„Und was ist mit der Alters­vor­sor­ge?“
„Scheiß ich drauf.“

Ich war vier­zehn Jah­re alt, als ich mei­nen ers­ten Com­pu­ter bekam. Ein alter, aus­ran­gier­ter PC aus der Fir­ma, Win­dows 3.11. Dis­ket­ten. Ich spiel­te Civi­liza­ti­on 1 und mal­te Pixel­bil­der in Paint mit 16 Far­ben.
Die Ren­te ist sicher.

Eine Park­bank 2010. Papa erzählt sei­ner vier­zehn­jäh­ri­gen Toch­ter von frü­her. „Sophie, als ich so alt war wie du, da gab’s noch gar kei­ne Com­pu­ter.“ „Krass!“, Sophie ist ver­blüfft. „Wie seid ihr denn dann ins Inter­net gegan­gen?“
Die Ren­te ist weg.

Schon erstaun­lich, wie sich die Welt in den letz­ten Jah­ren ver­än­dert hat. Inter­net, mobil, über­all. Die Welt ist ein Dorf gewor­den, ich flie­ge für drei Euro nach Marok­ko. Den Tsu­na­mi in Japan che­cke ich in Echt­zeit im Live­stream, in Thai­land. Die Staats­schul­den wach­sen in unvor­stell­ba­ren Dimen­sio­nen, und die Ren­ten­ver­si­che­rung ist fürn Arsch.

„Ja, des­we­gen musst du pri­vat vor­sor­gen, Mann! Weis­su doch!“

Dach­te ich auch mal, und hab‘s auch gemacht. Und wie­der gelas­sen.

Spä­tes­tens seit den letz­ten klei­nen Finanz­markt­kri­sen habe ich das Ver­trau­en in die­ses Sys­tem ver­lo­ren. Nein, es ist nicht sicher, und steht auf sehr wacke­li­gen Bei­nen. Und es ist erst der Anfang: Die Welt ver­än­dert sich in rasan­tem Tem­po, und es geht immer fixer. Wir ste­cken mit­ten drin, des­we­gen scheint es nor­mal – ist es aber nicht. Die Vor­her­sa­gen wer­den von der Wirk­lich­keit über­holt, und 98 Pro­zent der Din­ge, die sich klu­ge Men­schen der 60er, 70er oder 80er für die Zukunft aus­dach­ten sind nicht ein­ge­trof­fen. Es ist anders gekom­men.

Und da soll ich irgend­wel­chen Ver­spre­chen einer Ries­ter­glat­ze oder Rürup­wurst ver­trau­en? Mein Geld in diver­se Ver­si­che­rungs­kon­zer­ne pul­vern? Für die Zeit in vier­zig Jah­ren? Das wäre, wie wenn Ver­spre­chen von 1960 im Jahr 2000 tat­säch­lich ein­ge­trof­fen wären. Ha. Nur noch unwahr­schein­li­cher, weil sich jetzt alles noch viel schnel­ler ver­än­dert als damals. Beru­hi­gend, wer dran glaubt, doch ich mei­ne: Ein Pro­sit auf den Selbst­be­schiss!

Das ist doch unver­ant­wort­lich!

Ich gebe mein Geld aus. Viel ist es ja eh nicht. Und genie­ße das Leben, solan­ge ich es habe – denn die Zeit zieht vor­bei wie die letz­ten Tage eine Urlaubs: viel zu schnell. Geld ist nicht sicher. Ein Haus, Besitz, ja, das ist etwas ande­res. Aber nicht mein Ding momen­tan. Ich habe Ver­trau­en in die Zukunft, dass sich alles gut ent­wi­ckeln wird. So wie bis­her. Und wenn es mal nicht so ist, wird sich eine Lösung fin­den. Ich lebe jetzt, und nicht in Träu­men von der Zeit wenn ich mal sieb­zig bin. Ich wer­de es nicht bereu­en.

Man kann sich nicht gegen das Leben ver­si­chern. Ich will das Bes­te draus machen.

(Dan­ke an Cici für die Park­bank-Epi­so­de, die er mit­hö­ren durf­te.)

 

Erschienen am



  1. Avatar von Thomas

    Natürl­lich soll­te man das Leben genie­ßen, denn es geht viel zu schnell vor­bei. Aber auch recht­zei­tig Vor­sor­ge für das Alter betrei­ben, soll­te man nicht außer Acht las­sen, denn auch da möch­te man auch immer noch die Zeit genie­ßen und nicht über­le­gen, wie man sei­ne Rech­nun­gen bezahlt bekommt.

    1. Avatar von Johannes Klaus
      Johannes Klaus

      Der Mix macht’s!

  2. Avatar von Hans-Dieter Knebel
    Hans-Dieter Knebel

    yip,
    bes­ser kann man es kaum machen. (Übri­gens bin ich kein träu­men­der jun­ger Hüp­per. Ich genies­se nach 45 Arbeits­jah­ren ohne finan­zi­el­le Pro­ble­me mei­nen Ruhe­stand. Mit der jet­zi­gen Lebens­er­fah­rung wür­de ich es wie Sie machen)

    1. Avatar von Johannes Klaus

      Herr Kne­bel, vie­len Dank für die Ermun­te­rung!

  3. Avatar von Katrin
    Katrin

    Ja, ja, ja und ja.
    Das mit der Vor­sor­ge habe ich auch auf­ge­ge­ben und erst Recht seit ich weiß, es kann ohne­hin jeden Moment vor­bei sein…

    1. Avatar von klys

      ja, kat­rin, da hast du sicher­lich noch viel defi­ni­ti­ve­re erkennt­nis­se…

  4. Avatar von Amuwe
    Amuwe

    Ach , ich kann Dich gur ver­ste­hen! Wenn ich mal drei Bier­chen zuviel gtrun­ken hat­te, kamen sol­che Träu­me. Doch wie­der nüch­tern… »der »Der Eine fragt, was kommt danach,
    der and­re fragt nur, ist es recht? und also unter­schei­det sich der Freie von dem Knecht« Ja, alles kann man zeit­wei­se tun, dann aber ruft dsie Ver­ant­wor­tung. Wir kön­nen doch nicht­ver­lan­gen, spä­ter von ande­ren vrsorgt zu wer­den, ohne selbst für sich ver­ant­wort­lich sein zu wol­len.
    Car­pe diem, aber dann blei­be Mensch.Viel Freu­de!

    1. Avatar von klys

      dan­ke für die­se gedan­ken! mag ich, den spruch!
      eins ist klar: es geht nicht dar­um, auf kos­ten der gesell­schaft auf der fau­len haut zu lie­gen. und natür­lich ist das gan­ze auch eine fra­ge der lebens­pha­se, in der man sich befin­det. doch ich glau­be nicht, dass man sich der nöti­gen eigen­ver­ant­wor­tung ver­wei­gert, wenn man sei­ne prio­ri­tä­ten anders setzt als es die mehr­heit tut. denn bis zu wel­chem punkt die vor­sichts- und absi­che­rungs­hys­te­rie gerecht­fer­tigt ist – das ist mei­ne fra­ge. ich habe ver­trau­en in die zukunft, denn bis­her wur­de die­ses noch nicht ent­täuscht…

  5. Avatar von gerd
    gerd

    lie­ber johan­nes, mal den (hof­fent­lich zwi­schen den Zei­len mei­nes letz­ten kom­men­ta­res esba­ren) scherz besei­te: mach dir da echt kei­nen kopp. ich war auf dich nei­disch, seit ich dei­nen gro­ßen rei­se­plan kann­te. a.) weil du´s von der lebens­si­tua­ti­on her konn­test und b.) – und das vor allem – weil du die eier dazu hat­test. (ich glau­be, die alters­vor­sor­ge ist auch nur eine meta­pher, gel­le?),
    hier in deutsch­land läuft dir nix weg, auch wenn seit japan und der bawü-wahl alles anders zu sein vor­gibt.

    wir müs­sen uns eh von der linea­ren lebens­pla­nung ver­ab­schie­den, restart mit 50 und reboot mit 70 heißt die devi­se. und bis wir dahin kom­men fließt noch viel was­ser den rhein run­ner!

    good thoughts Gerd

    1. Avatar von klys

      dan­ke, chef! werds mir zu her­zen neh­men… und das mit dem was­ser und dem rhein check ich dann mal noch aus, ob das stimmt.

  6. Avatar von siolita

    es ist eine klei­ne kapi­tu­la­ti­on, weil bere­chen­bar, aber ich mus­ses sagen: die wahr­heit steckt wie beim sand­wich in der mit­te: ich will mei­nen enkeln spä­ter nicht im maha­go­nischau­kel­stuhl sit­zend die spek­ta­ku­lä­re geschich­te erzäh­len, wie ich damals für mein alter vor­ge­sorgt habe, son­dern ich will lie­ber mit ihnen auf der grü­nen wie­se sit­zen und erzäh­len, wie das damals war, mit mit­te zwan­zig allein auf welt­rei­se zu gehen und die kugel mit eige­nen augen zu ent­de­cken.
    ande­rer­seits: das mor­gen kommt so wahn­sin­nig schnell. auf dei­nem blog scheint das heu­te schon mor­gen, wenn ich mir die uhr­zeit der kom­men­ta­re hier so anschaue…cheers, me

    1. Avatar von klys

      ja, mein blog lebt in süd­ost­asi­en.
      und: ein­sei­ti­ge unaus­ge­go­re­ne paro­len rum­zu­po­sau­nen macht erstaun­lich viel freu­de! probier’s ma 😉

  7. Avatar von Philipp
    Philipp

    Haha – ein fro­her Lacher ertönt aus mei­ner Brust!
    Ihr Lebens­geis­ter – wei­chet von mir! Man wird nur reich, wenn man das Geld nicht aus­gibt!!!
    Also spaaaaaa­re ich!!! Ich geb nix mehr aus!!! Ich inves­tie­re in mich sel­ber, ich ver­si­che­re mich, die Lebens­ri­si­ken wie Berufs­un­fä­hig­keit, mein Auto, mei­ne Gesund­heit. Ich lege Monat für Monat mit mei­nen Mit­men­schen etwas bei­sei­te. Und etwas in einen gro­ßen Topf, den Ver­si­che­rungs­topf. Für die­ses und für jenes Risi­ko. Denn ich bin ängst­lich. Und ich tue was dage­gen! Ich lie­be Ver­si­che­run­gen, auch die Rück-Ver­si­che­run­gen, die die Ver­si­che­run­gen ver­si­chern. Ach, ist dat schööön!!! ICh spa­re, ich hams­te­re, ich suh­le mich im rei­chen Deutsch­land, in Ham­burg, der Per­le an der Als­ter, mit sei­nen Mil­lio­nä­ren und sei­nen Dro­gen- und Pen­ner­ske­let­ten. Mmmmh, es ist so schön hier! Ich gebe das Geld nur für Sinn­vol­les aus. Aus­schließ­lich. Alles ande­re kommt mir gar­nicht in die Tüte. Macht doch was ihr wollt (frei nach Shake­speare).
    Ach: Johan­nes: net­ter Bei­trag! Aber zu wenig Phoddos!Zur Sache: Take it easy – komm nach Deutsch­land, es ist herr­lich hier: Nie­sel­re­gen, Arbeit, Sicher­heit, Kom­fort, ein Ses­sel zum Rein­fur­zen usw. Harz4. Alles ist ange­rich­tet. Ich lie­be das Leben!

    1. Avatar von klys

      also auf den furz­ses­sel freu ich mich. ohne scheiß (dafür gibt’s ja ein klo).

  8. Avatar von gerd
    gerd

    Was pinst Du denn rum?! Hast das schöns­te Leben, musst Dich nicht mit den Kun­den die­ser Erde rum­är­gern, hast zuhau­se kei­ne hung­ri­gen Kin­der siebenköpf´ger Schar. Wie kann man da auf Gedan­ken wie Alters­vor­sor­ge kom­men?

    Oder ist Dir etwa Herr Kai­ser über den Weg gelau­fen? Das könn­te sein, den haben sie näm­lich hier in Ren­te geschickt!

    1. Avatar von klys

      hier läuft mir höchs­tens ein könig über den weg… aber wie man auf so gedan­ken kommt? zu wenig ech­te pro­ble­me wahr­schein­lich. 🙂

  9. Avatar von Franzi
    Franzi

    Sparst du schon oder lebst du noch? Hmmm schon komisch, eigent­lich hast du ja recht, aber irgend­wie gerät man dann doch in Panik wenn man ans Alter denkt und dann noch weni­ger hat als man jetzt eh schon hat. Aber mal davon abge­se­hen, als arme Stu­den­tin kann ich mir nicht mal ne Alters­vor­sor­ge leis­ten. Kaum hab ich mein Geld in der Hand, gehts auch schon wie­der raus..da ist an eine Alters­vor­sor­ge gar nicht zu den­ken. Lie­ber rei­se ich… nur was mache ich wenn ich alt bin und noch am Krück­stock arbei­ten gehen muss?

    1. Avatar von klys

      na, ein coo­ler rol­la­tor wird schon drin sein 🙂 das schö­ne ist ja, dass ich auch kein geld zum spa­ren hab – ich geb’s ja nur fröh­lich aus. aber so las­sen sich wun­der­bar pole­mi­sche arti­kel schrei­ben, denn wenn man eh kei­ne wahl hat fällt das wäh­len leicht… 😀

  10. Avatar von Alex der Schwede
    Alex der Schwede

    Ja ich auch hat­te mich um alter­vor­sor­ge gekum­mert aber jetzt es spielt kei­ne Rol­le. Man kann sich nicht uber alles mog­li­ches schutzen…man soll das Leben geniessen…was spa­ter pas­sie­ren wird.…Gott weiss…

    1. Avatar von klys

      aber ich weiss was bald pas­siert… und das ist groß­ar­tig… 😀

  11. Avatar von Anita
    Anita

    Recht has­te!

    1. Avatar von klys

      und du auch!

  12. Avatar von Lule

    Ok über­zeugt. ich bin dann mal weg und löse mei­ne Direkt­ver­si­che­rung auf.

    1. Avatar von klys

      gut, und spen­de die zurück­be­zahl­ten bei­trä­ge dem guten zweck. du hast mei­ne kon­to­ver­bin­dung, ne?

  13. Avatar von Ritschie
    Ritschie

    so isses-
    und das Leben ist zu kurz um immer nur der Ange­stell­te zu sein…

    1. Avatar von klys

      abso­lut! 😀

  14. Avatar von Ralf

    Dan­ke wie erfri­schend!

    Ich fin­de es auch uner­träg­lich absurd dass man sei­ne bes­ten Lebens­jah­re opfern soll in der vagen Hoff­nung dass sich dass lohnt wenn man 70+ ist und wahr­schein­lich eh demenz­krank im Alters­heim sitzt und gera­de in den Nach­rich­ten die nächs­te Wirt­schafts­kri­se ver­folgt; und all sei­ne Träu­me nicht mehr aus­le­ben kann…

    Ich habe das Gefühl im rei­chen Dtl. machen wir uns para­do­xer­wei­se mehr Sor­gen um die Zukunft als vie­le Men­schen in ärme­ren Län­dern die viel mehr Grund dazu hät­ten. Aber statt­des­sen ein­fach sagen »Scheiss­druff« und LEBEN. sich nichts drauf machen und ein­fach LEBEN.

    Wahr­schein­lich gibt es einen Mit­tel­weg…

    1. Avatar von Ralf

      Ergän­zung:

      …oder um es mit den Wor­ten von Hen­ry David Tho­reau zu sagen:

      »This spen­ding of the best part of one’s life ear­ning money in order to enjoy a ques­tionable liber­ty during the least valuable part of it reminds me of the Eng­lish­man who went to India to make a for­tu­ne first, in order that he might return to Eng­land and live the life of a poet.«

      Und fol­gen­dem Kom­men­tar dazu:
      »In other words, live for now. The­re is no gua­ran­tee that you will have the finan­ces or health by reti­re­ment age to do the things that you want to do. This does not mean that we should not prepa­re some for the future, but do not get stuck in the cycle of working to buy things to dis­tract you from working in the first place! «

    2. Avatar von klys

      »Do not get stuck in the cycle of working to buy things to dis­tract you from working in the first place!« find ich gut 😀

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert