Willkommen in King’s Landing!

Ob ich mich an die gro­ße Schlacht erin­ne­re, fragt Sasha, die „Batt­le of the Black­wa­ter“? „Ich weiß nicht“, ant­wor­te ich, wäh­rend er mich durch das Gedrän­ge zu sei­nem Stand lotst, „wird da nicht stän­dig gekämpft?“ Sasha schlägt einen dicken Ord­ner auf und hält mir eine lami­nier­te Sei­te hin. „Das wur­de alles da drü­ben gedreht“, sagt er und streckt den Zei­ge­fin­ger nach rechts aus. Und tat­säch­lich, auf dem etwas dunk­len Sze­nen­fo­to erken­ne ich die hohen Mau­ern und Wege der Alt­stadt, durch die ich in den letz­ten bei­den Tagen mehr­mals gelau­fen bin.

Es geht um Game of Thro­nes, die Serie, die seit ihrem Start 2011 einen Zuschau­er­re­kord nach dem nächs­ten bricht.

Seit Staffel 2 wird Game of Thrones in Dubrovnik gedreht

Wir befin­den uns in Dubrov­nik, unweit vom Pile-Tor, einem von zwei Haupt­ein­gän­gen zum his­to­ri­schen Stadt­kern. Das ist der Ort, der sich regel­mä­ßig in King’s Landing ver­wan­delt, die Haupt­stadt der fik­ti­ven Seven King­doms auf dem fik­ti­ven Kon­ti­nen­ten Wes­teros. Sasha steht hier fast jeden Tag und ver­kauft „Game of Thrones“-Touren an vor­bei­lau­fen­de Tou­ris­ten, ich bin im Begriff, so einen Stadt­rund­gang zu buchen – obwohl ich zu Beginn der zwei­ten Staf­fel aus­ge­stie­gen bin.

Aber Dreh­or­te fin­de ich grund­sätz­lich span­nend, eben­so wie die Mit­tel und Tricks, derer Fil­me­ma­cher sich bedie­nen, um ihre Geschich­ten zu erzäh­len. Noch dazu, ver­si­chert mir der jun­ge, blon­de Mann, erfährt man viel über die Alt­stadt und die Hin­ter­grün­de der Pro­duk­ti­on. Gar kein Pro­blem, dass ich damals nicht wei­ter­ge­guckt habe. „Als ich die Serie zum ers­ten Mal gese­hen habe, war ich unheim­lich stolz auf mei­ne Stadt“ setzt er nach, und ich weiß nicht, wie oft Sasha die­sen Satz jeden Tag sagt, aber er wirkt auf­rich­tig begeis­tert und füllt Sekun­den spä­ter mei­ne Anzah­lungs­quit­tung für mor­gen aus. Uhr­zeit? Gern 17 Uhr. Dann ist es viel­leicht nicht mehr ganz so heiß.

Sechs Per­so­nen ver­sam­meln sich am nächs­ten Tag an der­sel­ben Stel­le um eine schlan­ke, blon­de Frau mit Stroh­hut. Ele­na heißt unser Gui­de. Ob wir uns fit genug füh­len, spä­ter bei die­ser Hit­ze 200 Stu­fen auf eine Fes­tung zu stei­gen? Alle nicken, die Grup­pe setzt sich in Bewe­gung.

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Unser ers­tes Ziel heißt Gradac-Park und liegt etwas abseits der Alt­stadt. „Erst seit der zwei­ten Staf­fel wird Game of Thro­nes in Dubrov­nik gedreht, vor­her auf Mal­ta“, erzählt Ele­na auf dem Weg. Bei der Suche nach einer geeig­ne­ten Kulis­se für King’s Landing sei den Machern ein mög­lichst medi­ter­ra­nes Set­ting wich­tig gewe­sen, eines, mit dem man den Kon­trast zu Win­ter­fell, dem Hand­lungs­ort im hohen Nor­den von Wes­teros, am bes­ten dar­stel­len kann. Hier an Kroa­ti­ens Adria sei­en sie gleich an meh­re­ren Orten fün­dig gewor­den. Nicht nur in Dubrov­nik mit sei­nen Fes­tun­gen und der Alt­stadt mit ihrer bis zu 25 Meter hohen und sechs Meter brei­ten Stadt­mau­er, auch wei­ter nörd­lich in Sibenik und Split wer­de seit der vier­ten Staf­fel gedreht.

Der Ort, an dem King Joffrey starb

Der Gradac-Park ist ein Platz mit einem fla­chen, run­den Brun­nen. Von ihm weg führt eine dicht bewach­se­ne Allee, zur ande­ren Sei­te erstreckt sich eine Art Ter­ras­se mit Balus­tra­de.

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Von hier aus kann man die gan­ze Alt­stadt über­bli­cken. Ele­na deu­tet auf eine Stel­le nahe dem Brun­nen. „Fans wür­den hier gern eine Flag­ge auf­stel­len“, sagt sie und lacht. Hier starb die Hass­fi­gur der Serie, King Joffrey, in den Armen sei­ner Mut­ter, nach­dem er bei sei­ner Hoch­zeit ver­gif­te­ten Wein getrun­ken hat­te. „Die Macher hät­ten kei­nen bes­se­ren Ort dafür fin­den kön­nen.“ An die­ser Stel­le habe man frü­her, als Dubrov­nik noch Haupt­stadt der See­re­pu­blik Ragusa war, für alle gut sicht­bar Ver­rä­ter gehängt.

Die kleine Altstadt sieht in der Serie riesig aus

Unser Gui­de geht ein paar Schrit­te hin­über zur Balus­tra­de. „Das dort in den Mau­ern ist die Alt­stadt. Über­schau­bar, oder?“ Sie schlägt ihren Sze­nen­ord­ner auf und hält uns ein Foto zum Ver­gleich hin. „In der Serie wirkt die Alt­stadt wie eine Mil­lio­nen­me­tro­po­le.“ Tat­säch­lich ähnelt das Foto dem Anblick, der sich uns von hier bie­tet, kaum.

Ele­na klappt den Ord­ner zusam­men, packt ihn mit bei­den Hän­den am unte­ren Ende und wedelt sich damit Luft zu. „Beim Dreh der Hoch­zeits­sze­ne war es auch so heiß wie heu­te. Die Sta­tis­ten haben geschwitzt wie ver­rückt in ihren Kos­tü­men.“ Das kann ich mir gut vor­stel­len. Das schwar­ze Kleid, das ich tra­ge, weil ich spä­ter mit Leu­ten aus mei­nem Hos­tel in einer Bar ver­ab­re­det bin, klebt hart­nä­ckig an mir. Obwohl es inzwi­schen vier­tel vor sechs ist, brennt die Son­ne so stark wie mit­tags. „200 Kunas haben die Kom­par­sen pro Tag bekom­men, das sind nicht mal 30 Euro“, fährt Ele­na fort.

Eine Vier­tel­stun­de spä­ter ste­hen wir auf der Fes­tung Lovri­je­nac gegen­über vom Gradac Park. Zur Lin­ken die ewig glit­zern­de Adria, zur Rech­ten ein U‑förmiger Platz, über dem sich ein Bal­kon erhebt. „Erkennt Ihr’s?“, fragt Ele­na in die Run­de. Die ande­ren nicken. Auch mir kommt die­ser Ort bekannt vor.

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„Das hier ist Red Keep, die Resi­denz des Königs. Genau hier wur­de das Tur­nier zu Ehren von Joffreys Namens­tag aus­ge­tra­gen. Zwei­te Staf­fel, ers­te Fol­ge.“ Ich erin­ne­re mich dun­kel an die Kampf­sze­nen und den betrun­ke­nen Ser Don­tos Hol­lard.

Wir gehen hin­über auf die ande­re Sei­te der Burg. Von hier aus zeigt uns Ele­na den Mince­ta-Turm, der für Game of Thro­nes zum „House of the Undy­ing“, dem „Haus der Unto­ten“, wur­de.

Game of Thrones in Dubrovnik: Heute kommen jüngere Touristen

Viel­mehr aber fas­zi­niert mich der Blick hin­ab: Vor der Alt­stadt liegt eine klei­ne Bucht – in der Serie heißt sie Black­wa­ter Bay. In ihrer Mit­te liegt ein altes Schiff. Ein Knall ist zu hören, Rauch steigt auf. „Da unten wird schon wie­der gedreht“, erklärt unser Gui­de und lacht, als sie unse­re fra­gen­den Gesich­ter blickt. „Nein, nein, nicht Game of Thro­nes, son­dern Knight­fall, eine His­to­ri­en-Serie für den Histo­ry Chan­nel.“

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Seit Game of Thro­nes in Dubrov­nik gedreht wird, zie­he es immer mehr gro­ße Pro­duk­tio­nen in die Stadt in Dal­ma­ti­en. Sze­nen für „Star Wars Epi­so­de 8“ sind hier erst kürz­lich ent­stan­den. Es gebe sogar Gerüch­te, dass Dubrov­nik auch für den nächs­ten James Bond als Kulis­se die­nen wird. 2017 wer­de die „Game of Thrones“-Crew für drei Mona­te zum Fil­men zurück­keh­ren. Und mit ihr Fans aus aller Welt.

„Die Serie hat den Tou­ris­mus hier total ver­än­dert. Seit der drit­ten Staf­fel mer­ken wir das ganz deut­lich“, erzählt Ele­na. „Frü­her hat­te ich fast immer nur alte Leu­te bei mei­nen Stadt­füh­run­gen. Heu­te rei­sen viel mehr jun­ge Leu­te nach Dubrov­nik. Vie­le erzäh­len mir, dass sie nur wegen der Serie nach Kroa­ti­en gekom­men sind.“ Die Freu­de dar­über kann man Ele­na anse­hen.

Durch das Pile-Tor schiebt sich unser Grüpp­chen in die Alt­stadt – so wie täg­lich Aber­tau­sen­de Tou­ris­ten. Ele­na macht uns auf das schwe­re Eisen­tor am Ein­gang auf­merk­sam. „Das wur­de in fünf Jah­ren nur ein­zi­ges Mal ver­schlos­sen – für Game of Thro­nes.“

Drehen trotz tausender Touristen

Hin­ter dem Tor wur­de die Sze­ne gedreht, in der ein wüten­der Mob auf King Joffrey los­geht. „Das war ganz schön chao­tisch. Aus­ge­rech­net an die­sem Dreh­tag hat­ten etli­che Kreuz­fahrt­schif­fe am Hafen ange­legt, die Stadt war noch vol­ler als sonst und alle wol­len in die Alt­stadt“, erzählt Ele­na. Alle vier­zig Minu­ten habe man die Dreh­ar­bei­ten des­halb unter­bro­chen und die War­ten­den durch­ge­las­sen.

IMG_0846 (1)„Außer­dem hat­te man den kroa­ti­schen Sta­tis­ten nur mit­ge­teilt hat, dass sie laut sein und wütend klin­gen sol­len. Also rie­fen vie­le ein­fach Paro­len auf kroa­tisch. Sie for­der­ten zum Bei­spiel, dass der dama­li­ge kroa­ti­sche Minis­ter­prä­si­dent ins Gefäng­nis soll.“ Hören kön­ne man das in der Serie aller­dings nicht.

https://www.youtube.com/watch?v=7RO7uISJ7xM

Unser nächs­ter Stopp ist die Trep­pe der St.-Ignacius-Kirche. Wie eine Minia­tur­aus­ga­be der Spa­ni­schen Trep­pe in Rom sieht sie aus. Als Cers­ei Lan­nis­ters Buß­gang hier gedreht wur­de und ein Dou­ble von Schau­spie­le­rin Lena Hea­dey nackt mit Blut und Dreck beschmiert die Trep­pe her­un­ter­kam, war das Gelän­de weit­räu­mig abge­sperrt. Für den Aus­fall wur­den die Restau­rants rund­her­um ent­schä­digt. Die Betrei­ber wil­lig­ten ein, Still­schwei­gen über den Grund der Schlie­ßung zu wah­ren. „Aber“, sagt Ele­na und grinst, „die Stadt ist klein. Natür­lich wuss­ten trotz­dem alle, was hier los war.“

Von hier aus führt sie uns zu einem Sou­ve­nir­la­den. Davon gibt es inzwi­schen unzäh­li­ge in Dubrov­nik. In die­sem steht ein Nach­bau des „Iron Thro­ne“, in dem wir alle nach­ein­an­der für ein Erin­ne­rungs­fo­to Platz neh­men sol­len. Ange­nehm kühl ist es hier drin. Viel­leicht, den­ke ich beim War­ten auf die ande­ren, viel­leicht schaue ich die Serie ja doch noch ein­mal von vorn.


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Antworten

  1. […] locken das ganz­jäh­rig mil­de Kli­ma und das schier uner­schöpf­li­che Poten­ti­al an spek­ta­ku­lä­ren Kulis­sen berühm­te Fil­me­ma­cher in das ara­bi­sche König­reich. Die Kos­ten für einen Dreh […]

  2. Avatar von Isabell

    Ich lie­be Game of Thro­nes. *-* Aller­dings wuss­te ich bis­her gar nicht, wo gedreht wur­de, aber viel­leicht soll­te ich mal einen Urlaub dahin buchen? Ich fin­de, das liest sich wirk­lich span­nend. Erst mal schaue ich die neue Staf­fel im Well­ness­ho­tel Tirol, man muss sich schließ­lich von den Mas­sa­gen erho­len. ;-P

    1. Avatar von Susanne Helmer

      Lie­be Isa­bell,
      oh, dazu kann ich selbst Nicht-Fans nur raten (wie ich ja auch einer bin). Kroa­ti­en hat mich, auch wenn dort vie­le Tou­ris­ten sind, abso­lut begeis­tert. Emp­feh­len kann ich auch Kor­cu­la, eine wun­der­hüb­sche Insel in der Nähe. Lie­be Grü­ße, gute Rei­se!

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