich bin froh als wir wieder am Fahrzeug angekommen sind und ich die Aussicht genießen kann.
Besonders viele Tiere gibt es im Matobo-Nationalpark nicht zu sehen, im Gegenteil zu anderen afrikanischen Nationalparks. Für mich war es allerdings die erste Safari überhaupt und mich begeistert jede einzelne Gazelle. Immer wieder steigen wir aus und laufen ein Stück. An verschiedenen Stellen beobachten wir Nashörner, entdecken eine Gruppe Zebras und bewundern Jahrtausende alte Wandmalereien.
In der Dämmerung werden wir im Licht eines knallroten Sonnenuntergangs wieder nach Bulawayo gebracht. Dort lassen wir den letzten Abend in unserem Lieblingsrestaurant „The Smokehouse“ ausklingen, bevor es für mich am nächsten Morgen zurück nach Deutschland geht.
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