Cleo, per Anhalter durch die Galaxis

Wir sind Eltern gewor­den! Es ist ein gesun­des klei­nes Mäd­chen mit sehr vie­len schwar­zen Haa­ren und einem, ähem, kur­zen Schwanz. Masu fand eines Abends auf der Stras­se in Ran­tepao ein ori­en­tie­rungs­lo­ses Kat­zen­ba­by, das auf der erfolg­lo­sen Suche nach Fut­ter und Mut­ter war. Also küm­mer­te Masu sich zunächst um ein Huhn und war­te­te auf die Raben­mut­ter, die aller­dings län­ger­fris­tig aus­häu­sig zu sein schien. Also schlief das Kind bei uns, ver­speis­te kilo­wei­se Huhn und stieg am nächs­ten Mor­gen mit in den Bus, da sich kein pas­sen­der Mut­ter­er­satz fand. Auf der zehn­stün­di­gen Bus­fahrt bewies sich, dass es sich um eine ech­te indo­ne­si­sche Kat­ze han­del­te, die genau­so viel kot­zen konn­te wie ihre mensch­li­chen Lands­män­ner und ‑frau­en – kein Wun­der bei ca. 2 kg Huhn auf 200 g Lebend­ge­wicht, stun­den­lan­gen Ser­pen­ti­nen und indo­ne­si­schen Schla­gern, die nur eine hal­be Stun­de lus­tig und dann die pure Fol­ter waren (wir saßen selbst­ver­ständ­lich unter dem Laut­spre­cher).

Beim Zwi­schen­stopp in Ten­te­na das­sel­be Spiel wie am Vor­tag: Man bestaunt uns, als hät­ten wir einen Ele­fan­ten­ba­by dabei, das Unver­ständ­nis schwankt zwi­schen ech­tem Ekel und Mit­leid wegen unse­res deso­la­ten men­ta­len Zustan­des, wie kann man nur eine Kat­ze mit­neh­men??? Indo­ne­si­er mögen Tie­re, wenn man sie essen kann, Kat­zen gehö­ren nicht dazu. Also wie­der kei­ne Adop­tiv­el­tern, wie­der rein in den Bus, und in den nächs­ten, und irgend­wann erzählt uns der Mit­rei­sen­de mit dem größ­ten Mit­leid, dass es in Bom­ba auf den Toge­an Islands die­se ver­rueck­te Ame­ri­ka­ne­rin mit einem Hotel gibt, die Tie­re liebt. Wie schön, nun haben wir wenigs­tens ein Ziel! Ein letz­tes Boot und das Kat­zen­pa­ra­dies ist erreicht… und das Glück ist uns hold, es ist gleich­zei­tig ein Men­schen­pa­ra­dies! Gro­ße Bun­ga­lows direkt am Strand, ein Steg mit Direkt­zu­gang zu Koral­len und bun­ten Fischen, Kar­tof­feln zum Essen und Syl­vie, die ohne zu zögern der Kat­zen­ad­op­ti­on zustimmt. Erleich­te­rung. Vor­erst.

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Die Kat­ze lebt in unse­rem Bun­ga­low, wächst und gedeiht, lernt das Anschlei­chen und Ansprin­gen mit klei­ne­ren koor­di­na­ti­ven Opti­mie­rungs­mög­lich­kei­ten, schläft mit­ten im Spiel ein, macht beglei­te­te Aus­flü­ge auf den Steg, mampft Fisch, als ob es kein mor­gen gäbe, lässt sich flä­mi­sche Kat­zen­ein­schlaf­lie­der vor­sin­gen und ver­misst nur ab und zu ihre Kat­zen­ra­ben­mut­ter, wenn sie – selt­sa­mer­wei­se in Masus Unter­leibs­re­gio­nen – nach Milch sucht und flei­ßig Luft nuckelt. Wir Eltern haben dann und wann auch Frei­zeit, die völ­lig aus­ge­füllt ist mit Hän­ge­mat­te, Gitar­re­spie­len, Schnor­cheln, Rum­hän­gen und uns auf die nächs­te Mahl­zeit freu­en.

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Ist aber nicht lang­wei­lig, denn wir sind in Wahr­heit gar nicht in der Nähe von Bom­ba, son­dern in der Schre­ber­gar­ten­ko­lo­nie Ger­ma­nia gelan­det, ein Ver­ein, der Wert auf Gesel­lig­keit beim Nichts­tun legt: Stamm­tisch­grün­der Stef­fi und Fabi­an, zum drit­ten Mal bei Syl­vie und damit qua­si Dau­er­cam­per; Par­zel­le Bava­ria mit San­dra und Ste­fan, die uns die Viel­far­big­keit der deut­schen Spra­che vor Augen füh­ren (“I bin zsammgfo­in.”), Ursel und Alo­is, die tat­säch­lich hoch­deutsch kön­nen, und Youngs­ter Micha­el; sowie Enkla­ve Brüs­sel samt Kat­ze. Kom­men­tar von Syl­vie zur Her­kunfts­struk­tur ihrer Gäs­te­schar: “Plea­se don’t do any mar­ching on the beach.” Zusam­men brach­ten wir es in über einer Woche Auf­en­halt auf gan­ze fünf Akti­vi­tä­ten:

1.Tauchen. Mein ers­ter fun dive nach dem Kurs, und mei­ne Luft hat für unschlag­ba­re 76 Minu­ten gereicht, was war ich stolz! Stol­zer kön­nen die Tief­tau­cher Fabi­an und Ste­fan sein, die nach einem 43 m Tauch­gang im Dau­er­tie­fen­rausch waren und 57 m nach­ge­legt haben. Loco!

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Alle Fisch­fo­tos sind übri­gens nicht von mir, son­dern von Fabi­an, ter­i­ma kasih!

2.Wandern. Das Trink­was­ser war aus, wes­we­gen wir beschlos­sen, durch den Dschun­gel nach Bom­ba zu lau­fen. Wenn wir den Mann nicht getrof­fen hät­ten, der sei­nen Haupt­wohn­sitz im Wald hat, wären wir da wahr­schein­lich immer noch.

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3.Badminton spie­len. Die Män­ner spiel­ten, die Frau­en mach­ten die Spie­ler­frau­en.

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4.Nachtschnorcheln mit c‑h. Plank­ton blinkt so schön grün in der Nacht, wenn man flei­ßig mit Armen und Bei­nen wedelt, Oze­an­dis­ko sozu­sa­gen. Man soll­te übri­gens nicht mit Mas­ke kopf­über vom Steg sprin­gen, weil das einen ähn­li­chen Effekt hat wie Stein­schlag durch zu nahes Auf­fah­ren bei indo­ne­si­schen Bus­sen. Ste­fan blies die Mas­ke zwei­mal erfolg­los aus, bis er fest­stell­te, dass das ohne Glas auch schwie­rig wer­den wür­de.

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5.Kniffeln. Aber nur eine Run­de, man muss­te so viel rech­nen.
Ein Gespräch über einen bier­lie­ben­den Ame­ri­ka­ner, der auch tags­über statt Was­ser Bin­tang genoss, schloss Stef­fi mit der Fest­stel­lung: “Jaaa, der hat ja auch frei.”

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So gin­gen die Tage dahin, nur sel­ten gestört durch sich gestört füh­len­de Hoch­zeits­rei­sen­de (die mit dem Fahr­rad unter­wegs waren und erst bei Ankunft bemerk­ten, dass es in Sula­we­si a) zu heiß und b) zu ber­gig zum Rad­fah­ren ist) oder Öster­rei­cher, die unse­re Mit­teil­sam­keit über diver­se Darm­krank­hei­ten zur sofor­ti­gen Abrei­se ver­lei­te­te, was wir aber wirk­lich nicht so gemeint hat­ten. Unse­re Abrei­se nahm For­men an und damit rück­te der Abschied von der mitt­ler­wei­le nicht mehr namen­lo­sen Kat­ze, Syl­vie hat­te sie Cleo getauft, näher. Leicht hys­te­ri­sche Glu­cken­mut­ter, die ich gewor­den war, beschütz­te ich mein Baby vor den Hun­den und such­te wei­ter­hin nach Nach­fol­ge­el­tern, die sich wäh­rend der Rama­d­an­fei­er­lich­kei­ten um sie küm­mern könn­ten. Nächs­ter Ver­such bei einem neu ein­ge­trof­fe­nen fran­zö­si­schen Pär­chen, die unmit­tel­bar ihre Hun­de­ab­nei­gung kund getan hat­ten, was ungüns­tig ist in einem Resort, in dem die Hun­de auf dem Ess­tisch schla­fen, aber gut. Ich (hoff­nungs­voll): “Do you like cats?” Die Fran­zö­sin (ange­wi­dert): “I ate cats!” Betre­te­nes Schwei­gen am Tisch. Ein paar Minu­ten spä­ter das ers­te Wis­pern: “Sie isst Kat­zen?” “Kei­ne Ahnung.” “Wie­so tut sie das?” “Die essen ja auch Frö­sche.” Es dau­er­te, bis uns auf­ging, dass die tier­lie­be Fran­zö­sin mit sexy Akzent ein­fach nur das H ver­ges­sen hat­te. Mein gro­ßer Abschieds­schmerz wur­de durch die Gewiss­heit gelin­dert, den bes­ten Kat­zen­ort von ganz Indo­ne­si­en gefun­den zu haben, und San­dras und Ste­fans Baby­sit­ter­diens­te für eine wei­te­re Nacht, und das trotz Kat­zen­haar­all­er­gie, vie­len Dank dafür!

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Wir erwei­tern das Kapi­tel “Les­sons lear­ned while tra­ve­ling”:
1.Nichts von emo­tio­na­lem Wert von zu Hau­se mit­neh­men, auch kei­ne Kis­sen.
2.Nichts von emo­tio­na­lem Wert auf der Rei­se fin­den, auch kei­ne Kat­zen.
Was bleibt? So long and thanks for all the fish!

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Antworten

  1. Avatar von steffi & fabian
    steffi & fabian

    es ist ein­fach zu köst­lich! wir haben trä­nen gelacht. aber es trifft ein­fach alles den nagel auf den kopf!!! und du hast nix aus­ge­las­sen!!!!
    ganz lie­be grues­se an euch
    stef­fi & fabi­an aus der ex deut­schen schre­ber­gar­ten kolo­nie 🙂

    1. Avatar von anniland

      Ah, die Dau­er­cam­per, wie­der gut gelan­det? Ihr wer­det es nicht glau­ben, aber wir haben tat­saech­lich in Makas­sar die toi­le­try, aeh, die Dings, die KULTURTASCHE wie­der­be­kom­men! Masus Leben hat wie­der einen Sinn!

  2. Avatar von klys

    einen herz­li­chen glück­wunsch auch von mir, ich hof­fe es gab kei­ne post­na­ta­le depres­si­on. das nächs­te mal bit­te zuerst bei ange­li­na und brad nach­fra­gen, sie neh­men ger­ne exo­ti­sche din­ge auf…

    1. Avatar von anniland

      Hab ich, hab ich! Aber Brad kriegt von Kat­zen immer die­sen fie­sen Aus­schlag, du weisst schon.…

    2. Avatar von klys

      ha, aber wie­der die lis­te igno­riert, was? erst ange­li­na, dann madon­na, und wenn da erstaun­li­cher­wei­se nix geht, dann Patrick Lind­ner.
      sor­ry, aber ich fin­de sowas ver­ant­wor­tung­los, ehr­lich.

  3. Avatar von Fasa-enimel
    Fasa-enimel

    Ich hat­te bis­lang ande­re Vor­stel­lun­gen von einem Enkel­kind – aber je öfter ich die Geschich­te lese, des­to mehr kann ich mich auch mit einer Enkel­kat­ze anfreun­den. Immer­hin habe ich mit Nach­bars Kat­ze ja auch nicht die schlech­tes­ten Erfah­run­gen. Es freut mich, dass mei­ne Erst­ge­bo­re­ne ihre emo­tio­na­len Emp­fin­dun­gen trotz fünf­mo­na­ti­gem Vater­ver­zicht noch nicht ver­lo­ren hat. Das baut sich hof­fent­lich wei­ter auf – ich kann es gar nicht mehr abwar­ten.

    1. Avatar von anniland

      Pro­blem ist, dass die Enkel­kat­ze nun an einem schwer zugaeng­li­chen Strand lebt, aber goog­le kann dir sicher­lich einen Rou­ten­plan aus­spu­cken, wenn du sie besu­chen moech­test!

  4. Avatar von Muttertier
    Muttertier

    Die Kat­ze wird noch im hohen Alter an ihre Ret­ter den­ken!

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