Wieso nicht auch mal die wenig befahrene Straße trampen?

Ich ste­he mit dem Hol­län­der an der Rezep­ti­on und unter­hal­te mich mit ihm über mei­ne Rou­te. Wir waren zwei Ahnungs­lo­se, die aber bei­de eine Mei­nung hat­ten. »Ja, nor­ma­ler­wei­se fährt man eine ande­re Rou­te. Dei­ne Stras­se geht mit­ten durch die länd­li­che Gegend.« »Da ist wahr­schein­lich wenig Ver­kehr.« »Ja, aber ist bestimmt schön da.« Schön wars. War viel­leicht auch gut, dass ich nicht wuss­te, was da auf mich zukommt.

Rou­te klar. Ich lau­fe los. Kau­fe mir hier und da noch Klei­nig­kei­ten zu Essen. Selbst in Städ­ten ver­zich­te ich mitt­ler­wei­le kom­plett auf den Bezahl­ver­kerhr. Inner­halb von 30–60 Minu­ten bin ich noch aus jedem Stadt­zen­trum in eine tramp­ba­re Gegend gekom­men. Auf der Stras­se Rich­tung Flug­ha­fen tram­pe ich also los. Unzäh­li­ge Taxis fah­ren an mir vor­bei. Mein ers­ter Lift soll­te ein VW-Käfer sein. Sau­ber restau­riert. Net­ter Kerl, Lift bis zum Flug­ha­fen. Dort hat­te ich dann einen Klein­last­wa­gen, der mich bis zur Stras­se nach Rave­lo gebracht hat. Per­fekt. Stadt hin­ter mir. Gesuch­te Stras­se vor mir.

Ich hät­te schon etwas miss­trau­isch wer­den sol­len an der Kreu­zung. Links abbie­gend von der Haupt­stras­se folg­te eine klei­ne Stras­se, die durch den Stras­sen­gra­ben zu pas­sie­ren war und mehr aus­sah, wie eine Ein­fahrt zu einem ille­ga­len Haus. Sicher­heits­hal­ber noch­mal eine Frau am Weges­rand gefragt, ob dies der Weg nach Rave­lo ist. »Si. Si.« und dann mein­te sie noch irgend­was von mehr Ver­kehr wei­ter hin­ten oder so. Da war ich aber schon auf dem Weg.

Die Haupt­kreu­zung war kom­plett gesperrt, wie ich nach eini­gen Metern sah und die­se Staub­pis­te anschei­nend die ille­ga­le Umge­hung. Hab mir nichts dabei gedacht und bin los­ge­lau­fen. Erst­mal war da kein Ver­kehr. Nach eini­ger Zeit kam ein Motor­rad, mit dem ich mei­nen ers­ten Lift hat­te. Nach einer vier­tel Stun­de folg­te ein Klein­last­wa­gen der mich 20 Minu­ten wei­ter brach­te. Er fuhr in ein klei­nes Kaff was fern­ab der Haupt­stras­se lag und laut KLar­te nur durch eine sehr »klei­ne« Stras­se zu errei­chen war. Ich hat­te so eine böse Ahnung, dass ich genau auf die­ser Stras­se gelan­det bin.

Straße Bolivien

Erst­mal wie­der lau­fen. Schön hier. Nach 27 Minu­ten krie­ge ich einen Mit­leids­lift mit einem Taxi für 2km. Ich lau­fe wei­ter und kom­me zu einer Brü­cke, die gera­de gebaut wird. Alter­na­tiv­weg führt durch den Fluss. So soll­te es die nächs­ten Tage öfter sein. Berg hoch, Berg ab, durch Fluss und wie­der Berg hoch. Berg hoch muss­te ich eben­falls lau­fen, nach­dem ich die Bau­stel­le pas­siert hat­te. Und dann kam erstmal.…nichts. Nach einer Stun­de der nächs­te Mit­leids­lift mit einem Zement LKW für wei­te­re 2 km. Ich durf­te außen am LKW ste­hen, direkt neben dem Trich­ter, wo der Zement ein­ge­füllt wird. Sah mich da schon rein­fal­len, wie die Hexe in den Ofen bei Hän­sel & Gre­tel. Die Aus­sicht war aller­dings präch­tig.

Gut gelaunt lief ich anschlie­ßend wei­ter ent­lang der Stra­ße. Ver­kehr Man­gel­wa­re. Ein Kran­ken­wa­gen kommt ange­braust, ich hal­te mei­ne Hand raus und er stoppt. Yeah, mein ers­te Kran­ken­wa­gen­lift. Ich durf­te hin­ten rein, wo sonst die Pati­en­ten sind. Da war eine Bank, eine Prit­sche und sonst nichts. Sim­pel aus­ge­stat­tet. Fuhr bis zu einem Kaff kurz vor Ravel­lo. Ich lief wie­der wei­ter auf der schö­nen geteer­ten Stras­se und so lang­sam mach­te sich der Ver­dacht breit, dass ich viel­leicht doch die gan­ze Zeit auf der Haupt­ver­kehrs­stras­se bin und da ein­fach kein Ver­kehr ist. So wars wohl auch. Das ers­te Auto was kam, nahm mich nach Rave­lo mit.

Da war ich nun am ers­ten Check­point. Die Son­ne war schon am unter­ge­hen. Immer­hin die ers­ten 50km geschafft nach sie­ben Stun­den. Nur noch 850km vor mir. Ich ahn­te schon, dass ich das wohl nicht an einem Tag machen wer­de. Hin­ter Rave­lo hör­te dann auch die geteer­te Stras­se auf und es folg­te Staub­pis­te. Mit Stei­nen. Und Flüs­sen. Ab und zu Lamas oder Schaf­her­den. Boli­via­ni­sches Hoch­land.

Im Son­nen­un­ter­gang wink­te ich den ers­ten Last­wa­gen raus. Schnell auf die Lade­flä­che geklet­tert. Dort war reger Betrieb. Acht Leu­te und ein Schwein (schwarz und bors­tig). Hal­lo. Die Sau schnup­per­te sofort inter­es­siert an mei­nem Schuh. Sie war am Hin­ter­bein in der Ecke fest­ge­bun­den. Der Rest der Rei­se­ge­sell­schaft befand sich am ande­ren Ende der Lade­flä­che. Freund­li­che ver­su­che der Schwei­nes Kon­takt mit den ande­ren auf­zu­neh­men, wur­den mit Schlä­gen auf den Kopf quit­tiert. Das gefiel ihr gar­nicht und frus­triert schmiss sie immer wie­der Schau­feln oder Stahl­trä­ger mit ihrer Schnaut­ze hin und her. Unter ande­rem gegen mein Bein.

Schwein transport

Es wur­de dun­kel. Irgend­wie schaff­te es das Schwein, sich aus sei­ner Gefan­gen­schaft zu lösen und erwei­ter­te ihren Bewe­gungs­ra­di­us auf die gesam­te Lade­flä­che. Sehr zu mei­ner Belus­ti­gung und zum Ärger der Ande­ren. Immer wie­der Kon­takt­ge­su­che, immer wie­der Zurück­wei­sung. Armes Schwein. Nach­dem wir die meis­ten Leu­te aus­ge­la­den hat­ten, war ich allei­ne mit einem Pär­chen, wel­ches sich unter einer Decke in der Ecke der Lade­flä­che kuschel­te und: Dem Schwein. Das Schwein kam immer wie­der schnup­pernd, grun­zend und zuneh­mend pene­trant Rich­tung Decke und der Kol­le­ge unter der Decke war nicht sehr geschickt im abwei­sen. Über uns war glas­kla­rer Ster­nen­him­mel und Sichel­mond. Wie roman­tisch. Die Lie­ben­den, das Schwein und die­ses Pan­ora­ma.

Nach zwei Stun­den wacke­li­ger Fahrt war Ende. »Otro lado.«, ande­re Rich­tung. Der Fah­rer frag­te mich nach Geld. Ver­ste­he, war wohl so etwas wie ein local Taxi. Ich gab ihm umge­rech­net 1,10€. Ich tram­pe zwar, das ist umsonst, aber ich will auch nicht unhöf­lich sein. Da an dem Tag so ziem­lich alles ange­hal­ten hat­te, was an mir vor­bei­ge­fah­ren ist, war ich recht zuver­sicht­lich in der Dun­kel­heit wei­ter zu kom­men. Es war auch erst gegen acht. Also lief ich wei­ter ins nächs­te Dorf. Am Orts­en­de mach­te ich die ers­te Pau­se. Ich war irgend­wo zwi­schen 3500 und 4000 Metern und der sach­te Auf­stieg mach­te mir zu schaf­fen. Ich sah ein Auto den zurück­lie­gen­den Berg run­ter­kom­men. Mein nächs­ter Lift. Soll­te in 10 Minu­ten an mei­ner Posi­ti­on sein.

Ich war bereit wei­ter­zu­fah­ren. Auto kommt um die Kur­ve, Hand­zei­chen und.….es fährt vor­bei. Was war da los. Seit dem Taxi-Lift zur kaput­ten Brü­cke ist kein Auto mehr an mir vor­bei­ge­fah­ren. Ich dach­te hier hält alles an? Ich war ent­was ent­täuscht und lief wei­ter. Lau­fen, hin­set­zen, Ster­ne schau­en, laufen…usw. Mei­ne Nacht­be­schäf­ti­gung. Ein zwei­tes Auto kam…auch das hielt nicht an. Ein Drit­tes hält zwar, aber nimmt mich nicht mit. Das war dann auch schon der gan­ze Ver­kehr, der letz­ten 3,5 Stun­den. 3,5 Stun­den schon am lau­fen. Es wird lang­sam kalt und ich weiss genau, die­se Nacht lohnt sich nicht zum tram­pen. Ich war mit­ler­wei­le sicher über 4000m und es wur­de kalt.

Hin­ter mir waren ein paar Lehm­hüt­ten von boli­via­ni­schen Bau­ern. Eine Taschen­lam­pe leuch­tet auf. Mei­ne Chan­ce. Ich leuch­te zurück. Kei­ne Reak­ti­on. Ich leuch­te pene­trant zurück. Nada. Das ist mei­ne ein­zi­ge Chan­ce heu­te noch zu schla­fen (ohne einen Men­schen auf­zu­we­cken, was mir maxi­mal unan­ge­nehm gewe­sen wäre). Also lau­fe ich los rich­tung Haus. Ich nähe­re mich vor­sich­tig. Kei­ne Lebens­zei­chen. Ver­su­che zu erah­nen, wo der Ein­gang ist.

Plötz­lich bewegt sich etwas. Der boli­via­ni­sche Bau­er traut sich aus sei­nem Schüt­zen­gra­ben und kommt auf mich zuge­stapft. Er hat­te sich vor sein Haus auf die Lau­er gelegt und mich die gan­ze Zeit aus einem klei­nen Gra­ben beob­ach­tet. Sei­nen etwas agres­siv-ver­tei­di­gend wir­ken­den Auf­tritt lächel­te ich gekonnt weg. Der Bau­er hat­te die Backen vol­ler Koka, sei­ne Zäh­ne schim­mer­ten bedroh­lich schwarz und er war unge­fähr zwei Köp­fe klei­ner als ich. Er rede­te mit mir, ich ver­stand kein Wort, erklär­te ihm, dass ich nicht draus­sen schla­fen kann und ob er etwas Platz hat…er verstand…Vamos.

Er wohn­te mit sei­ner Fami­lie in fens­ter­lo­sen Lehm­hüt­ten. Die Fami­lie soll­te auch sogleich kol­lek­tiv auf­ge­weckt wer­den. Ich ver­stand nicht so recht war­um. Aber er stand mit­ten im Schlaf­raum und brüllt sei­nen Sohn an. Der zeig­te sich äus­serst resis­tent und schlief ein­fach wei­ter. Bau­er schreit wei­ter, ich ver­su­che zu schlich­ten und erklä­re ihm, dass ich nur einen klei­nen Platz auf dem Boden brau­che. Dach­te der schmeißt sei­nen Sohn aus dem Bett und ich sol­le dann dar­in schla­fen.

Nach wei­te­ren Ver­su­chen des auf­we­ckens, bewe­gen wir uns in den Neben­raum. Dort steht noch ein zuge­rüm­pel­tes Bett. Per­fekt. Ich räu­me eine Sei­te frei und krie­ge noch ein paar Decken für mei­nen dün­nen Schlaf­sack. Ich hat­te eine Fla­sche Was­ser dabei. Irgend­wie wur­de ich oft auf das Was­ser ange­spro­chen und ver­stand nie war­um. Auch hier, dies­mal frag­te er mich, ob er einen Schluck haben kann. Klar, kann ich nicht abschla­gen. Als ich danach an der Fla­sche nip­pe, wer­den mei­ne Lip­pen sofort taub. Er hat­te auf jeden­fall ne ordent­lich Spur Koka hin­ter­las­sen.

Als ich schon halb im Schlaf­sack lie­ge, kommt mein boli­via­ni­scher Bau­ers­freund noch­mal zum Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­such vor­bei, schob mei­nen Schlaf­sack zur Sei­te und setz­te sich in väter­li­cher Art auf mein Bett. Ich ver­stand nicht so rich­tig was er woll­te. Doku­men­te, Sicher­heit, er gab mir sei­nen Pass, ich rück­te mei­nen Füh­rer­schein raus. Ich wuss­te nicht so ganz was los war und behielt mei­nen Rei­se­pass lie­ber für mich. Aber er woll­te den Füh­rer­schein nur sei­nem Sohn zei­gen. Hab nicht so rich­tig ver­stan­den wie­so. Wahr­schein­lich um noch­mal einen Grund zu haben, den Soh­ne zu wecken. Dann war aber Schla­fens­zeit in mei­ner fens­ter­lo­sen Lehm­hüt­te.

So ganz getraut habe ich der gan­zen Situa­ti­on nicht. Die ers­ten Ein­drü­cke aus der Situa­ti­on mit dem Gra­ben vor dem Haus waren zu sehr prä­sent. Die Koka­ba­cke, die schwar­zen Zäh­ne und der miss­traui­sche Mann.

Traum 1: Ich wache auf in mei­nem Bett irgend­wo in Deutsch­land. Freun­de kom­men zu mir und Fra­gen mich, was ich hier mache. Ich habe mei­nen Tram­per­an­zug an. Aber wo ist mein Ruck­sack? Fuck, mein Ruck­sack? Die­se boli­via­ni­sche Bau­ers­fa­mi­lie muss mich mit einem Trans­por­ter in die­sen Park gebracht haben und hat mei­nen Ruck­sack geklaut! Wir begin­nen umge­hend mit der Suche.

Traum 2: Ich sit­ze in mei­nem Lehm­hüt­ten­zim­mer und spie­le Com­pu­ter. Auf mei­nem Bett turnt ein klei­nes, schwar­zes und bors­ti­ges Schwein her­um. Es ist ziem­lich frech und ärgert mich, wo es nur kann.

Zum Mor­gen­grau­en öff­net sich die Tür. Der Bau­er kommt rein und steckt sein Han­dy in die Steck­do­se. Es ist hell, aber noch kei­ne Son­ne da. Die käl­tes­te Zeit des Tages. Ich beschlie­ße noch etwas in mei­nem Schlaf­sack zu blei­ben. Das Han­dy ist alt und ich wer­de gefragt, ob ich etwas auf dem kaput­ten Dis­play sehe. Mei­ne tech­nisch ver­sier­ten Augen stel­len wohl das­sel­be fest, wie der Bau­ers­mann. Näm­lich das dort nichts zu sehen ist.

Nach einer Zeit schaut er mal wie­der rein und lässt die Tür offen ste­hen. Wohl ein Zei­chen, dass es nun an der Zeit ist zu gehen. Ich ler­ne noch alle drei Kin­der ken­nen, die Frau hängt wäsche auf. Früh­stück brauch ich keins. Lau­fe los und mein neu­er Freund beglei­tet mich noch ein Stück. Ein fri­scher Mor­gen im boli­via­ni­schen Hoch­land. Die Son­ne ist gera­de auf­ge­gan­gen, auf der Stra­ße sind die ers­ten Men­schen. Es war ein schö­ner Mor­gen­spa­zier­gang.

Bauer Hochland

Ver­kehr gibt’s auch, aller­dings nur in die fal­sche Rich­tung. Ein paar Last­wa­gen, einer davon rauscht so schnell an mir vor­bei, dass ich mich vor der ankom­men­den Staub­wol­ke ver­ste­cken muss. Unmög­lich schnell. Im ers­ten Dorf schei­nen sich die Nach­barn ver­sam­melt zu haben. Ach wie schön, den­ke ich. Sowas gibt’s in Deutsch­land ja nicht mehr. Alle ste­hen zusam­men auf der Stra­ße und reden. Ich nähe­re mich. „Bue­nes dias.“ „Bue­nes dias.“ „GRINGO!“, brüllt eine der Nach­ba­rin­nen, als sie gera­de aus dem Haus kommt. Hän­de wer­den geschüt­telt. Auf der Stra­ße lie­gen zwei Hüh­ner. Jetzt mer­ke ich erst, dass die wohl gera­de unter die Räder gekom­men sind und die Nach­bar­schaft berat­schlagt, was zu tun ist. Ob ich nicht ein Huhn woll­te, ich bin doch Grin­go und habe Geld. Ne, dan­ke.

Ich lau­fe ins Dorf, kau­fe dort ein Brot mit fri­tier­ten Kar­tof­feln und Spie­gelei. Gutes Früh­stück für 40 Cent. Der ers­te LKW der kommt hält an. Viva Boli­via. Bis nach Oruri, der zwei­ten von vier Städ­ten auf mei­nem Weg. Da ist auch reger Betrieb. Die Land­schaft ist wun­der­schön. Ich lau­fe wie­der los. Nach eini­g­er­zeit stop­pe ich das ers­te Gefährt, was vor­bei­kommt. Ein Bag­ger. Mein ers­ter Bag­ger­lift. 25 Minu­ten ste­he ich an der Sei­te und wir fah­ren durch das hüge­li­ge Hoch­land.

Danach hält wie­der der ers­te Truck an. Hin­ten drauf ne Men­ge Zie­geln, eine Ton­ne mit unge­wis­sem Inhalt und 3 ande­ren Kol­le­gas. Wir stop­pen an einer Bau­stel­le. Fah­rer steigt aus und geht mit dem Bau­lei­ter. Anschei­nend soll es hier erst in zwei Stun­den wei­ter­ge­hen. Da sind anschei­nend 5 wirk­lich gro­ße Bag­ger und Rau­pen am Werk und schie­ben den Berg weg. Boli­via­ni­sche Stra­ßen sind sowie­so für den nächs­ten Erd­rutsch gebaut. Irgend­wie geht’s dann aber doch nach 10 Minu­ten wei­ter. Danach habe ich noch einen 1.Auto/LKW Lift und kom­me bis nach Macha.

Zeit zum Mit­tag­essen. Auf dem Weg aus der Stadt gera­te ich in eine Fei­er. Drei fröh­li­che Gita­riss­ten for­dern mich zum tan­zen auf. Rings­her­um sit­zen alte Leu­te mit Fäs­sern vol­ler selbst­ge­mach­tem Alko­hol und freu­en sich über den tan­zen­den Grin­go und das Spek­ta­kel. Danach ging alles ganz schnell. Ich krie­ge einen Becher Bier gereicht. Trin­ke das. Danach einen Becher Tum­ba (irgend­ei­ne ver­go­re­ne Frucht) und als ich das am trin­ken war, stand auch schon der nächs­te mit sei­nem selbst­ge­mach­ten Wein parat. Alko­hol­mix zum Mit­tag. In der ande­ren Hand hat­te ich noch mein Alfa­jor, was ich noch nicht ganz auf­ge­ges­sen hat­te. Nach der klei­nen Fies­ta war ich etwas ange­schwippst und lief wei­ter mei­ne Stra­ße ent­lang. Ein Pick-Up hält. Zum fünf­ten mal hin­ter­ein­an­der, dass mich das ers­te vor­bei­kom­men­de Auto mit­nimmt. Ich lie­be die­se Gegend!

Ein LKW ließ mich ste­hen, mei­ne Gewinn­sträh­ne ward vor­über. Ein paar Käf­fer wei­ter lan­de­te ich auf der Lade­flä­che eines Gemüse-LKW´s. Kopf­schmer­zen von der Höhe, dem Alko­hol und dem stän­di­gen hin und her­ge­wor­fen wer­den. Der Fah­rer fuhr wie die Höl­le. Die Land­schaft wan­del­te sich vom Hoch­land, zur Schlucht und wir kamen zu ers­ten bebau­ten Stra­ßen­ab­schnit­ten seit 1,5 Tagen. Zivi­li­sa­ti­on. Viel­leicht schaf­fe ich doch die ers­te Etap­pe nach Oruro, wo sich die gro­ße Auto­bahn nach La Paz anschließt.

Bergstraße Bolivien

Ich lif­te mit einem Bau­stel­len Pick-Up. Die Jungs sind gut drauf, die Lade­flä­che ist total ölver­schmiert. Ich ver­saue mir erst­mal mein Hosen­bein. Bein Ruck­sack wird sich schön voll­schmie­ren mit den öli­gen Dreck­klum­pen. Defi­ni­tiv eine Num­mer schlim­mer als der stän­di­ge Staub und die sons­ti­gen Lade­flä­chen­über­ra­schun­gen. Wir fah­ren end­lich auf geteer­ter Stra­ße, oder bes­ser gesagt auf einer 50km lan­gen Bau­stel­le, die eine schö­ne neue Stra­ße durch die Schlucht pflügt. Die Jungs schei­nen auch jeden zu ken­nen. Leu­te in eror­bi­tant gro­ßen Bag­gern grü­ßen uns. Ein­mal hal­ten wir an, weil eine Rau­pe ziem­lich viel Öl aus ihren hydrau­li­schen Gelen­ken ver­liert. Kur­zer Small­talk, ein ver­zwei­fel­ter Hil­fe­ge­such, die Jungs lachen und fah­ren wei­ter.

Gegen 18:25 Uhr lan­de ich in einer klei­nen Berg­ar­bei­ter­stadt vor Oruro. Die Stadt sieht aus wie eine ein­zig rie­si­ge Stahl­hüt­te. Wie gemacht von klei­nen Zwer­gen, die Tag­ein Tag­aus im Berg arbei­ten, oder irgend­wel­che Metal­le gies­sen. Von den Minen­schäch­ten erstre­cken sich Well­blech­dä­cher bis zu Fluß hin­ab. Was genau dar­un­ter pas­siert bleibt zu erah­nen. Sah aber nach Berg­bau aus. Dazwi­schen eini­ge Häu­ser. Alles grau und ver­staubt. Viel­leicht lag es am Son­nen­un­ter­gang, aber der Ort hat­te eine beson­de­re Magie.

Es war dun­kel. Es wur­de kalt. Ich hat­te Kopf­schmer­zen und war müde. „Zeit für einen Bus.“, flüs­ter­te die Ver­nunft. Aber so kurz vor dem Ziel auf­ge­ben war doch irgend­wie nicht Sinn der Sache. Ich wer­de lang­sam weich. Aber das heißt ja nicht, dass ich jedem Impuls nach­ge­ben muss. Nacht­tram­pen also. Ich pos­tier­te mich instink­tiv hin­ter die Tank­stel­le am Orts­en­de und war­te­te an der Aus­fahrt auf Autos, die gera­de los­fah­ren. Das funk­tio­nier­te. Nach 5–10 Minu­ten kam das ers­te Auto von der Tank­stel­le in mei­ne Rich­tung und lud mich ein. Lift nach Oruro. Geschafft. Hotel und Essen als Beloh­nung.

Auf dem Weg hiel­ten wir noch an einer Poli­zei­kon­trol­le und luden drei Jungs tram­pen­de Jungs ein. Kei­ne Chan­ce zum abwei­sen. Die schau­en ins Auto, fra­gen wohin und schwups waren sie drin. Am Bahn­hof in Oruro haben sie mei­nem Fah­rer dann jeweils 60 Cent gege­ben. Als sie raus waren, hab ich gefragt wie­viel er möch­te. Er mein­te es sei okay, hat mir noch ein paar bil­li­ge Hotels emp­foh­len und mich ver­ab­schie­det.

Ange­kom­men. End­lich Zeit zum ent­span­nen. Hotel Ein­zel­zim­mer für 3,50€, Abend­essen für 1,10€ (mit Sup­pe) und eine hei­ße Dusche, die ich ca. 30 Minu­ten bean­sprucht habe und wäh­rend­des­sen mei­ne ver­staub­ten Sachen gewa­schen habe. Zeit zum Schla­fen. Am nächs­ten Tag soll­te es wei­ter gehen Rich­tung Coroi­co, der Stadt am Anfang der Death Road. Goog­le Maps emp­fiehlt die süd­li­che Rou­te über La Paz zu fah­ren. Ich woll­te aller­dings von Nor­den kom­men und nach Süden wei­ter­fah­ren. Über die klei­nen Stra­ßen, anstatt über die Auto­bahn. Naja. Kann ja nicht schlim­mer wer­den, als die 300km hin­ter mir. Ich war immer­noch ein Ahnungs­lo­ser.…

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Antworten

  1. Avatar von Chris

    Du beschreibst das alles so ver­dammt packend! Sogar das arme Schwein hast du wit­zig unter­ge­bracht. Ich wür­de gern von dei­nen Tramp Skills ler­nen! Bei dir liest sich das so easy aber in der Rea­li­tät kann man manch­mal ver­zwei­feln. Wahr­schein­lich ist der bes­te Weg es ein­fach durch­zu­zie­hen, so wie du es tust!

    1. Avatar von Stefan

      Hey Chris,

      Also manch­mal ist es wirk­lich nicht leicht auf der Stras­se, aber da ich ja schon genug posi­ti­ve erfah­run­gen gesam­melt, um sou­ve­raen durch die­se Tae­ler zu gehen und auf die naechs­te Ueber­ra­schung zu war­ten. 🙂

      Grues­se aus Chi­na,

      Ste­fan

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