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Alle sind gleich, aber man­che sind gleicher

In Hebron sind ein paar Tau­send Sol­da­ten sta­tio­niert, um einige hun­dert Ein­woh­ner zu schüt­zen – das ist die erste Info, die wir bekom­men. Auch in den Zei­tun­gen wird Hebron regel­mä­ßig als das Haupt­quar­tier der Hamas im West­jor­dan­land genannt. Dann muss es ja wirk­lich gefähr­lich dort sein, denkt man sich. 

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Irgend­eine Begrün­dung braucht es ja auch für die­ses Zah­len­ver­hält­nis – über­haupt für die Sta­tio­nie­rung von israe­li­schen Sol­da­ten in einer Stadt, die nicht auf israe­li­schem Staats­ter­rain liegt, son­dern mit­ten im Westjordanland.

Die Sol­da­ten schüt­zen übri­gens die jüdi­schen Sied­ler, die sich dort seit den 60er Jah­ren nie­der­las­sen. Mitt­ler­weile ist die wun­der­schöne Alt­stadt fast voll­stän­dig eine jüdi­sche Enklave, stark bewacht von den Sol­da­ten und zugangs­be­schränk­tes Gebiet. Die paläs­ti­nen­si­schen Ein­woh­ner haben kei­nen Zutritt.

Die Situa­tion vor Ort ist maka­ber. Wir dür­fen zwar alle Berei­che der Stadt besu­chen, füh­len uns aber nicht rich­tig wohl bei dem Gedan­ken, dass dies den Ein­hei­mi­schen ver­wehrt ist.

Wir spa­zie­ren durch die Gas­sen des Basars, unser Blick schweift nach oben. Ein Draht­ge­flecht zieht sich über unse­ren Köp­fen hin­weg. Einige paläs­ti­nen­si­sche Kauf­manns­häu­ser sind von jüdi­schen Sied­lern okku­piert wor­den, bei ande­ren haben sie ein zwei­tes Haus oben drauf gebaut.

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Der Maschen­draht­zaun über uns dient dem Schutz der Pas­san­ten im Basar. Von oben wur­den immer wie­der grö­ßere Gegen­stände gewor­fen; jetzt nur noch Fäka­lien, die lässt der Zaun noch durch.

Ich bin scho­ckiert. Schwei­gend gehen wir weiter.

Es fol­gen meh­rere Mili­tär­pos­ten. Ich werde nach mei­ner Reli­gion gefragt, ant­worte christ­lich, darf passieren.

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Wir nähern uns der Mach­pela, den Grä­bern der Patri­ar­chen, in denen Abra­ham, Jakob, Isaak und ihre Frauen begra­ben lie­gen. Für beide Reli­gio­nen, Islam und Juden­tum ist dies eine der wich­tigs­ten reli­giö­sen Stät­ten und Ursa­che für den Kon­flikt in Hebron.

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Der reli­göse Kom­plex ist in zwei Teile getrennt, einen jüdi­schen, einen mus­li­mi­schen. Durch das Git­ter­fens­ter am ande­ren Ende des Gra­bes kann ich Juden bei der Andacht zusehen.

Gemein­sam beten wäre ja auch zu schön.

Aber nach dem Atten­tat 1994 von Baruch Gold­stein undenkbar.

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Dahin­ter beginnt eine wahre Geis­ter­stadt. Die Geschäfte sind geschlos­sen. Die Stras­sen leer. Eine Kut­sche wir­belt Staub auf und ein gepan­zer­tes Fahr­zeug kommt vor­bei gerollt. Die Strasse ist in zwei Wege getrennt. Rechts für Paläs­ti­nen­ser, links für Juden. Paläs­ti­nen­ser dür­fen jüdi­sche Wege nicht benutzen.

Ein Dis­as­ter für die paar ver­blie­be­nen paläs­ti­nen­si­schen Fami­lien auf der nun jüdi­schen Seite. Sie muss­ten ihren Betrieb schlie­ßen, es gibt keine Kun­den mehr für sie. Jetzt bewir­ten sie die paar Tou­ris­ten, die in Hebron vor­bei­schauen. Uns auch. Die Stim­mung ist gedrückt.

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Der jüngste Sohn ver­sucht uns die Situa­tion sei­ner Fami­lie zu erklä­ren. Mit dem Tou­ris­ten­ge­schäft kommt die Fami­lie zwar über die Run­den, aber jeden Tag fürch­ten sie, dass auch sie von jüdi­schen Sied­lern ver­trie­ben wer­den könnten.

Dafür gäbe es keine Vor­war­nung und auch keine Kompensation.

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Cate­go­riesIsrael Paläs­tina
Marianna Hillmer

Marianna war eigentlich Doktorandin in Literaturwissenschaft. Die schöne Literatur inspirierte sie viel zu oft die Bibliotheksgemäuer zu verlassen und mal zu schauen, wie das in der realen Welt denn ausschaut. Mittlerweile schreibt sie selber schöne Geschichten und hat die Promotion zugunsten des Reisens an den Nagel gehängt.

  1. Kathrin says:

    Vie­len Dank für Text und Bild!
    Für Hebron hatte ver­gan­ge­nes Jahr lei­der die Zeit nicht gereicht. Ich muss also noch­mal hin :)

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