Treasure Island

Es gibt eine Traum­in­sel bei Mada­gas­kar: Nosy Nato unweit von Sain­te Marie.

Der kräf­ti­ge Süd­wind kam uns gele­gen, und so glitt das Schiff mit vol­len Segeln mun­ter über die Wel­len. Hat­ten wir – noch im Hafen von Toama­si­na lie­gend – kräf­tig Pro­vi­ant gekauft, eine Kis­te voll Bana­nen, eine wei­te­re mit gro­ßen Ana­nas und der­glei­chen, so wür­den doch die Vor­rä­te nicht mehr lan­ge rei­chen. Ja, Fisch gab es im Was­ser genug, doch der Reis war bereits bis auf das letz­te Körn­chen ver­speist.

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Umso mehr freu­te ich mich, als in der Fer­ne die Kon­tu­ren einer Insel sicht­bar wur­den. Dies muss­te sie sein, die Pira­ten­in­sel, ihr Schlupf­win­kel – der Ort, wo eini­ge ihrer Größ­ten ihre Schät­ze ver­bor­gen hat­ten: Tre­asu­re Island.

Etwa fünf­zig Mei­len dürf­te sie lang sein, doch recht schmal, an der brei­tes­ten Stel­le viel­leicht fünf Mei­len, schätz­te ich anhand der Kar­te. Bora­ha wur­de sie von den Ein­ge­bo­re­nen genannt, die Erobe­rer hat­ten sie jedoch der hei­li­gen Mut­ter Got­tes gewid­met. An ihrem süd­li­chen Ende war eine wei­te­re Insel ver­zeich­net, viel klei­ner, viel­leicht ein­ein­halb mal zwei Mei­len groß.

Hier woll­ten wir hin, an die­sen abge­le­ge­nen Fle­cken, um unser Glück zu fin­den.

Die Mann­schaft hieb fröh­lich die Ruder in die Wel­len, und als­bald krat­ze Sand unterm Kiel des Ein­baums. Oh, und wie gut ich mir jetzt vor­stel­len konn­te, wie die Pira­ten der alten Zeit sich ins Fäust­chen lach­ten, wenn sie zurück an die grau­feuch­ten Win­ter von Paris oder Lon­don dach­ten… Nein: Hier war das Leben durch­aus viel ange­neh­mer.

Ein wei­ßer Strand umgab die klei­ne Insel rings­her­um, tief­hän­gen­de Kokos­pal­men beug­ten sich dar­über und eini­ge Hüt­ten, nur weni­ge Meter vom Meer ent­fernt, dien­ten als beque­mer Unter­schlupf. Auch so man­ches Fass güns­ti­ger Rum stand bereit, ange­setzt mit aller­lei exo­ti­schen Gewür­zen.

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Der Indi­sche Oze­an hat­te sich hier, wie nur an sehr weni­gen Stel­len der Ost­küs­te Mada­gas­kars, sei­ne Wild­heit zäh­men las­sen; ein klei­nes Riff umgab die Insel in eini­ger Ent­fer­nung wie einen Gür­tel und hielt die ärgs­ten Wel­len und – vor allem – die hung­ri­gen Haie auf Abstand.

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Ohne Zeit zu ver­lie­ren stapf­ten wir los, um das Inne­re die­ser Insel zu erkun­den. Zahl­lo­se Tram­pel­pfa­de führ­ten durch fla­che, offe­ne Pal­men­hai­ne und klei­ne Fel­der. Auch Reis wur­de ange­baut, wie ich an den klei­nen Par­zel­len erkann­te. Ande­re Pflan­zen waren mir voll­kom­men unbe­kannt. Außer eif­ri­gem Vogel­zwit­schern waren ein paar streu­nen­de Hun­de das ein­zi­ge, was ich an Tie­ren ent­de­cken konn­te – nicht gerech­net die Hüh­ner, die wohl an jedem Ende der Erde ihr küm­mer­li­ches Aus­kom­men fin­den.

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Die Schatz­kar­te, die auf solch unglaub­li­chem Wege in unse­ren Besitz gekom­men war, schien mir jetzt völ­lig nutz­los, denn das mit kräf­ti­gem Strich gezeich­ne­te „X“ war über die gesam­te Insel gemalt. Auch waren kei­ne wei­te­ren Anga­ben zum Stand­ort notiert – was mich, ein­mal hier ange­kom­men, nicht mehr wei­ter irri­tier­te.

Zu schön war es hier; eine solch fried­li­che Abge­schie­den­heit hat­te ich noch nie­mals gese­hen.

Hier, so fiel es mir wie Schup­pen von den Augen, brauch­te man kei­nen Gold­schatz. Die­se Insel, so fern dem rast­lo­sen Trei­ben Euro­pas nach Gold und Macht, war mehr wert als das, was die toll­kühns­ten Frei­beu­ter je hät­ten zusam­men­raf­fen kön­nen…

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Antworten

  1. […] Tre­asu­re Island von rei­se­de­pe­schen […]

  2. Avatar von Tobi
    Tobi

    Irgend­wo her ken­ne ich die Fla­schen mit den net­ten Auf­pi­ckerln 🙂
    Rhum arran­gé mit Vanil­le oder Ana­nas – .….….….….…..
    Mada­gas­kar ist sowie­so sehr unglaub­lich inten­siv – aber die­ses Stück­chen Erde – ab und zu träu­me ich nach den 13 Jah­ren immer noch unver­mit­telt davon.
    Ein paar Kilo­me­ter wei­ter – früh­mor­gens im Nebel der Pira­ten­fried­hof auf der Sumpf­wie­se – .….…..
    (.….….… es feh­len einem wirk­lich die Wor­te)
    Gra­tu­lie­re zu dem »Fund«.

    1. Avatar von Johannes Klaus

      Fan­tas­tisch, nicht wahr, Tobi?

  3. […] Rho­ne-Alpes, Unter­was­ser Post­kar­ten aus Thai­land,  24 Stun­den Wan­de­run­gen in Süd­ti­rol und ech­ten Schatz­in­seln bei Mada­gas­kar war alles […]

  4. Avatar von markus

    johan­nes ver­ne.

  5. Avatar von Conny Lomoherz

    Was für ein Traum, ich mei­ne, Schatz!

    1. Avatar von Johannes Klaus

      Ja, ich hab auch das Grin­sen nicht mehr aus dem Gesicht bekom­men 🙂

  6. Avatar von Imam
    Imam

    Wow!!! Ist das Wirk­lich­keit oder träu­me Ich.…?! Hin­rei­ßend!!! Da könn­te ich zum Ein­sied­ler wer­den!!

    1. Avatar von Johannes Klaus

      🙂 ein paar Leu­te sind ein­fach da geblie­ben… nicht die übels­te Idee!

  7. Avatar von Nina

    Irgend­wie hat­te ich beim lesen die gan­ze Zeit »Tro­pi­cal Island« von Adam Green im Ohr.
    Sieht wirk­lich wun­der­voll aus!

    1. Avatar von Johannes Klaus

      Ein guter Sound­track…

    2. Avatar von Artisimo

      Und bei mir klang noch der Track von Yasha – Strand nach!

  8. Avatar von itav
    itav

    Herr­li­che Bil­der, zum Träu­men schön. HAST dU ES SCHÖN; SO ETWAS ZU ERLEBN11 itav

    1. Avatar von Johannes Klaus

      jA111 fIND iCH AUCH nICHT üBEL1 😉

  9. Avatar von Lea

    Sehr schön! Bist du sicher, dass die Insel Bora­ha heißt und nicht Koh Joni­le? 🙂

    1. Avatar von Johannes Klaus

      Jetzt wo du es sagst werd ich unsi­cher… 😀

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